Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240790/4/Fi/Fl

Linz, 18.10.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 14. Kammer (Vorsitzender: Mag. Alfred Kisch, Berichter: Dr. Johannes Fischer, Beisitzer: Dr. Andrea Panny) über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. Jänner 2011, GZ 0055409/2010, wegen einer Verwaltungsübertretung des Arzneimittelgesetzes mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung betreffend den Tatvorwurf/Spruchpunkt 1 wird insoweit stattgegeben als das Strafausmaß auf 1.500 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 21 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.              Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 150 Euro. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 26. Jänner 2011, GZ 0055409/2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) verhängt, weil er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma X mit Sitz in X, und somit als nach
§ 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten habe, dass in dem von der genannten Firma betriebenen "X" am Standort X, zumindest am 6. September 2010 die Arzneimittelspezialität "Charge+" ohne die nach dem Arzneimittelgesetz (im Folgenden: ArzneimittelG) erforderliche Zulassung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen zur Abgabe bereitgehalten worden sei. Der Bw habe daher § 7 Abs. 1 ArzneimittelG verletzt. Weiters seien die am 6. September 2011 sichergestellten 12 Päckchen "Charge+, 0,2g" sowie die 11 Päckchen "Charge+, 0,5g" gemäß § 17 VStG iVm § 84 Abs. 3 ArzneimittelG für verfallen zu erklären.

Begründend führt die Behörde – nach Schilderung des Ablaufs des bisherigen Verfahrens und der gesetzlichen Bestimmungen – im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Aktenlage und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen sei, dass die Firma X am 6. September 2010 im "X" am Standort X, die Arzneispezialitäten 12 Päckchen "Charge+, 0,2g" sowie 11 Päckchen "Charge+, 0,5g" mit dem Inhaltsstoff "Lidocain", welcher ein Arzneimittel iSd § 1 Abs. 1 ArzneimittelG ist, für den Verkauf an Kunden bereitgehalten habe, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein. "Charge+" beinhalte ein Arzneimittel, werde in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter gleicher Bezeichnung im gegenständlichen Geschäft zum Verkauf an Verbraucher bereitgehalten, somit in Verkehr gebracht und stelle daher eine Arzneimittelspezialität iSd § 1 Abs. 5 ArzneimittelG dar. Arzneimittelspezialitäten dürften im Inland jedoch gemäß § 7 Abs. 1 ArzneimittelG nur für die Abgabe bereitgehalten werden, wenn diese vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zugelassen worden seien; über eine solche Zulassung verfüge "Charge+" aber nicht.

Die Rechtfertigung des Bw, er habe sich kontinuierlich bei seinem Lieferanten erkundigt, ob er "Charge+" in Österreich legal verkaufen dürfe, gereiche nicht mangelndes Verschulden darzutun, zumal – wie aus dem Akt ersichtlich sei – seit 2007 bekannt sei, dass sich in der gegenständlichen Substanz "Lidocain" befinde und diese Information ohne größere Schwierigkeiten im Internet in Erfahrung gebracht hätte werden können. Der Bw hätte nicht alleine auf die Information des Lieferanten vertrauen dürfen, sondern sich bei einer fachkompetenten Stelle erkundigen müssen.

Die Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zur Strafbemessung, wobei der Umstand, dass der Bw bislang unbescholten sei, strafmildernd, die Menge der Substanz straferschwerend gewertet worden sei.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 1. Februar 2011 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, am 14. Februar per Fax übermittelte - und somit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 14. Februar 2011 unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes des elektronisch geführten Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt der Bw in seiner Berufung im Wesentlichen aus, dass dem Bw der Inhalt der Substanz "Lidocain" nicht bekannt gewesen sei, er sich aber regelmäßig nach der Zulässigkeit der Abgabe von "Charge+" in Österreich erkundigt habe, weshalb die Bestrafung zu Unrecht erfolgt sei. Weiters bestreitet der Bw die Rechtmäßigkeit der Abnahme der 12 Päckchen "Charge+, 0,2g" sowie 11 Päckchen "Charge+, 0,5g", weil keine rechtmäßige Beschlagnahme – mangels Vorliegen eines Beschlagnahmebescheides – gegeben sei, weshalb auch der Verfall der sichergestellten Päckchen "Charge+" nicht zu Recht erfolgt sei. Der Bw beantrage daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens; in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde.

