Linz, 13.01.2010
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom12. Oktober 2009, Zl.: VerkR96-3399-2009, nach der am 13. Jänner 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren € 24,-- auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009.
Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung indem er folgendes ausführt:
2.1. Mit diesem Vorbringen vermag der Berufungswerber jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses nicht aufzuzeigen!
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß der bestreitenden Verantwortung hier in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte zwecks unmittelbarer Beweisaufnahme durch Anhörung des Berufungswerbers geboten (§ 51e Abs.1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis. Beweis geführt wurde ferner durch Verlesung des Verfahrensaktes anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.
Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil.
In seinem per E-Mail übermitteltem Schreiben vom 9.1.2010 teilt er mit, aus wirtschaftlichen Gründen den Termin zur Berufungsverhandlung als Sozialhilfeempfänger nicht wahrzunehmen bzw. nicht hierfür anreisen zu können. Er nehme daher den Widerspruch zurück und biete der Lösung Willen einen Vergleich mit einer Bezahlung von 50% der Strafe an. Das Auto werde von mehreren Personen gefahren, sodass er nicht sagen könne wer damals gefahren ist. Er bitte um Verständnis und betrachte damit die Angelegenheit als erledigt.
5. Sachlage:
Wenn der Berufungswerber zuletzt in seiner Mitteilung an die Berufungsbehörde gleichsam unpräjudiziell einen „Vergleich“ anbietet um „die Sache zu erledigen“ übersieht er jedoch, dass es sich bei einem (Verwaltungs-)Strafverfahren um ein amtswegig zu führendes Verfahren handelt, welches einem Vergleich nicht zugänglich ist.
Der Hinweis auf einen angeblich bloßen Sozialhilfeempfang bleibt gänzlich unbelegt. Diesem Aspekt könnte wohl bei der Strafzumessung Berücksichtigung finden. Diese Darstellung steht aber im Widerspruch zu Eingabe vom 26.11.2009 worin sich der Berufungswerber als Boxtrainer ausweist. Nicht zuletzt lässt auch das vom Berufungswerber gehaltene Kraftfahrzeug nicht gerade auf die Einkommensverhältnisse eines Sozialhilfebeziehers schließen.
5.1. Der im Spruch genannte und vom Berufungswerber gehaltene Pkw war zur fraglichen Zeit und Örtlichkeit unterwegs. Da sich keine Anhaltspunkte für eine Überlassung dieses Fahrzeuges an Dritte ergeben, insbesondere solche selbst vom Berufungswerber nicht einmal in Ansätzen belegt worden sind, ist davon auszugehen, dass dieses Fahrzeug wohl nur vom Berufungswerber gelenkt wurde. In der sehr vage gehaltenen Berufungsausführung, wonach das Fahrzeug von mehreren Personen gefahren werde, vermag er dem Schuldspruch nicht entgegen treten. Es wäre geradezu lebensfremd, würde jemand nicht wissen wem er sein Fahrzeug für eine so weite Auslandsfahrt überlassen haben könnte. Ebenso unglaubwürdig ist, dass ein Fahrzeughalter nicht in der Lage wäre eine solche an ihn gestellte Anfrage zu überprüfen und jene Person zu benennen wem das eigene Fahrzeug für diese nicht gerade kurze Fahrt nach Österreich überlassen war.
Demnach sieht auch die Berufungsbehörde keine Veranlassung den Berufungswerber nicht als Lenker erwiesen zu sehen.
Seine inhaltlichen Angaben beschränken sich im Ergebnis ausschließlich auf die inhaltliche Bestreitung der Lenkeigenschaft welche letztlich aber doch zumindest ein Zugeständnis dahingehend einräumt „etwas zu zahlen bereit zu sein!“
Das hier im Ergebnis eine inhaltliche Mitwirkung betreffend die Lenkereigenschaft seitens des Fahrzeughalters (Zulassungsbesitzer) zur Gänze unterblieb, wobei empirisch besehen in aller Regel ein Fahrzeughalter auch selbst lenkt, wird von der Fahrzeugführerschaft des Fahrzeughalters ausgegangen. Für eine andere Person als Lenker finden sich keine Anhaltspunkt. Andernfalls hätte er wohl im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ein geeignetes und überprüfbares Vorbringen erstattet.
Aus dem obigen Foto ist das vom Berufungswerber gehaltene Fahrzeug sowohl im Kennzeichen als auch der Type nach eindeutig identifiziert. Das Kennzeichen wurde seitens der Landesverkehrsabteilung zusätzlich in Vergrößerung dargestellt.
Beim Radargeschwindigkeitsmessgerät Multanova 6F Nr. 697 03 handelt es sich um ein eichamtlich genehmigtes Messgerät.
Der Tatbestand der Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers und ihn als Lenker kann vor diesem Hintergrund als erwiesen gelten.
6. Rechtlich verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf die von der Erstbehörde in zutreffender Weise getätigte Subsumtion des Tatverhaltens unter § 20 Abs.2 StVO 1960 und die Strafnorm nach § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960.
Laut gesicherter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Radarmessung grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeuges. Die Verkehrsfehlergrenze bei der hier gemessenen Fahrgeschwindigkeit von +/- 5% ergibt gerundet eine um 5 km/h zu reduzierende Fahrgeschwindigkeit (vgl. VwGH 23.3.1988, 87/02/0200).
6.1. Auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage geht die Berufungsbehörde davon aus, dass der Berufungswerber mit seiner Verweigerung seine Mitwirkungspflicht durch absolute inhaltliche Untätigkeit verletzt und daraufhin die Aufnahme weiterer Beweise nicht möglich ist und somit im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach der gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Bestimmung des § 45 Abs.2 AVG 1991 die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers als erwiesen ansieht (vgl. VwGH vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A, sowie VwGH 17.12.1986, 86/03/0125).
Der Verfahrensgrundsatz, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs.1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch den/die Beschuldigte(n) im Verwaltungsstrafverfahren trifft. Die Mitwirkungspflicht hat insbesondere dort Bedeutung, wo – so wie hier - ein aus der Sicht der Partei strittiger Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit ihr geklärt werden könnte. Dies erfordert, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Erhebungsergebnisse - welches hier durch die Aktenlage klar gedeckt ist - für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. So löst etwa das bloße globale Bestreiten eines/einer Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen, in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahren keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der/die Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des/der Beschuldigten nicht durchführen kann (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).
Für eine Behauptung, er habe sich zum Tatzeitpunkt etwa nicht gelenkt, darf der Beschwerdeführer nicht jeglichen Beweis einfach schuldig bleiben.
Mit einer in jeder Richtung hin unüberprüfbaren Verantwortung kommt ein Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls nicht nach [vgl. dazu die bei Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, Zweiter Halbband, 8. Auflage, auf Seite 678 f angeführte Judikatur] (s. obzit. Judikatur).
6.2. Zur Strafzumessung:
Diesbezüglich ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.2.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Auch mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von (verkehrsfehlerkorrigiert) 31 km/h ist der Unwertgehalt nicht unbedeutend.
Selbst wenn es zutreffen würde, dass der Berufungswerber tatsächlich nur über einen Sozialhilfebezug verfügte, wäre die hier verhängte Geldstrafe nicht überhöht. Als strafmildernd ist die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten.
Der nur € 120,-- bemessen und unter Ausschöpfung des Strafrahmens im Umfang von weniger als 20% bemessenen Geldstrafe vermag daher objektiv jedenfalls nicht entgegen getreten werden.
II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r