Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281166/10/Re/Rd/Sta

Linz, 16.08.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Grieskirchen vom 10. Juni 2009, Ge96-93-2008, wegen Verwaltungs­übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Juni 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten   Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt werden:    

         Faktum 1: 400 Euro, EFS 80 Stunden

         Faktum 2: 300 Euro, EFS 60 Stunden

         Faktum 4: 200 Euro, EFS 40 Stunden

Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu Faktum 3 nach der Wortfolge "von wenigstens 45" das Wort "Minuten" einzufügen ist.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich hinsichtlich der Fakten 1, 2 und 4 auf insgesamt 90 Euro, ds 10% der nunmehr verhängten Geldstrafen. Es entfällt diesbezüglich die Ver­pflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Bezüglich Faktum 3 hat der Berufungswerber zuzüglich zum erstinstanzlichen Kostenbeitrag von 8,60 Euro (10 % der verhängten Strafe) auch einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 17,20 Euro, ds 20% der diesbezüglich verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10.6.2009, Ge96-93-2008, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 772  Euro, EFS 142 Stunden (Faktum 1), 512 Euro, EFS 94 Stunden (Faktum 2), 86 Euro, EFS 16 Stunden (Faktum 3), 312 Euro, EFS 57 Stunden (Faktum 4), wegen  Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 16 Abs.3 AZG iVm Kollektivvertrag/der Betriebsvereinbarung iVm § 28 Abs.3 Z8 AZG, 2) Art.6 Abs.1 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs.4 Z1 AZG, 3) Art.7 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs.4 Z2 AZG, 4) Art.8 Abs.4 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs.4 Z3 AZG, verhängt.

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurden nachstehende Tatvorwürfe dem Berufungswerber zur Last gelegt:

 

"Herr x hat es als Inhaber des Güterbeförderungsunternehmens in x, und somit als Arbeitgeber zu verantworten, dass der in seinem Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer x als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr zu den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zuwiderlaufenden Arbeitsleistungen wie folgt herangezogen wurde:

 

1. Die Einsatzzeit zwischen zwei Ruhezeiten betrug:

        

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

10.1.2008

04:03

12.1.2008

05.41

15 Std.

49:38

34:38

18.1.2008

09:08

19.1.2008

07:01

15 Std.

21:53

6:53

                  

Dadurch wurde § 16 Abs.3 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) in Verbindung mit dem Kollektivvertrag/der Betriebsvereinbarung übertreten, wonach für Lenker/innen von Kraftfahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen übersteigt, der Kollektivvertrag, für Betriebe, für die kein Kollektivvertrag wirksam ist, die Betriebsvereinbarung eine Verlängerung der Einsatzzeit soweit zulassen kann, dass die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit eingehalten wird.

 

Strafnorm:

§ 28 Abs.3 Z8 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idgF

 

2. Die Tageslenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

10.1.2008

04:03

12.1.2008

05:41

10:00

21:36

11:36

 

Dadurch wurde Art.6 Abs.1 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Strafnorm:

§ 28 Abs.4 Z1 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idgF.

 

3. Die erforderliche Lenkpause wurde verkürzt:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

8.1.2008

18:44

9.1.2008

02:05

00:45

00:25

00:20

11.1.2008

12:09

11.1.2008

18:47

00:45

00:29

00:16

 

Dadurch wurde Art.7 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden ein Lenker/eine Lenkerin eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 einzulegen hat, sofern er/sie keine Ruhezeit einlegt.

 

Strafnorm:

§ 28 Abs.4 Z2 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idgF.

 

4. Die tägliche Ruhezeit innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

10.1.2008

04:03

11.1.2008

04:03

09:00

04:00

05:00

 

Dadurch wurde Art.8 Abs.4 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach der Lenker/die Lenkerin zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden einlegen darf.

 

Strafnorm:

§ 28 Abs.4 Z3 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idgF. "

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung, beantragt.

