Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150902/2/Re/Sta

Linz, 17.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des L P, R,  F, vom 24. Oktober 2011, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Oktober 2011, BauR96-91-2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG)   zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.  Darüber hinausgehend wird der Berufung keine Folge gegeben.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro (10 % der ausgesprochenen Strafe).

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 66 Abs.4 iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 und 20 Verwaltungsstrafgesetz (VStG);

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden verhängt, weil er am 5. April 2011, 10:31 Uhr, als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t mit Anhänger, Kennzeichen: x, die mautpflichtige Bundesstraße A1 Westautobahn bei km 202,700, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Walserberg (Salzburg) im Gemeindegebiet Eberstalzell benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es sei festgestellt worden, dass die Achszahl des Kraftfahrzeuges samt mautrelevanter Achsen höher war als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die Anzahl der anhand des Kontrollbildes ermittelten Achsen sei 4, die eingestellte Achszahl 3. Der Begründung ist zur Achszahl darüber hinaus zu entnehmen, dass es sich beim verfahrensgegenständlichen Fahrzeug um einen Sattelzug mit insgesamt 5 Achsen handle, wobei 4 Achsen für die Entrichtung der Maut relevant seien. Dem Verfahren liegt eine Anzeige der A zu Grunde, wonach auf der Go-Box lediglich die Achszahl 3 eingestellt gewesen sei, was bedeute, dass die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Der Zulassungsbesitzer sei am 8. April 2011 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, habe dieser aber nicht entsprochen, da die Ersatzmaut nicht innerhalb der gesetzlichen Frist auf dem angegebenen Konto gutgeschrieben worden sei. Dem Berufungswerber wurde die Tat bereits mit Strafverfügung vom 7. April 2011 vorgeworfen und hat er dagegen innerhalb offener Frist Einspruch erhoben. Eine weitere Stellungnahme des Berufungswerbers zur Sache gegenüber der belangten Behörde ist nicht mehr erfolgt.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Zulassungsbesitzer, die Firma T L, habe die Ersatzmaut nach Aufforderung nicht bezahlt. Er als nunmehr zur Verantwortung gezogener Lkw-Fahrer habe alle ihm zugestellten Briefe seinem Chef überreicht. Dieser habe mitgeteilt, er werde die Angelegenheit dem Firmenanwalt weiterleiten, was offensichtlich nicht passiert sei. Es sei sein Fehler gewesen, dass er das Kontrollgerät nicht auf die richtige Achseinstellung kontrolliert habe. Die Go-Box werde vom Chef geladen und es habe diesbezüglich noch nie Probleme gegeben. Er als Lkw-Fahrer betone zu seiner Verteidigung, dass er keinen Nutzen davon habe. Er müsse für sein Geld viel arbeiten und bitte um Nachsicht.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus §§ 51 und 51c VStG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde zu BauR96-91-2011. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte im Grunde des § 51e VStG abgesehen werden.

 

Dem Verfahrensakt ist die dem Verfahren zu Grunde liegende Anzeige der A vom 29. Juni 2011 zu entnehmen. Die Anzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Die Anzahl der Achsen des Kraftfahrzeuges (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät (3). Die Anzahl der ermittelten Achsen ergebe sich anhand des Kontrollbildes, da die Übertretung mit einem automatisierten Überwachungssystem festgestellt worden sei. Der Zulassungsbesitzer sei gemäß § 19 Abs.4 Bundesstraßen-Mautgesetz am 8.4.2011 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei  jedoch innerhalb Frist nicht entsprochen worden.

Nach ergangener Strafverfügung vom 2. August 2011 erhob der Bw mit Telefax vom 9. August 2011 innerhalb offener Frist Einspruch.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. August 2011, BauR96-91-2011, teilte der Bw mit, dass ehestmöglich sein Anwalt die belangte Behörde kontaktieren werde. Eine weitere Äußerung ist vom Bw jedoch innerhalb offener Frist nicht mehr eingelangt, weshalb in der Folge von der belangten Behörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 20. Oktober 2011, BauR96-91-2011, erlassen wurde.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der Go-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftfahrzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der Go-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als 2 Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

Gemäß Abs.4 leg.cit. ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft dann, wenn es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung kommt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 ermächtigt, den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatische Überwachung beruht bzw. im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 sind Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder aus dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen 4 Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

 

 

4.2. Im gegenständlichen Fall ist die Verwirklichung des zum Vorwurf gelangten Delikts im Sinne einer nicht ordnungsgemäß eingestellten Kategorie und somit einer fehlerhaften Abbuchung bei der Go-Box unbestritten. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer gemäß § 19 Abs.4 BStMG zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert, die Ersatzmaut jedoch innerhalb offener Frist nicht einbezahlt worden ist.

 

Wenn der Bw vorbringt, sein Berufungsgrund sei die Tatsache, dass der Zulassungsbesitzer diese Ersatzmautaufforderung nicht bezahlt habe und er als Lkw-Fahrer zur Verantwortung gezogen werde, ist festzuhalten, dass gemäß § 19 Abs.4 BStMG der Zulassungsbesitzer, im gegenständlichen Fall der Arbeitgeber, schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufzufordern ist und diesem somit die (zeitgerechte) Überweisung der Ersatzmaut obliegt. Ein Ersatzmautangebot an den Zulassungsbesitzer ist nachweislich und unbestritten erfolgt, dies wird sogar vom Bw vorgebracht. Eine Einzahlung der Ersatzmaut ist jedoch – ebenfalls unbestritten – innerhalb offener Frist nicht erfolgt.

Es wird in diesem Zusammenhang auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2006, B 1140/06-6, hingewiesen, wonach es sachlich gerechtfertigt ist, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern.

Nach der oben zitierten Bestimmung des § 19 BStMG ist die Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut an den Zulassungsbesitzer zu richten. Im Übrigen haben weder Lenker noch Zulassungsbesitzer ein durchsetzbares subjektives Recht auf mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut. Es bestand daher auch keine Verpflichtung der Behörde, den Berufungswerber von einer nicht fristgerechten Zahlung des Arbeitgebers in Kenntnis zu setzen; dies auch aus dem Grund, da sich die Stellung des Ersatzmautangebotes und die Überprüfung des Zahlungseinganges innerhalb offener Frist nicht in der Sphäre der Behörde, sondern in der Sphäre der anzeigenden A abspielt.

 

Dem Bw ist somit vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker im Sinne der Bestimmungen der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist, da er vor dem Befahren der mautpflichtigen Strecke die eingestellte Achsenzahl bei der Go-Box nicht überprüft bzw. umgestellt hat. Dieser Tatbestand wird letztlich auch in seiner Berufungsschrift vom 24. Oktober 2011 zugestanden ("war mein Fehler, dass ich das Kontrollgerät nicht auf die richtige Achseinstellung kontrolliert habe").

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zu Gunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor jeden Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen bzw. korrekt einzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw nicht weiter strafmildernd wirken können. Im Hinblick darauf, dass zur Unbescholtenheit und dem Tatsachengeständnis als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautenrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint  es vertretbar und entspricht der einschlägigen Judikatur, unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen.

Die Tat bleibt aber nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch einzustufen. Der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Fehleinstellung der Go-Box ist nicht als geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der Go-Box im gegebenen Zusammenhang eine zentrale Lenkerpflicht darstellt.

 

 

Insgesamt war somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum