Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252289/19/Kü/Ba

Linz, 18.05.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau X X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, vom 20. Oktober 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. September 2009, SV96-146-2007,                            wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. April 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.  Nr. 51/1991 idgF           iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991       idgF.

zu II.:  § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Septem­ber 2009, SV96-146-2007, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) iVm § 9 VStG eine Geldstrafe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Die Beschuldigte Frau X X hat

es als Arbeitgeber strafrechtlich zu verantworten, dass sie zumindest am 03.09.2007, 15.30 Uhr, die rumänische Staatsangehörige X X, geb. am X, indem diese beim X, X bei dem auf der Festwiese stehenden WC-Wagen beim Kassieren der WC-Gebühren von Beamten des Finanzamtes X betreten wurde, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigten, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde noch dieser Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt – EG' oder einen Niederlassungs­nachweis besaß."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Strafverfahren einzustellen, in eventu eine Ermahnung auszusprechen oder die Strafe herabzusetzen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Tatbestandsmäßigkeit weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht bestehe. Die Bw habe zum Vorfallszeitpunkt nicht gewusst, dass sich Herr X von seiner Gattin kurzfristig während seines Dienstes vertreten lasse. Frau X X habe auch von der Bw niemals Entgelt erhalten. Dies ergebe sich auch aus dem Akt. Warum nunmehr dennoch ein Straferkenntnis erlassen worden sei, bleibe unverständlich, zumal durch die Behauptung, es wäre entgeltliche Beschäftigung nach § 1152 ABGB vorgelegen, wenn die Gattin ihrem Gatten helfe, ohne dass dies der Dienstgeber wisse oder nachvollziehen könne, jedenfalls nicht Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des § 9 VStG iVm § 3 und 28 AuslBG gegeben sei. Dem Straferkenntnis mangle es daher an der für eine verwaltungs­strafrechtliche Verurteilung nötigen Tatsachen­feststellung.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung mit Schreiben vom 29. Oktober 2009 (eingelangt am 11. November 2009) samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. April 2010, an welcher die Bw und ihr Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben sowie Herr X X und Frau X X unter Beiziehung einer Dolmetscherin als Zeugen einvernommen wurden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bw ist als Einzelunternehmerin im Schaustellergewerbe tätig. Beim X X 2007 war die Bw mit einem Autodrom, einer Schießbude und einem Toilettenwagen vor Ort. Betreut wurden diese Einrichtungen von der Bw selbst, ihren Eltern sowie drei rumänischen Arbeitern, für die Beschäftigungs­bewilligungen vorgelegen sind. Einer dieser drei Arbeiter war X X X, der bereits seit 2002 bei der Bw beschäftigt ist. Aufgabe von Herrn X ist es, bei den Aufbauarbeiten zu helfen und sodann während des Festes das Autodrom aber auch den Toiletten­wagen zu betreuen.

 

Am 3.9.2007 wurde Herr X beim X X von seiner Ehefrau besucht. Herr X war an diesem Tag zur Dienstleistung im Toilettenwagen eingeteilt. Am Nachmittag wollte Herr X kurz etwas essen gehen und hat daher seine Frau ersucht, dass sie auf den Toilettenwagen aufpassen soll. Er hat ihr dabei auch seine Geldtasche zur Verwahrung gegeben. Die Bw hat nicht gewusst, dass sich Herr X von seiner Frau kurz vertreten lässt.

 

Genau in dieser Zeit wurde der Toilettenwagen von Organen der Finanzverwaltung kontrolliert. Frau X wurde von den Kontrollorganen aufgefordert, ein Personenblatt auszufüllen. Frau X konnte sich mit den Kontrollorganen nicht verständigen, da sie nicht Deutsch spricht. Sie hat ange­geben, dass sie als Hilfe tätig ist und nichts bezahlt bekommt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen Darstellungen der beiden in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen. Frau X gibt an, dass sie am Kontrolltag nur ihren Mann besucht hat und über sein Ersuchen kurzfristig an diesem Tag auf den Toilettenwagen aufgepasst hat. Sie hat dies bereits gegenüber den Organen der Finanzverwaltung im Zuge der Kontrolle angegeben, zumal sie im Personenblatt angegeben hat, als Hilfe tätig zu sein und kein Entgelt zu erhalten. Fest steht auch aufgrund der Zeugenaus­sagen, dass die Bw selbst von der Vertretung nichts gewusst hat. Frau X ist der deutschen Sprache nicht mächtig und konnte sich daher mit den Kontroll­organen nicht verständigen. Im Zuge der Verhandlung hat sie angegeben, dass sie ihren Ehemann nicht nur einmal am Kontrolltag, sondern diesen auch dann vertreten hat, wenn er etwas aus dem Wohnwagen holen musste. Darin kann sich auch die Angabe der Ausländerin im Personenblatt erklären, wonach sie vier Stunden tätig gewesen ist. Dies wird allerdings von der Zeugin im Zuge der mündlichen Verhandlung insoweit eingeschränkt, als sie angibt, an diesem Tag insgesamt vielleicht zwei Stunden ihren Mann vertreten zu haben. Zudem führt die Zeugin aus, dass sie auf den Wagen aufgepasst habe und nötigenfalls auch WC-Papier nachgefüllt hat und eine Toilette gereinigt hat. Für sie war dies selbst­verständlich, dass sie ihrem Mann behilflich ist. Wenn sie gewusst hätte, dass sie das grundsätzlich nicht machen dürfe, hätte sie das nicht getan.

