Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164743/11/Sch/Th

Linz, 28.06.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 15. Dezember 2009, Zl. VerkR96-5752-2009-Fs, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 24 Stunden herabgesetzt werden.

         Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.                Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 20 Euro.

         Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum    Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. VerkR96-5752-2009-Fs, über Herrn X wegen Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 litc. StVO und § 4 Abs.5 StVO Geldstrafen in der Höhe von jeweils 200 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 96 Stunden, verhängt, weil er am 10.06.2009 um 13.00 Uhr im Gemeindegebiet von Braunau am Inn, X – Interspar Parkplatz

1.  als Fußgänger mit einem Einkaufswagen mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und habe an der Sachverhaltsdarstellung nicht mitgewirkt habe, zumal er sich vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme entfernte, obwohl ihn die Zweitbeteiligte auf den Verkehrsunfall mit Sacheschaden aufmerksam gemacht habe.

2.  Sei er mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächst Polizeidienststelle verständigt.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 40 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten und mit einem Lokalaugenschein verbundenen Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt eingehend erörtert. Hiebei wurden der Berufungswerberin und jene Fahrzeuglenkerin, die eine Beschädigung ihres PKW zur Anzeige gebracht hat, einvernommen.

 

Letztere gab dabei zeugenschaftlich an, dass sie auf den Parkplatz des Kaufhauses "Interspar" in Braunau am Inn zugefahren sei, um ihren Arbeitsplatz aufzusuchen. Als sie verkehrsbedingt auf dem Parkplatz anhalten musste, vernahm sie plötzlich ein deutliches Geräusch, das sie bei der Verhandlung als "Kracher" bzw. "Tuscher" bezeichnete. Es war jedenfalls ein relativ lautes Geräusch. Auch nahm sie eine Anstoßbewegung war. Zugleich öffnete sie die Fahrertür und blickte hinaus. Hiebei nahm sie als einzige in der Nähe befindliche Person den nunmehrigen Berufungswerber war, der einen Einkaufswagen schob und ihn offenkundig in die dort situierte Wagenbox hineinstellen wollte. Sie sprach ihn auf einen möglichen Anstoß an ihrem Fahrzeug an, der Berufungswerber reagierte aber nicht. Als sie unmittelbar darauf ihr Fahrzeug in Augenschein nahm, registrierte sie einen Schaden rechts hinten an ihrem PKW im Stoßstangenbereich. Eine später von den aufnehmenden Polizeibeamten durchgeführte Stellprobe mit einem Einkaufswagen hat, hier kann auf die entsprechenden Lichtbilder verwiesen werden, ergeben, dass der erwähnte Schaden mit einem Anstoß durch einen Einkaufswagen erklärlich ist, zumal die Anstoßstelle im Bereich der Lackschäden am PKW einem Einkaufswagen durchaus zugeordnet werden kann.

 

Wie schon erwähnt reagierte der Berufungswerber auf den entsprechenden Vorhalt der Zeugin nicht. Hierauf unternahm sie den Versuch, allenfalls andere Personen, die etwas wahrgenommen haben könnten, im unmittelbaren Nahbereich, etwa im Restaurantbereich neben der Vorfallsörtlichkeit, zu befragen. Dieser Versuch war allerdings erfolglos.

 

Jedoch nahm sie unmittelbar darauf den Berufungswerber neuerlich wahr, als er sich zu seinem Fahrzeug begab um von dort Gegenstände zu holen bzw. einzusteigen. Die Zeugin sprach den Berufungswerber neuerlich auf den Vorfall an, dieser ließ sich aber wiederum auf kein Gespräch ein und äußerte sich lediglich dahingehend, dass er keine Zeit habe. Er war auch nicht bereit, irgendwelche persönlichen Daten bekannt zu geben, um eine Schadensregulierung zu ermöglichen. Bei der Berufungsverhandlung hat er dies damit begründet, dass er, wie er auch schon im erstbehördlichen Verfahren vorgebracht hatte, nicht am Fahrzeug der Zeugin angefahren sei. Deshalb habe er auch keine Veranlassung gesehen, ihr irgendwelche Personalien bekannt zu geben.

 

Aufgrund dieses Verhaltens des Berufungswerbers sah sich die Zeugin veranlasst, die Polizei herbei zu rufen. Diese forschte anhand des von der Zeugin mitgeteilten Fahrzeugkennzeichens den Berufungswerber aus. Auch wurden die schon erwähnten Lichtbilder angefertigt.

