Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252221/11/Kü/Hue/Ba

Linz, 08.04.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, vom 19. August 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Juli 2009, Zl. SV96-103-2007, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt wird. Der Spruch des angefochtenen    Straferkenntnisses wird dahingehend korrigiert, dass die vorgeworfene Tatzeit auf den Zeitraum zwischen dem 8. April 2007 und dem 9. Mai 2007 eingeschränkt wird.

 

II.     Der Beitrag der Berufungswerberin zu den Verfahrenskosten der Erstbehörde verringert sich auf 50 Euro. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Juli 2009, Zl. SV96-103-2007, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 72 Stunden verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma x GmbH, x, strafrechtlich zu verantworten habe, dass sie zumindest vom 8. April 2007 bis 1. Juli 2007 den bosnischen Staatsangehörigen x, geb. x, als Arbeiter bei dieser Firma iSd § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei, noch dieser Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besessen habe.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw eingebrachte Berufung vom 19. August 2009 in der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wird.

 

Begründend wird vorgebracht, dass zu keiner Zeit von einer unrechtmäßigen Beschäftigung des Ausländers auszugehen sei. Die Bw sei zum damaligen Zeitpunkt Geschäftsführerin der x GmbH gewesen, wobei sämtliche Personalangelegenheiten von Herrn x an der Zweigstelle x eigenständig und selbstverantwortlich erledigt und durchgeführt worden seien. Die Bw habe darauf weder Einfluss noch sonstige Kenntnisnahme gehabt. Es sei seit jeher Firmenpolitik, dass nur Arbeitnehmer mit ordnungsgemäßen Papieren eingestellt würden. Es habe bisher noch nie irgendeine Beanstandung oder Übertretung gegeben. Es werde von der Erstbehörde zu Unrecht unterstellt, die Bw habe vom Ablauf des Aufenthaltstitels des Ausländers gewusst. Dies sei ihr jedoch nicht bekannt gewesen, da ihr diese Unterlagen auch nicht zur Verfügung gestanden seien. Diese Unterlagen seien von Herrn x der Bw erst im laufenden Verfahren übermittelt worden. Sowohl Herr x als auch die Bw hätten davon ausgehen können, dass sämtliche Voraussetzungen für eine "normale Beschäftigung" gegeben seien. Laut Kenntnisstand der Beteiligten sei der Ausländer aufrecht mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet gewesen. Es seien keine Umstände bekannt gewesen, dass diese Ehe aufgehoben oder annulliert worden sei. Weiters sei die Anstellung direkt in Abstimmung mit dem AMS x erfolgt. Vom AMS sei kein Hinweis erfolgt, dass "Probleme" entstehen könnten. Auch zeige der Versicherungsdatenauszug, dass der Mitarbeiter durchgehend beschäftigt gewesen sei. Völlig unerklärlich sei, wie die belangte Behörde zu dem Ergebnis gekommen sei, dass für den Zeitraum 10. Mai 2007 bis 1. Juli 2007 eine Übertretung nach dem AuslBG vorliege. Es dürfe in diesem Zusammenhang auf den Befreiungsschein vom 10. Mai 2007 verwiesen werden. Letztlich verbleibe ein Zeitraum von wenigen Tagen, wollte man die unrichtige Rechtsansicht der Erstbehörde überhaupt gelten lassen. Die Bw sei für allfällige Versäumnisse des Mitarbeiters nicht verantwortlich. Auch ihrem Personalchef, Herrn x, seien diese nicht bekannt gewesen bzw. hätten ihm auch nicht bekannt sein müssen.

 

3. Mit Schreiben vom 26. August 2009 legte die belangte Behörde die Berufung vom 19. August 2009 samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2010, in welcher zwei Vertreter der Bw und ein Vertreter der Organpartei teilgenommen haben.

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Die Bw war zur Tatzeit handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der Firma x GmbH, x.

 

Anlässlich einer Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft x betreffend Erwerbstätigkeit ohne arbeitsmarktrechtliches Dokument des Herrn x erfolgte am 2. Juli 2007 eine Anzeige durch die KIAB an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wegen Beschäftigung dieses Ausländers durch die Bw.

 

Unstrittig ist, dass der Ausländer in der Firma x GmbH ab 8. April 2007 ohne Vorliegen von arbeitsmarktrechtlichen Papieren beschäftigt und für diesen am 10. Mai 2007 ein Befreiungsschein gem.  15 Abs.1 Z3 AuslBG durch das AMS x ausgestellt wurde. Eine Anmeldung bei der Sozialversicherung erfolgte am 13. März 2007. Zu diesem Zeitpunkt lag für den Ausländer eine Niederlassungsbewilligung, beschränkt bis 7. April 2007, vor.  

