Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-120075/9/Br/Th

Linz, 31.05.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch dessen Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 06.04.2010, Zl.: VerkR96-7285-2009, zu Recht:

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II.        Die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I:   §§  66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm. §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG;

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin wegen der Übertretungen 1) nach § 36 Abs.1 LVR iVm § 75 LVR iZm § 169 Luftfahrtgesetz und 2) nach § 37 Abs.1 LVR iVm § 75 LVR iZm § 169 Luftfahrtgesetz zwei Geldstrafen (je 250 Euro) und für den Nichteinbringungsfall ein Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je vier Tagen verhängt.

Folgender Tatvorwurf wurde erhoben:

„1) Sie sind als Pilotin in den kontrollierten Luftraum eingeflogen, ohne vorher eine Freigabe erhalten zu haben.

2) Sie sind als Pilotin in den kontrollierten Luftraum eingeflogen, wobei Sie aufgefordert wurden den Tower LOWL zu rufen, jedoch sind Sie ohne Funkkontakt weitergeflogen.

Tatort: kontrollierter Luftraum, LVR Anlage 5, Anhang E, Ziffer B, Kontrollzonen, Abs. 2 Punkt 5 von Marchtrenk in Richtung St. Valentin

Tatzeit: am 21.05.2009 um 12:12 Uhr (UTC)

Kennzeichen: X.“

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus wie folgt:

Die Ihnen im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung stützt sich auf die Anzeige der Austro Control GmbH vom 12.08.2009.

Gegen die am 07.09.2009 ergangenen Strafverfügung haben Sie Einspruch erhoben. Über diesen Einspruch, der von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als Einspruch gegen das Strafausmaß gewertet wurde, wurde mit Bescheid vom 19.01.2010 entschieden, wobei die verhängten Geldstrafen bestätigt wurden. Dagegen haben Sie das Rechtsmittel der Berufung ergriffen. Am 08.03.2010 fand vor dem UVS eine Verhandlung statt, wobei de facto ein Ermittlungsverfahren geführt wurde. In weiterer Folge gab der UVS der Berufung statt und der Bescheid vom 19.01.2010 wurde ohne Verfahrenseinstellung behoben. Mit Verständigung zum Ergebnis des Beweisverfahrens vor dem UVS wurde Ihnen nochmals die Möglichkeit gegeben innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung bis 31.03.2010 bis Stellung zu nehmen.

Ihre Stellungnahme vom 30.03.2010 beschränkte sich im Wesentlichen darauf, dass Ihnen der Tatbestand nicht richtig zur Last gelegt wurde. Die angegebene Tatzeit mit 12.12 Uhr stimmt nicht mit der Ortszeit überein. Darüber hinaus fehlten auch die Höhenangaben, sodass nicht nachvollziehbar ist in welchem Luftraum Sie sich befunden haben.

 

Entgegen Ihrer Stellungnahme gelangte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zur Ansicht, dass Ihnen die Tat ausreichend konkretisiert zur Last gelegt wurde, da die UTC Zeit die einzig übliche Zeitangabe im Flugverkehr ist. Tatsache ist weiters, dass Sie sich in dem Flugbereich befanden, der es notwendig machte eine Sprechfunkverbindung zu halten.

 

Da sich der Sachverhalt schlüssig darstellt, bedurfte es keiner weiteren Beweiserhebung und es gilt als erwiesen, dass Sie die Ihnen zur Last gelegten Taten begangen haben.

 

Folgende gesetzliche Bestimmungen liegen den Tatbeständen zugrunde:

 

§ 36 LVR Freigaben

(1) Der Pilot hat vor Beginn eines kontrollierten Fluges eine Freigabe einzuholen. Diese Freigabe ist durch Übermittlung eines Flugplanes (§ 25 Abs. 1) an die in Betracht kommende Flugverkehrskontrollstelle (§ 69) zu beantragen.

