Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-730066/2/BP/Wu VwSen-730067/2/BP/Wu VwSen-730068/2/BP/Wu VwSen-730069/2/BP/Wu

Linz, 09.08.2011

                                                                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufungen des 1. x, 2. der x, 3. des x sowie 4. des x, allesamt StA von x, sämtlich vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft x, gegen die Bescheide der Bezirkshauptfrau des Bezirks Steyr-Land vom 12. Mai 2010, GZ.: Sich40-236-2003, Sich40-156-2004, Sich40-157-2004 sowie Sich40-158-2004, betreffend Ausweisungen der Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

I.       Den Berufungen wird stattgegeben und die angefochtenen   Bescheide ersatzlos aufgehoben.

 

         Жалба се усваја а оспорено решење укида без права на накнаду трошкова

 

 

II.     Eine Rückkehrentscheidung ist jeweils auf Dauer unzulässig.

 

Одлука о повратку има трајно дејство

 

 

 

Rechtsgrundlage:

Законски основ :

 

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheiden der Bezirkshauptfrau des Bezirks Steyr-Land vom 12. Mai 2010, GZ.: sich40-236-2003, Sich40-156-2004, Sich40-157-2004 sowie Sich40-158-2004, wurde gegen die Berufungswerber (im Folgenden Bw) auf Basis des § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, jeweils die Ausweisung angeordnet und darüber hinaus gemäß § 68 FPG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.  

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Erst-Bw, ein Staatsangehöriger von x, am 4. September 2003 (Asylantrag noch am selben Tag), seine Gattin und die beiden Söhne am 20. Mai 2004  illegal nach Österreich eingereist seien.

 

Mit Urteil des Asylgerichtshofes vom 6. November 2009, GZ.: 86252.249/-0/2008/7E, seien die Asylanträge rechtskräftig negativ beschieden worden, wobei jedoch keine Ausweisungsentscheidungen erfolgt seien.

 

Nach negativer Finalisierung der Asylverfahren komme den Bw keine Aufenthaltsberechtigung mehr zu. Der Aufenthalt sei daher unrechtmäßig.

 

Mit 26. November 2009 hätten die Bw Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (zunächst Niederlassungsbewilligung beschränkt, in weiterer Folge Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt) bei der belangten Behörde gestellt, über die bislang noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei.  

 

Für den Erst-Bw und die Zweit-Bw lägen keine Bestätigungen über deren Deutschkenntnisse vor, auch wenn eine Unterhaltung mit ihnen in deutscher Sprache von der belangten Behörde als durchaus möglich angegeben wird. Der Dritt-Bw und der Viert-Bw sprächen sehr gut deutsch.

 

Für den Erst-Bw sowie die Zweit-Bw lägen Einstellungszusagen vor. Die Familie verfüge über einen gemeldeten Wohnsitz.

 

Der Erst-Bw und die Zweit-Bw hätten im Jahr 1992 in x Asylanträge gestellt, die jedoch negativ beschieden worden seien. Dort sei auch der Sohn x geboren. Der Erst-Bw sei in der Folge im Dezember 1993 illegal nach Deutschland eingereist, wo er bis 28. März 2002 geduldet worden sei. Der zweite Sohn x sei in Deutschland geboren.

 

Der Erst-Bw habe Deutschland freiwillig verlassen, weil man ihn sonst abgeschoben haben würde. Am 4. September sei er – von seinem Heimatland kommend – nach Österreich alleine eingereist, wo er sich durchgehend aufgehalten habe. Die Familie sei im Mai 2004 illegal nachgereist.

 

Der Erst-Bw sei in x als Bäckermeister beschäftigt gewesen. Die Familie sei bei der Oö. GKK versichert.

 

Die Familie habe in Österreich verschiedene Kontakte, was für die Zweit-Bw, aber auch vor allem für die Söhne, die in Österreich die Pflichtschule absolviert hätten, gelte. Der Dritt-Bw sei zudem bei der Freiwilligen Feuerwehr x seit 1. Oktober 2005 engagiert. Der Viert-Bw spiele im Verein Union x dreimal wöchentlich Fußball. Vor allem die Söhne hätten keinen Bezug zu ihrem Heimatland.  

 

Sämtliche Bw seien völlig unbescholten.

