Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522936/3/Fra/Th/Gr

Linz, 14.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn N. S., geb. x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. Juli 2011, VerkR21-93-2011/LL, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die/das

          Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung,

          Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen                     Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen,

          Aberkennung des Rechtes, von einem allfällig ausgestellten           ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen,

          bis einschließlich 26. November 2011 herab- bzw. festgesetzt wird.

 

        II.      Betreffend die Anordnung: - Unterziehung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker – ist der erstinstanzliche Bescheid mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm § 7 Abs.1 Z1, § 7 Abs.3 Z1 und § 7 Abs.4 FSG

§ 32 Abs.1 Z1 FSG, § 30 Abs.1 FSG

§ 64 Abs.2 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

- die Lenkberechtigung für die Klassen A und B entzogen,

- gleichzeitig ausgesprochen, dass die Lenkberechtigung für den Zeitraum von 8 Monaten, beginnend ab Zustellung dieses Bescheides (3. August 2011) entzogen wird und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf,

- das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeug sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verboten,

verpflichtet, sich zusätzlich auf eigene Kosten innerhalb der Entzugsdauer eine begleitenden Maßnahme (Nachschulung für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen,

- festgestellt, dass die Entziehungsdauer nicht vor Absolvierung der begleitenden Maßnahme endet und

- für die Dauer der Entziehung das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerscheines in Österreich Gebrauch zu machen.

Einer allfällig eingebrachten Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid hat der anwaltlich vertretene Bw fristgerecht Berufung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die verhängte Entzugsdauer erheblich reduziert werde.

 

Der Bw führt dabei im Wesentlichen aus, dass die über ihn verhängte Entzugsdauer für den Zeitraum von 8 Monaten als weitaus überhöht anzusehen sei. Weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Erwägungen sei es notwendig, eine derartig drakonische Entzugsdauer festzusetzen. Er sei in Saalbach im Gastgewerbe tätig gewesen, nun jedoch zu seiner Lebensgefährtin nach Oberösterreich gezogen und sei als Servicetechniker im Außendienst beschäftigt. Es sei daher der Führerschein für ihn seine nunmehrige Existenzgrundlage. Er weise auch darauf hin, dass der gegenständliche Vorfall sich bereits vor mehr als 7 Monaten zugetragen habe und sohin nicht weiter von einer Verkehrsunzuverlässigkeit auszugehen sei. Dies umso mehr, da er sich seit dieser Zeit im Straßenverkehr tadellos verhalten habe.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land legte die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.4.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihre Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart zum Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Fahren im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tataschen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 26 Abs.2 Z4 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen wird.

 

Gemäß § 26 Abs.2 Z7 FSG ist die Lenkberechtigung auf mindestens sechs Monate zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen wird.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 FSG auszusprechen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

I.4.2. Der Bw wurde wegen Begehung eines Alkoholdeliktes im Straßenverkehr (Atemluftalkoholgehalt von 0,69 mg/l) am 26. Jänner 2011 um 07.35 Uhr rechtskräftig nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO 1960 bestraft. Damit steht bindend fest, dass er die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung tatsächlich verwirklicht hat. Er hat damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG begangen.

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage liegt gegenständlich kein Fall der Erstmaligkeit einer Alkofahrt vor, vielmehr ist der Bw bereits in jüngster Vergangenheit einschlägig in Erscheinung getreten. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass dem Bw mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 22. Dezember 2009 die Lenkberechtigung auf die Dauer von einem Monat, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, entzogen wurde, weil er am 13. Dezember 2009 um 08.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen x in Saalbach, L 111 auf Höhe Bauhof Saalbach in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat (Alkoholgehalt der Atemluft 0,40 mg/l).

 

Der Bw hat somit rund 6 Wochen nach seinem ersten Alkoholdelikt nach § 99 Abs.1b StVO 1960 im Dezember 2009 ein Delikt gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 im Jänner 2011 verwirklicht. Es handelt sich demnach gegenständlich bereits um die zweite Entziehung seiner Lenkberechtigung. Ungeachtet der besonderen Verwerflichkeit seines bisherigen Verhaltens seit der Erteilung der Lenkberechtigung ist positiv zu werten, dass er seit der letzten Alkofahrt am 26. Jänner 2011 aktenkundig nicht weiter nachteilig in Erscheinung getreten ist und sich zumindest seither – mittlerweile ist ein Zeitraum von rund zehn Monaten vergangen – offensichtlich Wohlverhalten hat.

 

Hinsichtlich der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung ist zu bemerken, dass die vom Bw in zeitlicher Abfolge begangenen Alkoholdelikte (1. Alkoholdelikt im Jahr 2008 gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 und aktuelles Alkoholdelikt im Jahr 2011 gemäß § 99 Abs.1a leg.cit) von § 26 Abs.2 FSG, wonach im Wiederholungsfalle bei diversen Deliktskombinationen bei Begehung in der jeweils genannten Reihenfolge verschiedene Abstufungen hinsichtlich der Entziehungsdauer vorgesehen sind, nicht erfasst sind, woraus resultiert, dass die vom Bw gesetzten Tatsachen einer Wertung zu unterziehen sind. Wenngleich das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit und als besonders gefährlich sowie verwerflich anzusehen ist, muss bedacht werden – siehe oben – dass der Bw seit seiner letzten Alkofahrt im Jänner 2011 aktenkundig nicht mehr nachteilig in Erscheinung getreten ist. Diesem Wohlverhalten nach der Tat kann jedoch im Hinblick auf die gegen ihn in diesem Zeitraum anhängigen Straf- und Entziehungsverfahren – wenn überhaupt – nur minderes Gewicht beigemessen werden. Der Oö. Verwaltungssenat gelangt daher unter Abwägung und Berücksichtigung sämtlicher aufgezeigter Umstände zum Ergebnis, dass nach der nunmehr festgesetzten Entziehungs- bzw. Verbotsdauer zu erwarten ist, dass der Bw die die Verkehrsunzuverlässigkeit begründende Gesinnung überwunden hat. Der Berufung konnte daher in diesem Sinne Erfolg beschieden werden.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine vorbeugende Schutzmaßnahme (im primären) Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmer bzw. sonstigen Rechtsgütern vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern.

 

Berufliche, wirtschaftliche, persönliche oder familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche möglicherweise mit der Entziehung der Lenkberechtigung und dem Lenkverbot verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse der Verkehrssicherheit und damit dem Schutz der Allgemeinheit im Straßenverkehr vor verkehrsunzuverlässigen Personen ist bei der Festsetzung der Entziehungsdauer auf derartige Gründe nicht Bedacht zu nehmen. Dass die Entziehung als sogenannte "Nebenwirkung" mittelbar die Erwerbstätigkeit des Bw erschweren könnte, ist sohin nicht relevant.

 

Das Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge ist eine gesetzliche Folge der Entziehung der Lenkberechtigung und steht daher nicht zur behördlichen Disposition (vgl. § 24 Abs.1 letzter Satz FSG).

 

Das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen ist im § 32 Abs.1 Z1 FSG begründet und ist ebenso zu Recht erfolgt. Die Aberkennung des Rechtes, von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, stützt sich auf die Gesetzesbestimmung des
§ 30 Abs.1 FSG.

 

I.4.3. Die sonstigen Anordnungen wurden nicht angefochten, sodass diese in Rechtskraft erwachsen sind, weshalb diesbezüglich eine Berufungsentscheidung entfällt.

 

I.4.4. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG und entspricht der ständigen Rechsprechung des VwGH, wonach der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Falle der Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit immer geboten ist.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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