 

§ 37 LVR Sprechfunkverbindung und optische Signale bei kontrollierten Flügen (1) Kontrollierte Flüge sind nur mit Sprechfunkverbindung (§ 6) zulässig, soweit im Abs. 2 und im § 44 Abs. 3 nichts anderes bestimmt wird.

 

Zur Bemessung der Strafen wurde Folgendes berücksichtigt:

Bei der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG wurde auf Ihre Einkommens- Familien und Vermögensverhältnisse Bedacht genommen. Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe waren die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht zu berücksichtigen. Da sich bei der Einvernahme des Leiters der Flugkontrollstelle Linz, Herrn X herausstellte, dass keine nachhaltige Schädigung luftfahrtspezifischer Interessen ausgelöst wurde, konnte eine mildere Strafe als in der Strafverfügung verhängt werden.

 

Ein straferschwerender Umstand kam nicht zu tragen, der Milderungsgrund der Unbescholtenheit kam Ihnen nicht zugute.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen. Die Höhe der Geldstrafe scheint ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten und besitzt darüber hinaus auch generalpräventive Wirkung.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.“

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter  erhobenen Berufung führt der Rechtsvertreter der Berufungswerberin folgendes aus:

Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels vom 6.4-2010, Gz. VerkR96-7285-2009, erhebt die Beschuldigte durch ihren ausgewiesenen Vertreter die

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich. Zur Begründung wird ausgeführt wie folgt:

 

1. Nunmehr wird der Beschuldigten erstmals vorgeworfen, sie wäre am 21.5.2009 um 12:12 Uhr UTC, das entspricht im Sinn des Zeitzählungsgesetzes BGBl. Nr. 78/1976 i.V.m. Verordnung der Bundesregierung über die Sommerzeit BGBl. II Nr. 461/2006 einer gesetzlichen Zeit von 14:12 Uhr in den kontrollierten Luftraum eingeflogen, ohne vorher eine Freigabe erhalten zu haben und sie sei in den kontrollierten Luftraum eingeflogen und habe der Aufforderung, den Tower LOWL zu rufen, nicht entsprochen. Zudem ist nach den Bestimmungen des Zeitzäh­lungsgesetzes eine Angabe einer Tatzeit in einem Verwaltungsstrafverfahren in einer anderen als der MEZ bzw. während der Geltung der Sommerzeit in MESZ nicht zulässig. Bisher wurde derselbe Vorwurf bezogen auf eine Tatzeit von 12:12 Uhr ohne Hinweis, dass es sich dabei um UTC Zeitangaben handelt, erhoben. Somit differiert der nunmehrige Tatvorwurf zum bisherigen um 2 Stunden.

Es ist keineswegs so, dass Zeitangaben in der Fliegerei grundsätzlich als Zeitangaben in UTC zu verstehen sind, vielmehr sind beide Zeitangaben, nämlich Zeit nach UTC und Lokalzeit „LOK" üblich. Im Verwaltungsverfahren sind Zeitangaben grundsätzlich als Lokalzeit MEZ im Sinn des Zeitzählungsgesetzes bzw. zwischen 29. März und 25. Oktober 2009 im Sinn der Verordnung BGBl. II Nr. 461/2006 als Angaben nach MESZ anzuführen. Die Änderung des Tatvorwurfs von ursprünglich Tatzeit 21.5.2009 um 12:12 Uhr auf eine Tat­zeit auf 21.5.2009, 12:12 Uhr, UTC = 14:12 Uhr MESZ, stellt eine wesentliche Änderung des Tatvorwurfs bzw. die Begründung eines neuen dar, der die Beschuldigte der Gefahr einer Doppelbestrafung aussetzt. Diese Änderung ist unzulässig. Weiters ist die Verfolgungsverjäh­rung längst eingetreten, sodass auch aus diesem Grund ein Tatvorwurf zu einer Zeit um 14:12 gesetzlicher Zeit nicht mehr erhoben werden kann.

