Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252519/2/WEI/Mu/Ba

Linz, 03.12.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des x, x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Ried im Innkreis vom 25. Juni 2010, Zl. SV96-26-2-2010, wegen einer Verwal­tungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.              Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben als Betreiber der Tankstelle und des angeschlossenen Geschäftslokals (Gemischtwarenhandlung) in x für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt, sodass Sie folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten haben:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG Herrn x, geb. x, vom 01.05.2009 bis 18.02.2010 4 bis 5 Stunden am Tag als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (Essen und Trinken) mit Hausmeisterarbeiten, Kassieren im Verkaufslokal und bei der Tankstelle, im Betrieb in x beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war Ihnen organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer als geringfügiger Beschäftigter von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen, jedoch in der Unfallversicherung versichert (teilversichert) ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.2 ASVG verstoßen.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach dem § 33 iVm § 111  Abs 1 Z 1 ASVG als gegeben und verhängte nach dem Strafrahmen des § 111 Abs 2 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 36,50 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. In der Begründung führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die dem Bw angelastete Tat vom Finanzamt Braunau-Ried-Schärding bei einer Kontrolle am 18. Februar 2010 um ca. 10.10 Uhr festgestellt worden sei. Zudem gehe aus dem aufgenommen Personenblatt des Dienstnehmers hervor, dass dieser laut eigenen Angaben seit rund zwei Jahren als „xl“ mit einer täglichen Arbeitszeit von vier bis fünf Stunden für Herrn x gearbeitet und dafür als Entlohnung Essen und Trinken sowie eine Wohnung bekommen habe. Für das Wohnen habe er zusätzlich 250 Euro pro Monat erhalten. Weiters seien der Anzeige Fotos und ein Pachtvertrag beigelegt worden.

Der Pachtvertrag sei abgeschlossen zwischen Herrn x dem Verpächter und Herrn x sowie Herrn x als Pächter des gegenständlichen Objektes, welches ein Stüberl, eine Tankstelle, ein Geschäftslokal, ein Buffet, eine Gaststätte, ein Lager sowie Parkplätze und die Eisbahn beinhaltet. Für das Pachtverhältnis, welches am 1. August 2008 begonnen und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei, sei eine Dauer von fünf Jahren vereinbart worden, sodass dieses am 31. Juli 2010 erlischt, ohne dass es gekündigt werden müsse.

 

In der Folge sei am 3. Mai 2010 um 14.15 Uhr von der Polizeiinspektion Waldzell betreffend der gegenständlichen Tankstelle eine Erhebung durchgeführt worden. Dabei sei im Geschäftslokal der im Spruch genannte Dienstnehmer angetroffen worden. Dieser habe angegeben, dass er vor ca. einem halben Jahr vom Bw gebeten worden sei, im Anwesen x (die belangte Behörde habe angenommen, dass es sich wohl um das Anwesen x handelte) die Stellung zu halten, bis durch den Bw ein neuer vertrauenswürdiger Geschäftsführer gefunden werden würde. Er sei daher derzeit seit einem halben Jahr für die Tankstelle, für den im selben Raum befindlichen Verkaufsraum und das an­grenzende Beisl in x verantwortlich gewesen. Für seine Tätigkeit habe er keinen Lohn oder sonstige Bezahlung erhalten. Nachdem ihm auf Grund seiner Pensionierung langweilig geworden sei, habe er seinem Freund ausgeholfen. Laut Auskunft des Dienstnehmers sei der Bw der Betreiber der Tankstelle, des Kaufgeschäftes und des Beisls.

 

Anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. Mai 2010 habe der Rechtsvertreters des Bw in seiner Stellungnahme zunächst mitgeteilt, dass bereits Verjährung eingetreten sei und in der Folge bestritten, dass der Bw Dienstgeber des namentlich genannten Arbeitnehmers gewesen sei. Dass die im Spruch angeführte Person bei der Tankstelle kleinere Tätigkeiten verrichtet habe, werde nicht bestritten, allerdings hätte diese Person selbst wegen kleinerer Hilfeleistungen angefragt, weshalb der Bw aus sozialen Gründen diesem Ersuchen nachgekommen sei. Bestritten werde aber, dass der Bw 250 Euro für dessen Wohnung bezahlen würde. Diese Person habe von ihm lediglich Essen und Trinken erhalten.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde weiters fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwal­tungsübertretung somit in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und es sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsam­keitsdelikt gehandelt habe.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die lange Beschäftigungsdauer erschwerend, während die bisherige einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und der Umstand, dass es sich nur um einen unfallversicherungspflichtigen Arbeitnehmer (Teilversicherung) gehandelt habe, als strafmildernd zu werten gewesen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entspre­chender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen. Die Verhängung der Mindeststrafe auf die Hälfte sei als ausreichend angesehen worden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnisses, welches dem Bw am 29. Juni 2010 zu Händen seines Rechtsvertreters zugestellte wurde, richtet sich die am 5. Juli 2010 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingelangte Berufung, mit der das angefochtene Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach als unrichtig bekämpft wird.

 

In der Berufung wird zunächst ausgeführt, dass der Spruch nicht gemäß § 45a VStG konkretisiert worden sei. Darüber hinaus sei ohnehin bereits Verjährung eingetreten. Zudem wird bestritten, dass im gegenständlichen Fall ein Dienstvertrag vorgelegen sei.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Rechtssache aufzuheben und zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuweisen beantragt.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Vorlageschreiben vom 9. Juli 2010 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss des von ihr geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenates hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Zl. SV96-26-2-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.3. Aus der Aktenlage ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt:

 

In der Anzeige des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding vom 23. Februar  2010, FA-GZ. 050/73038/2/2010, wird Herr x einer Verwaltungsübertretung nach dem ASVG verdächtigt, weil im Zuge einer Kontrolle nach dem AuslBG am 18. Februar 2010 um ca. 10.10 Uhr bei der gegenständlichen Tankstelle mit Gemischtwarenhandlung in x, von Organen dieses Finanzamtes festgestellt wurde, dass die im Spruch angeführte Person, die bei Hausmeisterarbeiten und beim Kassieren an der Registrierkasse im Verkaufslokal und bei der Tankstelle angetroffen wurde, laut einer SV-Abfrage nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden sei.

 

Dieser Anzeige wurde ein mit dieser Person aufgenommenes Personenblatt beigelegt, in dem diese selbst angegeben hatte, seit ca. zwei Jahren als Hausmeister täglich vier bis fünf Stunden beschäftigt zu sein. Sein Ansprechpartner und Beschäftiger sei Herr x, mit dem er auch die Abrechnung machen würde. Diese Person hatte zur Frage der Entlohnung weiters angegeben, für diese Tätigkeit eine Unterkunft und 250 Euro pro Monat für das Wohnen sowie Essen und Trinken zu erhalten.

 

Aus dem der Anzeige beigelegten Pachtvertrag vom 6. August 2008 geht hervor, dass ein Pachtverhältnis zwischen dem Verpächter, Herrn x, und den Pächtern, Herrn x und Herrn x beginnend mit 1. August 2008 für die Dauer von fünf Jahren, also bis zum 31. Juli 2013, abgeschlossen wurde und, dass das gegenständliche Objekt in x, aus einem Stüberl, einer Tankstelle, einem Geschäftslokal, einem Buffet, einer Gaststätte, einem Lager sowie Parkplätzen und der Eisbahn besteht.

 

Zudem ist aus dem auf dem Pachtvertrag handschriftlichen Aktenvermerk vom 19. Februar 2010 zu entnehmen, dass der Verpächter telefonisch Auskunft darüber gegeben hatte, dass im Jahr 2008 vor Vertragserrichtung eine mündliche Vereinbarung nur mit Herrn x bestanden habe. Zu diesem Zeitpunkt war die Tankstelle noch nicht eröffnet, sondern erst ab 2009 durch den Bw. Diese wurde dann vom Bw betrieben und ca. im Sommer 2009 wieder geschlossen.

 

Aus Anlass des zuvor angeführten Strafantrages des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding hat die belangte Behörde am 3. Mai 2010, 12.12 Uhr, die Polizeiinspektion Waldzell telefonisch aufgefordert, den Sachverhalt zu ermitteln.