 

Begründend wurde zum im Betrieb installierten Kontrollsystem vorgebracht, dass der Lenker x bei seiner Einstellung dahingehend belehrt wurde, dass die arbeitzeitrechtlichen Vorschriften einzuhalten und am Ende des Monats die Tachoscheiben bei Frau x abzugeben seien. Die diesbezüglichen Kontrollen seien am Ende eines jeden Monats durch die Ehegattin des Berufungswerbers erfolgt. Bei Nichteinhaltung der arbeitszeit­rechtlichen Vorschriften würden Abmahnungen erfolgen und würde bei beharrlicher Zuwiderhandlung auch eine Entlassung ausgesprochen. Der Lenker Kettenhummer habe sich bis zum Tatzeitpunkt immer den arbeitszeit­rechtlichen Vorschriften gegenüber wohl verhalten, sodass bislang das Sanktionssystem ihm gegenüber nicht zum Tragen kommen musste.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Wels wurde am Verfahren beteiligt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und wurde für den 10. Juni 2010 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Der Berufungswerber hat sich entschuldigt. Weiters wurde der Zeuge x geladen und zeugenschaftlich einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt wurde vom Oö. Verwaltungssenat festgestellt:

 

Der Berufungswerber war zu den Tatzeitpunkten Inhaber des Güterbeförderungs­unternehmens in x. Die Disposition der Kraftwagenlenker und die Kontrolle der Tachoscheiben erfolgte durch Frau x.

 

Der beim Berufungswerber zu den Tatzeitpunkten beschäftigte Lenker x hat das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr gelenkt und die im Spruch näher genannten Verwaltungsübertretungen gesetzt.

 

Das in der Firma des Berufungswerbers installierte Kontrollsystem stellte sich zum Tatzeitpunkt folgendermaßen dar:

 

Bei der Einstellung als auch bei stattgefundenen Übertretungen erfolgten Belehrungen durch den Berufungswerber dahingehend, dass soweit wie möglich die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten eingehalten werden sollen. Eine Kontrolle der Weisungen erfolgte erst im Nachhinein, und zwar einmal im Monat, konkret nach Abgabe der Tachographenscheiben im Büro.

Konkrete schriftliche Unterlagen über die einzelnen Bestimmungen und Vorgaben wurden nicht an die Fahrer ausgegeben. Geldstrafen, welche an den jeweiligen Lenker gerichtet wurden, waren selbst zu bezahlen und wurden nicht durch den Berufungswerber beglichen. Als Sanktionen bei Nichteinhaltung der Weisungen gab es Verwarnungen; bei dreimaliger Verwarnung wurde die Auflösung des Dienstverhältnisses angedroht.  

 

Kontrollen, ob die erteilten Weisungen auch eingehalten werden, erfolgten nicht.

 

Geeignete Maßnahmen, die Übertretungen der arbeitszeitrechtlichen Bestim­mungen - insbesondere das eigenmächtige Handeln der Lenker - verhindern, gab es im Unternehmen nicht.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich insbesondere auf die Aussage des bei der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen x. Der Zeuge wirkte glaubwürdig und trug die Aussage schlüssig und nachvollziehbar dar. Im Berufungsverfahren konnte insbesondere das Berufungsvorbringen, wonach auf die strikte Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften hingewiesen und auch deren Einhaltung kontrolliert werde, nicht glaubhaft gemacht werden. So gab der einvernommene Lenker zeugenschaftlich an, dass er sich manchmal nicht an die Weisungen des Berufungswerbers gehalten habe, indem er länger gefahren sei, um zB zu Hause schlafen zu können oder zu einem Bekannten zu einer Raststation zu fahren. Konsequenzen seien nur angedroht worden, wenn sinnlose Fahrten zu Zeitüberschreitungen geführt hatten, nicht jedoch z.B. bei längerer Ladezeit oder Stau. Insbesondere und insgesamt ist  somit auch durch die Zeugenaussagen eindeutig erwiesen, dass im Betrieb kein funktionierendes Kontrollsystem, das sicherstellen würde, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden, besteht. 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Für Lenker von Kraftfahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen übersteigt, kann der Kollektivvertrag, für Betriebe, für die kein Kollektivvertrag wirksam ist, die Betriebsvereinbarung gemäß § 16 Abs.3 AZG eine Verlängerung der Einsatzzeit soweit zulassen, dass die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit eingehalten wird.

 

Gemäß Art.6 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art.7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hat der Fahrer nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

 

Gemäß Art.8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 darf der Fahrer zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.