Schon aus diesem Grund kann das angefochtene Straferkenntnis keinen Bestand haben.

 

2.  Obwohl die Beschuldigte bereits mehrfach darauf hingewiesen hat, zieht die Behörde beharr­lich nach wie vor die falschen Tatbestände heran.

Wie bereits ausgeführt, handelte es sich bei dem am 21.5.2009 stattgefundenen Flug um kei­nen Instrumentenflug, ja nicht einmal um einen, für den fakultativ eine Flugplan aufgegeben wurde, somit um keinen kontrollierten Flug. Die Bestimmung des § 36 Abs. 1 LVR ist daher nicht anwendbar.

 

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Änderung der Tatzeit um 2 Stunden zulässig wäre, wäre daher auch der Tatbestand falsch. Zu einer Korrektur des Tatbestandes ist der UVS funk­tional unzuständig, darüber hinaus stünde dem ebenfalls der zwischenzeitliche Eintritt der Ver­folgungsverjährung entgegen.

 

3. Auch der Tatbestand des § 37 Abs. 1 LVR ist vollkommen verfehlt, da auch dieser nur für kon­trollierte Flüge anwendbar ist.

Richtigerweise wäre § 6 LVR i.V.m. Anhang B Lit. D Abs. 1 LVR anzuwenden. Dies unter der Voraussetzung, dass von einem Einflug in den Luftraum der Klasse D im Sichtflug ausgegan­gen wird, wofür im angefochtenen Straferkenntnis ebenso alle wesentlichen Feststellungen fehlen wie im gesamten bisherigen Verfahren.

 

4. Wie bereits bisher ausgeführt, fehlt die Angaben zur Flughöhe, sodass nicht nachvollziehbar ist, ob sich die Beschuldigte tatsächlich in der Kontrollzone des Flughafens Linz bewegt hat. Die Kontrollzone des Flughafens Linz endet in einer Höhe von 2.500 ft (QNH). Es ist bis heute weder festgestellt, in welcher Höhe nach Radarsignalauswertung (welche sich auf Standard­luftdruck QNE 1.013,25 hPa bezieht) die Beschuldigte geflogen sein soll noch welcher Luft­druck (QNH) zur Tatzeit herrschte und in welcher Höhe sich die Beschuldigte bezogen auf QNH bewegt hat. Ein Nachtrag ist auch diesbezüglich wegen Erntritt der Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich.

 

Da mithin alle formalen Voraussetzungen für eine Bestrafung fehlen und ein Nachtrag bzw. eine Korrektur sowohl wegen Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist als auch wegen funktionaler Unzu­ständigkeit des UVS nicht möglich ist, wird gestellt der

 

Antrag,

 

der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Innsbruck, am 2010-04-19                                            X

 

 

2.1. Mit dem Punkt 1. ihres Berufungsvorbringens ist die Berufungswerberin im Recht.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

Die für den 31.5.2010 anberaumt gewesene Berufungsverhandlung war angesichts der auf die tatsächliche Tatzeit fehlende Verfolgungshandlung abzuberaumen bzw. hatte mit Blick auf die damit verbundenen Kosten für die Berufungswerberin zu unterbleiben.

 

 

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Zur Aktenlage:

Die hier verfahrensgegenständlichen Tatvowürfe stützen sich auf einen sogenannten „Occurence Report“ (Anzeige wegen Übertretung des LFG) seitens der Austro Control - Flugsicherung Linz. Das Tatverhalten wurde darin als „Schwere Störung“ qualifiziert.

Demnach flog die Berufungswerberin als Führerin des Luftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X am 21.5.2009 um 12:12 Uhr (UTC = 14:12 Ortszeit) ohne Freigabe und ohne Funkkontakt durch die Kontrollzone des Flughafens Linz. Dies auf dem Flugweg von Wels nach St. Valentin. Das Flugzeug wurde laut diesem „Report“ offenbar über Rückfrage beim Betriebsleiter des Flugplatzes Wels identifiziert. Sie wurde vom Flugplatzbetriebsleiter Wels, mit dem zu dieser Zeit kurz nach dem Abflug von Wels offenbar noch Funkkontakt bestand, angewiesen mit Linz/Tower auf der Frequenz 118,80 Funktkontakt aufzunehmen. Auch dieser Aufforderung kam sie laut Anzeige der Flugverkehrskontrollstelle Linz nicht nach.

Später rechtfertigte sie sich im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens mit einem vorher ihr widerfahrenen Taschendiebstahls und der damit in Zusammehang stehenden Unkonzentriertheit.

Die Berufungswerberin wurde in der Folge von der Austrocontrol (Zentrale Wien) am 26. Mai 2009, GZ: LSA599-1/51-09 zur Erstattung einer Stellungnahme eingeladen.

Dieses Schreiben wurde der Berufungswerberin zweimal erfolglos p.A Wiesenweg 15, 6408 Pettnau zuzustellen versucht.

Die Berufungswerberin  gelangte daher binnen sechs Monaten nie in Kenntnis der tatsächichen Tatzeit.

 

 

4.1. Mit Schreiben vom 12. August 2009 übermittelte die Austrocontrol unter Hinweis auf zwei Verstöße gegen die  LVR diesen Sachverhalt an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als für die Verfolgung dieser Verwaltungsübertretungen örtlich und sachlich zuständigen Strafbehörde.

Darin wurde bereits die rechtliche Qualifizierung dieses Fehlverhaltens dargelegt und auf die Bestimmung nach § 170 LFG verwiesen, nämlich die Bekanntgabe des Sachausganges zwecks Evidenzierung einer allfälligen Bestrafung.

Telefonisch ersuchte die Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz die Austrocontrol um Beurteilung des Unwertgehaltes dieses Fehlverhaltens mit Blick auf eine tatschuldangemesse Bestrafung. Dieses Ersuchen wurde mit dem E-Mail der Austrocontrol vom 7.9.2010, 13:17 Uhr beantwortet, wobei unter Hinweis auf eine von der Bezirkshauptmannschaft Mödling in einem vergleichbaren Fall pro Delikt eine Geldstrafe zwischen 300 u. 400 Euro als angemessen aufgezeigt wurde.

Die Behörde erster Instanz verhängte schließlich mit der Strafverfügung vom 7.9.2009 für jedes Delikt eine Geldstrafe in der Höhe von je 360 Euro. Darin wurde – als erste Verfolgungshandlung – die Tatzeit mit „12:12 Uhr“ bezeichnet.

Dagegen erhob die Berufungswerberin unter Rücksendung einer Kopie der Strafverfügung (FAX v. 28.10.2009, 20:22 Uhr, an die Behörde erster Instanz) Einspruch, wobei sie dies mit der lapidaren Anbringung des Hinweises „Ich erhebe Einspruch. X“ zum Ausdruck brachte.

Am 29.12.2009 wurde der Berufungswerberin als RSa-Sendung eine Aufforderung zur Rechtfertigung mit der bekannten Tatanlastung (Tatzeit ebenfalls 12:12 Uhr) zugestellt. Diese wurde von der Berufungswerberin eigenhändig am 31.12.2009 übernommen. Als Termin für die Vorsprache bei der Behörde erster Instanz wurde ihr, neben der Möglichkeit dazu schriftlich Stellung zu nehmen, der Vormittag des 18.1.2010 eröffnet.

