Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390279/9/Fi/MZ/Ga

Linz, 11.03.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 17. November 2009, BMVIT-635.540/0302/09, wegen Übertretungen des Telekommunikationsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird hinsichtlich Spruchpunkt 1 als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

II.              Der Berufung wird hinsichtlich Spruchpunkt 2 statt gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insoweit aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt eingestellt.

III.          Der Berufungswerber hat hinsichtlich Spruchpunkt 1 zusätzlich zu den Kosten in I. Instanz als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 50 Euro, zu leisten. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 hat der Berufungswerber weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der I. Instanz noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I und II: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu III: §§ 64 ff VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 17. November 2009, BMVIT-635.540/0302/09, hat die Behörde I. Instanz den Berufungswerber (im Folgenden kurz: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

„Sie haben als Diensteanbieter hinter der Mehrwertnummer 09X folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

1) Sie haben eine elektronische Post (SMS) zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung des Empfängers X, mit dem Text:[Textteil wurde in der Online verfügbaren Entscheidung aufgrund der Inhalte anonymisiert] Sende Motor 18J (0.70 Eur/SMS) Abm. m. stop` am 11.05.2009 um 10:15 Uhr an dessen Handy mit der Nummer 06X zugesendet.

2) Sie haben die unter 1) angeführte SMS unter Verheimlichung der Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wurde, und somit unzulässig zugesendet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1) § 107 Abs. 2 Zif. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 70/2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005 iVm § 109 Abs. 3 Zif. 20 TKG, BGBl. I Nr. 70/2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2009

Zu 2a) § 107 Abs. 5 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 70/2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005 iVm § 109 Abs. 3 Zif. 20 TKG, BGBl. I Nr. 70/2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2009

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von

 

 

Zu 1) 250.- Euro

Zu 2) 250.- Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

12 Stunden

12 Stunden

Gemäß

 

 

§ 109 Abs. 3 Zif. 20 TKG

§ 109 Abs. 3 Zif. 20 TKG

...

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

50.- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

...

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher    550.- Euro".

 

In ihrer Begründung führt die Behörde I. Instanz im Wesentlichen aus, dass Herr X Anzeige erstattet habe, die oben genannte SMS ohne Aufforderung hiezu erhalten zu haben. Inhaber der Mehrwertnummer 09X sei der Bw, welcher deswegen aufgefordert worden sei, sich bezüglich des Vorwurfs der Zusendung einer zustimmungslosen Werbe-SMS und der Verheimlichung des Absenders zu rechtfertigen. In Folge erachtete die belangte Behörde die genannten Verwaltungsübertretungen als verwirklicht. Der in der Aufforderung zur Rechtfertigung erhobene Vorwurf, eine authentische Adresse, an die der Empfänger eine Nachricht zur Einstellung weiterer Nachrichten hätte richten können, fehle, wurde im Straferkenntnis ausdrücklich nicht weiter aufrecht erhalten.

Hinsichtlich des Verschuldens ging die Behörde I. Instanz mangels anderer Hinweise unter Anwendung von § 5 VStG von Fahrlässigkeit aus: Da der Bw keine Angaben zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen gemacht habe, sei von geregelten wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. In Anbetracht des gesetzlichen Strafrahmens seien die verhängten Strafen in der Höhe von jeweils weniger als 1 % der angedrohten Höchststrafe gelegen und unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe tat- und schuldangemessen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, welches dem Bw am 20. November 2009 zugestellt wurde, richtet sich die am 27. November 2009 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung.

Begründend führt der Bw an, es gebe in seiner Datenbank keine einzige Nummer, welche noch nie an ihn geschrieben hätte. Die Anmeldedaten von Herrn X würden deshalb nicht mehr zur Verfügung stehen, da der Bw diese lediglich 6 Monate speichern müsse. Nach Ablauf dieser Frist würden die Daten gelöscht, um ein stabil laufendes System zu gewährleisten. In Hinkunft werde der Bw zu Beweiszwecken allerdings auch ältere Daten weiter speichern.

