Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165318/15/Bi/Kr

Linz, 17.01.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Frau RAin X, vom 28. Juli 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Gmunden vom 21. Juni 2010, VerkR96-6183-2009-Bl, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 23. September 2010 durchgeführten öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung sowie weiterer Erhebungen zu Recht erkannt:

 

I. Im Punkt 1) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straf­­erkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

     Im Punkt 2) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt geändert wird: "Sie haben am 10. Dezember 2008 um 6.30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen X im Gemeinde­gebiet von Regau auf der B145 von Gmunden kommend in Fahrt­richtung Vöcklabruck gelenkt, wobei Sie auf Höhe des Auto­hauses X ein einspuriges Kraftfahrzeug überholt haben, obwohl nicht einwandfrei erkennbar war, ob das Fahrzeug nach dem Über­holvorgang in den Verkehr ein­ge­ordnet werden kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern."

 

II. Im Punkt 1) fallen keine Verfahrenskosten an.

     Im Punkt 2) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Ver­fahrens­kosten der Erstinstanz den Betrag von 16 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z3, 44a Z1, 19 VStG

zu II.: §§ 64 und 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 15 Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 16 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 60 Euro (27 Stunden EFS) und 2) 80 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 10. Dezember 2008 um 6.30 Uhr den Pkw X auf der Salzkammer­gutstraße B145 von Gmunden in Richtung Vöcklabruck auf Höhe des Autohauses X im Gemeindegebiet von Vöcklabruck gelenkt und dabei folgende Übertretungen begangen habe:

1) Er habe ein einspuriges Kraftfahrzeug überholt, obwohl er keinen der Ver­kehrs­­sicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand  vom überholten Fahrzeug eingehalten habe, weil dieser seinen Motorroller abbremsen und in der Folge nach rechts ausweichen habe müssen.

2) Beim Überholvorgang sei zudem nicht einwandfrei erkennbar gewesen, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr eingeordnet werden könne, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 14 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am
23. September 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seiner rechtsfreundlichen Vertreterin RAin X, des Vertreters der Erstinstanz X sowie des Zeugen X durchgeführt und das Verfahren durch die Einholung des kfz-technischen Sachverständigengutachtens samt Parteiengehör ergänzt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Annahme der Erstinstanz, den Aussagen des Anzeigers komme erhöhte Beweiskraft zu, sei unzutreffend. Dieser sei sich schon beim Kennzeichen nicht sicher gewesen und im übrigen derart ungenau, dass daraus ein strafbares Verhalten nicht abgeleitet werden könne. Es sei auch nicht festgestellt worden, welchen Abstand das beschriebene Fahrzeug tatsächlich eingehalten habe und warum das Wiedereinordnen nicht ungehindert möglich gewesen sei. Sein Fahrzeug sei blau, der Anzeiger habe als Farbe grau angegeben. Er fahre zwar täglich auf der B145 zur Arbeit, aber etwas später, weil er in der Regel erst um 7.00 Uhr dort ankomme. Der Bw legt die Stempel­karte für 10. Dezember 2008 vor und beantragt dazu seine Einvernahme, da er zum Tatvorwurf nicht befragt und der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht festgestellt worden sei. Beantragt wird Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung bzw Straf­herab­setzung. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beim Autohaus X., bei der sowohl der Bw und seine rechtsfreundliche Vertreterin wie auch der Vertreter der Erstinstanz gehört wurden und der Zeuge unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurde. Die Aussagen des Zeugen wurden zur Prüfung der techni­schen Nachvollziehbarkeit dem kfztechnischen AmtsSV X, Amt der Oö. Landesregierung, vorge­legt, der das Gutachten vom 20. November 2010, VerkR210002/327-2010-Hag, erstellt hat. Dieses wurde dem Bw mit h Schreiben vom 22. November 2010 mit der Einladung zu einer Stellung­nahme binnen drei Wochen übermittelt; da trotz Zustellung am 25. November 2010 keinerlei Äußerung erfolgte, war wie angekündigt nach der Aktenlage zu entscheiden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Zeuge lenkte am 10. Dezember 2008 kurz nach 6.30 Uhr seinen Motor­roller von Rutzenmoos kommend in Richtung Vöcklabruck, wobei er nach eigenen Angaben eine Warn­weste trug und sein Fahrzeug vorschrifts­mäßig, hinten mit zwei Lichtern, beleuchtet war. Ihm fielen in den beiden Rück­spiegeln des Motorrollers hinter sich die Lichter eines Pkw auf, der knapp aufge­schlossen hatte. In beiden Richtungen der B145 war Kolonnenverkehr, die des Zeugen in Richtung Vöcklabruck fuhr ca 80 km/h. Der Zeuge fuhr nach eigenen Angaben in einer Fahr­linie ca in der Mitte seines Fahrstreifens, mit jedenfalls 1 m Abstand nach rechts zum Fahrbahnrand, und hatte sowohl Gegenverkehr als auch befand sich in ange­messenem Abstand vor ihm ein weiterer in Richtung Vöcklabruck fahrender Pkw. Im Bereich vor der Abzweigung zum Autohaus X., das rechts der B145 gelegen ist, fiel dem Zeugen auf, dass er die Lichter nicht mehr im Spiegel sehen konnte und sich der knapp aufgeschlossene Pkw auf einmal links neben ihm befand und im Begriff war, ihn trotz Gegenverkehr zu überholen, wobei aber vor ihm zum Wiedereinordnen zu wenig Platz war. Da der überholende Pkw unter Berück­sichtigung des Gegenverkehrs immer weiter den seitlichen Abstand zum Motorroller verkleinerte, wich der Zeuge schließlich aus Selbstschutz­über­legun­gen nach rechts aus und fuhr in die nach der Abzweigung zum Autohaus rechts der B145 gelegene Haltestellenbucht des Linienbusses, um nicht mit dem Pkw zu kollidieren. Der Lenker hatte dadurch, allerdings erst während des Überhol­vorgangs, eine Lücke zur Verfügung, in die er sich einordnen konnte, worauf ihm der Zeuge weiter nachfuhr. Der Zeuge benannte in der Verhandlung km 12.4 als Ort des Beginns des Überholmanövers des Pkw – dort befindet sich in der Gegenrichtung das Verkehrszeichen "Vorrangstraße". Da er wegen der ordnungs­gemäßen Beleuchtung seines Motor­rollers davon ausging, dass der Pkw-Lenker ihn sehen musste, dieser aber ganz normal weiterfuhr, "als ob nichts gewesen wäre", habe er sich so geärgert, dass er schließlich Anzeige erstattet habe. Bei der Leiner-Kreuzung in Vöcklabruck habe er den Lenker zur Rede stellen wollen, aber die Zeit sei zu kurz gewesen. Hätte das geschilderte Manöver später stattgefunden nach der Busbucht, wäre er vielleicht in die Leitschiene gefahren; er habe sich noch gedacht, er habe Glück gehabt. Als der Pkw dann vor ihm gefahren sei, habe er erstmalig Gelegenheit gehabt, das Kennzeichen abzulesen; es sei ein Citroen C4 gewesen, laut seiner mit Mail der Erstinstanz am
10. Dezember 2010, 8.08 Uhr, übermittelten Anzeige hellblau mit dem Kennzeichen X oder –X. Der Pkw sei ihm ab der Himmelreich­kreuzung knapp hinter ihm aufgefallen.

