Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150753/2/Lg/Hu

Linz, 26.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des X, zH Rechtsanwalt X gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 5. Oktober 2009, Zl. BauR96-75-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 17 Stunden herabgesetzt.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
60 Stunden verhängt, weil er am 12.3.2009, 11.57 Uhr, als Lenker eines mehrspurigen Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem Kennzeichen X die mautpflichtige A8 Innkreisautobahn, km 070.050, Gemeinde St.  Marienkirchen bei Schärding, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Suben, benutzt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. 

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass die GO-Box niedrig bezahlt gewesen sei. Auch sei ihm von der Autovermietung X GmbH nicht mitgeteilt worden, dass eine Ersatzmaut gefordert worden sei. Folglich sei die Firma X für die Forderung zur Ersatzmaut nicht der richtige Ansprechpartner gewesen, sondern der Bw. Dem Bw hätte eine erneute Frist gesetzt werden müssen gemäß § 19 Abs.4 BStMG 2002 mit der Folge, dass die Strafe von ihm bezahlt worden wäre. Folglich könne dem Bw hieraus kein Verschulden zuzurechnen sein. Die Strafe in Höhe von 300 Euro sei mithin nicht gerechtfertigt. Der Bw sei kein Berufskraftfahrer. Ihm sei daher auch das Mautsystem in Österreich nicht bekannt, so dass er sich bei einer Tankstelle erkundigt habe und auch dem Mitarbeiter an der Tankstelle erklärt habe, wohin er wolle. Dieser habe ihm dann mitgeteilt, wie viel er zu zahlen habe. Danach habe die GO-Box von Anfang gepiepst. Dies könne sein Mitfahrer Herr X bestätigen, so dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass zu wenig für die GO-Box gezahlt worden sei. Es handle sich hierbei um keine vorsätzliche Tat, so dass der Geldbescheid nicht gerechtfertigt sei.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 19.5.2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kfz am 16.4.2009 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden, da die Eratzmaut nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist dem angegebenen Konto gutgeschrieben worden sei.

 

Mit Schreiben vom 17.7.2009 teilte der Zulassungsbesitzer (X GmbH) mit, dass das Fahrzeug an den Bw vermietet gewesen sei.

 

Nach Strafverfügung vom 3.8.2009 wurde vom Vertreter des Bw mit Schreiben vom 12.8.2009 Einspruch erhoben.

 

Nach Aufforderung vom 15.9.2009 übermittelte die ASFINAG die Einzelleistungsinformationen sowie das entsprechende Beweisbild.

 

Mit Schreiben vom 12.10.2009 rechtfertigte sich der Bw wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gem. § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

·         Blinken sowohl die Leuchtanzeige "Statusabfrage" als auch die Leuchtanzeige "Achsanzahl" einmal kurz „grün“, bedeutet dies, dass die technische Funktionstüchtigkeit grundsätzlich gegeben ist.

·         Blinken die Leuchtanzeige "Statusabfrage" zweimal kurz "rot" und die Leuchtanzeige "Achsanzahl" zweimal kurz „grün“, bedeutet dies, dass das Mautguthaben unter den fix eingestellten Grenzwert (EUR 30,00) gefallen ist (nur im Pre-Pay Verfahren). Der Kraftfahrzeuglenker hat im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen.

·         Blinkt die Leuchtanzeige "Statusabfrage" viermal kurz „rot“, bedeutet dies, dass keine Mautabbuchung möglich ist (z.B. weil die GO-Box nicht ordnungsgemäß funktioniert). Der Kraftfahrzeuglenker hat in diesem Fall umgehend die nächstgelegene GO VERTRIEBSSTELLE aufzusuchen oder von seiner Absicht, das mautpflichtige Straßennetz zu befahren, Abstand zu nehmen.

·         Blinkt die Leuchtanzeige "Statusabfrage" und die Leuchtanzeige "Achsanzahl" nicht (kein Blinken), bedeutet dies, dass die GO-Box nicht funktionsfähig ist. Der Kraftfahrzeuglenker hat in diesem Fall das Kraftfahrzeug vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit einer neuen funktionsfähigen GO-Box auszustatten (zum Austausch siehe Punkt 5.7.2).

 

Nach Punkt 8.2.4.3. der Mautordnung werden während der Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz dem Kraftfahrzeuglenker bei Durchfahren jeder Mautabbuchungsstelle folgende akustische Signale zur Kenntnis gebracht, wobei zwischen informativen und zu beachtenden Signalen zu unterscheiden ist.

·         Ein kurzer Signal-Ton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

·         Zwei kurze Signal-Töne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay Verfahren) ist unter den Grenzwert in Höhe EUR 30,00 gefallen (der Kunde hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay Verfahren), oder die Gültigkeitsdauer der GO-Box läuft innerhalb der nächsten zwei Monate ab.

  • Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Kunden Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund Rückrufes der GO-Box zum Austausch, technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Kunde seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw zum Tatzeitpunkt Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges war und dass die GO-Box ein ungenügendes Mautguthaben aufwies. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver Hinsicht zuzurechnen. Der Bw macht lediglich mangelndes Verschulden geltend. Dazu ist Folgendes zu bemerken:

 

Bei dem gegenständlichen Delikt handelt es sich um ein so genanntes "Ungehorsamsdelikt", bei dem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt  (§ 5 Abs.1 VStG). Der Einwand mangelnden Vorsatzes geht daher ins Leere. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit gründet sich darauf, dass dem Bw – da ihn als Lenker die diesbezügliche Verantwortung trifft – vorzuwerfen ist, dass er nicht vor der Benützung der mautpflichtigen Strecke für ein ausreichendes Guthaben Vorsorge getroffen hat.

 

Eine allfällige Unkenntnis der österreichischen Rechtslage entschuldigt nicht, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. zB. VwGH 97/06/0224 vom 18.12.1997). Dasselbe gilt für die Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box, da auch diesbezüglich der Lenker verpflichtet ist, sich entsprechend zu informieren. Eine konkrete, für das gegenständliche Delikt kausale, Fehlinformation durch ein kompetentes Organ macht der Bw nicht geltend. Auch unter diesem Blickwinkel ist die Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Hinsichtlich der Frage der Ersatzmaut ist darauf hinzuweisen, dass das Ersatzmautangebot entsprechend den  zitierten gesetzlichen Vorschriften an den Zulassungsbesitzer gerichtet wurde. Überdies hat der Gesetzgeber klargestellt, dass auf die Bezahlung der Ersatzmaut anstelle der Strafe kein Anspruch besteht.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Bescheid ohnehin die unter maximaler Anschöpfung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten wurde. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere sei auf die erhebliche Fahrlässigkeit verwiesen, die der Annahme der Geringfügigkeit des Verschuldens entgegensteht. Denselben Strafbemessungskriterien entspricht eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 17 Stunden. Die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem UVS.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 


 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

 

 

 

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