Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150794/2/Lg/Hue/Ba

Linz, 30.11.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des X X, X, X, vertreten durch X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 27. Juli 2010, Zl. 0044967/2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 3. Juli 2009 um 22.33 Uhr als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X die mautpflichtige Autobahn A1, Mautabschnitt Knoten Linz – Asten St. Florian, km 164.143, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, einer fahrleistungsabhängigen Maut unterliege.

 

2.     In der Berufung brachte der Bw vor, dass die Übertretung grundsätzlich nicht bestritten werde. Der Bw habe seinen Bruder beim Umzug geholfen. Dazu sei er am 3. Juli 2009 aus Passau kommend Richtung Wien und am 6. Juli 2009 zurück gefahren. Dabei sei er unwissend lediglich mit einer PKW-Mautvignette unterwegs gewesen, was zu weiteren Anzeigen der ASFINAG für die Gemeindegebiete Kirchstetten/St. Pölten und St. Marienkirchen bei Schärding geführt hätte. Daraus hätten sich dann wegen "ein und derselben Verfehlung" drei Strafverfügungen ergeben.

Als Beilage angeschlossen sind Kopien der Strafbescheide der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (Tatzeit: 6. Juli 2009, 1.05 Uhr) und der Bezirkshauptmannschaft Schärding (Tatzeit: 6. Juli 2009, 6.43 Uhr).

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 1. Oktober 2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt gewesen. Der Zulassungsbesitzer sei am 29. Juli 2009 gemäß § 19 Abs. 4 BStMG schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung sei jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 21. Oktober 2009 brachte der Bw im Wesentlichen vor, dass sein Bruder, welcher mit der österreichischen Rechtslage vertraut sei und dem der Bw bei dessen Umzug geholfen hätte, die "Abwicklung der behördlichen Geschäfte" wahrgenommen habe. Dabei sei es dazu gekommen, dass zwar eine Mautgebühr, jedoch nicht die geforderte fahrleistungsabhängige entrichtet worden sei. Unter den geschilderten Umständen sei keinesfalls von einer Vorsätzlichkeit auszugehen. Dies möge berücksichtigt werden. Sowohl der Bw als auch sein Bruder X wären bereit, die fehlende Differenz des Mautentgeltes zu entrichten. Das angewandte Strafmaß sei als unverhältnismäßig anzusehen. Der Bw sei Hartz IV-Empfänger und verfüge über kein eigenes Einkommen.

 

Im Verwaltungsakt befinden sich noch Beweisfotos sowie Zulassungsdaten über den gegenständlichen LKW vom deutschen Kraftfahr-Bundesamt.  

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.  

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs.1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 20 Abs.2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs.3 BStMG werden Übertretung gemäß Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs.2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker des gegenständlichen LKW zum im angefochtenen Straferkenntnis angegebenen Tatzeitpunkt und Tatort war und die Maut (aufgrund des gänzlichen Fehlens einer GO-Box) nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

Die Verantwortung für die Ausstattung des LKW mit der GO-Box trifft den Lenker (§ 8 Abs.1 BStMG). Die Rechtfertigung des Bw, sein Bruder hätte sich u.a. um die Mautentrichtung gekümmert bzw. es wäre irrtümlich lediglich eine PKW-Vignette aufgeklebt worden, kann den Bw deshalb nicht entlasten. Die Tat ist dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt die Unkenntnis der österreichischen Rechtslage, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, da es der Bw versäumt hat, sich vor Benützung der mautpflichtigen Strecken im ausreichenden Maße über die rechtlichen Vorschriften und die Erfordernisse der ordnungsgemäßen Mautstreckenbenützung in Österreich zu informieren. Da es sich gegenständlich um ein sog. "Ungehorsamsdelikt" handelt, ist Fahrlässigkeit für eine Bestrafung ausreichend.

 

Der Bw bringt in der Berufung vor, er habe für "ein und dieselbe Verfehlung" drei Strafbescheide erhalten. Wenn der Bw damit vermeinen sollte, die drei Verwaltungsübertretungen seien als fortgesetztes Delikt als Tateinheit zusammenfassen, ist zu erwidern, dass ein fortgesetztes Delikt dann gegeben ist, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 18.3.2004, Zl. 2003/05/0201).

 

Von einem fortgesetzten Delikt kann – abgesehen davon, dass diesfalls Vorsatz vorliegen müsste, was gegenständlich nicht anzunehmen ist – aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw – wie im gegenständlichen Fall – durch Abfahren vom mautpflichtigen Straßennetz das jeweilige Delikt abgeschlossen hat. Jedes neuerliche Auffahren auf die Autobahn löst die Lenkerpflichten (im gegenständlichen Fall: u.a. die Anmeldung des LKW zum Mautsystem und die korrekte Anbringung der GO-Box auf der Windschutzscheibe) aus. Bei Missachtung der Lenkerpflichten beginnt somit mit jeder neuerlichen Auffahrt auf eine mautpflichtige Strecke eine neuerliche Deliktsverwirklichung.

 

Der Bw muss zwischen dem 3. und 6. Juli 2009 die mautpflichtige Strecke verlassen haben bzw. später auf eine solche wiederum aufgefahren sein. Dies ergibt sich nicht nur aus der zeitlichen Distanz der beiden Tage sondern auch aus den Angaben des Bw, dass es sich am 3. Juli um die Hinfahrt und am 6. Juli 2009 um die Rückfahrt gehandelt hat.

 

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 v. 15.4.2005). Folgerichtig waren gegen den Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) für die von ihm angesprochenen Verwaltungsübertretungen am 3. und 6. Juli 2009 mehrere Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass auch bei der Annahme von Vorsatz die einzelnen Fahrten nicht als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen wären, da – wie bereits ausgeführt wurde – vor jedem (neuerlichen) Befahren einer Mautstrecke die Lenkerverpflichtungen schlagend werden.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Mildernd wirken lediglich die (bei ausländischen Lenkern häufig gegebene) Unbescholtenheit und das in Anbetracht der Beweislage (Fotos) wenig ins Gewicht fallende Tatsachengeständnis. Die Rechtsunkenntnis des Bw beruht auf Fahrlässigkeit und kommt einem Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungs­grund nicht gleich. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden nicht als entsprechend geringfügig einzustufen, auch wenn man die vom Bw vorgebrachten besonderen Umstände berücksichtigt.

 

Hinsichtlich Ratenzahlung wird auf die Zuständigkeit des Magistrats Linz verwiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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