 

Dem Bericht des Bezirkspolizeikommando Ried im Innkreis, Polizei Waldzell, vom 3. Mai 2010, Zl. E1/3851/2010-Fel, ist zu entnehmen, dass am 3. Mai 2010, um 14.15 Uhr, die im Spruch angeführte Person in den Geschäftsräumlichkeiten der gegenständlichen Tankstelle in x, angetroffen wurde. Diese gab im Rahmen der Polizeiermittlungen an, vor ca. einem halben Jahr vom Pächter, Herrn x, gebeten worden zu sein, im Anwesen x die Stellung zu halten, bis ein neuer vertrauenswürdiger Geschäftsführer aufgetrieben werden könne. Zum Zeitpunkt der Polizeierhebungen sei er für die Tankstelle sowie für den im selben Gebäude befindlichen Verkaufsraum und dem angrenzenden „Beisl“ verantwortlich gewesen. Diese Person habe vom Bw für diese Tätigkeit, die er nur aushilfsweise für seinen Freund gemacht habe, weil ihm auf Grund seiner Pensionierung langweilig gewesen sei, keinen Lohn oder sonstige Bezahlung erhalten. Laut dieser beschäftigten Person sei sein Bekannter x der aktuelle Betreiber der Tankstelle und des Kaufgeschäftes sowie des „Beisl“.

 

Diesem Bericht wurde als Beilage weiters eine gegen den Bw gerichtete Anzeige der Polizeiinspektion Waldzell vom 3. Mai 2010, Zl. 3852/1/2010 FEL, wegen des Verdachtes einer Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung angefügt, aus der weiters zu entnehmen ist, dass anlässlich der für die belangte Behörde durchgeführten Ermittlungen festgestellt worden sei, dass der Bw ein Handelsgewerbe selbstständig und regelmäßig und in der Absicht betreibt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ohne dafür eine Gewerbeberechtigung zu besitzen.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. Mai 2010, Zl. SV96-26-2-2010, die am 7. Mai 2010 persönlich vom Bw übernommen wurde, wurde dem Bw der Sachverhalt wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt. In der Stellungnahme vom 1. Juni 2010 wendet der Rechtsvertreter des Bw zunächst ein, dass bereits im Sinne des Verwaltungsstrafgesetzes Verjährung eingetreten sei. In weiterer Folge wurde aber bestritten, Dienstgeber von der im Spruch angeführten Person zu sein. Nur auf Grund des Ersuchens dieser Person hätte der Bw aus sozialen Gründen zugesagt, dass diese kleinere Tätigkeiten auf absolut freiwilliger Basis verrichten könne. Zudem sei diese Person mittellos und teilweise verwirrt. Weiters wurde bestritten, die Wohnung dieser Person zu bezahlen. Aus sozialen Gründen habe diese Person nur Essen und Trinken erhalten.

 

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 25. Juni 2010.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks­verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

4.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Dienstnehmereigenschaft gemäß den Kriterien des § 4 Abs 2 ASVG ist im Zuge der Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall eine entsprechende persönliche Abhängigkeit vorlag bzw. überwogen hat, primär maßgeblich, ob eine Bindung des Arbeitenden an vom Dienstgeber vorgegebene Ordnungsvorschriften bezüglich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit, des arbeitsbezogenen Verhaltens und sich darauf beziehende Weisungs- und Kontrollbefugnisse sowie eine persönliche Arbeitspflicht vorlag (vgl z.B. VwGH v. 17. September 1991, Zl. 90/08/0152); soweit danach keine abschließende Beurteilung möglich ist, kann im Zuge der Beurteilung des Gesamtbildes darüber hinaus auch auf sekundäre Kriterien – wie die Dauer des Arbeitsverhältnisses oder Weisungsrechte des Dienstgebers bezüglich des Arbeitsverfahrens – abgestellt werden (vgl z.B. VwSlg 11361 A/1984). Im Ergebnis genügt es für die Annahme des Vorliegens einer persönlichen Abhängigkeit, wenn der Arbeitende durch die Beschäftigung während dieser Zeit so in Anspruch genommen wird, dass er selbst über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und die Nichteinhaltung der übernommenen Verpflichtung einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde (vgl VwGH v. 27. November 1990, Zl. 89/08/0178).   

Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen eine zwangsläufige Folge der persönlichen Abhängigkeit und findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die zur Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel (vgl VwGH v. 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269).

