Linz, 28.09.2009
E R K E N N T N I S
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlage:
§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 u. § 71 Abs.1 AVG.
Entscheidungsgründe:
1. Dem Antrag die Berufungswerberin vom 2.12.2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht statt gegeben.
Für die Behörde erster Instanz stellte sich die Faktenlage so dar, dass mit deren Strafverfügung vom 04.09.2008, ZI. VerkR96-21177-2008, gegen die Berufungswerberin wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Zif. 10a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 270,00 Euro verhängt wurde.
Mit Schreiben vom 02.12.2008 habe die Berufungswerberin vorgebracht, nachdem sie eine Zahlungsaufforderung von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck bekommen hatte, habe sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und begründeten diesen damit, von der Post keinen Zustellnachweis bekommen zu haben.
Nach § 71 Abs.1 AVG1991 sei gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn
a) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden trifft, oder
b) die Partei die Einspruchsfrist versäumt hat, weil die Rechtsmittelbelehrung fälschlich die Angaben enthält, dass kein Einspruch zulässig ist.
Die Strafverfügung vom 04.09.20008 sei ihr durch Hinterlegung bei der Zustellbasis Schärding am 15.09.2008 rechtsgültig zugestellt worden. Die Einspruchsfrist habe somit zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Hinterlegung zu laufen begonnen an dem die Sendung zur Abholung bereitgehalten wurde.
Im übrigen wurde begründend folgendes ausgeführt:
In der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung (Hinterlegung) zu erfolgen hat. Es war daher der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wie im Spruch angeführt abzulehnen.
1.1. Dem tritt der Rechtsvertreter die Berufungswerberinin mit folgenden Ausführungen entgegen:
2. Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da sich die Entscheidungsgrundlage aus der unstrittigen Aktenlage nachvollziehen lässt, konnte mangels gesonderten Antrages auf eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung verzichtet werden (§ 51e Abs.1 VStG).
3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Ergänzend wurde nochmals die aus der Zeugenaussage des Zustellers an sich logische Deponierung der Hinterlegungsanzeige mit dem Zusteller Rücksprache gehalten und der Rechtsvertreter darüber in Kenntnis gesetzt (AV v. 28.9.2009).
4. Als unzweifelhaft kann festgestellt gelten, dass hier von einer ordnungsgemäß bewirkten Zustellung durch Hinterlegung per 15.9.2008 der Strafverfügung v. 4.9.2008 ausgegangen werden kann. Der Umstand der vorgeblich unverschuldeten Fristversäumnis bildet die rechtliche Grundlage für die Zulässigkeit eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Wäre andererseits – so wie die Berufungswerberin nunmehr zu behaupten scheint - keine Zustellung erfolgt, wäre wohl ein Rechtsmittel als verspätet zurückzuweisen gewesen.
Wenn nun die Berufungswerberin in der Zeugenaussage des Zustellers - der die ordnungsgemäße Hinterlegung glaubhaft versichert - für sich etwas zu gewinnen können vermeint, weil sich der Aussage nicht entnehmen ließe „wo“ der Zusteller die Hinterlegungsanzeige deponiert habe, so ist dies geradezu als auf einen nicht nachvollziehbaren und sich jeglichen logischen Denkgesetzen entziehenden „Wortformalismus“ reduziert zu bezeichnen. Wo sonst, als im Hausbrieffach, sollte ein Zusteller eine vor der Haustür auszufüllende Hinterlegungsanzeige deponieren? Dies bestätigte der Zusteller nochmals über fernmündliche Rückfrage seitens der Berufungsbehörde mit dem ergänzenden Hinweis, dass die Berufungswerberin über einen auffällig schönen metallfarbenen oder Briefkasten aus Metall verfüge.
4.1. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei, die die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
4.2. Als minderer Grad des Versehens versteht sich eine leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB. Die Wiedereinsetzungswerberin darf also hinsichtlich der Fristversäumnis nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Auffallend sorglos handelt jemand, der die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Irrtümer und Fehler von Hilfskräften stehen einer Wiedereinsetzung etwa dann nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der zumutbaren Kontrolle des Wiedereinsetzungswerbers geschehen.
Das, was die Wiedereinsetzungswerberin in Erfüllung ihrer nach der Sachlage gebotenen Pflicht hinsichtlich der Wahrung eines Termins vorgekehrt hat, hätte sie im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten gehabt (VwGH 18.3.2004, 2001/03/0003 mit Hinweis auf Beschluss des VwGH v. 24.11.1989, 89/17/0116).
Wenn die Zustellung durch Hinterlegung ordnungsgemäß erfolgt kommt es auf die Kenntnis der Empfängerin von dieser Zustellung nicht an; die Unkenntnis kann - sofern sie nicht auf einem Verschulden beruht, welches den Grad minderen Versehens übersteigt - zur Grundlage eines Wiedereinsetzungsantrages gemacht werden (VwGH 27.1.2005, 2004/11/0212, mit Hinweis auf VwGH 18.10.1989, 89/02/0117; VwGH 20.1.1998, 97/08/0545).
Selbst wenn man der Berufungswerberin folgen wollte, dass ihr die Hinterlegungsanzeige im Postfach nicht zur Kenntnis gelangte, weil sie etwa mit sonstiger Post oder mit Werbematerial vermischt wurde, vermag an einem solchen Verschulden nicht gezweifelt werden, nachdem die Einlage der Hinterlegungsanzeige in das Hausbrieffach gesichert gilt (VwGH 2.10.2002, 98/19/0198 vgl. z.B. VwGH 21.12.1999, Zlen. 97/19/0217 bis 0219, 0231 bis 0239, sowie VwGH 4.2.2000, 97/19/1484).
Wenn etwa auch der Verwaltungsgerichtshof in einem vermutlichen Übersehen einer Hinterlegungsanzeige unter dem im Postkasten allenfalls mit sonstigen Sendungen und einliegenden Werbematerial einen nicht bloß minderen Grad des Versehens erblickt, trifft dies wohl auch auf die gegenständliche Fallgestaltung zu, wenn die Berufungswerberin laut ihren eigenen Angaben von einem Verfahren gegen Sie bereits Kenntnis haben musste und sie darüber hinaus sogar selbst von ihrer „Missetat“ spricht (VwGH 28.3.2006, 2005/06/0308, sowie VwGH v. 2.10.2000, 98/19/0198, mit Hinweis auf VwGH 21.12.1999, Zlen. 97/19/0217 bis 0219, 0231 bis 0239, sowie vom 4.2.2000, ZI. 97/19/1484).
Wollte die Berufungswerberin etwa bloß behaupten die Zustellung wäre überhaupt nicht erfolgt, hätte es keines Wiedereinsetzungsantrages bedurft, sondern wäre die Strafverfügung nicht erlassen worden und der Wiedereinsetzungsantrag wäre in diesem Fall überhaupt zurückzuweisen gewesen. Offen bleibt inwiefern sich die zum Tatvorwurf an sich scheinbar geständige Berufungswerberin in der Sache überhaupt beschwert erachten will.
Die Berufung war hier jedenfalls als unbegründet abzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r