Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590243/2/Gf/Mu

Linz, 07.05.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch RA x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5. März 2010, GZ BZ-Pol-61003-2010, wegen der Vorschreibung von Pflegegebühren nach dem Oö. Kranken­anstaltengesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an den Bürgermeister der Stadt Wels zurückverwiesen wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 2 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5. März 2010, GZ BZ-Pol-61003-2010, wurde der Einspruch der Rechtsmittelwerberin gegen die aus Anlass einer stationären Behandlung erstellte Rechnung Nr. 900307064 der Klinikum x GmbH vom 11. November 2009 über einen Betrag von 489,68 Euro abgewiesen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Wiener Gebietskrankenkasse die Übernahme dieser Kosten, die ausschließlich aus Anlass einer infolge übermäßigen Alkoholkonsums erforderlichen stationären Behandlung entstanden sind, abgelehnt habe, weshalb sie unmittelbar der Beschwerdeführerin selbst vorzuschreiben gewesen seien.

1.2. Gegen diesen ihr am 15. März 2010 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 29. März 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass sie als medizinische Laiin angenommen habe, wegen einer Kreislaufschwäche und einer damit zusammen hängenden Unterkühlung in die Krankenanstalt eingeliefert worden zu sein, denn sie habe im Verlauf eines langen Abends von vier Stunden nicht mehr als drei Bier und ebenso viele Schnäpse getrunken, allerdings auch eine Brettljause gegessen.

Die Überstellung in die Klinik sei zudem infolge einer Intervention eines Dritten erfolgt und außerdem sei sie dort ohne nähere Aufklärung umgehend in stationäre Pflege übernommen worden. Insbesondere sei ihr weder klar gemacht worden, dass eine Krankenbehandlung gar nicht erforderlich gewesen wäre sowie, dass ihr zudem Behandlungskosten entstehen könnten.

Zudem sei ihr weder die Krankengeschichte noch der Befund der behandelnden Ärzte übermittelt worden, sodass sie keine Gelegenheit gehabt habe, hierzu entsprechend Stellung zu nehmen. Weiters sei sie auch nicht darüber belehrt worden, ob bzw. in welche Gefahr sie sich begeben hätte, wenn sie ihre Alkoholisierung nicht in der Krankenanstalt, sondern zu Hause und ohne ärztliche Aufsicht auskuriert hätte.

Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Sozialversicherungsträger die Kostenübernahme abgelehnt hat, da die in diesem Zusammenhang behauptete Judikatur, wonach Krankenbehandlungen als Folge von Alkoholbeeinträchtigungen generell von der Deckungspflicht ausgenommen seien, differenziert zu betrachten sei: Denn danach bestehe für die Kosten der ersten Untersuchung und Diagnose eine Deckungspflicht, die nur dann entfalle, wenn ein sog. "reiner Asylierungsfall" vorliege; hierüber müsse der Patient jedoch ausdrücklich belehrt werden.

Da gegen die Wiener Gebietskrankenkasse zudem noch keine verfahrensrechtlichen Schritte zur Einbringung der Gebühren eingeleitet worden seien, wird daher aus allen diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Wels zu GZ BZ-Pol-61003-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 und 4 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Gemäß § 67a Abs. 1 i.V.m. § 56 Abs. 8 des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes, LGBl.Nr. 132/1997, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 135/2006 (im Folgenden: OöKAG), ist der Oö. Verwaltungssenat im Wege eines Einzelmitgliedes zur Entscheidung über die vorliegende Berufung zuständig.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach § 55 Abs. 1 OöKAG ist u.a. zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflegegebühren in erster Linie der Patient selbst verpflichtet, sofern diese Pflicht nicht auf Grund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen eine andere juristische Person trifft.

3.2. Im gegenständlichen Fall geht aus dem Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse vom 16. Februar 2010, GZ L-LEB-Bs, nur lapidar hervor, dass die Überprüfung bzw. Einsichtnahme in die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin durch den do. Medizinischen Dienst ergeben habe, dass deren Aufnahme "wegen Alkoholbeeinträchtigung" erfolgt und keine sonstige medizinische Intervention erforderlich gewesen sei. Da jedoch eine Krankenbehandlung "nach ständiger Judikatur" nicht auch eine akute Alkoholisierung ohne sonstige gesundheitliche Beeinträchtigung erfasse, sei sohin eine Übernahme der entstandenen Pflegegebühren nicht möglich gewesen.

Vor diesem Hintergrund ist der Rechtsmittelwerberin beizupflichten, dass es sich insoweit weder um einen unmittelbaren, konkreten Beleg dafür handelt, aus welchen Gründen die stationäre Aufnahme tatsächlich erfolgt ist; insbesondere findet sich in dem von der Behörde vorgelegten Akt keine Kopie der Einweisungs- bzw. Aufnahmediagnose des Arztes des Krankenanstaltenträgers selbst. Außerdem fehlen sowohl Feststellungen darüber, wer die Überbringung der Rechtsmittelwerberin in die Anstalt veranlasst hat, ob diese insoweit ansprechbar und dispositionsfähig war, sowie bejahendenfalls, ob sie der Übernahme in stationäre Pflege zugestimmt hat und zuvor darüber aufgeklärt wurde, dass und unter welchen Voraussetzungen sie einen Selbstbehalt zu tragen haben könnte. Weiters fehlt auch jeglicher konkrete Hinweis darauf, welche "Judikatur" konkret eine Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger im Falle einer bloß akuten Alkoholisierung ausschließt; um der Begründungspflicht des § 58 Abs. 2 AVG zu entsprechen, hätte im angefochtenen Bescheid insoweit zumindest eine entsprechende Fundstelle angegeben werden müssen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Behörde dem Einspruchswerber dann, wenn die vorgenannten Beweismittel vorliegen, die Möglichkeit einer Stellungnahme hierzu (zumindest im Wege einer Akteneinsicht) einräumen muss.

3.3. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch die belangte Behörde zurückzuverweisen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-590243/2/Gf/Mu vom 7. Mai 2010

 

§ 55 Abs. 1 OöKAG; § 58 Abs. 2 AVG; § 66 Abs. 2 AVG

 

Wenn ein konkreter Beleg dafür, aus welchen Gründen die stationäre Aufnahme tatsächlich erfolgte, fehlt; sich in dem von der Behörde vorgelegten Akt keine Kopie der Einweisungs- bzw. Aufnahmediagnose des Arztes des Krankenanstaltenträgers findet; sowohl Feststellungen darüber, wer die Überbringung der Rechtsmittelwerberin in die Anstalt veranlasst hat, ob diese ansprechbar und dispositionsfähig war, sowie, ob sie – bejahendenfalls – der Übernahme in stationäre Pflege zugestimmt hat und darüber aufgeklärt wurde, dass und unter welchen Voraussetzungen sie ein Selbstbehalt zu tragen haben könnte fehlen; und schließlich im Bescheid kein konkreter Hinweis darauf, welche Judikatur eine Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger im Falle einer bloß akuten Alkoholisierung ausschließt enthalten ist – wobei, um der Begründungspflicht des § 58 Abs. 2 AVG zu entsprechen, zumindest eine entsprechende Fundstelle hätte angegeben werden müssen; und der Einspruchswerberin somit keine Möglichkeit einer Stellungnahme hierzu (zumindest im Wege einer Akteneinsicht) eingeräumt war, hat gemäß § 66 Abs. 2 AVG eine Aufhebung des Bescheides unter Zurückverweisung an die Erstbehörde zu erfolgen.

 

 

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