 

Der Bw hat in der Verhandlung ausgeführt, er habe keine Erinnerung an so einen Vorfall. Laut Stempelkarte hat er am 10. Dezember 2008 um 6.50 Uhr bei seinem Arbeitgeber in Timelkam eingestochen, der Weg von Altmünster in die Arbeit dauere 25 Minuten.

Nach den Feststellungen der Erstinstanz nach Einlangen der Anzeige existiert keine Anmeldung für das Kennzeichen X. Der Pkw mit dem Kennzeichen X ist ein "grauer" Citroen, zugelassen auf den Bw. Der Pkw des Bw wurde in der Verhandlung als hellblau eingeschätzt, laut Bw ist die Farbbe­zeich­nung des Herstellers "eisblau". Der Zeuge hat bereits in der Anzeige den Pkw als "hellblau" beschrieben.

 

Der kfztechnische Amtssachverständige bezeichnete zusammenfassend die Schil­derung des Überholvorgangs des Zeugen als nachvollziehbar und glaubhaft. Die Fahrbahn der B145 ist bei km 12.3 8 m breit. Der erforderliche Seitenab­stand zwischen Roller und Pkw muss wegen der sinusförmigen Fahrlinie aus Sicherheitsgründen 1,5 m betragen. Wenn der Roller mit ca 1 m vom Fahrbahn­rand entfernt fährt und ein Seitenabstand von 1,5 m eingehalten wird, müsste der Pkw ca 1 m in die Gegenfahrbahn hineinragen, dh es besteht die Gefahr einer Streifkollision der Außenspiegel mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Hat der Citroen die Fahrbahnmitte nicht überfahren, ist der Abstand zum Roller mit ca 45 cm anzusetzen, dh er war bei weitem nicht ausreichend, zumal ein kleiner Spurfehler bereits unfallkausal sein kann. Aus technischer Sicht ist das Bestreben des Rollerfahrers nach­voll­ziehbar, seinerseits den Seitenabstand zum überholenden Pkw zu vergrößern, um die für ihn nicht ungefährliche Situ­ation zu entschärfen.