Weiters sei nicht geklärt, wie viele Handys Herr X besitze und ob dieser mit anderen Handys SMS schreibe. Dem Bw sage zudem "schon [sein] Hausverstand", dass Herr X "auf 09X schreibt, denn warum sonst hätte er sich wieder die 09X frei schalten lassen".

Bezüglich der Verheimlichung der Identität bringt der Bw vor, dass die belangte Behörde ihm persönlich mitgeteilt hätte, erst nachprüfen zu müssen, wie man sich identifizieren müsse. Die Aussage der Behörde I. Instanz, er als Betreiber müsse die Gesetze kennen, sei vor diesem Hintergrund wohl ein Scherz.

Ein ausdrücklicher Berufungsantrag wird nicht gestellt. Implizit geht aus dem Schreiben jedoch hervor, dass der Bw die umfassende Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren begehrt.

2.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.2.  Die Behörde I. Instanz hat mit Schreiben vom 30. November 2009, beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am
2. Dezember 2009, den von ihr geführten Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg zur Zahl BMVIT-635.540/0302/09, Einsicht in die Berufung sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2010.

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bw versendete als Diensteanbieter hinter der Mehrwertnummer 09X am 11. Mai 2009 um 10:15 Uhr eine elektronische Post (SMS) mit dem Text " [Textteil wurde in der Online verfügbaren Entscheidung aufgrund der Inhalte anonymisiert] Sende Motor 18J (0.70 Eur/SMS) Abm. m. stop" an das Telefon mit der Nummer 06X, welches Herrn X, gehört(e).

Eine Kontaktanbahnung bzw. Einwilligung zum Empfang der(artiger) SMS seitens Herrn X bzw. diesem zuzurechnenden Personen erfolgte nicht. Herr X ist in keiner Liste nach § 7 Abs 2 E-Commerce-Gesetz eingetragen und hat auch keine anderweitigen Handlungen gesetzt, die darauf schließen ließen, dass er auf sonstige Weise die Zusendung der SMS nicht von vornherein abgelehnt hätte.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der ursprünglich dem Bw gegenüber erhobene Vorwurf, die SMS habe keine authentische Adresse enthalten, an welche der Empfänger eine Nachricht zur Einstellung weiterer Nachrichten habe senden können, nicht aufrecht erhalten.

2.5. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ergibt sich aus den dargelegten Beweismitteln. Den mit dem angenommenen Sachverhalt divergierenden Aussagen des Bw schenkt der Unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund folgender
Überlegungen keinen Glauben:

2.5.1. Vorweg ist festzuhalten, dass der Zeuge bei der Einvernahme einen ehrlichen und glaubhaften Eindruck hinterließ, und nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates kein Motiv hat, den Bw durch falsche Angaben zu belasten.

2.5.2. Das Vorbringen des Bw, die gegenständliche SMS nicht an die Nummer 06X versendet zu haben, da der Zeuge in der Firmendatenbank nicht gefunden worden sei, konnte durch den Zeugen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung durch Vorweisen des Handys mit der gespeicherten SMS glaubhaft widerlegt werden. Auch der Bw stellte dies in Folge außer Streit (siehe Tonbandprotokoll vom 24. Februar 2010, Seite 1f).

2.5.3. Das Fehlen der Nummer des Zeugen in der Datenbank des Bw begründete der Bw damit, dass er nur verpflichtet sei, die bei ihm eingehenden Daten für
6 Monate zu speichern. Nach Ablauf dieser Frist könne er die Daten löschen, was er auch getan habe. Die Kontaktaufnahme des Zeugen mit dem SMS-Dienst müsse daher schon mehr als ein halbes Jahr zurück liegen.

Dies scheint schon deshalb unglaubwürdig, weil der Bw bereits 3 Monate nach der Tat von der Behörde I. Instanz zur Rechtfertigung aufgefordert wurde. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Daten also noch vorhanden sein müssen. Dass der Bw diese trotz Kenntnis des anhängigen Strafverfahrens nach Ablauf von 6 Monaten gelöscht und damit seinen Entlastungsbeweis vernichtet hat, widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Zumal kann von einem ein derartiges Gewerbe betreibenden Unternehmer erwartet werden, alle nötigen Vorkehrungen zu treffen, um Beweisnotstände wie den hier gegenständlichen abzuwenden. Es wäre dem Bw rechtlich nämlich durchaus möglich – und wie die Aussage des Bw in der Berufung und der öffentlichen mündlichen Verhandlung, in Hinkunft alle Daten langfristig auf einem Sicherungsserver speichern zu wollen, beweist, auch zumutbar – gewesen, die Daten über die ins Treffen geführte Frist von 6 Monaten hinaus zu speichern, und damit die Kontaktanbahnung durch die Kunden zu untermauern. Das Vorbringen des Bw, dass es sich im vorliegenden Fall wahrscheinlich um ein "Reaktivierungs-SMS" gehandelt habe, welches den Zeugen nach längerer Zeit der Untätigkeit wieder zur Inanspruchnahme des SMS-Dienstes animieren sollte, vermag vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht zu
überzeugen.

Wenn der Bw weiter vermutet, dass der Zeuge nach bisheriger Nutzung seines Dienstes eventuell aufgrund einer "Partnerin" den Kontakt abbrechen wolle bzw. deswegen jegliche Kontaktaufnahme seinerseits leugne (siehe Tonbandprotokoll vom 24. Februar 2010, Seite 2), ist ihm zu entgegnen, dass der Zeuge bis zum Zeitpunkt der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht wissen konnte, dass der Bw allenfalls vorhandene Daten bereits gelöscht habe. Vielmehr musste der Zeuge, hätte er tatsächlich den SMS-Dienst des Bw genutzt, davon ausgehen, dass der Bw im Verfahren entsprechende Daten vorlegen würde können. Anders gewendet: Falls der Zeuge von sich den Kontakt zu dem in Frage stehenden SMS-Dienst gesucht hätte und diesen nunmehr – etwa wegen einer Partnerin – zu beenden suchte, spricht es eindeutig gegen die allgemeine Lebenserfahrung, dies im Wege einer Anzeige (mit anschließender öffentlicher Verhandlung) zu tun, da der Zeuge jederzeit damit rechnen musste, dass die von ihm gesendeten Nachrichten durch den Bw belegt werden könnten. Hätte der Zeuge tatsächlich nur den von ihm selbst in Anspruch genommenen Dienst wieder beenden wollen, wäre ihm zweifellos ein einfacherer Weg zur Verfügung gestanden.

Dass eine Kontaktanbahnung durch eine andere Person mit Zugang zum Handy des Zeugen erfolgt sei, kann insofern ausgeschlossen werden, als dieser glaubhaft angibt, alleine zu leben (siehe Tonbandprotokoll vom 24. Februar 2010, Seite 2).

2.5.4. Auch die Behauptung des Bw, der Zeuge habe die SMS-Sperre seines Handys nach etwa 14 Tagen wieder aufheben lassen, da er wohl doch an diverse Mehrwertnummern schreibe, konnte durch eine nachvollziehbare und logische Erklärung seitens des Zeugen widerlegt werden (vgl. Tonbandprotokoll vom
24. Februar 2010, Seite 2). Er sei von seinem Mobilfunkbetreiber dahingehend informiert worden, dass es nur möglich sei, kostenpflichtige Mehrwertdienste sperren zu lassen. Die angezeigte SMS verursache jedoch per se noch keine Kosten. Erst die Antwort darauf sei kostenpflichtig, weshalb nur eine umfassende Sperre des SMS-Dienstes am Handy den Eingang solcher Werbesendungen verhindern könne. Da dies aber für den Zeugen, der private Nachrichten weiterhin empfangen und versenden möchte, (verständlicherweise) keine endgültige Lösung war, ließ dieser nach einiger Zeit die Sperre wieder aufheben. Der Rückschluss, dass der Zeuge dies getan habe, um Mehrwertdienste zu nutzen, scheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht tunlich.

