Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252414/2/BP/Eg VwSen-252415/2/BP/Eg

Linz, 22.04.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzender: Mag. Christian Stierschneider, Berichter: Mag. Dr. Bernhard Pree, Beisitzer: Mag. Dr. Johannes Fischer) über die Berufung des X, einerseits und die Berufung des Finanzamtes Linz, Bahnhofplatz 7, 4020 Linz, andererseits, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. März 2010, GZ.: 0055423/2009, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung des X wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Die Berufung des Finanzamtes Linz wird als verspätet zurückgewiesen.

III.          Der Berufungswerber X hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 51 iVm § 24 VStG iVm § 63 Abs. 5 AVG

zu III: § 65 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. März 2010, GZ.: 0055423/2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er als Gewerbeinhaber der Firma X mit dem Sitz in X, in eventu als verantwortlicher des Kunst- und Kulturvereins  X , X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt habe und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten habe:

"Die oa. Firma bzw. der oa. Verein habe als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG fallweise unter anderem am 23. Oktober 2009 die nachfolgend angeführten Personen als fallweise beschäftigte Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt bei diversen Veranstaltungen am 23. Oktober 2009 X with X im X – ehem. X, in den jeweils angeführten Funktionen beschäftigt. Die in Rede stehenden Beschäftigten seien der Firma bzw. dem Verein organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen gewesen. Auch habe eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden. Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert seien, sei hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als dem zuständigen Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet worden. Die gegenständliche Firma habe somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen."

Folgende Personen seien am 23. Oktober 2009 ohne Anmeldung bei der zuständigen Sozialversicherung beschäftigt gewesen:    
1. Frau X, wohnhaft in X, slowenische Staatsbürgerin, beschäftigt als Garderobière, entlohnt gemäß § 49 ASVG, Kollektivvertragsentlohnung und Sachbezug von 3 Getränken, 
2. Herr X, wohnhaft in X, beschäftigt als Einlasssecurity, entlohnt mit 120 Euro und Getränke frei,        
3. Herr X, wohnhaft in X, beschäftigt als Aushilfskellner gegen 8,00 Euro pro Stunde,      
4. Frau X, wohnhaft in X, beschäftigt als Einlasskassierin, entlohnt gemäß § 49 ASVG laut Kollektivvertragsentlohnung, Gratisgetränke und Gratiseintritt auf alle Veranstaltungen inkl. Freund,
5. Frau X, wohnhaft in X, beschäftigt als Kellnerin seit Jänner 2009 bis laufend, 6 Stunden, 2 x pro Monat gegen  " € 8,00 Stunden pro Monat",        
6. Herr X, wohnhaft in X, beschäftigt als Kontrolle Eingang", entlohnt gemäß § 49 ASVG laut Kollektivvertragsentlohnung und Sachbezug von drei Getränken und  
7. Herr X, wohnhaft in X, beschäftigt als DJ, entlohnt gemäß § 49 ASVG laut Kollektivvertragsentlohnung und Getränke frei.

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges sowie nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen geht die belangte Behörde vom Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Tatseite aus und führt als Erschwerungsgrund hinsichtlich der Strafbemessung die Anzahl der Beschäftigten an.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw durch Hinterlegung am 4. März 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung des Bw vom 18. März 2010.

Darin beantragt er die Berufungsbehörde möge das angefochtene Straferkenntnis vom 2. März 2010, Aktenzeichen 0055423/2009, ersatzlos beheben, eventuell mit Bescheid aussprechen, dass vom Ausspruch einer Strafe abzusehen ist und eine bescheidmäßige Mahnung auszusprechen (gemäß § 21 VStG), eventuell die Herabsetzung der Strafhöhe auf Euro 365,- (§ 112 Abs. 2 ASVG).

Begründend führt der Bw an, dass er weder als Fa. X (Einzelunternehmer) noch als Verantwortlicher des Kunst- und Kulturvereins X für die Veranstaltung X am 23. Oktober 2009, mit DJ X im X, als Veranstalter bzw. als Verantwortlicher aufgetreten sei.
Der Veranstalter sei der Kulturverein "X", X, gewesen. Für diese Veranstaltung sei der "X" als sog. Projektträger aufgetreten.