 

Unter „Entgelt“ sind nach § 49 Abs 1 ASVG jene die Geld- und/oder Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund  des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

 

Freie oder verbilligte Mahlzeiten, die der Dienstgeber an nicht in seinen Haushalt aufgenommene Dienstnehmer zur Verköstigung am Arbeitsplatz freiwillig gewährt, und Getränke, die der Dienstgeber zum Verbrauch im Betrieb unentgeltlich oder verbilligt abgibt, gelten gemäß § 49 Abs 3 Z 12 und Z 13 ASVG nicht als Entgelte im Sinne des Abs 1.

 

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs 2 leg cit u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

 

Gemäß § 5 Abs 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,13 Euro, insgesamt jedoch höchstens 366,33 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 366,33 Euro gebührte (vgl. Kundmachung vom 17. Dezember 2009, BGBl II Nr. 450/2009).

 

4.2.1. Hinsichtlich der im Spruchpunkt angelasteten Übertretung steht – in sachverhaltsmäßiger Hinsicht allseits unbestritten – fest, dass die im Zuge der behördlichen Kontrolle am 18. Februar 2010 um 10.10 Uhr in der Tankstelle mit Gemischtwarenhandlung des Bw angetroffene Person dort tätig war und hiefür als Gegenleistung Essen und Trinken erhalten hat.

 

4.2.2. In rechtlicher Hinsicht wird vom Beschwerdeführer jedoch eingewendet, dass kein Dienstverhältnis vorgelegen ist, sondern dass diese von dieser Person hin und wieder kleinere Tätigkeiten auf absolut freiwilliger Basis erfolgt seien und diese Beschäftigung durch den Bw nur aus sozialen Gründen gewährt worden sei.

 

Die belangte Behörde geht in ihrer Beweiswürdigung davon aus, dass sowohl auf Grund der Beobachtungen und Erhebungen der Kontrollorgane des zuständigen Finanzamtes als auch durch die Polizeibeamten der Polizeiinspektion Waldzell sowie durch die bei den Kontrollen gemachten Angaben der angetroffenen Person, ein Dienstverhältnis vorgelegen ist, weil diese Person alleine in der Tankstelle, im Verkaufsraum und im angrenzenden Beisl die Stellung gehalten hatte und daher die dort anfallenden Arbeiten ausgeführt hat. Auf Grund dieses Umstandes fand die belangte Behörde, dass die im Spruch genannte Person dem Bw organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen war, weshalb sie auch daraus eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit angenommen hat. Weiters war für die belangte Behörde die Aussage der beschäftigten Person, nämlich die Stellung zu halten, bis ein neuer Geschäftsführer gefunden wird, u.a. hinsichtlich der Betreibung der Tankstelle und auch betreffend den üblichen Öffnungszeiten, nachvollziehbar.

 

Darüber hinaus ging die belangte Behörde zu Gunsten des Bw davon aus, dass diese beschäftigte Person nur Sachbezüge in Form von Essen und Trinken erhalten hatte und daher nur eine geringfügige Beschäftigung vorgelegen ist, die gemäß § 7 ASVG nur eine Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung begründet, obwohl diese Person im Personenblatt selbst angegeben hat, für seine Tätigkeiten Unterkunft und Verpflegung sowie 250 Euro pro Monat für das Wohnen zu erhalten.

 

Allerdings ist schon auf Grund der Aktenlage zweifelhaft, ob überhaupt der Bw als Dienstgeber in Frage kommt. Im zuvor dargelegten Strafantrag des zuständigen Finanzamtes wurde nämlich auf Grund der Angaben der beschäftigten Person, Herr x als Dienstgeber der gegenständlichen Übertretung verdächtigt. Vermutlich kam die belangte Behörde erst infolge der Polizeierhebungen zur Ansicht, dass der Bw als Dienstgeber die im Spruch angelastete Tat zu verantworten hat, weil die bei dieser Kontrolle am 3. Mai 2010 angetroffene selbe Person nunmehr vor den Polizeibeamten angegeben hatte, dass diese Tätigkeit für den „Bw“ aushilfsweise ausgeführt werden. Jedoch findet sich im erstbehördlichen Akt kein einziger Beweis dafür, dass tatsächlich der Bw für diese Verwaltungsübertretung zur Verantwortung gezogen werden kann. Es ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Erstangaben der beschäftigten Person bei der Kontrolle durch das zuständige Finanzamt am 18. Februar 2010 noch eher der Wahrheit nahe kamen, als die vor den Polizeiorganen zwei Monat später gemachten Angaben. Weder der Bw noch die beschäftigte Person wurden von der belangten Behörde selbst dazu befragt.