2.5.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zusammengefasst zur Auffassung, dass den Ausführungen des Zeugen umfassend Glauben zu schenken ist, während die in keiner Form belegbaren Aussagen des Bw als bloße Schutzbehauptungen anzusehen sind.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003), BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 133/2005, die im Tatzeitpunkt in Geltung standen – eine begünstigende Änderung der Rechtslage iSd § 1 Abs. 2 VStG ist nicht eingetreten –, lauten bzw. lauteten wie folgt:

"Unerbetene Nachrichten

§ 107. (1) …

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post – einschließlich SMS – ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

(3) Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat. ...

(5) Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ist jedenfalls unzulässig, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.

 

Verwaltungsstrafbestimmungen

 

§ 109. (3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

...

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet.

...

(5) Bei der Bemessung der Geldstrafen gemäß Abs. 1 bis 4 ist auch darauf Bedacht zu nehmen, ob die Tat gewerbsmäßig oder wiederholt begangen wurde. Wurde die Tat gewerbsmäßig begangen, so ist der dadurch erzielte unrechtmäßige Vorteil gemäß dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bei der Bemessung zu berücksichtigen."

3.2. Objektive Tatseite:

3.2.1. Zu Spruchpunkt 1:

3.2.1.1. Die Zusendung einer elektronischen Post – einschließlich SMS – zu Zwecken der Direktwerbung ist gemäß § 107 Abs 2 Z 1 TKG ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig.

3.2.1.1.1. Den Gesetzesmaterialien dieser Bestimmung nach ist "[d]er Begriff "Direktwerbung" […] weit zu interpretieren. Er erfasst jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert" (RV 128 BlgNR 22. GP 24). Der Versand der gegenständlichen SMS ist in diesem Sinne zweifellos als Direktwerbung zu qualifizieren: Das beworbene "Produkt" stellt die angebotene Dienstleistung eines erotischen Chats in SMS-Form dar.

3.2.1.1.2 Ebenfalls weit zu interpretieren sind die Anforderungen für die Einwilligung im Sinne des § 107 Abs 2 Z 1 TKG (vgl RV 128 BlgNR 22. GP 24). Diese Anforderungen sind im Zusammenhang mit der Zusendung selbst zu sehen und im Einzelfall anhand der Lebenswirklichkeit zu beurteilen. So soll der gesetzgeberischen Absicht zufolge die Zusendung eines Kreditangebotes durch ein Unternehmen, mit dem der Empfänger noch niemals in Kontakt stand, nur durch eine ausdrückliche Zustimmung möglich sein (RV 128 BlgNR 22. GP 24).

Nichts anderes vermag im vorliegenden Fall zu gelten: Für die Zusendung der gegenständlichen SMS wäre die ausdrückliche Zustimmung des Zeugen oder einer ihm zuzurechnenden Person nötig gewesen. Auf welche Art die Erteilung der Zustimmung hätte erfolgen können – bspw durch vorherige Kontaktaufnahme mit dem Absender – kann dahingestellt bleiben, da wie in den Punkten 2.5.1. und 2.5.3. ausführlich dargelegt, von einer Kontaktanbahnung des Zeugen nicht auszugehen ist. Auch eine Kontaktanbahnung durch andere Haushaltsmitglieder wurde glaubwürdig ausgeschlossen.

Es ist daher davon auszugehen, dass das gegenständliche SMS im Sinne des § 107 Abs 2 Z 1 TKG ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zugesandt wurde.

3.2.1.2. Die vorherige und im gegenständlichen Fall nicht gegebene Zustimmung für die SMS-Zusendung könnte allenfalls entfallen, wenn die im § 107 Abs 3 TKG genannten Voraussetzungen kumulativ (vgl Singer in Stratil [Hrsg], TKG – Telekommunikationsgesetz 20033 [2004] § 107 Anm 8) vorlägen. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist der Beschuldigte, der den Ausnahmetatbestand für sich in Anspruch nehmen möchte, diesbezüglich Behauptungs- und Beweispflichtig (VwGH 25.3.2009, 2008/03/0008). Der Bw hat die Ausnahmebestimmung nicht einmal ins Treffen geführt; darüber hinaus sind im Verfahren auch keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen der einzelnen in der genannten Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmale hervorgekommen.