 

In der Stellungnahme vom 10. März 2010 habe sich die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich für die Zulässigkeit der Ausweisungen ausgesprochen zumal sich die Bw ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen seien. Die Bw verfügten über Verwandte in x, weshalb angesichts der beruflichen Ausbildung des Erst-Bw eine Reintegration zumutbar sei.

 

Im Schreiben vom 27. April 2010 hätten die Bw ua. ausgeführt, dass schon der Asylgerichtshof in seiner Entscheidung vom 6. November 2009 in Hinblick auf Art. 8 EMRK die Unzulässigkeit der Ausweisung der Ehegattin und der Söhne festgehalten und die diesbezüglichen Entscheidungen des BAA aufgehoben habe. Weiters wird gerügt, dass die Sicherheitsdirektion die Einstellungszusagen und die zu erwartenden Einkommen nicht gewürdigt habe. Im vorliegenden Fall stehe den Ausweisungen eindeutig Art. 8 EMRK entgegen.  

 

1.1.2. In ihren rechtlichen Überlegungen führt die belangte Behörde aus, dass die familiäre und soziale Integration während eines weitgehend unsicheren Aufenthaltsstatus entstanden sei. Beruflich könne von keiner Integration gesprochen werden. Art. 8 EMRK sei nicht berührt.

 

Erst- und Zweit-Bw hätten den Großteil ihres Lebens im Herkunftsland verbracht, weshalb eine Reintegration zumutbar erscheine.

 

Nach Abwägung der angeführten Umstände ergebe sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK die Ausweisung der Bw zulässig sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bw durch ihre Rechtsvertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 27. April 2010.

 

Zunächst wird darin beantragt, die angefochtenen Bescheide vom 23. April 2010 dahingehend abzuändern, dass den in Rede stehenden Berufungen die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde und die Ausweisungen als auf Dauer unzulässig erklärt würden.

 

Begründend wird ausgeführt, dass den angefochtenen Bescheiden jegliche Sachverhaltsdarstellung fehlen würde. Die Bescheidbegründung lasse keine konkrete Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Bw erkennen, wonach der Asylgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 6. November 2009 die Ausweisungsentscheidungen des BAA betreffend insbesondere die beiden minderjährigen Söhne aufgehoben habe.

 

Bei den beiden komme dem über fünfjährigen Aufenthalt bzw. der Schulausbildung in Österreich ein entsprechendes Gewicht zu.

 

Eine völlige Verkennung der Rechtslage stelle auch die Aussage "Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben liegt durch die Ausweisung nicht vor" dar. Das Familienleben, das persönliche Umfeld, die Vereinstätigkeiten, die Unbescholtenheit oder die Lehrplatzzusage seien in die Abwägung mit einzubeziehen und würden von einer erheblichen Bindung an Österreich zeugen. Die beiden Söhne hätten sich von 1993 bzw. der Geburt an bis 2002 in Deutschland aufgehalten und lediglich von 2002 bis 2004 im Herkunftsland ihher Eltern gelebt. Beide hätten so auch vor dem Asylgerichtshof sprachliche Probleme in x und Entfremdung glaubhaft geltend gemacht.  Das Familienleben sei auch nicht erst in Österreich entstanden, sondern bestehe seit der Einreise sämtlicher Familienmitglieder im Jahr 2004.

 

Weiters weisen die Bw auf die Einstellungszusagen für den Erst-Bw und die Zweit-Bw hin, wodurch ersichtlich werde, dass für den Unterhalt gesorgt sei.

 

Abschließend wird auch der in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufungen massiv bekämpft.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Aus den Versicherungsdatenauszügen sämtlicher Bw ist keinerlei Beschäftigungsverhältnis abzulesen.

 

2.2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. und 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass die in Rede stehenden Ausweisungen auf Basis des § 53 FPG ("alte Fassung") erlassen wurden, weshalb diese Ausweisungen als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG anzusehen und zu beurteilen sind.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch von den Bw selbst unbestritten, dass sie über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügen und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig sind. Allerdings ist bei der Beurteilung der Ausweisungen bzw. der Rückkehrentscheidungen auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt    entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren         Aufenthaltstatus   bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

3.4.2. Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Ausweisung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.3. Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde festgestellt, dass nicht einmal das Privatleben der Bw von einer Ausweisung betroffen wäre.