 

Die Zeugin hat bei der Berufungsverhandlung einen absolut glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Die Lackschäden – sie wurden vom unterfertigten Mitglied des Oö. Verwaltungssenates in Augenschein genommen – am Fahrzeug der Zeugin wurden von ihr als nicht sehr gravierend bezeichnet, sie wäre, hätte sich der Berufungswerber kooperativer gezeigt, auch nicht auf einer polizeilichen Aufnahme des Unfalles bestanden. Jedenfalls schloss sie aus, dass es sich hier um einen "Altschaden" handeln könnte, den sie fälschlich dem Berufungswerber zurechnen würde. Die Berufungsbehörde hat keine Veranlassung, diese Angaben der Zeugin in Zweifel zu ziehen. Es wäre auch nicht leicht nachvollziehbar, weshalb sie ein derartiges Verfahren mit mehreren Einvernahmen auf sich nehmen würde, bloß um einen eher geringfügigen Lackschaden ersetzt zu erhalten. Die diesbezüglichen Mutmaßungen des Berufungswerbers gehen daher ins Leere.

 

Angesichts der Ausführungen der Zeugin müssen die bestreitenden Angaben des Berufungswerbers in den Hintergrund treten. Es ist nicht überzeugend, wenn sich der Berufungswerber von vornherein als Schadensverursacher einfach ausschließt. Vielmehr kommt er aufgrund des Geschehnisablaufes nachvollziehbar hiefür in Betracht. Die Bestimmungen des § 4 StVO 1960 dienen ja nicht dazu, gleich vor Ort im Detail feststellen zu können, ob mit absoluter Sicherheit ein bestimmter Schaden jemanden zugerechnet werden kann. Diese Frage ist im Einzelfall durchaus keine einfache und bedarf entsprechender weiterer Ermittlungen. Vielmehr geht es darum, dass man als Unfallbeteiligter die entsprechenden Verpflichtungen einzuhalten hat, wenn einem Umstände zu Bewusstsein kommen müssen, die auf einen Verkehrsunfall zumindest mit Sachschaden hindeuten. Im konkreten Fall wurde der Berufungswerber von der Zeugin zweimal auf den durchaus möglichen Anstoß mit einem Einkaufswagen an ihr Fahrzeug aufmerksam gemacht. In einer solchen Situation kann es nicht angehen, dass man einfach einen Anstoß völlig in Abrede stellt und sich nicht weiter um den Zweitbeteiligten und seine Intentionen, die Sache zu klären, kümmert. Es hätte entweder ein Identitätsnachweis erfolgen müssen oder, wenn nicht möglich, die Verständigung der nächst gelegenen Polizeidienststelle. Das völlige Ignorieren von eindeutigen Aufforderungen der Zeugin im Verein mit der Tatsache, dass sich der Berufungswerber sogleich von der Unfallstelle entfernt hat, stellt eine Verletzung der gesetzlich normierten Mitwirkungspflicht zur Klärung des Sachverhaltes dar. Die Annahme, er könnte den Anstoß allenfalls gar nicht bemerkt haben, muss als nicht lebensnah abgetan werden, da dieser offenkundig so heftig war, dass die Zeugin im Wageninneren nicht nur ein lautes Geräusch gehört, sondern sich das Fahrzeug auch noch bewegt, wenngleich nicht im Sinne einer Ortsveränderung, hat.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Berufungswerber die beiden ihm zur Last gelegten Übertretungen zu verantworten hat.

 

Der Berufung kommt im Hinblick auf die Strafbemessung allerdings Berechtigung zu. Es erscheint der Berufungsbehörde nicht geboten, mit Geldstrafen in der von der Erstbehörde festgesetzten Höhe vorzugehen, um dem general- und spezialpräventiven Aspekt, aber auch dem Unrechtsgehalt der Taten Genüge zu tun. Der wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde von der Erstbehörde offenkundig nicht hinreichend berücksichtigt. Dieser lässt erwarten, dass er künftighin nicht mehr ein Verhalten wie gegenständlich an den Tag legen wird. Auch als Fußgänger kann man im Straßenverkehr einen Verkehrsunfall mit Sach- oder Personenschaden verursachen, etwa wie im vorliegenden Fall, wenn man mit einem Einkaufswagen an ein Fahrzeug anstößt. Allerdings darf auch bei der Strafbemessung nicht ganz unberücksichtigt bleiben, dass der hier gegenständlich abzuhandelnde Verkehrsunfall nicht der typische ist, für den der Schutzzweck des § 4 StVO 1960, wie er von der Erstbehörde zutreffend in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt wurde, zu gelten hat.

 

Die unwidersprochen gebliebenen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, wie sie von der Erstbehörde angenommen wurden, lassen erwarten, dass er zur Bezahlung der verhängten Geldstrafen ohne weiteres in der Lage sein wird.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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