 

 

4.1.1. In der Stellungnahme vom 14.1.2010 an die Behörde erster Instanz  gesteht die Berufungswerberin im Ergebnis das ihr angelastete Verhalten als Fehlleistung ein. Inhaltlich begründete sie dies mit ihrer fehlenden Ortskundigkeit aber auch mit dem ihr vorher widerfahrenen Diebstahl ihrer Aktentasche mit wichtigen Dokumenten, Geld, Ausweise und Handy und der daraus resultierenden Unkonzentriertheit. Sie hätte jedoch den Transponder auf 7000 gestellt und den Modus C aktiviert gehabt. Durch diese Maßnahme habe sie der Kontroller in Linz am Schirm gehabt und habe so jederzeit über ihre Flughöhe, Position und Geschwindigkeit  Kenntnis gehabt. Dadurch hätte eine Kollisionsgefahr oder eine größere Behinderung nicht bestanden. Sie räumte abschließend ein vor Antritt des Fluges diese mögliche Ablenkung (gemeint wohl wegen des ihr widerfahrenen Diebstahls) unterschätzt zu haben.

Zum Strafausmaß vermeinte die Berufungswerberin schließlich, dieses wäre überhöht und es entspreche keinesfalls ihren Einkommens- u. Vermögensverhältnissen. Sie sei für eine 5 ½ jährige Tochter sorgepflichtig.  Nur am Papier sei sie Miteigentümerin dieses Flugzeuges. Sie beantragte mit einer bloßen Ermahnung vorgehen zu wollen und in eventu das Strafausmaß den Einkommensverhältnissen entsprechend zu reduzieren.

Von der Behörde erster Instanz wurden folglich noch die Vormerkungen von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingeholt.

Schließlich wurde am 19.1.2010 ein auf den Strafausspruch beschränktes Straferkenntnis erlassen.  Diese wurde mit h. Erk. vom 8. März 2010, VwSen-120074/9/Br/Th ohne Verfahrenseinstellung behobene, weil  zu Unrecht über die Schuldfrage nicht abgesprochen worden war, obwohl mit dem Einspruch gegen die Strafverfügung auch der Schuldspruch aus dem Rechtsbestand eliminiert wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Eingangs räumt die Berufungsbehörde ein, die Verjährungsfrage erst im Rahmen des ergänzenden Berufungsvorbringens realisiert zu haben.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung
(§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs. 2 leg.cit. – abgesehen von im Zusammenhang nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen – sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist, oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

 

5.1. Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht, oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

 

5.1.1. Die Behörde erster Instanz hat, wie die Berufungswerberin in diesem Punkt in der Berufung und insbesondere in  deren schriftlichen Ergänzung letztlich zutreffend einwendet, im Ergebnis eine nach dem im Verfahren geltenden  „Zeitzählungsgesetz“ und die auf dieses Gesetz gestützte „Sommerzeitverordnung“ (BGBl. II. Nr. 461/2006) mit "12:12 MESZ" eine zwei Stunden vor der tatsächlichen Tatzeit liegende Übertretungshandlung zur Last gelegt.

Nach der Aktenlage steht somit fest, dass die Berufungswerberin die ihr vorerst ohne Hinweis auf "UTC" angelastete Tat jedenfalls nicht um "12:12" Uhr sondern um 14:12 Uhr begangen hat. Die belangte Behörde hat somit auch innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG keine zutreffende Verfolgungshandlung gegen die Berufungswerberin  gesetzt. 

Demnach ist die Berufungswerberin in diesem Punkt mit ihrem Vorbringen im Recht.

 

 

5.2. Die einer Beschuldigten vorgeworfene Tat muss derart unverwechselbar konkretisiert sein, damit diese in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit ihr Rechtsschutzinteresse wahren zu können (vgl. VwGH 17.9.2009, 2008/07/0067).

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodass sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente, der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z2 VStG, beziehen muss (siehe dazu h. Erk. v. 7.5.2007, VwSen-390180/5/SR/Ri mit Hinweis auf die Erkenntnisse Verstärkter Senate VwGH v. 16.1.1987, Zlen.: 86/18/0073 u. 86/18/0077 u. h. Erk. v. 12.12.2005, VwSen-160956/4/Sch/Hu). 