 

Nachdem gegen sämtliche Mitglieder der Kernfamilie die Ausweisung ausgesprochen wurde, wird in das Familienleben an sich nicht eingegriffen. Anders verhält es sich mit dem Privatleben. Dabei ist festzustellen, dass die jeweiligen Eingriffe in das Privatleben des / der einzelnen Bw auch unmittelbar die anderen Familienmitglieder zu beeinträchtigen geeignet sind und somit bei Ausspruch der Ausweisung nur gegen einzelne Mitglieder auch das Familienleben tangiert ist.  

 

3.4.4. Hinsichtlich der Dauer und der Natur des Aufenthalts können der Erst-Bw (8 Jahre) sowie die übrigen Bw (7 Jahre) auf eine relativ lange Dauer verweisen, wobei der größte Teil davon – wegen des aufrechten Asylverfahrens – grundsätzlich legal war. Es ist aber anzumerken, dass der Aufenthaltsstatus spätestens nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren doch als unsicher angesehen werden musste.

 

3.4.5. Der Erst-Bw selbst wie auch die Zweit-Bw können laut Aktenlage auf keine besondere Integration in Österreich verweisen und haben überdies den Großteil ihres Lebens nicht im Bundesgebiet verbracht. Beruflich sind sie laut Sozialversicherungsdatenauszug bislang in Österreich keiner Beschäftigung nachgegangen. Auch, wenn von der belangten Behörde attestiert wird, dass die beiden durchaus die deutsche Sprache verstehen und sich auch darin verständigen können, brachten sie keine diesbezüglichen Nachweise bei. Demnach würde eine Gesamtbetrachtung nicht zugunsten der Bw ausfallen können. Daran ändert auch die Unbescholtenheit der Familienmitglieder grundsätzlich nichts.

 

3.4.6. Der Asylgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. November 2009 betreffend die beiden Söhne die Ausweisungsentscheidung der Erstbehörde im Asylverfahren ersatzlos aufgehoben und begründend darauf hingewiesen, dass deren Reintegration in x für sie nicht zumutbar wäre, zumal sie dort lediglich 2 Jahre ihres Lebens verbrachten, mit Anpassungsschwierigkeiten zu kämpfen gehabt hätten und weil in deren nunmehrigen Alter die Flexibilität für eine Re-/Integration nicht mehr gegeben sei.

 

Zudem sind die beiden, die im Übrigen als deutsch-native-sprechend anzusehen sind – wenn auch keinesfalls beruflich - sozial integriert, was durch die Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr und im örtlichen Fußballverein dokumentiert ist. Hinsichtlich des Dritt-Bw und des Viert-Bw ist – basierend auf der Begründung des Asylgerichtshofes – eine Ausweisung somit nicht zulässig bzw. auf Dauer unzulässig.

 

3.4.7. Bei dieser besonderen Konstellation kommen nun auch die Eltern in den Genuss des Schutzes des Familienlebens ihrer Söhne, das gemäß § 61 Abs. 2 Z. 2 und 3 durchaus als schützenswert einzustufen ist.

 

Eine Interessensabwägung führt nun zu dem Ergebnis, dass bei Betrachtung dieser besonderen Fallkonstellation auch im Hinblick auf die Eltern die privaten bzw. familiären Interessen die öffentlichen überwiegen. Nicht zuletzt wird auch davon auszugehen sein, dass gemäß § 61 Abs. 2 Z. 9 FPG von einer eher in die Sphäre der Behörden fallenden langen Verfahrensdauer gesprochen werden muss. 

 

3.4.8. Im Ergebnis ist also eine Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das Privat- und Familienleben der Bw auf Dauer als nicht zulässig zu betrachten.

 

3.5. Es war daher der Berufung stattzugeben, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von je 14,30 Euro (insgesamt 57,20 Euro, Eingabegebühr) angefallen.

 

 

                                               Поука о правном леку

 

Против овог Решењa није дозвољено уложити уредан правни лек.

 

Напомена:

 

Против овог Решењa може да се уложи жалба у року од шест недеља од дана достављањa истог на Уставни или Управни суд. Жалбу мора - осим законом предвиђених изузетака – да уложи и потпише надлежни адвокат. На сваку жалбу плаћа се такса у вредности од 220 Евро.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum