Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600089/6/Fra/Ka

Linz, 03.05.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Hermann Bleier, Beisitzer: Dr. Michael Keinberger, Berichter: Dr. Johann Fragner) über den Devolutionsantrag des Herrn x hinsichtlich seines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 28.1.2008 bezüglich der Versäumung einer Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft aufgrund einer Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I.                  Dem Devolutionsantrag wird Folge gegeben.

 

II.              Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 28.1.2008 wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 67a und § 73 AVG; §§ 24, 51c und 52b VStG;

zu II.: § 71 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 16.10.2008, VerkR96-15045-2007-Heme, über den  Antragsteller (ASt) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 110 Euro (EFS 72 Stunden) verhängt. Die dagegen erhobene Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 3.8.2009, VwSen-163833/5/Fra/Se, als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde und der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass der ASt als die von der Zulassungsbesitzerin, Frau x, namhafte gemachte Auskunftsperson trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18.10.2007, Zl. VerkR96-15045-2007, zugestellt am 19.10.2007, nicht binnen zwei Wochen, das war bis 2.11.2007, der Behörde Auskunft erteilt hat, wer das KFZ, Kz: x am 18.6.2007 um 09.03 Uhr gelenkt hat. Anlass für die Lenkeranfrage an die Zulassungsbesitzerin des ggst. Kraftfahrzeuges war die Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. vom 3.7.2007, wonach der/die Lenker(in) des Kraftfahrzeuges, Kz.: x, verdächtig ist, auf der A1, Gemeinde: Straß im Attergau, km. 249.453, FR Wien, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben. Die Lenkeranfrage an die Zulassungsbesitzerin ist mit 27.8.2007 datiert, wurde am 30.8.2007 zugestellt und von der Zulassungsbesitzerin dahingehend beantwortet, dass Herr x (der nunmehrige ASt), geb. 12.3.1958, x, die Auskunft erteilen könne. Die verfahrensgegenständliche Lenkeranfrage wurde daraufhin an den nunmehrigen ASt als von der Zulassungsbesitzerin namhaft gemachte Auskunftsperson gerichtet, wobei entsprechend den Angaben der Zulassungsbesitzerin das Geburtsdatum mit "12.03.1958" angegeben wurde. Die Lenkeranfrage wurde nachweislich am 19.10.2007 zugestellt. Das entsprechende Antwortschreiben gab der Bw laut Poststempel auf dem entsprechenden Briefkuvert am 29.11.2007 der Post zur Beförderung und ist laut Eingangsstempel am 30.11.2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingelangt.

 

Mit Strafverfügung vom 10.1.2008, VerkR96-15045-1-2007, legte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem nunmehrigen ASt denselben Tatbestand wie im angefochtenen Straferkenntnis zur Last. Dagegen hat der nunmehrige Ast rechtzeitig Einspruch erhoben. Zudem stellte er einen mit 28.1.2008 datierten und bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 30.1.2008 eingelangten Wiedereinsetzungsantrag. Er begründete diesen wie folgt:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich nehme Bezug auf die bisherigen Telefonate mit x. Um keine Frist zu versäumen möchte ich, x, Einspruch gegen die Strafverfügung

 

VerkR96-15045-1 -2007, Dvr. 0069345

 

vom 10.01.2008 erheben, da mich aus folgenden Gründen keine Schuld trifft:

         Die Strafverfügung falsche Daten über meine Person enthält.

          Die Lenkererhebung, der Grund der Verwaltungsübertretung, ebenfalls falsche Daten enthielt und ich deswegen nicht sicher war, ob ich gemeint war.

          Ich bereits schriftlich auf die falschen Daten hingewiesen hatte und um die Zusendung einer neuen Lenkererhebung gebeten hatte. Eine Kopie des eingeschriebenen Briefes mit dieser Bitte finden sie im Anhang.

 

Vorsichtshalber stelle ich auch sogleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bezüglich der Versäumung der First zur Abgabe der Lenkererhebung.

Erst mit Empfang der Strafverfügung habe ich erkennen können dass vielleicht ich gemeint gewesen sein könnte. Die letzte Woche per Mail übermittelte Lenkerauskunft müsste somit rechtzeitig sein, da bisher ein unabwendbares Ereignis (nicht korrekte Personendaten) das Abschicken verhinderte.

Wenn ich die Anträge nicht korrekt gestellt habe bitte ich um Behördliche Hilfe und Anleitung, weil ich mir nur rudimentär Rechtsberatung holen konnte.

 

Mit freundlichen Grüßen

x"

 

Über diesen Wiedereinsetzungsantrag hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck bis dato nicht entschieden.

 

I.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.I 135/2009, lauten wie folgt:

 

"2. Abschnitt. Besondere Bestimmungen für das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten.

 

Zuständigkeit; Besetzung

 

§ 67a. Die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern entscheiden:

 

1.         über Anträge und Berufungen in Angelegenheiten, die ihnen durch die Verwaltungsvorschriften zugewiesen sind;

2.         über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher  Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. In den Angelegenheiten der Ziffer 1 entscheiden sie über Anträge, für deren Erledigung sie als erste Instanz oder gemäß § 73 Abs.2 zuständig sind, ……. durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

 

4. Abschnitt: Entscheidungspflicht

 

§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs.2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

 

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl.Nr.52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009, lauten wie folgt:

 

"II. Teil: Verwaltungsstrafverfahren

 

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

 

§ 24. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs.8, 14 Abs.3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs.3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 51d, 57, 63 Abs.1, 64 Abs.2, 66 Abs.2, 67a bis 67d, 67h, 68 Abs.2 und 3, 75, 76a zweiter Satz, 78, 78a, 79, 79a, 80, 81 und 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.

 

5. Abschnitt: Rechtschutz durch unabhängige Verwaltungssenate

 

Besetzung

 

§ 51c. Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

 

6. Abschnitt: Sonstige Abänderung von Bescheiden

                      Wiederaufnahme zum Nachteil des Beschuldigten 

 

Entscheidungspflicht

 

§ 52b. § 73 AVG ist  nur in Privatanklagesachen anzuwenden. Örtlich zuständig ist der unabhängige Verw  altungssenat des Landes, in dem die Unterbehörde ihren Sitz hat."

 

Die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern ist in Art.129a B-VG, BGBl.Nr.1/1930 in der Fassung, BGBl.Nr.I 127/2009, geregelt.

Art.129a B-VG lautet auszugsweise wie folgt:

 

"A. Unabhängige Verwaltungssenate in den Ländern.

 

Art.129a (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern erkennen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,

 

1. in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes,

2. über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes,

3. in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze zugewiesen werden,

4. über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten der Z1, soweit es sich um Privatanklagesachen oder um das landesgesetzliche Abgabenstrafrecht handelt, und der Z3.

 

Art.132. Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate kann erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. In Verwaltungsstrafsachen ist eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nicht zulässig; dies gilt nicht für Privatanklage- und Finanzstrafsachen."

 

I.2.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 25.2.1985, Slg.11.682A) ist der Begriff "Verwaltungsstrafsachen" iSd Art.132 B-VG umfassend zu verstehen. Es schließt auch Verfahren über Wiederaufnahme- und Wiedereinsetzungsanträge im Zuge von Verwaltungsstrafverfahren ein. Dies bedeute zwar eine Lücke im Rechtschutz für den Beschuldigten, dem VwGH sei es jedoch verwehrt, diese (unechte) Lücke im Art.132 B-VG im Analogiewege (vgl. nunmehr § 51 Abs.7 VStG) zu schließen. Dieser Auffassung hat jedoch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15.12.1994, B1045/94, widersprochen. Der VfGH führt in diesem Erkenntnis aus, dass sich die Funktion des die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes auf Verfassungsebene bestimmenden Art.132 B-VG (bei dem es ua um die Abhilfe gegen eine Säumnis der unabhängigen Verwaltungssenate geht) von der Funktion des die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate regelnden Art.129a Abs.1 B-VG wesentlich unterscheidet. Selbst wenn dem Verwaltungsgerichtshof auch unter Einbeziehung verfassungssystematischer Überlegungen zuzustimmen wäre, kann daher daraus für die Auslegung des Art.129a Abs.1 B-VG nichts gewonnen werden. Denn die Rechtschutzlücke, die bei der vom VwGH für geboten erachteten Auslegung des Begriffes "Verwaltungsstrafsachen" in Art.132 B-VG entsteht (und die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung selbst erkennt), ist angesichts der Tribunalqualität der unabhängigen Verwaltungssenate viel geringer, als sie es wäre, wollte man Art.129a B-VG in ähnlicher Weise auslegen und damit die Nichtentscheidung über Wiedereinsetzungsanträge in Verwaltungsstrafverfahren durch Verwaltungsbehörden gänzlich einer Kontrolle durch eine unabhängige Kontrollinstanz entziehen. Ein derartiges Ergebnis käme in noch stärkerem Maße in Konflikt mit dem rechtsstaatlichen Prinzip der Bundesverfassung, als die Auslegung des Art.132 B-VG in dem genannten Beschluss des VwGH. Zu einem solchen Ergebnis zwingen aber die anzuwendenden Rechtsvorschriften keineswegs, denn den zur Klärung der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates anzuwendenden Rechtsvorschriften ist ein Sinngehalt entnehmbar, der das vom Verwaltungsgerichtshof konstatierte Rechtschutzproblem auf der Ebene der Kontrolle durch die unabhängigen Verwaltungssenate gar nicht entstehen lässt.