Die Verfolgungshandlung gegen eine Beschuldigte muss demnach eine zur Last gelegte Handlung unter Berücksichtigung sämtlicher Tatelemente gemäß § 44a Z1 VStG  innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 44a Z2 leg. cit. konkretisiert zum Inhalt haben (VwGH 7.9.1990, Zl. 85/18/0186).

 

 

5.3. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat auch zeitlich unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Verst. Senaten VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine abstrakte Ableitung aus einem der Beschuldigten  binnen sechs Monaten nicht zugänglich gewordenen Aktenstück reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 11 zu § 44a VStG).

 

 

5.3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein Verwaltungsgerichtshof vom 25. März 1994, 93/02/0228; vom 19. Mai 1993, 92/09/0360; vom 28. Februar 1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0169).  Dies trifft auch auf die Tatzeit zu!

 

 

5.3.2. Binnen sechs Monaten erfolgte hier keine auf „UTC“ oder „MEZ“ präzisierte zeitliche Verfolgungshandlung.

 

 

5.4. Da die Berufungswerberin  die ihr angelastete Verwaltungsübertretung (unzutreffende Tatzeit) zu der ihr zu Last gelegten Zeit nicht begangen hat, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

6. Abschließend sieht sich die Berufungsbehörde mit Blick auf die inhaltliche Berufungsausführung veranlasst rechtlich folgendes festzustellen:

Als Kontrollzonen gelten überwachte Lufträume, die nach unten durch die Erdoberfläche und nach oben durch horizontale Flächen in bestimmten Höhen begrenzt sind (§ 2 Z31 LVR - Begriffsbestimmungen).

Auch Flüge im Flugplatzverkehr kontrollierter Flugplätze – gleichgültig ob nach Instrumenten- oder Sichtflugregeln – sind nur als kontrollierte Flüge zulässig. Beim Anfliegen eines kontrollierten Flugplatzes ist gegebenenfalls entsprechend den gemäß Abs.1 aufgetragenen Verfahren, sofern nichts anderes aufgetragen ist, in einer Entfernung von mindestens 20 km Sprechfunkverbindung (§ 6) mit der Flugplatzkontrollstelle aufzunehmen, wenn die Möglichkeit einer Sprechfunkverbindung besteht. Ansonsten sind die Anweisungen zu beachten, die durch optische Signale und Zeichen (Anhang A, Abschnitt B) gegeben werden (§ 19 Abs.2 LVR).

Der Flug in einer Kontrollzone ist insofern nur als kontrollierter Flug zulässig, weil hierfür Flugverkehrskontrolldienst auszuüben ist. Daher wäre der Einflug sehr wohl als Verstoß nach § 36 LVR über die Freigabe für einen Einflug in die Kontrollzone zu qualifizieren gewesen.

Der belangten Behörde kann vor dem Hintergrund der im § 68 Abs.2 Z1 [innerhalb kontrollierter Lufträume für Instrumentenflüge und kontrollierte Sichtflüge]   und Z3 LVR [für den Flugplatzverkehr kontrollierter Flugplätze] umschriebenen Aufgaben des Flugverkehrskontrolldienstes, Zusammenstöße zwischen Luftfahrzeugen zu vermeiden (s. auch VwGH 22. 6. 1982, 03/0631/80, ZVR 1983/351). Stünde es dem Piloten - wie die Berufungswerberin zu vermeinen scheint – unter Sichtflugregeln gleichsam frei in eine Kontrollzone einzufliegen, würde dies den mit der Einrichtung des Flugverkehrskontrolldienstes verbundenen, oben angeführten Zielsetzungen zuwiderlaufen.

So wird etwa auch eine ununterbrochen dauernde Hörbereitschaft  im Interesse einer sicheren und geordneten Abwicklung des Flugverkehrs bei kontrollierten Flügen notwendig (vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht II). Selbst eine nur wenige Minuten dauernde Unterbrechung der Sprechfunkverbindung wurde daher nicht als bloß geringfügige und die Sicherheit des Flugbetriebes unmittelbar berührende Störung angesehen. Dies gilt naturgemäß auch für die Nichtbefolgung der Herstellung eines Funkktontaktes mit einer Flugverkehrskontrollstelle (vgl. VwGH 19.9.1990, 90/03/0056).