Dem Kunst- und Kulturverein X sei auftrags- und vereinbarungsgemäß lediglich die künstlerische Abwicklung der Veranstaltung für diesen Veranstalter oblegen. Diese Tätigkeit habe z.B. die Buchung der auftretenden Künstler, die Veranlassung von ergänzenden Werbemaßnahmen sowie die unterstützende Mitarbeit vor Ort umfasst.   
Aus diesen Gründen sei vom Veranstalter Kulturverein "X" die Veranstaltungsanmeldung veranlasst worden.

Dem Kunst- und Kulturverein X sei auf dieser Veranstaltung nicht der Ausschank von Getränken oblegen. Der Veranstalter habe allerdings geeignete Personen für den Schankbetrieb und für diverse Kontroll- und Nebenfunktionen gesucht. Sämtliche bezeichneten Personen (Straferkenntnis Pkt. I. 1.-7.) seien für den Veranstalter tätig gewesen und seien Mitglieder des Kunst- und Kulturvereins X. Diese würden grundlegend ehrenamtlich arbeiten. In der Regel könnten Kulturveranstaltungen nur auf diesem Wege wirtschaftlich ökonomisch gewährleistet werden.

Die Beschäftigung und Bereitstellung der genannten sieben Personen sei auf Ersuchen des Kulturvereins "X" erfolgt. Der Bw sei überzeugt gewesen, dass dieser der Behörde gegenüber auch als Dienstgeber im Sinne der § 33 und § 35 ASVG auftrete und somit dafür auch verantwortlich sei.
An keine der sieben Personen seien Lohnzusagen gemäß Kollektivvertrag getätigt worden. Gratisgetränke seien sicherlich zugesagt worden, was auch durchaus üblich sei. Diesbezüglich sei der Bw vom Veranstalter auch bevollmächtigt worden.

Frau X sei für den Veranstalter Kulturverein "X" tätig gewesen. Diesbezüglich sei auf die beiliegende Erklärung zu verweisen.

Bei Frau X, Herrn X sowie X habe sich das Entgelt rein auf einige Gratisgetränke beschränkt und im Fall der Frau X auf zusätzlich freien Eintritt für ihren Freund für diese Veranstaltung. Die Aussage von Frau X, sie habe auch freien Eintritt für weitere Veranstaltungen, sei dahingehend zu verstehen, dass der Bw auch Veranstaltungen für den Kunst- und Kulturverein X durchführe und betreue. Für diese Veranstaltungen bestehe für sie freier Eintritt, zumal sie ordentliches Mitglied dieses genannten Vereines sei.

Lediglich Herr X, Herr X und Frau X hätten ein Entgelt, welches der Bw auftragsgemäß für den Veranstalter Kulturverein "X" ausbezahlt habe, bekommen.

Mit Frau X gebe es kein laufendes Beschäftigungsverhältnis, da der Bw monatlich selbst nicht so oft als Veranstalter auftrete.

Der Bw unterlege dies mit den beiliegenden Erklärungen.

Soweit sich die Behörde inhaltlich auf die Befragung der sieben Personen und deren Personalblätter gestützt habe, sei auszuführen, dass es bei der Befragung sehr laut und eher dunkel gewesen sei und es dadurch bei Unterschriftsleistung möglicherweise zu Missverständnissen dahingehend gekommen sei, den richtigen Kulturverein einzutragen bzw. sich der Tragweite der Erklärung und des Unterschriebenen bewusst gewesen zu sein.

1.3. Gegen das Straferkenntnis, das dem Finanzamt Linz am 3. März 2010 nachweislich zugestellt wurde, erhob die Amtspartei Berufung mit Schriftsatz vom 18. März 2010.

2.1. Mit Schreiben vom 19. März 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits daraus ergab, dass einerseits das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, andererseits die Berufung des Finanzamtes Linz als verspätet zurückzuweisen war, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1.1., 1.2. und 1.3. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

Zusätzlich ist anzumerken, dass laut im Akt befindlicher Veranstaltungsanzeige für die in Rede stehende Veranstaltung am 23. Oktober 2009 der Verein X, vertreten durch X, verantwortlich war. Auf dem Formular wurde die Rubrik hinsichtlich "Personen, die vom Veranstalter mit der Durchführung der Veranstaltung betraut" wurden, durchgestrichen.