Gemäß § 24 VStG sind die Regelungen des § 73 AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden. Diese Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof in VwSlg.9935A/1979 so verstanden, dass im Falle eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Verwaltungsstrafsache ungeachtet der Bestimmung des § 24 VStG Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 AVG hinsichtlich der Entscheidung über die Wiedereinsetzung besteht, zumal im Verwaltungsstrafverfahren auch die Vorschriften der §§ 71 und 72 AVG über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anzuwenden sind. Dies könne nur bedeuten, dass das von einer Partei anlässlich der Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren in Anspruch genommene Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung als Ganzes, also auch mit der – entsprechend dem Regelungszusammenhang innerhalb des AVG bestehenden – Entscheidungspflicht der Behörde im Sinne der Bestimmungen des § 73 AVG gilt.

 

Dem stimmt der VfGH aus den vom VwGH ins Zentrum seiner Begründung gestellten systematischen wie auch teleologischen Gründen zu, ist doch das (Rechtschutz)Interesse eines Betroffenen an der Geltendmachung der Entscheidungspflicht über den Wiedereinsetzungsantrag im Verwaltungsstrafverfahren in der Regel  grundlegend anders gelagert als das allfällige (Rechtschutz)Interesse gegenüber einer in der Sache selbst untätig bleibenden Verwaltungsstrafbehörde.

Nach § 73 Abs.2 AVG geht die Zuständigkeit der Entscheidung im Falle der Säumnis der zur Bescheiderlassung zuständigen Behörde "auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über". Nach § 72 Abs.4 AVG steht dem Antragsteller gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiedereinsetzung das Recht auf Berufung zu, die an den unabhängigen Verwaltungssenat geht, wenn in der Sache eine Berufung an diesen vorgesehen ist. Das bedeutet, sieht man diese Vorschriften in ihrem Kontext, dass eine Säumnisbeschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat gegen die Nichtentscheidung über Wiedereinsetzungsanträge in Verwaltungsstrafsachen nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen vorgesehen ist.

Dem steht nach dem oa Erkenntnis des VfGH auch Art.129a Abs.1 B-VG nicht entgegen, denn nach Art.129a Abs.1 Z4 B-VG sind die unabhängigen Verwaltungssenate nicht nur zur Entscheidung über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten der Ziffer 1 dieses Absatzes (das sind Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen (ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes)), soweit es sich um Privatanklagesachen oder Landesabgabenstrafsachen handelt, berufen, sondern auch in Angelegenheiten der Ziffer 3 dieses Absatzes. Ziffer 3 aber überträgt den unabhängigen Verwaltungssenaten die Kompetenz zur Entscheidung in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Gesetze des Bundes und der Länder zugewiesen werden. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über Wiedereinsetzungsanträge in Verwaltungsstrafsachen ist den unabhängigen Verwaltungssenaten aber – wie dargelegt – durch § 73 Abs.2 iVm § 72 Abs.4 AVG zugewiesen. Der Verfassungsgerichtshof sieht daher kein Hindernis, in Wiedereinsetzungsangelegenheiten die genannten Vorschriften des AVG als Gesetze im Sinne des Art.129a Abs.1 Z3 B-VG anzusehen, zumal nur durch eine solche Betrachtung eine dem rechtsstaatlichen Prinzip zuwiderlaufende Rechtschutzlücke vermieden werden kann.

 

Der Oö. Verwaltungssenat stellt sohin zusammenfassend fest, dass vor dem Hintergrund der oa Rechtslage und der hiezu ergangenen Judikatur des VfGH der vorliegende Devolutionsantrag zulässig ist.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat über diesen Antrag durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer – und nicht durch ein Einzelmitglied – zu entscheiden. Zur Zuständigkeit durch eine Kammer ist auszuführen, dass für Verwaltungsstrafverfahren die Besetzung der unabhängigen Verwaltungssenate durch § 51c VStG geregelt ist, da § 67a AVG gemäß § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren keine Anwendung findet. § 51c VStG regelt die Besetzung der unabhängigen Verwaltungssenate ausdrücklich nur für die Entscheidung über Berufungen, sieht aber darüber hinaus in einer Generalklausel vor, dass die Entscheidung "ansonsten….., abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen" durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, erfolgt. Laut den Materialien zur Novelle, BGBl.Nr.I 158/1998, mit der die Generalklausel eingefügt wurde, dient diese insbesondere dazu, die – bis dahin ungeregelte -  Besetzung der unabhängigen Verwaltungssenate in Verfahren aufgrund eines Devolutionsantrages klarzustellen (siehe AB 1167 BlgNr 20.GP u. VfGH vom 9.12.2008, B 1110/08).

