Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164610/6/Ki/Ps

Linz, 13.01.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 19. November 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. Oktober 2009, VerkR96-1836-2009, wegen einer Übertretung des KFG 1967 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 12. Jänner 2010 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.        Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kosten­beiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. Oktober 2009, VerkR96-1836-2009, wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe sich am 21.2.2009, 14:20 Uhr, in der Gemeinde Krenglbach, Autobahn Freiland, Nr. 8 bei km 16.000, Fahrtrichtung Linz, als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von ihm verwendete Fahrzeug (Kennzeichen X, PKW, BMW 330i) den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass trotz winterlicher Fahrbahnverhältnisse am Fahrzeug der Klasse M1 nicht auf allen Rädern Winterreifen angebracht waren, obwohl der Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse M1 oder N1 während des Zeitraumes 1. November bis 15. April bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen wie insbesondere Schneefahrbahn, Schneematsch oder Eis, dieses Fahrzeug nur in Betrieb nehmen darf, wenn auf allen Rädern Winterreifen (für die Verwendung als Schnee- und Matschreifen oder als Schnee-, Matsch- und Eisreifen bestimmte Reifen mit entsprechender Profiltiefe) oder wenn die Fahrbahn mit einer zusammenhängenden oder nicht nennenswerten Schnee- oder Eisschicht bedeckt ist, Schneeketten auf den Antriebsrädern angebracht sind. Er habe dadurch § 102 Abs.8a KFG 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Außerdem wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 19. Oktober 2009. Unter anderem wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das anhängige Verwaltungsverfahren einzustellen. Das Fahrzeug sei witterungsbedingt mit vier Winterreifen bestückt gewesen, die Profiltiefe habe mindestens 4 mm betragen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 23. November 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 12. Jänner 2010. An dieser Verhandlung nahm der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teil. Der Berufungswerber und die belangte Behörde haben sich entschuldigt. Als Zeuge wurde der Meldungsleger, X, einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. (Meldungsleger X) vom 22. Februar 2009 zugrunde. Darin wird als Tatbeschreibung festgestellt, dass die Profiltiefe von allen vier Reifen (Dunlop SP Wintersport, 205/50R17 93H M+S) zwischen 3,3 und 3,9 mm gelegen sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat zunächst gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung (VerkR96-1836-2009 vom 24. Februar 2009) erlassen, diese wurde beeinsprucht.

 

Bei seiner zeugenschaftlichen Befragung im erstbehördlichen Ermittlungsverfahren am 7. September 2009 gab der Meldungsleger zu Protokoll, er halte die von ihm erstattete Anzeige vollinhaltlich aufrecht. Damals hätten winterliche Straßenverhältnisse geherrscht, die Autobahn sei salznass gewesen. Er habe im Zuge der Kontrolle des Fahrzeuges des Beschuldigten mit dem ihm zugewiesenen Profiltiefenmesser die Profiltiefe der 4 Räder nachgemessen. Dabei sei von ihm festgestellt worden, dass die Profiltiefe an allen 4 Rädern unter 4 mm gelegen sei. Vorgelegt wurden Kopien von entsprechenden Lichtbildern.

 

Nach Wahrung des Parteiengehörs hat die belangte Behörde letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei der mündlichen Berufungsverhandlung verwies der Rechtsvertreter darauf, dass der Meldungsleger im erstbehördlichen Verfahren bei einer zeugenschaftlichen Einvernahme ausgesagt habe, dass die Fahrbahn salznass gewesen sei und daher – ungeachtet der Problematik hinsichtlich Profiltiefe – keine Winterreifenpflicht konkret bestanden habe.

 

Der als Zeuge vernommene Meldungsleger erklärte, dass es stimme, dass die Fahrbahn am angezeigten Tatort zur angezeigten Tatzeit salznass gewesen sei.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen, dass zur Vorfallszeit zwar grundsätzlich winterliche Verhältnisse geherrscht haben, die Fahrbahnverhältnisse auf den konkreten Tatort bzw. auf die konkrete Tatzeit bezogen aber für die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht tatbestandsmäßig waren. Der Meldungsleger hat ausdrücklich ausgeführt, dass die Fahrbahn (nur) salznass war.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

 

 

 

3.1. Gemäß § 102 Abs.8a KFG 1967 darf der Lenker ein Kraftfahrzeug der Klassen

1.           N2 und N3 sowie ein von solchen Fahrzeugen abgeleitetes Kraftfahrzeug während des Zeitraumes von jeweils 1. November bis 15. April oder

2.           M2 und M3 sowie ein von solchen Fahrzeugen abgeleitetes Kraftfahrzeug von jeweils 1. November bis 15. März

nur verwenden, wenn zumindest an den Rädern einer Antriebsachse Winterreifen (für die Verwendung als Schnee- und Matschreifen bestimmte Reifen mit entsprechender Profiltiefe) angebracht sind. Dies gilt nicht für Fahrzeuge, bei denen bauartbedingt oder aufgrund ihres Verwendungszwecks Reifen mit der Verwendungsbestimmung „spezial“ angebracht sind. Fahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes, Heeresfahrzeuge und Feuerwehrfahrzeuge, bei denen bauartbedingt oder wegen ihres überwiegenden Verwendungszwecks die Anbringung von Winterreifen nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist und Fahrzeuge, mit denen Probe- oder Überstellungsfahrten durchgeführt werden, sind von dieser Verpflichtung ausgenommen.

Weiters darf der Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse M1 oder N1 während des in Z1 genannten Zeitraumes bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen wie insbesondere Schneefahrbahn, Schneematsch oder Eis, dieses Fahrzeug nur in Betrieb nehmen, wenn an allen Rädern Winterreifen (für die Verwendung als Schnee- und Matschreifen oder als Schnee-, Matsch- und Eisreifen bestimmte Reifen mit entsprechender Profiltiefe) oder, wenn die Fahrbahn mit einer zusammenhängenden oder nicht nennenswert unterbrochenen Schnee- oder Eisschicht bedeckt ist, Schneeketten auf mindestens zwei Antriebsrädern angebracht sind.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, war die Fahrbahn zur vorgeworfenen Tatzeit im Bereich des vorgeworfenen Tatortes lediglich salznass, sodass konkret keine Verpflichtung zur Verwendung von Winterreifen abgeleitet werden kann. Inwieweit zur Vorfallszeit generell winterliche Verhältnisse geherrscht haben, ist für die konkrete Situation zur Zeit bzw. im Bereich der vorgenommenen Amtshandlung nicht relevant. Der Berufungswerber hat somit – ausdrücklich bezogen auf die vorgeworfene Tatzeit bzw. auf den vorgeworfenen Tatort – die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob die Profiltiefe der Reifen tatsächlich nicht den für Winterreifen vorgeschriebenen Kriterien entsprochen hat.

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Da der Beschuldigte – entsprechend den obigen Ausführungen – die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 102 Abs.8a KFG 1967 – Weist die Fahrbahn lediglich Nässe auf, ohne dass das zur Richtung einer Schneelage, Schneematsch oder Eis führt, besteht die Winterreifenpflicht nicht!

 

 

 

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