Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522609/9/Bi/Kr

Linz, 29.07.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über den Antrag des Herrn X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, vom 26. Juli 2010, auf Erlassung eines Bescheides über die Aussetzung des Verfahrens VwSen-522609 in Angelegenheit seiner Berufung vom 22. Juni 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. Juni 2010, VerkR22-36-2010, wegen Abweisung des Antrages auf Errichtung der Fahrschule "X" am Standort X, zu Recht erkannt:

 

Das Berufungsverfahren VwSen-522609 wird bis zu einem rechtskräftigen Urteil im Gerichtsverfahren 2 U 10/10 f vor dem Bezirksgericht Grieskirchen ausgesetzt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a und 38 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde von der Erstinstanz der Antrag des Berufungswerbers (Bw) "um Errichtung" der genannten Fahrschule gemäß §§ 108 Abs.3 iVm 109 Abs.1 lit.b und g KFG 1967 abgewiesen. Begründet wurde dies zum einen mit Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Bw wegen des in Schwebe befindlichen Gerichts­­verfahrens wegen des Verdachts der Fälschung von Beweismitteln auf der Grundlage der Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion X vom 5. Mai 2008, B6/19371/2008/1337, beim Bezirksgericht Grieskirchen; dort sei im Verfahren 2 U 10/10 f am 7. April 2010 eine Haupt­verhandlung durchgeführt, aber noch nicht abgeschlossen worden. Zum anderen sei der Bw wegen schwerer Verstöße gegen straßenpolizeiliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden, nämlich wegen überzogener Tageslenkzeiten als Lenker eines Schwerfahrzeuges (Strafverfügung der BH Grieskirchen vom 20.6.2008, VerkR96-6208-2008, wegen Übertretungen gemäß § 134 Abs.1 KFG iVm Art. 15 Abs.7 lit.a Abschnitt i EG-VO 3821/85, Art.8 Abs.1 und 2, Art. 6 Abs.1 und Art.7 EG-VO 561/2006).   

Dagegen ist der Bw in der Berufung aufgetreten mit der Behauptung der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Er habe eine angebotene diversionelle Erledigung nicht angenommen, weise keine Verurteilung auf und daher sei die Vertrauenswürdigkeit gar nicht betroffen. Es sei keine Prognose über sein künftiges Verhalten erstellt worden, obwohl sein Wohlverhalten über mehr als 2 Jahre gegeben sei; die Verfehlungen resultierten aus seiner beruflichen Tätigkeit als Lkw-Fahrer und könnten nicht mit der persönlichen Eignung als Fahrschulleiter in Zusammenhang gebracht werden. Der Strafver­fügung sei eine einheitlichen Fahrt als Berufskraftfahrer zugrunde gelegen; es lägen somit keine schwerwiegenden Übertretungen vor. Es "seien weder die  notwendigen richtigen und umfassenden Feststellungen getroffen, noch eine eingehende Beurteilung zur fundierten Erstellung einer Zukunftsprognose und Interessenabwägung durchgeführt" worden.

 

2. Die fristgerecht eingebrachte Berufung wurde seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). 

Nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt und in die Anzeige der API X vom 5. Mai 2008 wurde mit Schreiben des UVS an den Rechtsvertreter vom 20. Juli 2010, VwSen-522609/6/Bi/Jo, das Berufungsverfahren vor dem UVS bis zum rechtskräftigen Urteil im Gerichtsverfahren 2 U 10/10 f vor dem Bezirks­gericht Grieskirchen ausgesetzt und dieses mit Schreiben des UVS vom selben Tag um Mitteilung ersucht, wann mit einem Urteil zu rechnen sein werde, sowie um Übermittlung einer Urteilsausfertigung gebeten.

 

3. Der Bw beantragt mit Schreiben vom 26. Juli 2010 "die Fortsetzung des Verfahrens, andernfalls die Ausstellung eines Bescheides". Das Verfahren vor dem Bezirksgericht Grieskirchen könne noch Monate dauern; es sei kein neuer HV-Termin bekannt. Außerdem habe dieser Umstand auch schon vor der Erstinstanz wesentliche Bedeutung gehabt und habe auch diese letztlich doch eine Entscheidung getroffen. Eine Verfahrensaussetzung sei deswegen weder angebracht noch rechtlich gedeckt, zumal die "Vertrauenswürdigkeit" aufgrund der vorliegenden Sachlage geprüft und beurteilt werden könne.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

 

Auf der Grundlage der Anzeige der API X vom 5. Mai 2008, GZ: B6/19371/2008, wegen des Verdachts auf Fälschung eines Beweismittels ist beim Bezirksgericht Grieskirchen zu 2 U 10/10f ein Gerichtsverfahren anhängig, das nach einer Hauptverhandlung am 7.4.2010 vertagt wurde und noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

 

Zur Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Bw gemäß § 109 KFG 1967 ist der Ausgang dieses Gerichtsverfahrens von grundlegender Bedeutung.

Bereits im Erkenntnis vom 13. April 1988, 87/03/0255, hat der Verwaltungs­gerichtshof (im Fall eines Taxilenkers) ausgeführt, dass dem Wort "Vertrauen" inhaltlich die gleiche Bedeutung zukommt wie dem Ausdruck "sich verlassen". Durch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit gewährleistet werden. Die Frage der Vertrauenswürdigkeit ist aufgrund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens der Person zu beurteilen. Dabei ist entschei­dend, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde – im Fall des Bw gemäß § 109 KFG 1967 – obliegt. Es ist daher unbeachtlich, ob eine allfällige strafgericht­liche Verurteilung in ursächlichem Zusammenhang – im Fall des Bw als Berufskraftfahrer ohne Zusammen­hang mit einer Fahrschule – erfolgte. Das einer strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende Fehlver­halten kann derart schwer wiegen, dass es allein die Annahme fehlender Vertrauenswürdigkeit rechtfertigt, es sei denn, dass es sich um eine gerichtliche Verurteilung handelt, der nach den Feststellungen des Gerichts geringer Unrechtsgehalt und geringes Verschulden zugrunde liegt. Die Behörde ist bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils gebunden.

 

Richtig ist, dass der Bw im Jahr 2008 die Übertretungen, aus deren Erhebungen auch die Strafanzeige resultiert, als Berufskraftfahrer begangen hat, wobei offenbar die Frage der Errichtung einer Fahrschule noch nicht im Raum stand. Der Betreiber ("Besitzer" laut Antrag des Bw) hat eine Vielzahl von behördlichen Aufgaben zu vollziehen und durch Urkunden und Dokumente die ordnungs­gemäße Ausbildung der Fahrschüler und den ordnungsgemäßen Betrieb der Fahrschule nachzu­weisen. Dabei ist seine Einstellung zur Rechtsrichtigkeit von Urkunden maß­gebend, während eine allfällige Verurteilung wegen Urkunden­fälschung im Sinne der Beurteilung des bisherigen Gesamtverhaltens die gemäß § 109 KFG voraus­zusetzende Vertrauenswürdigkeit in Frage zu stellen geeignet wäre.

 

Die rechtliche Beurteilung des von der API X im Jahr 2008 angezeigten Verhaltens des Bw fällt in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Beim Bezirksgericht Grieskirchen ist bereits ein Verfahren zur Klärung einer allfälligen Strafbarkeit des Bw anhängig. Aus diesem Grund steht es dem UVS nicht zu, selbst dahingehende Feststellungen zu treffen, die im Fall eines anderslautenden Urteils ohnehin zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen würden. Aus diesen Überlegungen war das ggst Berufungsverfahren auszusetzen, wobei gemäß dem Antrag des Bw spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

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