Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252364/15/Kü/Ba

Linz, 04.03.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. X, vom 21. Jänner 2010 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. Jänner 2010, Gz. 0037118/2009, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. November 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF            iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991       idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. Jänner 2010, Gz. 0037118/2009, wurden über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheits­strafen von 33 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 VStG nach au­ßen zur Vertretung berufene Person der Firma X GmbH mit dem Sitz in X, X verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von dieser Firma als Arbeitgeber von 22.01.2009 bis 12.03.2009 im X, X, X die nachfolgend angeführten Personen in den angeführten Funktionen gegen Entgelt beschäf­tigt wurden, obwohl Ihnen für diese Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungs­bewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeige­bestätigung ausgestellt wurde oder der Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder 'Niederlassungsbe­willigung - unbeschränkt' oder einen Aufenthalts­titel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzen:

 

1.     Herrn X X, geboren X, wohnhaft X, X, Staatsangehörigkeit TSCHECHISCHE REPUBLIK, als Aushilfskellner,

 

2.     Frau X X, geboren X, wohnhaft X, X, Staatsangehörigkeit POLEN, als Aushilfskellnerin und

 

3.     Herrn X X, geboren X, wohnhaft X, X, Staatsangehörigkeit SLOWENIEN, als Aushilfskellner."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Bw eingebrachte Berufung, in welcher die ersatzlose Behebung und die Einstellung des Strafver­fahrens beantragt wird.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bw im erstinstanzlichen Verfahren konkrete Umstände aufgezeigt und Urkunden vorgelegt habe, aus denen sich klar ergebe, dass massive Fakten (und nicht nur Indizien) dafür sprechen würden, dass die angesprochenen Dienstnehmer während der Zeit, während der sie die handelsrechtliche Geschäftsführung der Firma X GmbH ausgeübt habe, tatsächlich dort nicht gearbeitet hätten. Diese beigebrachten Beweis­mittel hätten umso höheres Gewicht, als man davon ausgehen müsse, dass der Negativbeweis (also im konkreten Fall der Beweis, dass die angesprochenen Dienstnehmer im fraglichen Zeitraum nicht beschäftigt gewesen seien) nur schwierig zu erbringen sei.

 

Die Bw habe dargestellt, dass sie die drei Dienstnehmer nicht kenne und auch keine Unterlagen zur Verfügung habe, aus denen sich ergeben hätte, dass diese Dienstnehmer aufrecht für die Firma X X GmbH gemeldet gewesen seien. Für ihre Geschäftsführerzeit könne sie ausschließen, dass diese Dienst­nehmer für die Gesellschaft gearbeitet hätten. Die Lohnverrechnungsunterlagen und die vorgelegten eidesstättigen Erklärungen würden ebenfalls massiv darauf hinweisen, dass im fraglichen Zeitraum keine Beschäftigung vorgelegen sei. Die Erstbehörde vermeide es strikt, sich mit dem Beweiswert dieser Beweismittel auseinanderzusetzen.

 

 

3. Die Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung mit Schreiben vom 25. Jänner 2010 samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. November 2010, an welcher der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Rechtsvertreter der Bw bestätigt, dass sie in der Zeit von 22.1.2009 bis 12.3.2009 Geschäftsführerin der X X GmbH mit dem Sitz in X, X, gewesen ist. Die Bw ist nur formal Geschäftsführerin des Lokals gewesen und hat dieses im weitesten Sinn nicht betrieben. Auch anhand der Firmenbuchunterlagen ist ersichtlich, dass es einen laufenden Wechsel in der Geschäftsführung gegeben hat.

 

In der mündlichen Verhandlung wurden dem Rechtsvertreter der Bw Versiche­rungsdatenauszüge bezüglich der Beschäftigten X und X vorgelegt und wurde dazu vom Rechtsvertreter festgehalten, dass er keine Angaben machen könne und diese Daten erst in der Buchhaltung bzw. über die ehemalige Steuerberaterin nachvollziehen muss. Aus diesem Grund wurde dem Rechtsvertreter eine Stellungnahmefrist von sechs Wochen eingeräumt.

 

In der fristgerecht abgegebenen Stellungnahme führt der Rechtsvertreter der Bw aus, dass er sich mit der früheren Lohnverrechnerin der X X GmbH, Frau X X, in Verbindung gesetzt hat und diese für ihn die Lohnverrech­nungsunterlagen näher geprüft und dabei festgestellt hat, dass aufgrund einer Mitteilung der Dienstgeberin bei den Mitarbeitern X und X vermerkt ist, dass diese am 11.1.2009 ausgetreten sind. Eine entsprechende Arbeitszeit-Stundenaufstellung, die diesen Austritt am 11.1.2009 dokumentiert, wurde mit der Stellungnahme vorgelegt.

 

Vom Rechtsvertreter wurde weiters ausgeführt, dass die vom Finanzamt vorge­legten Versicherungsdatenauszüge bzw. die darin enthaltenen Daten (offenes Dienstverhältnis der beiden Dienstnehmer bis 30.5.2009) offenkundig auf amts­wegige Ermittlungen der Krankenkasse zurückgehen. Es wurde daher beantragt, den Krankenkassenakt betreffend die Firma X X GmbH zum Beweis dafür, dass die betreffend die Dienstnehmer X und X aufliegenden Versicherungsdaten nicht aufgrund von von der Dienstgeberin veran­lassten Mitteilungen, sondern vielmehr aufgrund amtswegiger Ermittlungen der Gebietskrankenkasse, welche zu einem falschen Ergebnis geführt haben, in den Akt gelangt sind.