 

I.4. In weiterer Folge ist zu prüfen, ob der zulässige Devolutionsantrag auch begründet ist. Gemäß § 73 Abs.2 AVG ist der Devolutionsantrag abzuweisen, wenn die Verzögerung an der Entscheidung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Zur Frage des behördlichen Verschuldens an der Verfahrensverzögerung findet sich eine umfangreiche kasuistische verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, welche dahingehend verallgemeinert werden kann, dass, wenn es die Behörde unterlässt, die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Verfahrensschritte zu treffen, ein überwiegendes Verschulden vorliegt (vgl. VwGH vom 21.9.2007, Zl. 2006/05/0145 ua). Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat über Aufforderung des unabhängigen Verwaltungssenates kein plausibles Argument vorgebracht, weshalb sie über den ggst. Wiedereinsetzungsantrag bis jetzt noch nicht abgesprochen hat. Sie hat dem Oö. Verwaltungssenat lediglich mitgeteilt, über den ggst. Wiedereinsetzungsantrag bis dato noch nicht entschieden zu haben. Es liegen daher die Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs.2 AVG (überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Erledigung des Antrages) vor, weshalb sich der Devolutionsantrag auch als begründet erweist und der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zuständig ist, über den gestellten Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden.

 

II. Der Oö. Verwaltungssenat hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:         

 

II.1. Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Gemäß § 71 Abs.2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt, gestellt werden.

 

Gemäß § 71 Abs.4 AVG ist zur Entscheidung über den Antrag auf  Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war, oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

 

II.2. Bei der Frist nach § 103 Abs.2 KFG 1967 handelt es sich (auch) um eine verfahrensrechtliche Frist (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 31.1.1996, 93/03/0156 und 7.10.1997, 97/11/0146). Im Falle der Versäumung dieser Frist kommt daher grundsätzlich eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 Abs.1 AVG in Betracht (vgl. VwGH vom 23.10.2001, 2000/11/0142; 27.1.2005, 2004/11/0212).

 

II.3. In seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 28.1.2008 führt der Ast aus, dass er erst mit dem Empfang der Strafverfügung vom 10.1.2008, zugestellt am 17.1.2008, erkennen habe können, dass mit der Lenkeranfrage vom 18.10.2007, VerkR96-15045-2007, zugestellt am 19.10.2007, vielleicht er gemeint gewesen sein könnte. Der Antrag ist somit im Sinne des § 71 Abs.2 AVG rechtzeitig gestellt worden, er ist jedoch nicht begründet.

 

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG muss die Partei glaubhaft machen, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Ein derartiges Ereignis liegt nicht vor. Zutreffend ist, dass in der Lenkeranfrage vom 18.10.2007 das Geburtsjahr des Ast falsch angegeben war. Der Ast ist im Jahre 1955 geboren, aufgrund der Angaben der Zulassungsbesitzerin (seiner Ehefrau) des verfahrensgegenständlichen KFZ in ihrer Beantwortung der Lenkeranfrage wurde das Geburtsjahr des Bw falsch mit "1958" zitiert. Sowohl Monat als auch Tag der Geburt wurden jedoch richtig angeführt. Die Lenkeranfrage ist an den Ast nachweislich am 19.10.2007 zugestellt worden. Die zweiwöchige Beantwortungsfrist endete daher mit Ablauf des 2.11.2007. Das entsprechende Antwortschreiben gab der Ast laut Poststempel auf dem entsprechenden Briefkuvert am 29.11.2007 der Post zur Beförderung und ist laut Eingangsstempel am 30.11.2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingelangt. Wie bereits im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates am 3.8.2009, VwSen-163833/5/Fra/Se, ausgeführt, hat der damalige Bw und nunmehrige ASt zu keinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens und auch des Berufungsverfahrens ein Argument vorgebracht, aus welchen Gründen es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre, während der gesetzlichen Beantwortungsfrist eine Lenkerauskunft zu erteilen bzw mit der Behörde die Frage des Geburtsjahres klären zu lassen. Diese Frage hätte sich deshalb leicht klären lassen, zumal das falsche Geburtsjahr von seiner Frau angegeben wurde und der Bw wohl selbst nicht daran glaubt, dass an seiner Adresse eine weitere Person mit demselben Namen und demselben Geburtstag sowie –monat, nur mit einem anderen Geburtsjahr wohnt. Diese inhaltliche Argumente sind auch an den Bestimmungen des § 71 Abs.1 Z1 AVG zu messen und es erweist sich aus diesem Grund der Antrag auf Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand als unbegründet, zumal das vom ASt behauptete bzw. konstruierte unabwendbare Ereignis nicht vorlag. Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.  

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  B l e i e r

 

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