Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340068/16/Fi/JK

Linz, 21.12.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 18. August 2011, GZ: Agrar96-11-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Jagdgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2011 mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24, § 45 Abs. 1 Z. 1, § 51, § 51c und § 51e Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18. August 2011, GZ: Agrar96-11-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil er es als Jagdausübungsberechtigter der Eigenjagd X in den nach dem Oö. Jagdgesetz festgelegten Schusszeiten des Jagdjahres 2010/2011 unterlassen habe, dafür Sorge zu tragen, dass im Eigenjagdgebiet X die Abschusszahlen für Schalenwild, die für das Jagdjahr 2010/2011 per Abschussplan mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 29. April 2010, GZ: Agrar-E21/2-2010-Ph, genehmigt wurden, erfüllt werden. Die Abschusszahlen seien dadurch um 72 % unterschritten worden. Dies stelle eine Verwaltungsübertretung nach
§ 93 Abs. 1 lit. j iVm. § 50 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz LGBl. Nr. 32/1964 idgF dar.

Begründend führt die belangte Behörde – nach Schilderung des bis dahin durchgeführten Verfahrens – im Wesentlichen aus, dass der Bw den Bestimmungen über den Abschussplan zuwidergehandelt habe und daher zu bestrafen sei.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 23. August 2011 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 6. September 2011 bei der belangten Behörde eingebrachte – und damit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 23. September 2011 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt der Bw im Wesentlichen aus, dass die verlangten Zahlen deshalb nicht erreicht werden konnten, da das Wild einerseits durch den von der X  in den Monaten August bis Mitte Dezember betriebenen Forststraßenbau und andererseits durch den ganzjährigen Tourismus im verfahrensgegenständlichen Jagdgebiet dermaßen beunruhigt gewesen sei, dass es nicht zu erlegen bzw. nicht sichtbar gewesen sei. Überdies betont der Bw, dass er sich regelmäßig bemüht habe und auch weiterhin bemühen werde, die Abschusspläne zu erfüllen.

Der Bw beantragt daher sinngemäß der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien), durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2011.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien), aus dem Sachverständigengutachten sowie aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Im Eigenjagdgebiet X wurden die Abschusszahlen für Schalenwild, die für das Jagdjahr 2010/2011 per Abschussplan mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 29. April 2010, GZ: Agrar-E21/2-2010-Ph, genehmigt wurden, unterschritten. Eine aktuelle Beurteilung dahingehend, ob eine Verschlechterung der Verbisssituation im Frühjahr 2011 vorlag, ist unterblieben. Die letzte Verbissbeurteilung wurde am 27. Mai 2009 durchgeführt, wobei für das Eigenjagdgebiet X eine Gesamtbeurteilung der Stufe I ermittelt wurde.

2.3. Da nicht mehr festgestellt werden kann, ob die Unterschreitung des Abschussplanes zu einer Verschlechterung der Verbisssituation geführt hat, beantragte die belangte Behörde in der mündlichen Verhandlung, das Verfahren gegen den Bw mangels nachweisbarem Verschulden einzustellen. Auch auf Seite des Sachverständigen wird im Hinblick auf die spezielle Situation des Einzelfalls die Einstellung des Strafverfahrens für angemessen erachtet.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 93 Abs. 1 lit. j Oö. Jagdgesetz, LGBl. Nr. 32/1964 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl. Nr. 67/2009 (im Folgenden: Oö. JagdG) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer "den Bestimmungen des § 50 Abs. 1 bzw. 7 über den Abschußplan zuwiderhandelt", und ist gemäß § 93 Abs. 2 leg.cit. mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro zu bestrafen.

§ 50 Abs. 1 Oö. JagdG lautet: "Der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild ist nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden. Die im Abschußplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen unterschritten, aber nicht überschritten werden."

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht es aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen an, dass der Bw die nach dem Abschussplan für das Jagdjahr 2010/11 vorgegebenen Abschusszahlen für das Eigenjagdgebiet X nicht erfüllt hat. Demnach hat der Bw zweifelsfrei den objektiven Tatbestand verwirklicht.

3.4. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt "die Nichterfüllung eines Abschussplanes [...] zwar ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG dar, die Umkehr der Beweislast bedeutet aber nicht, dass dadurch das Delikt zu einem (reinen) Erfolgsdelikt würde. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des bewilligten (vorgeschriebenen) Abschusses ist dann nicht gegeben, wenn die Erfüllung des Abschusses objektiv unmöglich ist. In diesem Fall kann dem Jagdausübungsberechtigten die Nichteinhaltung des Abschussplanes verwaltungsstrafrechtlich mangels Verschulden nicht vorgeworfen werden" (VwGH 27.5.2010, 2008/03/0101 unter Hinweis auf VwGH 11.12.1996, 94/03/0255 mwN).

3.5. Die Erstellung des Abschussplanes basiert auf einer Prognoseentscheidung hinsichtlich des zu erwartenden Wildstandes orientiert an der aktuellen Verbisssituation. Das Nichtvorliegen einer Verschlechterung der mit der Stufe I qualifizierten Verbisssituation trotz Unterschreitung der Vorgaben des Abschussplanes indiziert, dass der tatsächliche Wildstand nicht dem prognostizierten Ausmaß entsprach und eine objektive Erfüllbarkeit der Abschusszahlen demzufolge nicht gegeben war. In diesem Sinne sieht der Erlass der Oö. Landesregierung für das Jagdjahr 2011/2012, GZ: Agrar-480006/559-2011-R/Sch (sowie der vorhergehenden Erlass für das Jagd 2010/2011, GZ: Agrar-480006/-2010-R/Scw), die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens erst bei Vorliegen der kumulativen Voraussetzungen: Abschusserfüllung von weniger als 90 % und gleichzeitiger Verschlechterung um eine Beurteilungsstufe bzw. Verbleib in der Stufe II oder III vor.

Da für das Eigenjagdgebiet X bislang eine Gesamtbeurteilung der Stufe I ermittelt wurde und eine Verschlechterung nicht nachgewiesen werden konnte, ist im Zweifel zugunsten des Bw davon auszugehen, dass eine objektive Erfüllbarkeit der Abschusszahlen tatsächlich nicht gegeben war und dem Bw die Nichteinhaltung des Abschussplanes verwaltungsstrafrechtlich mangels Verschulden nicht vorgeworfen werden kann.

3.5. Da es somit an der subjektiven Tatbestandserfüllung mangelt, scheidet eine Strafbarkeit des Bw nach § 93 Abs. 1 lit. j Oö. JagdG aus. Es war der gegenständlichen Berufung daher aus diesem Grund gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

VwSen-340068/16/Fi/JK vom 21. Dezember 2011

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Oö. Jagdgesetz §50;

Oö. Jagdgesetz §93 Abs1 litj

 

Die Erstellung des Abschussplanes basiert auf einer Prognoseentscheidung hinsichtlich des zu erwartenden Wildstandes orientiert an der aktuellen Verbisssituation. Das Nichtvorliegen einer Verschlechterung der mit der Stufe I qualifizierten Verbisssituation trotz Unterschreitung der Vorgaben des Abschussplanes indiziert, dass der tatsächliche Wildstand nicht dem prognostizierten Ausmaß entsprach und eine objektive Erfüllbarkeit der Abschusszahlen demzufolge nicht gegeben war.

 

 

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