 

Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde diesem Beweisantrag nachge­kommen und wurde Kontakt mit der OÖ. Gebietskrankenkasse aufgenommen. Vom Vertreter der Gebietskrankenkasse wurde schriftlich mitgeteilt, dass sich die GPLA-Prüfung der X X GmbH mangels eruierbarer Unterlagen der Lohn­verrechnung und Buchhaltung als sehr schwierig und zeitaufwändig gestaltet habe. Seitens der ehemaligen selbstständigen Buchhalterin, Frau X X, sind dem Prüfer lediglich die Lohnkonten für 2008 für sämtliche gemeldeten Dienstnehmer vorgelegt worden. Aufgrund einer Niederschrift mit einem anderen ehemaligen Dienstnehmer sowie dem Verpächter des Lokales wurde von der Gebietskranken­kasse ermittelt, dass der angebliche ehemalige Pächter, Herr X X, das Lokal mit 30.5.2009 geschlossen hat. Zum Zeitpunkt der Prüfung durch die Gebietskrankenkasse waren noch 20 Dienstnehmer laufend gemeldet, die in der Folge vom Innendienst der Gebietskrankenkasse schriftlich zu einer Stellungnahme bezüglich ihrer Beschäftigung zur X X GmbH aufgefordert wurden. Der Rücklauf dieser Schreiben ist sehr spärlich gewesen, weshalb der Prüfer der Gebietskrankenkasse in jenen Fällen, in welchen kein eindeutiger Beendigungszeitpunkt der Dienstverhältnisse feststellbar war, eine Abmeldung von Amts wegen per 30.5.2009 (Schließung des Lokals) erstellt hat. Davon waren auch Frau X und Herr X betroffen. Die Sozial­versicherungsbeiträge und die Beitragsgrundlagennachweise wurden laut Gebietskrankenkasse ebenfalls im Schätzungswege erstellt.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die vorliegenden Versicherungs­datenauszüge bezüglich der Beschäftigten X und X keinen Beweis für eine Beschäftigung der beiden im Zeitraum von 22.1.2009 bis 12.3.2009 erbringen können, da – wie vom Vertreter der Gebietskrankenkasse bestätigt – diese Daten von Amts wegen bzw. im Schätzwege angenommen wurden und nicht auf Meldungen des Dienstgebers beruhen. Hinsichtlich des Beschäftigten X X zeigt der vorliegende Versicherungsdatenauszug für das Jahr 2009 zudem eine anderwärtige Beschäftigung.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

5.2. Im Strafantrag des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom 21. August 2009 ist dargestellt, dass anlässlich einer Kontrolle am 8.7.2009 bei einer anderen Firma festgestellt werden konnte, dass Herr X ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt wurde. Aufgrund dieser Kontrolle wurden von den Organen der Finanzverwaltung Nacherhebungen durchgeführt und anhand von Versicherungsdatenauszügen festgestellt, dass die auslän­dischen Staatsangehörigen X X, X X und X X seit 28.11.2009 bei der Firma X X GmbH, X, X, als Aushilfskellner beschäftigt sind. Aufgrund der Inhalte der Versicherungsdatenauszüge wurde von der Finanzverwaltung eine Beschäftigung dieser Personen durch die X X GmbH auch im Jahr 2009 angenommen und wurde auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Anmeldung eines Ausländers zur Sozialversicherung nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht zuletzt auch wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen ein gewichtiges Indiz für ein bewilligungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG mit sich bringt. Aufgrund dieser Umstände ist die Finanzverwaltung von einem Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgegangen.

 

Die weiterführenden Ermittlungen im Berufungsverfahren, welche bei der Gebiets­­krankenkasse über Antrag des Rechtsvertreters der Bw durchgeführt wurden, haben allerdings ergeben, dass die in den Versicherungsdatenauszügen enthaltenen Angaben zur Beschäftigung bzw. zu den Beitragsgrundlagen von den Bearbeitern der Gebietskrankenkasse mangels eruierbarer Daten von Amts wegen bzw. im Schätzwege aufgenommen wurden. Dies verdeutlicht, dass die in den Auszügen enthaltenen Daten die wahren Verhältnisse nicht widerspiegeln können und daher als Beweis für eine entgegen dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz erfolgte Beschäftigung der drei Dienstnehmer durch die Bw nicht heran­gezogen werden können. Zudem ist festzuhalten, dass sich aus den vom Vertreter der Bw vorgelegten Unterlagen der Buchhalterin ergibt, dass Herr X bzw. Frau X bereits mit 11.1.2009 aus dem Beschäftigungs­verhältnis zur X X GmbH ausgetreten sind. Diese Beweismittel verdeutlichen für den Unab­hängigen Verwaltungssenat, dass in dem im Straferkenntnis angelasteten Tatzeitraum 22.1. bis 12.3.2009 eine der Bw anzulastende Beschäftigung der beiden Ausländer nicht statt­gefunden hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die vom Rechtsvertreter der Bw bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen von Herrn X X bzw. von Frau X X, wonach diese ab November 2008 kurzzeitig in der Diskothek der X X GmbH gearbeitet hätten, ihnen die Bw allerdings nicht bekannt ist, den Tatsachen entsprechen.

 

Insgesamt ist daher festzuhalten, dass aufgrund der durchgeführten Ermitt­lungen keine Beweis dafür erbracht werden konnte, dass die drei im angefochtenen Strafer­kenntnis genannten Ausländer im Zeitraum 20.1. bis 12.3.2009 von der X X GmbH im Lokal X beschäftigt worden wären. Aus diesem Grund war daher der Berufung Folge zu geben, das Strafer­kenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. 

 

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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