Die Anordnung eines Flugverkehrsleiters hat normativen Charakter die grundsätzlich zu befolgen ist.

Das Faktum des Einfluges in die Kontrollzone schließt in Linz jedenfalls eine Flughöhe nicht über 2.500 ft in sich, weil die Kontrollzone vom Boden bis in diese Höhe festgelegt ist. 

Der Einflug in die Kontrollzone geht bereits aus dem sogenannten „Occurrence Report“ der Austro Control – Linz Tower hervor, worin vermerkt ist „unauthorized crossing of CTR Linz between 2000 and 2500 ft (unerlaubter Durchflug der Kontrollzone Linz zwischen 2000 und 2500 Fuß), sodass die Höhenangabe als Tatbestandselement im Ergebnis als redundant und nicht als Tatbestandelement zu bezeichnen ist.

Nicht zuletzt ginge wohl auch der Einwand ins Leere, wonach lediglich der § 6 iVm Anhang B lit. D der LVR (über die Aufrechterhaltung einer Sprechfunkverbindung) heranzuziehen sei.

Hat doch nach § 2 Z18 LVR (Begriffsbestimmung) der verantwortliche Pilot/die verantwortliche Pilotin von einer Flugverkehrskontrollstelle erteilte Zustimmungen oder Anordnungen, ihr Luftfahrzeug unter den von der Flugverkehrskontrollstelle mit Rücksicht auf die Sicherheit der Luftfahrt festgelegten Bedingungen, Auflagen und Befristungen zu führen.

Gemäß § 36 Abs.1 hat der Pilot/die Pilotin vor Beginn eines kontrollierten Fluges, d.h. eines Einfluges in einen kontrollierten Luftfraum, eine Freigabe einzuholen. Diese Freigabe ist, abgesehen von Ausnahmen, durch Übermittlung eines Flugplanes (§ 25 Abs.1) an die in Betracht kommende Flugverkehrskontrollstelle (§ 69) zu beantragen.

Zu § 37 LVR -  Sprechfunkverbindung und optische Signale - bei kontrollierten Flügen sind laut Abs.1 leg.cit. kontrollierte Flüge nur mit Sprechfunkverbindung (§ 6) zulässig, soweit im Abs. 2 und im § 44 Abs.3 nichts anderes bestimmt wird.

Zu den Lufträumen ist zu bemerken, dass diese in Luftraumklassen A bis G festgelegt sind, wobei alle nachstehenden Höhenangaben auf den mittleren Meeresspiegel bezogen sind, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird.

Als Kontrollzonen (CTR) werden die im Abs.2 bezeichneten Lufträume festgelegt, die nach unten durch die Erdoberfläche, seitlich gemäß Abs.3 und nach oben durch Horizontalflächen in den in Abs.2 bezeichneten Höhen über dem mittleren Meeresspiegel begrenzt sind.

Die oberen Begrenzungen der Kontrollzone Linz liegt bei 2.500 ft, welche nach allen seiten hin in den ebenfalls kontrollierten Luftraum D (SRA Linz I u. II), ab 1000 ft über Grund übergeht. Der Vorwurf des Einfluges in die Kontrollzone impliziert und determiniert demnach auch das in Betracht kommende Höhensegment. Als unbeachtlich erwiese sich demnach insbesondere der Einwand hinsichtlich der aus den regionalen Luftdruckunterschieden ergebende geringfügige Abweichung der angeigten von der tatsächlichen Flughöhe über dem mittleren Meeresniveau.

 

 

6.1. Angesichts der Verfahrenseinstellungen hat insbesondere auch der Einwand der Berufungswerberin über die vermeintliche „funktionale Unzuständigkeit“ des Unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsbehörde auf sich bewenden bleiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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