 

Gemäß § 28 Abs.3 Z8 AZG sind Arbeitgeber, die Lenker über die gemäß § 16 Abs.2 bis 4 zulässige Einsatzzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwal­tungs­behörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.4 AZG sind Arbeitgeber, die

Z1:    Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr.      561/2006 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen;

Z2:    Lenkpausen gemäß Art.7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht    gewähren;

Z3:    die tägliche Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.2, 4 oder 5 oder Art.9 der       Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Im vorliegenden Fall steht es zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber zu den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher angeführten Tatzeitpunkten Inhaber des Güterbeförderungsunternehmens x mit dem Sitz in x, und somit Arbeitgeber des x war. Die im Spruch näher bezeichneten Überschreitungen der Lenkzeiten und Unterschreitung der Ruhezeit durch x sind erwiesen und werden vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Es hat damit der Berufungswerber als Inhaber des Güterbeförderungsunter­nehmens x dem Fahrer x die erforderlichen Ruhezeiten nicht gewährt und diesen über die zulässigen Lenkzeiten hinaus eingesetzt. Der Berufungswerber erfüllt sohin den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen und hat diesen auch zu verantworten.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Verwaltungsübertretung aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der/die Arbeitgeber/in durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden und den Anordnungen auch entsprochen wird. Es bedarf konkreter Behauptungen, durch welche innerbetriebliche organisatorische Maßnahmen eine Übertretung des AZG hätte verhindert werden sollen, wobei die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht ausreicht (vgl. VwGH vom 20.7.1992, Zl. 91/19/0201, mit der dort zitierten Judikatur). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung des AZG sicherstellt, vor.

 

Das vom Berufungswerber im Berufungsschriftsatz dargelegte und in der mündlichen Verhandlung näher verifizierte Kontrollsystem, nämlich dass von Frau x (Gattin des Berufungswerbers) die Fahrer so disponiert würden, dass es zu keinen Verletzungen der Arbeitszeitvorschriften komme, indem zB ausreichend Zeit für Be- und Entladetätigkeiten eingerechnet würde und sohin für die Fahrer kein Anlass für eine Lenkzeitüberschreitung bzw Ruhezeitunterschreitung bestehe, kann den Berufungswerber nicht von seinem schuldhaften Verhalten befreien. Dies deshalb, da zum einen vom Berufungswerber nicht vorgebracht wurde, wann und wie oft Kontrollen der Angewiesenen stattgefunden haben bzw mit welchen Sanktionen sie bei Nichteinhaltung zu rechnen gehabt hätte; Sanktionen sollten - offenkundig – nur bei den Lenkern zum Tragen kommen, nicht jedoch wurde dargelegt, wie die Kontrolle dahingehend , nämlich zu gewährleisten, dass das mit der Einteilung der Fahrten, der Lenker und der Handhabung allfälliger Verstöße betraute Personal, hier die Gattin des Berufungswerbers gesetzes- und weisungskonform handelt, gehandhabt wurde. Zum anderen wurde der Lenker nach seinen eignen Angaben sehr wohl dahingehend angehalten, dringende Fahrten z.B. in Hinblick auf Pönalen auch pünktlich zu erledigen .  

Was die Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeiten durch den Berufungswerber anbelangt, so wurde vom zeugenschaftlich einvernommenen Lenker ausgesagt, dass vom Berufungswerber erst nach stattgefundenen Übertretungen mit den betroffenen Fahrern dahingehend gesprochen wurde, dass die Lenk- und Ruhezeiten "wenn möglich" einzuhalten sind. Er (der Berufungswerber) wisse, was "Praxis" sei, ersuche aber trotzdem um Beachtung der diesbezüglichen Vorschriften. Dieses "Ersuchen" des Berufungswerbers kann wohl nur als alibimäßige Ermahnung angesehen werden, keinesfalls stellt diese Vorgehensweise eine geeignete Sanktionsmaßnahme dar, die die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen gewährleistet. Der Vorgehensweise des Berufungswerbers bei der Sanktionierung seiner Fahrer fehlt zum einen offenkundig die notwendige Ernsthaftigkeit und zum anderen erfolgen diese "Gespräche" erst im Nachhinein. Dies geht auch der Zeugeneinvernahme des einvernommenen Lenker hervor. Diesem war nämlich durchaus bewusst, dass er durch sein eigenmächtiges Handeln, indem er trotz Ablauf der gültigen Lenkzeit noch weiter gefahren ist, um zB zu Hause zu schlafen oder sich mit einem Bekannten an einer bestimmten Raststation zu treffen, sich den Weisungen des Berufungswerbers wissentlich widersetzt. Diese dadurch ermöglichte Ignoranz bzw Gleichgültigkeit des Lenkers gegenüber den Anweisungen des Berufungswerbers widerspiegelt, dass das installierte Kontrollsystem keine Vorkehrungen bezüglich des eigenmächtigen Handelns der Fahrer beinhaltet. Diesbezüglich hat auch der Verwaltungsgerichts­hof in einer Vielzahl von Entscheidungen ausgesprochen, dass das Kontroll­system auch für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Vorschriften verstoßen, Platz zu greifen hat und den Arbeitgeber nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit (vgl. VwGH 26.1.1996, 95/02/0603, 19.10.2001, 2000/02/0228, 23.7.2004, 2004/02/0002, 5.9.2008/2008/02/0129).