3.2.1.3. Der objektive Tatbestand des § 107 Abs 2 Z 1 TKG ist daher als erfüllt anzusehen.

3.2.2. Zu Spruchpunkt 2:

3.2.2.1. § 107 Abs 5 TKG pönalisiert – selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 3 leg cit – die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.

3.2.2.2. Die gegenständliche SMS lautete: " [Textteil wurde in der Online verfügbaren Entscheidung aufgrund der Inhalte anonymisiert]? Sende Motor 18J (0.70 Eur/SMS) Abm. m. stop"

Wie dargelegt fordert das TKG, dass die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, nicht verschleiert oder verheimlicht wird. Der Begriff "Absender" wird in § 3 TKG nicht legal definiert. Es steht jedoch außer Zweifel, dass der Telekommunikationsgesetzgeber damit den hinter der Nachricht stehenden Unternehmer, der also mit bzw. durch die Zusendung der Nachricht erwerbswirtschaftlich tätig wird, gemeint hat.

In der Nachricht wird kein Absender genannt. Im Sinne obiger Ausführungen hätte jedoch der Name des Bw oder dessen Firmenname ("X") genannt werden müssen. Das Fehlen jeglicher Absenderbezeichnung verheimlicht hingegen im Sinne des § 107 Abs 5 TKG die Identität des Absenders.

An dieser Beurteilung vermag es nichts zu ändern, dass – wie der Bw zutreffend vorbringt – SMS-Empfänger grundsätzlich die Möglichkeit haben, über die Homepage der X GmbH in Erfahrung zu bringen, welcher Absender hinter der jeweiligen Mehrwertnummer steht. Aus dem sich aus § 107 TKG ergebenden Gesamtzusammenhang lässt sich vielmehr schließen, dass unmittelbar aus der elektronischen Post (hier: der SMS) hervorgehen muss, vom wem die Nachricht stammt bzw. wem diese zuzurechnen ist. Anders gewendet: Es reicht nicht aus, wenn
über ein – nicht zwingend jedem Empfänger elektronischer Post zur Verfügung stehendes – Medium (derzeit) die Möglichkeit besteht, die gewünschte Information zu erhalten. Es kann dem Gesetzgeber nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenats nicht zugesonnen werden, davon ausgegangen zu sein, dass jeder Handy-Besitzer, der ein SMS empfängt, ohne entsprechenden Hinweis weiß, hinsichtlich des Absenders über die Homepage der X GmbH Auskünfte erlangen zu können, weiters über die notwendigen technischen Voraussetzungen (Internetzugang) dafür zu verfügen und vor allem auch, die entsprechenden Mühen in der Folge auf sich zu nehmen.

3.2.2.3. Zum Verhältnis der in § 107 Abs 5 TKG enthaltenen Tatbestände (Verheimlichung der Identität, Vorhandensein einer authentischen Adresse) hat der Unabhängige Verwaltungssenat jüngst festgehalten, dass eine Verwaltungsübertretung im Sinne der zitierten Norm nicht bereits verwirklicht wird, wenn entweder die Identität verheimlicht oder keine authentische Adresse vorhanden ist. Strafbarkeit ist vielmehr erst dann gegeben, wenn sowohl die Identität verheimlicht wird als auch keine authentische Adresse vorhanden ist (vgl. UVS Oö 2.2.2010, VwSen-390270).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das Verfahren bezüglich des Vorwurfes, keine authentische Adresse genannt zu haben, eingestellt. Eine Strafbarkeit des Bw nach § 107 Abs 5 TKG könnte jedoch – wie ausgeführt – ausschließlich dann bestehen, wenn im Straferkenntnis die Verwirklichung beider Kriterien als erfüllt angenommen worden wäre. Freilich wäre diesfalls im Sinne obiger Ausführungen nicht von der Verwirklichung zweier Delikte, sondern bloß von der Verwirklichung eines Deliktes auszugehen (vgl. wiederum UVS Oö 2.2.2010, VwSen-390270).

3.2.2.5. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen war der Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 2 Folge zu geben.