 

Daneben kann der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich auf Grund der Aktenlage aber auch nicht nachvollziehen, wie die belangte Behörde zur Annahme gelangte, dass im gegenständlichen Fall seit 1. Mai 2009 bis zum 18. Februar 2010 ein Dienstverhältnis vorgelegen wäre, weil die bei den Kontrollen angetroffene Person zum einen zunächst vor den Kontrollorganen des zuständigen Finanzamtes am 18. Februar 2010 angegeben habe, seit ca. zwei Jahren vier bis fünf Stunden täglich für Herrn x tätig zu sein und dafür 250 Euro pro Monat für die Wohnung erhält sowie Wohnen, Essen und Trinken. Anderseits gab diese Person gegenüber den Polizeiorganen zwei Monate später am 3. Mai 2010 an, vor einem halben Jahr vom Bw gebeten geworden zu sein, auszuhelfen, bis ein neuer Geschäftsführer gefunden werde, weshalb diese sich seit ungefähr einem halben Jahr hauptsächlich in Stelzen 7 aufgehalten habe und unentgeltlich für den Freund des Bw gearbeitet habe.

 

Bei der gegebenen Beweislage kommt der erkennende Verwaltungssenat im Ergebnis zur Ansicht, dass die im Spruch angelastete Verwaltungsübertretung nach Ausweis der Aktenlage nicht erwiesen ist. Die belangte Behörde hat sich nämlich trotz des nur teilweise selbst durchgeführten Ermittlungsergebnisses – bloß in Form der Polizeierhebung – einfach der persönlichen Meinung des Anzeigenlegers angeschlossen und hauptsächlich die Angaben der beschäftigten Person – die nur aus dem Personenblatt bzw. aus dem Polizeibericht zu entnehmen sind – bewertet, obwohl diese Aussagen teilweise in sich sehr widersprüchlich sind. Die Stellungnahme des Bw wurde von der belangten Behörde nur insoweit zu dessen Gunsten berücksichtigt, dass dieser Person als Entgelt für die erbrachte Tätigkeit nur Sachbezüge in Form von Essen und Trinken zur Verfügung gestellt wurden, weshalb die Erstbehörde dann zu ihrem Ergebnis kam, dass nur eine geringfügige Beschäftigung vorlag.

 

Fraglich ist zudem auch, wie die belangte Behörde darauf kommt, dass die im Spruch angeführte Person seit 1. Mai 2009 für den Bw beschäftigt war. Außerdem befindet sich laut dem Strafantrag des zuständigen Finanzamtes das gegenständliche Objekt in x, jedoch im Polizeibericht geht es um das Anwesen in x. Im angefochtenen Straferkenntnis führte dazu die belangte Behörde lediglich aus, dass wohl statt x gemeint ist. Aus einer durchgeführten Doris-System-Abfrage sind allerdings beide Anwesen ersichtlich, weshalb für den Oö. Verwaltungssenat aus dem vorgelegten Akt nicht deutlich genug hervorgeht, ob es sich tatsächlich bei beiden Kontrollen um dasselbe Objekt gehandelt hatte.

 

Darüber hinaus wird weiters festgestellt, dass gemäß § 49 Abs 3 Z 12 und Z 13 ASVG freie Mahlzeiten zur Verköstigung am Arbeitsplatz und unentgeltliche Getränke nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1 ASVG gelten, weshalb somit der Tatvorwurf alleine aus diesem Grund noch kein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis umschreibt.

 

Auf Grund des Ermittlungsergebnisses des erstbehördlichen Verfahrens kann nicht mit der für ein Strafverfahren erforder­lichen Sicherheit vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses ausgegangen werden.

 

Im Zweifel war wegen der zahlreichen Widersprüche gemäß Art 6 Abs 2 EMRK ("in dubio pro reo") zu Gunsten des Bw davon auszugehen, dass er die ihm angelastete Tat nicht begangen hat.

 

5. Im Ergebnis war der Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer tauglichen Tatanlastung und einer erwiesenen Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfiel damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 


 

Rechtssatz:

 

VwSen-252519/2/WEI/Mu vom 3. Dezember 2010:

 

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