 

2.4. Da im vorliegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständigen Kammer berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 33 Abs.1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 84/2009 haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs.1a leg.cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete er Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß § 111 Abs. 5 ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 150/2009 vom 30. Dezember 2009 gilt eine Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.

 

3.2. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

         1. die als erwiesen angenommene Tat;

         2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

         3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

         4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

         5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein Verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

3.4. Im vorliegenden Fall wurde dem Bw die Tat wahlweise als Gewerbeinhaber oder als Verantwortlicher eines Vereins vorgeworfen. Diese Vorgangsweise mutet im Sinn des § 44a VStG jedenfalls bedenklich an, zumal eine unverwechselbare Zuordnung der Tat nicht letztgültig möglich scheint. Ob damit aber eine Verletzung der Erfordernisse des § 44a VStG gegeben ist, bleibt zu überprüfen.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruchs des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, findet eine Auswechslung oder eine Überschreitung der Sache des Berufungsverfahrens nicht statt, was ebenso für den Fall gilt, dass dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, sondern als Inhaber eines Einzelunternehmens zugerechnet werden können, und auch, wenn der Beschuldigte als strafrechtlich verantwortliche Person für jene andere Gesellschaft als seine in Anspruch genommen wird, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 1995, 94/07/0178).

Der zweite hier geschilderte Fall ist auf den in Rede stehenden Spruch wohl anwendbar, da der VwGH sogar eine falsche Zuordnung – nicht nur eine wahlweise – zulässt. Diesbezüglich ist keine Verletzung des § 44a VStG zu erkennen, wenn jedoch nochmals auf die zuvor geäußerten Bedenken hingewiesen wird, da es der belangten Behörde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens durchaus zumutbar und angezeigt gewesen wäre, die – auch von ihr angenommene - offene Frage zu klären.

3.5. Voraussetzung für eine Bestrafung des Bw nach dem ASVG ist zunächst, dass ihm bzw. dem von ihm vertretenen Verein die jeweilige Beschäftigung tatsächlich rechtlich auch zuzuordnen ist. Genau dies wird vom Bw aber in Abrede gestellt.

Nach der Aktenlage war Anzeiger und somit auch Verantwortlicher der in Rede stehenden Musikveranstaltung der Verein X. Im Anzeigeformular werden keinerlei weitere mit Aufgaben betrauten Personen angeführt, weshalb nach Ansicht der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenates auch davon auszugehen ist, dass die Verantwortung den X und nicht den Bw in welcher Eigenschaft auch immer trifft. Bei dieser Annahme spielt es nur eine untergeordnete Rolle, dass der Bw dem Veranstalter bei der Requirierung von Personen behilflich war, da eindeutig gegeben scheint, dass zwischen ihm und den allenfalls beschäftigten Personen – zumindest aus seiner Sicht, was alleine im Sinn einer Dissensannahme schon als ausreichend anzusehen wäre – keinerlei Vertragsbeziehung entstand.

Somit ist festzuhalten, dass der Bw für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung weder als Einzelunternehmer noch als Vertreter des in Rede stehenden Vereins verantwortlich gemacht werden kann.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einigen der allenfalls beschäftigten Personen wohl die Voraussetzungen der Vollversicherungspflicht im Sinne des ASVG nicht gegeben wären. Auf diese Frage muss jedoch im Einzelnen nicht eingegangen werden.  

 

3.6. Nach dem – laut § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anwendbaren – § 63 Abs. 5 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG ist eine Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides.

 

Gemäß dem – ebenfalls laut § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anwendbaren – § 32 Abs. 2 des AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages, der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

3.7. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das in Rede stehende Straferkenntnis dem Finanzamt Linz nachweislich am 3. März 2010 zugestellt wurde. Die Berufungsfrist endete – unter Berücksichtigung der obigen Rechtsgrundlagen – mit Ablauf des 17. März 2010. Die Berufung des Finanzamtes Linz datiert mit 18. März 2010 ist daher verspätet. Es war somit dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt auf das Berufungsvorbringen materiell einzugehen.

3.8. Es war daher der Berufung des X stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen sowie die Berufung des Finanzamtes Linz als verspätet zurückzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw X gemäß § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz, noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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