 

Insgesamt steht aufgrund des Ermittlungsverfahrens fest, dass Herr X X eigenmächtig seine Frau für seine Vertretung während seiner Abwesen­heit vom Toilettenwagen eingesetzt hat.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

5.2. Der für das AuslBG elementare Begriff der Beschäftigung wird in § 2 Abs.2 AuslBG definiert und findet sich dort eine Auflistung der Verwendungsarten die eine Beschäftigung im Sinne des Gesetzes darstellen. Gegenständlich ist zu beurteilen, ob die Hilfstätigkeiten der rumänischen Staatsangehörigen in Form eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses stattgefunden haben, zumal die sonstigen in § 2 Abs.2 AuslBG aufgelisteten Verwendungsarbeiten im vorliegenden Fall nicht in Betrachtung zu ziehen sind und daher gänzlich ausgeschlossen werden können.

 

Nicht näher zu begründen ist im gegenständlichen Fall der Umstand, dass von keinem Arbeitsverhältnis auszugehen sein wird, zumal keine vertragliche Regelung zwischen der Bw und der rumänischen Staatsangehörigen getroffen wurde. Ein Arbeitsverhältnis ist durch die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Arbeitenden geprägt. Zufolge der Beweisaufnahme steht fest, dass die persönliche Abhängigkeit der Ausländerin als zu gering für ein mögliches Abhängigkeitsverhältnis ausgeprägt ist, sodass sich die rechtliche Beurteilung des gegenständlichen Falles darin zu erschöpfen hat, ob ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis bestanden hat oder nicht.

 

Arbeitnehmerähnliche Verhältnisse liegen bei Personen vor, die ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind. Kennzeichnend für die arbeitnehmer­ähnliche Person ist die trotz größerer persönlicher Selbstständigkeit wirksame wirtschaftliche Unselbstständigkeit. Nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes ist Voraussetzung für das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses der Umstand, ob das konkret und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies beim persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist.

 

Im vorliegenden Fall schildern beide einvernommenen Zeugen überein­stimmend, dass Herr X X eigenständig seine Frau für seine Ver­tretung im Toilettenwagen eingesetzt hat. Wesentlich ist, dass nach den Beweis­ergebnissen es keinerlei Vereinbarung zwischen der Bw und Frau X über Arbeitsleistungen gegeben hat und von Frau X von Anfang an erklärt wurde, kein Entgelt für die Aushilfstätigkeiten für ihren Ehemann zu erhalten. Bei der von Frau X erbrachten Hilfstätigkeit handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates um eine kurzfristige einmalige Tätigkeit, bezüglich derer eine Gegenleistung nicht vereinbart worden ist. Die Bw hat über die Aushilfstätigkeiten von Frau X weder mit ihrem Ehemann noch mit der Ausländerin selbst gesprochen und daher keine Kenntnis von dieser Tätigkeit gehabt, zumal sie selbst im Autodrom tätig gewesen ist und keinen Sichtkontakt zum Toilettenwagen gehabt hat. Nach den Beweisergebnissen steht auch fest, dass die Ausländerin keine Verpflegung und somit keine Naturalleistung erhalten hat, sodass jedenfalls von einer unent­geltlichen Hilfeleistung für ihren Ehegatten ausgegangen werden kann. Damit ist allerdings das wesentliche Merkmal eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses nicht erfüllt und ist von keinem Mindestmaß an wirtschaftlicher Abhängigkeit der Ausländerin, die Aushilfstätigkeiten erbracht hat, auszugehen. Mithin hat im gegenständlichen Fall keine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG durch die Bw stattgefunden. Aufgrund dieses Beweisergebnisses war daher der Bw die angelastete Verwaltungsübertretung nicht vorwerfbar, der Berufung statt­zugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

 

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