1.3. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2011 schränkte der Bw durch seine Rechtsvertretung die am 14. Februar 2011 erstattete Berufung auf die Höhe der ausgesprochenen Geldstrafe ein. Der Bw erklärte, dass ihm der Verstoß gegen das ArzneimittelG leid tue, er sich aber keinesfalls bewusst gewesen sei, dass "Charge+" das Arzneimittel "Lidocain" enthalte und er ein reumütiges Geständnis ablegen wolle. Der Bw beantragte daher die Milderung der im erstinstanzlichen Straferkenntnis verhängten Geldstrafe, insbesondere auch unter Berücksichtigung des monatlichen Nettoeinkommens des Bw von nur 1.180 Euro.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und auch die Verfahrensparteien von einem entsprechenden Antrag auf Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen haben, konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 und 2 VStG von der Durchführung einer solchen abgesehen werden.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Über den Bw wurde mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. Jänner 2011, GZ 0055409/2010, eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) verhängt, weil er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma X mit Sitz in X, und somit als nach
§ 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten habe, dass in dem von der genannten Firma betriebenen "X" am Standort X, zumindest am 6. September 2010 die Arzneimittelspezialität "Charge+" ohne die nach dem ArzneimittelG erforderliche Zulassung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen zur Abgabe bereitgehalten worden sei. Als verletzte Verwaltungsvorschrift wurde § 7 Abs. 1 ArzneimittelG angegeben. Weiters wurden die am 6. September 2011 sichergestellten 12 Päckchen "Charge+, 0,2g" sowie die 11 Päckchen "Charge+, 0,5g" gemäß § 17 VStG iVm § 84 Abs. 3 ArzneimittelG für verfallen erklärt. Straferschwerend wurde die Menge der Substanz, strafmildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet. Der Bw schränkte seine Berufung mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 auf die Höhe der Strafe ein und ersuchte um Herabsetzung der im Straferkenntnis der belangten Behörde verfügten Strafe. Der Bw gestand sein Fehlverhalten ein. Diese Reumütigkeit des Bw ist zusätzlich zur Unbescholtenheit des Bw strafmildernd zu bewerten.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden.

3.2. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß der verhängten Geldstrafe des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich insoweit inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

3.3. § 84 ArzneimittelG, BGBl. 185/1983 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I 63/2009 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 84. (1) Wer

1. – 4. ...

5. Arzneimittel, die gemäß §§ 7 oder 7a der Zulassung unterliegen, ohne Zulassung oder nicht entsprechend der Zulassung im Inland abgibt oder für die Abgabe im Inland bereithält oder die gemäß § 18 Abs. 3 oder Abs. 4 oder § 24a Abs. 2 vorgeschriebenen Auflagen nicht erfüllt,

6. – 33. ...

macht sich, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 25 000 Euro, im Wiederholungsfalle bis zu 50 000 Euro zu bestrafen.

(2) ...

(3) Im Straferkenntnis nach Abs. 1 Z 1, 2, 3, 5, 6, 7, 7a, 8, 9, 16, 17 und 32 kann auf den Verfall der den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Arzneimittel erkannt werden. Auf den Verfall kann auch selbständig erkannt werden, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden kann."

3.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw zunächst darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die dies unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Das festgesetzte Strafausmaß wäre grundsätzlich – insbesondere unter Berücksichtigung des gesetzlich festgelegten Strafrahmens bis 25.000 Euro – jedenfalls vertretbar. Strafmildernd ist jedoch – zusätzlich zur Unbescholtenheit des Bw – das vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat abgelegte Eingeständnis seines Fehlverhaltens zu berücksichtigen, sodass sich die nunmehr im Spruch des Erkenntnisses festgesetzte Strafhöhe als tat- und schuldangemessen erweist.

Mit dieser Strafe ist dem Bw nachhaltig vor Augen geführt, dass der Einhaltung des Bestimmungen des ArzneimittelG ein besonderes Augenmerk zu schenken ist, er für die Einhaltung dieser Bestimmungen Sorge zu tragen hat und er in einem weiteren Wiederholungsfall mit einer sogar empfindlich höheren Strafe rechnen muss.

3.5. Gerade auch vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Notwendigkeit des Schutzes im Umgang mit Arzneimitteln, um mit der Einnahme von Arzneimitteln verbundene Gefahren und Gefährdungsmomente für die Gesundheit zu vermeiden, mangelt es zumindest an einer der kumulativen Voraussetzungen (geringe Tatfolgen, geringfügiges Verschulden) für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG.

Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen. Der Ausspruch des Verfalls bleibt unberührt.

4. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren der belangten Behörde entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Alfred Kisch

 

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