Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165649/3/Fra/Gr

Linz, 28.02.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, gegen das Faktum 1 (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit. e KFG 1967) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 1. Dezember 2010, VerkR96-5179-2008, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Das Schuldspruch 1 (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG 1967) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land vom 1. Dezember 2010, VerkR96-5179-2008, wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt; der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 1 keine Kostenbeiträge zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat unter Punkt 1 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses über den Bw wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er sich am

22. Oktober 2008 um 16:25 Uhr in der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr, B 115, bei Kilometer 22.200, als Lenker des LKWs mit dem Kennzeichen X, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert war, obwohl die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sein müssen, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräfte standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Ladegüter den Laderaum nicht verlassen können und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls z.B. Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen, oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist, sofern ausreichend feste Abgrenzungen des Laderaumes ein Herabfallen des Ladegutes oder Durchdringen der Laderaumbegrenzung verhindern. Es wurde festgestellt, dass sich auf der Ladefläche ein Bagger mit einem Eigengewicht von 7,2 t befand, der lediglich an der Vorderseite mit einem Gurt (Gurtfahne unlesbar) gesichert war.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat vor, der, weil eine 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Rechtsgrundlagen:

 

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

 

Gemäß § 101 Abs.1 lit.e KFG 1967 ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs.2 und 5 nur zulässig, wenn

die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können; dies gilt jedoch nicht, wenn die Ladegüter den Laderaum nicht verlassen können und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist, sofern ausreichend feste Abgrenzungen des Laderaumes ein Herabfallen des Ladegutes oder Durchdringen der Laderaumbegrenzung verhindern. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann durch Verordnung nähere Bestimmungen festsetzen, in welchen Fällen eine Ladung mangelhaft gesichert ist. Dabei können auch verschiedene Mängel in der Ladungssicherung zu Mängelgruppen zusammengefasst sowie ein Formblatt für die Befundaufnahme bei Kontrollen festgesetzt werden.

 

3.2 Sachlage:

 

3.2.1. Unstrittig ist, dass der Bw zu dem im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Zeitpunkt an der angeführten Örtlichkeit den in Rede stehenden LKW gelenkt hat.

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion Garsten vom 14. November 2008 stellte der Meldungsleger X fest, dass sich auf der Ladefläche ein Bagger mit einem Eigengewicht von 7,2 t befand, der lediglich an der Vorderseite mit einem Gurt gesichert war. Fotos wurden angefertigt.

 

Die nunmehr belangte Behörde hat den Meldungleger mehrmals zeugenschaftlich einvernommen sowie ein verkehrstechnisches Gutachten eingeholt. Das Parteiengehör wurde jeweils gewahrt.

 

3.2.2 In seinem Rechtsmittel bringt der Bw u.a. vor, dass er bereits in seiner Stellungnahme vom 13. Jänner 2009 beantragt habe, den Meldungsleger X als Zeugen zu befragen, ob er die Zurrfestigkeit abgelesen habe; verneinendenfalls warum er nicht darauf geachtet hatte. Weiters sollte er dazu befragt werden, welchen Abstand der Bagger zu den Seitenwänden aufgewiesen habe. Der Zeuge wurde zum Abstand des Baggers zu den Seitenwänden befragt und gab dazu an, keine Angaben machen zu können, sodass letztlich seine Verantwortung nicht widererlegt werden konnte. Der Zeuge habe ferner angegeben, dass die Aufschrift auf der Gurtfahne nicht mehr lesbar war. Aus den Lichtbildern im Verwaltungsstrafakt ist jedoch nicht eindeutig ersichtlich, dass der Bagger nicht bündig geladen gewesen wäre. Daran könne auch das gebetsmühlenartige Wiederholen des Meldungslegers an seiner Zeugenaussage nichts ändern. Der Sachverständige konnte anhand der Fotobeilagen nicht mit Sicherheit sagen, ob die Ladungssicherung ausreichte; wenn er solche Aussagen tätigte, dann ergebe er sich lediglich in Vermutungen bzw. in Angaben von Wahrscheinlichkeiten; eine genaue Angabe zu den Seitenabständen ist nicht möglich. Der Sachverständige hat lediglich Ausführungen zum Zurrgurt selbst gemacht, nicht aber zu den möglichen (geringen) Seitenabständen zu den Seitenwänden. Die Angaben des Sachverständigen zum Zurrgurt sind nicht überzeugend und nicht schlüssig und nicht auf den gegenständlichen Fall übertragbar. Er spricht in seinem Gutachten auch davon, welche Empfehlungen zur Verzurrung abgegeben werden; nicht aber, ob gegenständlich der Zurrgurt bzw. die Art des Verzurrens ausgereicht hätte. Konkret hat der Sachverständige mit keinem Wort zum Ausdruck gebracht, dass die gegenständliche Ladung nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen wäre.

 

3.2.3. Der Oö. Verwaltungssenat ist nach Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt aus folgenden Gründen zum Ergebnis gekommen, dass kein ausreichender Beweis für die den Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung vorliegt:

 

Der Amtssachverständige X hat in seinem Gutachten vom 9. April 2009 u.a. ausgeführt, dass auf Grund der vorliegenden Aktenunterlagen davon auszugehen ist, dass der gegenständliche Bagger mit einem Eigengewicht von ca. 7,2 t durch einen Zurrgurt gesichert wurde. Dieser Zurrgurt wurde – dies ist auf Bild 2 der Lichtbildbeilage erkennbar – über die sogenannte Bergstütze des Baggers gespannt. Laut Einspruch hat der verwendete Zurrgurt eine Zurrfestigkeit von 10000 kg. Dieser Gurt ist nicht nach Literaturrecherchen verfügbar. Sogenannte Schwerlastgurte haben eine Zurrkraft bis zu 10000 daN (bis zu 10000 kg), die laut Hersteller diese Zurrkraft aber nur bei der Direktsicherung erreichen. Wenn es sich im gegenständlichen Fall um einen sogenannten Schwerlastgurt gehandelt hat, wurde dieser falsch verwendet, sodass seine hohe Zurrkraft nicht berücksichtigt werden kann, da diese Zurrkraft nur bei einer Direktzerrung unterstellt werden kann. Die jeweilige Zurrart geht aus den Herstellerangaben (Zurrgurtetikett) hervor. Das Zurrgurtetikett war jedoch laut Aussage des Meldungslegers nicht mehr lesbar, sodass der verwendete Gurt nicht eingeordnet werden kann und keine Aussagen über die Zurrkraft gemacht werden können.

 

Zusammenfassend hält der Sachverständige fest, dass die Zurrkraft des gegenständlich verwendeten Gurt nicht bekannt ist und dass, wenn man von den Einspruchsangaben ausgeht, der verwendete Schwerlastgurt primär nicht zum Niederzurren, sondern zum Direktzurren verwendet werden muss. Weiters hält der Sachverständige fest, dass auf Grund der Aktenunterlagen nicht festgestellt werden kann, ob der LKW seitlich und hinten mit Bordwänden versehen war. Die erkennbare seitliche Leerladeraumbegrenzung – vermutlich durch Eisenprofile kann in Bezug auf ihre Rückhaltekraft nicht beurteilt werden.

 

Im Hinblick darauf, dass der Sachverständige den verwendeten Gurt nicht einordnen und daher keine Aussagen über die Zurrkraft machen konnte, sowie darauf, dass er die erkennbare seitliche Laderaumbegrenzung in Bezug auf ihre Rückhaltekraft nicht beurteilen konnte, liegt kein für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlicher Beweis für ein tatbestandsmäßiges Verhalten des Bw vor, wenngleich gewichtige und erhebliche Indizien dafür bestehen, dass er tatbildlich gehandelt hat, weshalb die Anwendung des Zweifelsgrundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß entschieden wurde.

 

Im Übrigen hat die belangte Behörde in einem vergleichbaren Fall (derselbe LKW und derselbe Bagger) – auch unter Zugrundlegung eines Gutachtens des Sachverständigen für Verkehrstechnik, Ing. X, - ein Verfahren gegen Herrn X wegen mangelnder Ladungssicherung eingestellt (Schreiben der BH Steyr-Land an Herrn X vom 17.11.2010, VerkR96-547-2010).

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Johann Fragner

 

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