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das vom Berufungswerber geschilderte "Kontrollsystem" letztlich über alibihafte Maßnahmen nicht hinaus­reicht und somit dem an ein wirksames Kontrollsystem anzulegenden Maßstab – wie dies vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur gefordert wird – bei weitem nicht entspricht (vgl. VwGH vom 13.11.1996, Zl. 96/03/0232 uva).

 

Dem Berufungswerber ist es mit seinem Vorbringen nicht gelungen, sich von seinem schuldhaften Verhalten zu befreien.

 

Durch das abgeführte Beweisverfahren ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinreichend ermittelt, sodass sich weitere Beweisaufnahmen, insbesondere die zeugenschaftliche Einvernahme des Berufungswerbers und seiner Gattin, erübrigt haben, dies auch aus dem Grund, als die Berufungsausführungen des Berufungswerbers nicht unglaubwürdig, sondern insbesondere nicht ausreichend waren.

 

6. Zur Strafbemessung wird Nachstehendes bemerkt:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

6.2. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten ist neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern hintangehalten wird; stellen doch übermüdete Lenker ein immenses Gefahrenpotential in Bezug auf die Verkehrssicherheit dar und besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von 772 Euro (Faktum 1), 512 Euro (Faktum 2), 86 Euro (Faktum 3) sowie 312 Euro (Faktum 4), bei einem Strafrahmen im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro, verhängt. Zudem wurde von der belangten Behörde straferschwerend das Vorhandensein von Verwaltungsvormerkungen wegen gleichartiger Übertretungen gewertet. Darüber hinaus wurde der Strafbemessung eine Schätzung der persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familien­verhältnisse zugrunde gelegt, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten.

 

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen durchaus tat- und schuldangemessen erscheinen und geboten sind, um den Berufungswerber künftighin zur Einhaltung der gesetz­lichen Bestimmungen betreffend Lenk- und Ruhezeiten zu bewegen.   

 

Der oben angeführten Schätzung wurde nunmehr anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung entgegengetreten, als vorgebracht wurde, dass der Berufungswerber de facto über kein Einkommen verfüge, da das Unternehmen defizitär geführt werde und er vom Einkommen seiner Gattin, die als Arbeitnehmerin im Betrieb tätig ist, lebe. Dieser Umstand wurde bei der durch den Oö. Verwaltungssenat vorzunehmenden Strafbemessung berück­sichtigt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat war aber auch aufgrund der relativ langen Verfahrensdauer im vorliegenden Fall gehalten, die verhängten Geldstrafen herabzusetzen.

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.6.2008, B304/07, ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung ver­schiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis staatlicher Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Fall sind seit der Tatbegehung im Jänner 2008 und der Erlassung der Berufungsentscheidung zwei Jahre und sieben Monate (ca. 1 1/2 Jahre davon im erstinstanzlichen Verfahren) vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 34 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt jedoch nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist und zudem die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers nicht vorliegt.

 

Unbeschadet dieser Ausführungen ist noch anzumerken:

Bezüglich Faktum 3 würde die gesetzliche Mindeststrafe gemäß § 28 Abs.4 AZG 145 Euro betragen. Die belangte Behörde hat hinsichtlich dieses Deliktes bereits von der Bestimmung des § 20 VStG faktisch Gebrauch gemacht, auch wenn diese nicht expressis verbis zitiert wird. Sohin wurde die durch diese Bestimmung eingeräumte Möglichkeit der Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe bis zur Hälfte bereits nahezu gänzlich ausgeschöpft (86 Euro), sodass hier eine weitere Strafreduktion keinesfalls erfolgen konnte.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt, weshalb auch von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG Abstand zu nehmen war.

 

7. Die Einfügung des offenkundig bloß versehentlich fehlenden Wortes "Minuten" beim Faktum 3 des erstinstanzlichen Spruches schien gesetzlich geboten (vgl. § 62 Abs.4 AVG).

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

8. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.   

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

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