3.3. Subjektive Tatseite:

3.3.1. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

3.3.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

Dem Bw ist aufgrund dieser Judikatur in concreto jedenfalls fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Er hat im Verfahren keine Tatsachenvorbringen erstattet bzw. keine Beweise beigebracht, welche gegen eine die gesetzliche Annahme sprechen würden. Die bloße Behauptung, die gegenständliche SMS nicht versandt zu haben, ist als allgemein gehaltene Schutzbehauptung anzusehen.

Die Strafbarkeit des Bw ist damit jedenfalls gegeben.

3.4. Strafzumessung:

3.4.1. § 109 Abs 3 Z 20 TKG erklärt die Zusendung elektronischer Post entgegen § 107 Abs 2 TKG zur Verwaltungsübertretung und bedroht diese mit Geldstrafe bis zu 37.000 Euro.

3.4.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuchs – StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

3.4.3. Die mit Spruchpunkt 1 verhängte Geldstrafe von 250 Euro beträgt weniger als 0,7% der vorgesehenen Höchststrafe von 37.000 Euro. Sie ist somit im untersten Bereich angesiedelt, jedenfalls tat- und schuldangemessen, und hätte nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in ähnlichen Fällen (siehe etwa VwGH 25.3.2009, 2008/03/0008) auch (deutlich) höher ausfallen können. Dies zum einen vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses am Schutz der Bevölkerung vor Belästigungen und Obszönitäten wie der gegenständlichen SMS, zum anderen, da der Bw – wie die belangte Behörde zu Recht ins Treffen führt – bereits zweimal wegen gleichartiger Verstöße bestraft wurde (vgl UVS Oö 12.11.2008, VwSen-390266; 18.1.2010, VwSen-390277) und § 109 Abs 5 TKG hinsichtlich der Strafbemessung ausdrücklich auf Tatwiederholungen abstellt.

Im Übrigen hat der Bw auch keine Gründe vorgebracht, die gegen die Annahmen der Behörde I. Instanz zur Strafhöhe sprächen.

Strafmildernd wären die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage im Sinne des § 34 Abs 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche "drückende Notlage" wurde vom Bw nicht behauptet und wäre bei der konkreten (geringen) Strafhöhe auch nicht nachvollziehbar. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (VwGH 20. 09.2000, 2000/03/0074; 15.4.2005, 2005/02/0086; 3.11.2005, 2005/15/0106).

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher hinsichtlich des Spruchpunktes 1 die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Gemäß § 51 Abs 6 VStG ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht gestattet, aufgrund einer vom Beschuldigten oder aufgrund einer zu seinen Gunsten erhobenen Berufung eine höhere Strafe zu verhängen als im angefochtenen Bescheid.

4. Verfahrenskosten:

4.1. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG dem Bw bezüglich Spruchpunkt 1 zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20% der verhängten Strafe, das sind 50 Euro, vorzuschreiben.

 

4.2. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 hat der Bw gemäß § 65 Abs 1 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten für das Verfahren vor der belangten Behörde hat zu entfallen.

5. Gesamtbetrag:

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 325 Euro (250 Euro Strafe, 25 Euro Verfahrenskostenbeitrag in I. Instanz, 50 Euro Verfahrenkostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer


 

 

Rechtssatz:

VwSen-390279/9/Fi/MZ/Ga vom 11. März 2010

Erkenntnis

TKG § 107 Abs 5

Strafbarkeit gemäß § 107 Abs 5 TKG ist erst dann gegeben, wenn sowohl die Identität verheimlicht wird als auch keine authentische Adresse vorhanden ist (vgl UVS Oö 2.2.2010, VwSen-390270).

Der Bw wurde wegen Verheimlichung der Identität bestraft, das Verfahren bezüglich des Vorwurfes, keine authentische Adresse genannt zu haben, eingestellt. Eine Strafbarkeit des Bw nach § 107 Abs 5 TKG könnte jedoch ausschließlich dann bestehen, wenn im Straferkenntnis die Verwirklichung beider Kriterien als erfüllt angenommen worden wäre. Freilich wäre diesfalls nicht von der Verwirklichung zweier Delikte, sondern bloß von der Verwirklichung eines Deliktes auszugehen (vgl wiederum UVS Oö 2.2.2010, VwSen-390270).

 

 

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