 

Beweiswürdigend gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass der Zeuge den für ihn sicher nicht ungefährlichen Vorfall glaubwürdig geschil­dert hat, wobei die Überlegungen zum Ausweichen in die Halte­stellen­bucht schlüssig sind. Auch die Beobachtungen des Zeugen zu Kenn­zeichen, Marke und Farbe des ihn überholenden Pkw sind übereinstimmend mit den für ihn nicht zugänglichen Zulassungsdaten des auf den Bw zugelassenen Pkw. Die bei der Verhandlung festgestellte Autofarbe stimmt mit der Beschrei­bung des Zeugen und der vom Bw angegebenen Bezeichnung überein. Dass der Zeuge den Buchstaben "D" oder "C" im Kennzeichen nicht einwandfrei erkennen konnte, kann an den Licht­ver­­hältnissen, am Nachfahrabstand nach dem Vorfall oder an Undeutlich­keiten im Kennzeichen selbst liegen, lässt aber keine Zweifel daran entstehen, dass der Pkw des Bw der überholende Pkw beim vom Zeugen geschilderten Vorfall war. Auch wenn sich der Bw, der sich laut Lenkerauskunft vom 29. Jänner 2009 selbst als Lenker zum Vorfallszeitpunkt bezeichnete, nicht an den Vorfall aus dem Jahr 2008 erinnern konnte, besteht kein Zweifel am Wahrheitsgehalt der Anzeige, die der Zeuge sofort zum nächstmöglichen Zeit­punkt nach dem Vorfall mittels E-Mail der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelt hat. Zur Tatzeit waren beide Lenker auf dem Weg zur Arbeit, wobei beide zumindest ab Rutzenmoos bis Vöcklabruck den selben Weg auf der B145 haben, auf dem auch der Standort des genannten Autohauses sowie die Bushaltestelle liegen. Die Zeitaufzeichnung des Bw beginnt laut Stempel­­karte am Vorfallstag um 6.50 Uhr in Timelkam. Der Zeuge hat bereits in seiner Anzeige dargelegt, dass er gegen 6.30 Uhr von daheim wegge­fahren ist, dh 6.30 Uhr war nicht die Zeit des Überholvorgangs. Damit ist aber die Tatzeit, die inner­halb einer relativ kurzen Zeitspanne danach einzu­ordnen ist – von Rutzen­moos bis zum Autohaus bei km 12.4 der B 145 sind es etwa 3 km – ausreichend konkretisiert und eine mögliche Doppelbestrafung jeden­falls auszuschließen. Der Tatort wurde bereits vom Zeugen in der Anzeige mit "Höhe Regau" und "Autohaus X" ange­geben. Auch wenn die Verhandlung irrtümlich beim gleichnamigen Autohaus in Vöcklabruck ausgeschrieben wurde, wäre bei genauerer Nachschau erkennbar gewesen, dass es zwei Nieder­lassungen dieses Unternehmens gibt, nämlich eine in X, X, und eine in X, X. Dem Bw wurde am 18. Mai 2009 eine Aktkopie übermittelt, die auch die Privatanzeige mit den Ortsbezeich­nungen "Höhe Regau" und "Autohaus X" beinhaltete, weshalb er in der Lage war, sich zum Tatvorwurf zu äußern.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 15 Abs.4 StVO 1960 ist beim Überholen ein der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechender seitlicher Abstand vom Fahrzeug, das überholt wird, einzuhalten.

Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht über­holen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbe­nützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Zum tatsächlich eingehaltenen Seitenabstand während des Überholvorgangs wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, die mit dem Vorfall am
10. Dezember 2008 begonnen und am 10. Juni 2009 geendet hat, nichts genaueres erhoben, außer dass der Zeuge sich durch dessen Verkleinerung durch den plötzlich neben sich befindlichen Pkw gefährdet fühlte und daher sogar in die rechts gelegene Bushaltestelle auswich. Laut SV-Gutachten hätte der Seitenab­stand vom einspurigen Kraftfahrzeug mindestens 1,5 m betragen müssen. Da der Zeuge nachvollziehbar damit beschäftigt war, sich selbst in Sicherheit zu bringen, fehlt eine ziffernmäßige Darstellung und kann dieser Umstand auch nicht nachgeholt werden (vgl VwGH 17.6.1998, 98/03/0060). Daher war im Punkt 1) des Strafer­kenntnisses das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG wegen Verfolgungsverjährung einzustellen.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses ist zu sagen, dass dem Zeugen die Beurteilung, ob der Bw bei Beginn des Überholvorgangs davon ausgehen konnte, dass er seinen Pkw nach dem Überholvorgang wieder gefahrlos für andere Straßenbenützer in die Kolonne einordnen werde können, aus seiner Position innerhalb der Kolonne sehr wohl möglich war. Der Zeuge hat glaubhaft den Nachfahrabstand des Bw zu seinem Motorroller schon vorher als sehr gering bezeichnet und plötzlich die Scheinwerfer nicht mehr in seinen beiden Rück­spiegeln gesehen. Kurz darauf hat er den Pkw neben sich bemerkt und diesen Wechsel in der Verhandlung an Ort und Stelle ca dem km 12.4 zugeordnet. Dass der Bw den mit der Warnweste trotz Dunkelheit deutlich sichtbaren Zeugen auf dem beleuchteten Motorroller nicht gesehen hätte, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung auszuschließen, ebenso musste ihm dadurch auch die Ein­schätz­ung von Nachfahr- und Seitenabständen einwandfrei möglich sein. Außer­dem konnte er schon bei der Nachfahrt hinter dem Motorroller wegen der besseren Sicht die Position des vor dem Motorroller befindlichen Pkw mitver­folgen und auch, dass die B145 dort nur einen Fahrstreifen in jeder Fahrtrichtung aufweist. Der Bw konnte daher einen Überholvorgangs wegen der Kolonne in der Gegenrichtung nur dann einleiten, wenn er von vornherein davon ausging, dass er den Motorroller dazu brachte, weiter rechts zu fahren und damit seine aus Sicherheitsüberlegungen ca 1 m von Fahrbahnrand entfernt gewählte Fahrlinie zu verlassen und ihn zum Abbremsen bewegte, um sich vor diesen "hinein­quetschen" zu können. Abgesehen davon, dass der Sinn eines Überhol­vorganges innerhalb einer mit ca 80 km/h fahrenden Kolonne höchst zweifelhaft ist, wenn noch dazu die Kolonne vor einer ampelgeregelten Kreuzung zum Stehen kommt und keine Rede davon war, dass der Bw zu spät in die Arbeit kommen würde, also weder objektiv noch subjektiv Grund zum Überholen bestanden hat, war der ggst Überholvorgang ohne von vornherein eingeplante Gefährdung und Behinderung des Lenkers des Motorrollers gar nicht möglich und ist nach den unzweifelhaften Ergebnissen des Beweisverfahrens dann auch genauso erfolgt, dh der Bw hat nicht nur zum Überholen angesetzt sondern den Überholvorgang dann auch unter Abdrängen und Zum-Abbremsen-Nötigen des Zeugen X durch­geführt und vollendet. Hätte dieser nicht die Fahrbahnerweiterung der Bushalte­stelle zum Ausweichen nutzen können, hätte zweifelsohne die Gefahr eines Verkehrs­­unfalls (mit Personenschaden) bestanden. Dass sich der Bw nach eigenen Angaben nicht an einen solchen Vorfall erinnern konnte, lässt auf eine sehr sorglose Einstellung diesbezüglich schließen.

 

Verjährung ist im ggst Fall nicht eingetreten, weil bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. März 2009 der Tatvorwurf einwandfrei im Sinne des § 44a Z1 VStG umschrieben ist. Die Spruchänderung ist daher zulässig.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt unter all diesen Überlegungen zur Auffassung, dass der Bw den im Spruchpunkt 2) angeführten Tatbestand (in abgeänderter Form wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung unter Mitein­beziehung der Ortsangaben in der dem Bw innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG übermittelten Privatanzeige) erfüllt und, da von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Der Ausspruch einer Ermahnung war ausgeschlossen, weil von geringfügigem Verschulden keine Rede sein kann und die Übertretung sowohl eine erhebliche Gefährdung als auch eine Behinderung des Zeugen zur Folge hatte.

      

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz wertete die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw mildernd, führte keinen straferschwerenden Umstand an und ging von (mangels irgendwelcher Angaben des Bw) geschätzten finanziellen Verhältnissen – 1.400 Euro netto monatlich, weder Vermögen noch Sorgepflichten – aus. 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zusätzlich die überlange Verfahrensdauer als mildernd, jedoch die zweifellos erfolgte Gefährdung und Behinderung des Zeugen beim Überholvorgang als straferschwerend zu werten, sodass eine Herabsetzung der Strafe in der Zusammenschau nicht gerechtfertigt ist. Die Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, hält general­prä­ventiven Überlegungen stand und soll den Bw zu rücksichtsvollerem Umgang mit den Lenkern einspuriger Fahrzeuge im Straßenverkehr bewegen. Die Ersatz­frei­heitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Seitenabstand muss cm-mäßig festgehalten werden -> Einstellung

Wiedereinordnen war bei Überholbeginn nicht möglich und ergab sich erst während des Überholvorgangs durch "Eliminierung" des Zeugen -> Bestätigt

 

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