 

Die Formalitäten bei der Einstellung von Mitarbeitern, die Anmeldung bei der Sozialversicherung bzw. die Überprüfung des Vorliegens von arbeitsmarktrechtlichen Papieren erfolgt in der Fa. x durch eigenverantwortliche Bedienstete, welche sich teilweise in der Zweigniederlassung in x befinden. Herrn x wurde zudem vom AMS vermittelt und gab zum Zeitpunkt der Einstellung an, mit einer Österreicherin verheiratet zu sein. Tatsächlich aber wurde diese Ehe am 6. November 2006 einvernehmlich geschieden.

 

Die Bw hat sich im Unternehmen hauptsächlich um die Buchhaltung gekümmert. Der Gatte der Bw kontrollierte, ohne dazu von der Bw angewiesen zu sein, etwa alle zwei Wochen die Akten und sonstigen Fakten der Zweigniederlassungen. Diese Kontrolle umfasste auch die Vollständigkeit der Personalunterlagen.

 

Dieser Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Vertreters (Gatte) der Bw.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Die Beschäftigung des Ausländers zwischen dem 8. April und 9. Mai 2007 sowie die Tatsache, dass für diesen Zeitraum keine arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen vorgelegen sind, wird von der Bw nicht bestritten. Der objektive Tatbestand ist daher als erfüllt anzusehen.

 

Im Hinblick auf den der Bw angelasteten Tatzeitraum – Beschäftigung eines Ausländers ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung in der Zeit vom 8. April bis 1. Juli 2007 – war eine Einschränkung vorzunehmen, da ab 10. Mai 2007 ein Befreiungsschein gem.  15 Abs.1 Z3 AuslBG durch das AMS x ausgestellt wurde. Zu einer Auswechslung der Tat ist es dadurch nicht gekommen.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Ein mangelndes Verschulden könnte die Bw nur dann aufzeigen, wenn sie ein wirksames Kontrollsystem zur rechtzeitigen Hintanhaltung von Verletzungen des AuslBG darzulegen vermag. Dies ist der Bw jedoch nicht gelungen, da sie als Geschäftsführerin ihren Mitarbeitern nicht einmal entsprechende Anweisungen über die konkrete Vorgehensweise bei der Überwachung der Bestimmungen des AuslBG erteilt hat. Die Erteilung solcher Anweisungen und die Kontrolle der Einhaltung derselben gehört zu den selbstverständlichen Obliegenheiten einer Geschäftsführerin, zumal weder die Überprüfung der Vollständigkeit von Personalunterlagen durch den Gatten der Bw noch die Tätigkeit der "eigenverantwortlichen Bediensteten" zu einem Erkennen des Ablaufs der Gültigkeit der Niederlassungsbewilligung geführt haben.

 

Aufgrund dieser Sachlage ist der Bw daher die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht anzulasten.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Von der Erstbehörde wurden bei der Strafbemessung weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände gewertet.

 

Im Ermittlungsverfahren sind jedoch folgende mildernde Umstände zur Strafbemessung zutage getreten: Neben der Unbescholtenheit und der Tatsache, dass der Ausländer u.a. im Tatzeitraum ordnungsgemäß beim Sozialversicherungsträger angemeldet war, ist der Umstand zu berücksichtigen, dass – wenn auch nachträglich und damit (im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren) verspätet – ein Befreiungsschein für den Ausländer beantragt wurde und dieser auch am 10. Mai 2007 ausgestellt wurde. Zudem wurde von der Bw ein Tatsachengeständnis abgelegt. Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wird zusätzlich auch die überlange Dauer des Verwaltungsverfahrens als mildernd gewertet. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates beinahe 3 Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.   

 

Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf Zahl der Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu beurteilen (vgl. u.a. VwGH 92/02/0095 v. 27.2.1992). Im Hinblick auf die vorerwähnten Milderungsgründe und dem gänzlichen Fehlen von Erschwerungsgründen erscheint es vertretbar unter Anwendung des ao. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) die Mindestgeldstrafe auf die Hälfte herabzusetzen und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen.

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen kann im gegenständlichen Fall nicht von einem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden, zumal die Bw zu keiner Zeit dafür Sorge getragen hat, dass im Unternehmen ein wirksames Kontrollsystem hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des AuslBG besteht: Die Bw behauptet nicht, dass sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin für entsprechende Anweisungen und geeignete Kontrollen der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Personen (Gatte, Mitarbeiter) gesorgt hat (vgl. VwGH 81/01/0245 v. 22.6.1982). Insofern mangelt es an der ersten Voraussetzung für ein Absehen von der Strafe, weshalb – ebenfalls im Gegensatz zur Ansicht des Vertreters der Finanzverwaltung in der Berufungsverhandlung – eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht in Erwägung zu ziehen war.

 

Mit der nunmehr verhängten Strafe ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ebenfalls die erforderliche Sanktion gesetzt, um die Bw in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Gem. § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gem. § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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