Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100639/2/Bi/Hm

Linz, 05.06.1992

VwSen - 100639/2/Bi/Hm Linz, am 5.Juni 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des G F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 27. April 1992, VerkR-6459/1990+1-Du, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.2 VStG, §§ 7 Abs.2 und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960. Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 27. April 1992, VerkR-6459/1990+1-Du, über Herrn G F, P, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G, eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 25. Mai 1990 um 13.15 Uhr im Gemeindegebiet von H. nächst der Ortschaft D auf der P Gemeindestraße bei der Kreuzung mit der D Gemeindestraße aus Richtung G kommend in Fahrtrichtung H als Lenker des PKW's bei Gegenverkehr nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren ist, obwohl dies die Verkehrssicherheit erfordert hätte, zumal er die Fahrbahnmitte eindeutig überschritt. Außerdem wurde er zur Leistung eines Beitrages zu den Verfahrenskosten erster Instanz von 100 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber führt in der Berufung aus, die Behörde habe, wie bereits der Aufforderung zur Rechtfertigung zu entnehmen war, offensichtlich selbst nicht gewußt, wo sie ein strafbares Verhalten vermutete. Er sei in Linksabbiegeposition gewesen, sodaß er sich zwangsweise beim Einbiegen in eine andere Straße in einem Bereich befand, der zum rechten Fahrbahnrand hin zwangsweise einen größeren Abstand aufwies. Die Gendarmerie habe über Verlangen des Unfallgegners erst am nächsten Tag die Spuren vermessen, wie sie ihr vom Unfallgegner gezeigt wurden. Dieser habe aus zivilrechtlicher Sicht bereits ein Interesse an den Feststellungen gehabt, die aber nicht als objektive Unterlage für ein Verwaltungsstrafverfahren gelten könnten. Die Erstbehörde stütze sich auf Verfahrensergebnisse, die dem Unfallgeschehen nicht entsprechen, und übersehe dabei seine Aussage vom 3. Juni 1990, in der er den Unfallhergang wahrheitsgemäß geschildert habe. Er habe den Unfallgegner kurvenschneidend entgegenkommen gesehen und aufgrund der Unfallgefahr eine Vollbremsung eingeleitet, wodurch er nach links geriet, und es im Beginn der Kurve zur Kollision kam. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde zum Schluß kommen müssen, daß sein Unfallgegner eine Vorrangverletzung begangen hätte, durch die er selbst nach links geraten sei. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe, da er schwersten Sachschaden erlitten habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Gemäß § 7 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr, am rechten Fahrbahnrand zu fahren.

Nach der Aktenlage vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß aus den in der Lichtbildbeilage ersichtlichen Bremsspuren geschlossen werden kann, daß der Rechtsmittelwerber nicht Richtung H sondern Richtung D weiterfahren wollte, was durch die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers in der Berufung noch unterstrichen wird. Aus den Lichtbildern ergibt sich weiters, daß die D Gemeindestraße in der Weise in die P Gemeindestraße einmündet, daß sich ein besonderer Verlauf der bevorrangten P Gemeindestraße in Richtung H nach rechts ergibt, und der Rechtsmittelwerber, der aus Richtung L kam, geradeaus Richtung D weiterzufahren gehabt hätte. Einziger Anhaltspunkt für die Fahrlinie des Rechtsmittelwerbers ist die von der Gendarmerie gekennzeichnete und auf den Lichtbildern festgehaltene Bremsspur des PKW's F, die sich vor dem Kurvenbereich ca. eineinhalb Meter vom rechten Fahrbahnrand entfernt befindet, wobei die im Akt befindliche Skizze herangezogen wird. Die gedachte Verlängerung dieser Bremsspur führt zweifelsohne in die D Gemeindestraße, sodaß die frühere Verantwortung des Rechtsmittelwerbers, er habe nach H fahren und deshalb bei der genannten Kreuzung nach rechts einbiegen wollen, nicht schlüssig ist. Die P Gemeindestraße weist nach den Feststellungen des kraftfahrtechnischen Sachverständigen im Zivilverfahren vor dem Kreisgericht Wels eine Fahrbahnbreite im asphaltierten Bereich von 4,60 m auf, wobei die gedachte Fahrlinie in der D Gemeindestraße einen Abstand vom rechten Fahrbahnrand von ca. einem halben Meter gehabt hätte. Der Zusammenstoß zwischen den beiden Fahrzeugen ereignete sich laut Akteninhalt noch im Kreuzungsbereich P Gemeindestraße D Gemeindestraße.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist die Unfallursache möglicherweise darin zu sehen, daß der Rechtsmittelwerber mit etwas überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war und den von rechts kommenden und Richtung L fahrenden PKW W übersehen hat. Allenfalls zu prüfen wäre daher eine Vorrangverletzung des Rechtsmittelwerbers, die ihm aber nicht in entsprechender Weise zur Last gelegt wurde.

Die Nichteinhaltung der Fahrlinie am rechten Fahrbahnrand kann dem Rechtsmittelwerber deshalb nicht zur Last gelegt werden, weil es sich bei den festgestellten Reifenspuren um Bremsspuren handelt, die von ihm bereits angesichts der Kollisionsgefahr hinterlassen wurden, wobei sich aus seiner Verantwortung zweifelsfrei ergibt, daß er irrtümlich der Meinung war, auf der gegenständlichen Kreuzung Vorrang zu haben.

Gemäß § 45 Abs.1 Z.2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Im gegenständlichen Fall bestehen Bedenken hinsichtlich des Verschuldens in der Weise, daß der Rechtsmittelwerber aufgrund der drohenden Unfallgefahr - allerdings noch mit der beabsichtigten Fahrtrichtigung D im Kopf - dem entgegenkommenden PKW W nicht nach rechts ausgewichen ist, sondern "lediglich" eine Vollbremsung eingeleitet hat, sodaß ihn gegebenenfalls der Vorwurf einer falschen Reaktion treffen könnte. Zur Verwirklichung des in Rede stehenden Tatvorwurfs wäre jedoch zumindest eine fahrlässige Begehungsweise erforderlich, die in der Situation des Rechtsmittelwerbers nicht anzunehmen ist.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II. Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierte Gesetzesbestimmung. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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