Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164199/2/Fra/Bb/Ka

Linz, 06.11.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung von Frau x vertreten durch Rechtsanwälte x vom 14. Mai 2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 28. April 2009, GZ VerkR96-9446-2008, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:

 

 

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 51, und 45 Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64ff VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1.1. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat Frau x (die Berufungswerberin) mit Straferkenntnis vom 28. April 2009, GZ VerkR96-9446-2008, vorgeworfen, als Zulassungsbesitzer des Pkws mit dem Kennzeichen x der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land auf ihr schriftliches Verlangen vom 17. September 2008 nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens (23. September 2008), das ist bis 7. Oktober 2008, darüber Auskunft erteilt zu haben wer das Kraftfahrzeug x am 29. August 2008 um 07.57 Uhr in Eberstalzell, auf der L 1242, bei km 9,637, Richtung Linden gelenkt hat.

 

Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach
§ 103 Abs.2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, verhängt wurde.
Überdies wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 21,80 Euro verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 30. April 2009, richtet sich die durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erhobene Berufung vom 14. Mai 2009.

 

Die Berufungswerberin rügt darin einerseits, dass ihr im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen worden sei, keine Auskunft darüber erteilt zu haben, wer das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x am 29. August um 07.57 Uhr bei km 9,637, Richtung Linden gelenkt habe. Tatsache sei aber, dass sie nie aufgefordert worden sei, Auskunft zu erteilen, wer bei km 9,637 das Fahrzeug gelenkt habe.

 

Andererseits bringt sie vor, dass der Verwaltungsgerichtshof bisher zu § 103 Abs.2 KFG judiziert habe, dass die Auskunftspflicht verletzt werde, wenn zwei oder mehrere Personen durch den Auskunftspflichtigen benannt würden. In ihrem Fall habe sich aber nur eine weitere Person – und zwar Herr x - im Fahrzeug befunden. Nachdem sie täglich gemeinsam zur Arbeit fahren und sich beim Lenken abwechseln, habe sich nicht mehr angeben können, wer zum Tatzeitpunkt tatsächlich das Fahrzeug gelenkt hat. Die Führung von entsprechenden Aufzeichnungen sei in einem solchen Fall lebensfremd.

 

Unter Verweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes führt die Berufungswerberin weiters aus, dass nach der Rechtsprechung des Höchstgerichtes bei einer Lenkerauskunft die unmissverständliche Deutlichkeit des Verlangens nach Auskunft gegeben sein müsse. Dem habe aber das vorliegende Verlangen ihrer Auffassung nach nicht entsprochen.

 

Aus den angeführten Gründen beantragte sie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu von der Verhängung einer Strafe abzusehen und allenfalls den Ausspruch einer Ermahnung bzw. die Reduzierung der Geldstrafe.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 25. Mai 2009, GZ VerkR96-9446-2008, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§ 51c VStG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist und zwar am 14. Mai 2009 mittels Telefax bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenate des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, GZ VerkR96-9446-2008.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG) und im Übrigen sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt gänzlich aus der Aktenlage ergibt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat gegenüber Frau x, mit Schreiben vom 17. September 2008,GZ VerkR96-9446-2008, ein Auskunftsverlangen gemäß § 103 Abs.2 KFG darüber gestellt, wer den Pkw, Peugeot 307, mit dem polizeilichen Kennzeichen x am 29. August 2008 um 07.57 Uhr in Eberstalzell, auf der L 1242 bei km 9,673, in Fahrtrichtung Linden, Baustellenbereich gelenkt/verwendet bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat oder wer Auskunft darüber erteilen kann.

 

x ist Zulassungsbesitzerin des angefragten Pkws mit dem Kennzeichen x. Grund der Anfrage war ein mit diesem Fahrzeug begangenes Delikt nach § 52 lit.a Z10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung) am 29. August 2008 um 07.57 Uhr in Eberstalzell, auf der L 1242 bei km 9,673, Richtung Linden fahrend.

 

Mit Antwort vom 3. Oktober 2008 teilte die Zulassungsbesitzerin fristgerecht auf das Auskunftsverlangen mit, dass sie täglich gemeinsam mit ihrem Freund nach Linz zur Arbeit fahre, wobei sie sich als Lenker abwechseln. Deshalb habe entweder sie selbst oder Herr x, wohnhaft in x das angefragte Fahrzeug gelenkt.

 

2.6. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den gegenwärtigen Verfahrensakt - vorwiegend auf die Anzeige vom 29. August 2008, die durchgeführte Lenkererhebung vom 17. September 2008 und die erteilte Auskunft der Berufungswerberin vom 3. Oktober 2008.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. In rechtlicher Beurteilung des – unter 2.5. dargelegten – Sachverhaltes ist anzuführen, dass gemäß § 103 Abs.2 KFG die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

3.2. Bei einer Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG steht im Vordergrund, dass nach einer Person gefragt wird, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Fahrzeug gelenkt oder einen Anhänger verwendet oder ein Fahrzeug oder einen Anhänger bei letzter Gelegenheit ("zuletzt") zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Um die Auskunftspflicht des § 103 Abs.2 KFG auszulösen, genügt es grundsätzlich, dass die Behörde an den Zulassungsbesitzer eine den inhaltlichen Kriterien der genannten Gesetzesstelle entsprechende Anfrage richtet (VwGH 7. September 1990, 90/18/0087), allerdings ist es erforderlich, - wie auch die Berufungswerberin richtig aufgezeigt hat - dass das Verlangen nach Auskunft im Sinne des § 103 Abs.2 KFG unmissverständliche Deutlichkeit aufweist (Hinweis: VwGH 26. Jänner 2000, 99/03/0294).

 

Dieser Anforderung entsprach das Auskunftsverlangen der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17. September 2008, GZ VerkR96-9446-2008 im vorliegenden Fall aber nicht. Die Berufungswerberin wurde darin nämlich – wie vorangehend unter 2.5. dargetan - als Zulassungsbesitzerin aufgefordert, gemäß § 103 Abs.2 KFG mitzuteilen, wer das betreffende Fahrzeug am 29. August 2008 um 07.57 Uhr, in der Gemeinde Eberstalzell, L 1242 bei km 9,673 in Fahrtrichtung Linden, Baustellenbereich, gelenkt/verwendet bzw. zuletzt am Tatort abgestellt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann. Auf Grund des klaren Wortlautes des § 103 Abs.2 erster Satz KFG und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hier insbesondere VwGH 26. Jänner 2007, 2006/02/0020) ist jedoch eine alternative Anfrage, ohne entsprechende klarstellende Hinweise, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat, unzulässig.

 

Im Auskunftsverlangen der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land findet sich weder ein ergänzender Hinweis noch eine zulässige Zusatzinformation, durch die eindeutig klargestellt ist, ob sich die verfahrensgegenständliche Anfrage auf Lenken oder das Abstellen des angefragten Fahrzeuges bezog. Durch die Anführung des Tatortes allein ist für den Auskunftspflichtigen nicht zweifelsfrei erkennbar, ob sich das Auskunftsbegehren auf das Lenken oder das Abstellen eines Fahrzeuges bezieht. Das verfahrensgegenständliche Auskunftsersuchen entspricht damit nicht der gesetzlichen Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG und stellt demnach kein korrektes Auskunftsverlangen dar. Für die Berufungswerberin bestand damit auch keine Verpflichtung diese Anfrage im Sinne der gegenständlichen gesetzlichen Bestimmung zu beantworten bzw. vermag ein solches Auskunftsverlangen eine Pflicht der Zulassungsbesitzerin zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nicht auszulösen. Die Verletzung der Auskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG setzt eine korrekte - mit der gesetzlichen Bestimmung übereinstimmende - Anfrage der Behörde voraus.

 

Das Verhalten der Berufungswerberin stellt daher im vorliegenden Fall unter den dargelegten Umständen keine Verwaltungsübertretung dar, weshalb der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

Die Berufungswerberin wird jedoch darauf hingewiesen, dass an die Lenkerauskunft strenge Anforderungen geknüpft sind und sie bei gesetzeskonformer Anfrage durch die von ihr erteilte Auskunft, wonach der Pkw von ihr oder Herrn x gelenkt worden sei, jedenfalls gegen § 103 Abs.2 KFG verstoßen hätte. Die Berufungswerberin kam dem Auskunftsverlangen zwar formell nach, ihre Äußerung entspricht jedoch inhaltlich nicht den normierten Voraussetzungen für die Erfüllung der Auskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG. Um der Auskunftspflicht genüge zu tun, muss innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Anfrage der tatsächliche Fahrzeuglenker bzw. eine Auskunftsperson mit Namen und Adresse für den angefragten Zeitpunkt bekanntgeben werden.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Auskunftspflicht unter anderem jedenfalls verletzt, wenn aufgrund der Auskunft verschiedene bzw. mehrere Personen als Lenker in Frage kommen und genannt werden (vgl. z.B. VwGH 23. März 1965, 1778/63 - hier: Verstoß gegen § 103 Abs.2 KFG durch die Auskunft des Zulassungsbesitzers, zu der in Frage kommenden Zeit habe er oder seine Tochter den angefragten Pkw benützt). Gerade dann, wenn ein Fahrzeug nicht ausschließlich allein nur von einer Person benützt wird, hat der Zulassungsbesitzer, wenn er die verlangte Auskunft sonst nicht erteilen kann, entsprechende Aufzeichnungen zu führen, bzw. wenn ihm dies nicht möglich ist, führen zu lassen, aus denen unverzüglich entnommen werden kann, wem er jeweils das Lenken des Fahrzeuges überlassen hat.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Johann  F R A G N E R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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