Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401140/4/BP/Jo

Linz, 20.12.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, StA von Syrien, derzeit angehalten im X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 2. Dezember 2011 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. Dezember 2011, GZ.: Sich40-3400-2011, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2a Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgFiVm. § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) sowie zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und im x vollzogen.

 

1.1.2. Hinsichtlich des Sachverhalts führt die belangte Behörde aus, dass der Bf am 30. Oktober 2011, um 15:19 Uhr, vor Beamten der Polizeiinspektion X, EAST-Ost, einen Asylantrag in Österreich eingebracht habe. Weder anlässlich der Einbringung dieses Asylantrages noch im Rahmen des weiteren Asylverfahrens sei der Bf im Stande gewesen, ein Nationalreisedokument, oder ein anderweitiges Dokument welches einen Rückschluss auf seine Identität zulassen würde, den österreichischen Behörden in Vorlage zu bringen.

 

Der Bf sei am 3. November 2011 in die EAST-West verbracht worden. Im Zuge der geführten weiteren Erhebungen sei mittels Abgleich der Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht worden, dass – ehe der Bf illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei – bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlung im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu seiner Person vorgelegen sei:

 

25. Juli 2011, Asylantragstellung in Catanzaro / Italien

29. Juni 2011, erkennungsdienstliche Behandlung in Lampedusa / Italien

 

Im Zuge einer niederschriftlichen Erstbefragung zu seinem Asylantrag habe der Bf gegenüber Beamten der Polizeiinspektion X, EAST-Ost am 30. Oktober 2011 angeführt, dass er keine Beschwerden oder Krankheiten habe, die ihn an der Einvernahme hindern oder die das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Eine Medikamenteneinnahme habe der Bf verneint. Er habe weiters angegeben, dass er vor ca. 5 Monaten zu Fuß mit einem Schlepper über die syrisch/türkische Grenze gegangen sei. In Istanbul sei er von einem anderen Schlepper in ein Quartier gebracht worden. Anschließend sei er per LKW und mit Schlepperunterstützung nach Italien weitergereist. Dort habe der Schlepper dem Bw gesagt, dass er sich bereits in Österreich befände. Danach sei der Bf zur Polizei gegangen um einen Asylantrag zu stellen. Bei der Einvernahme in Italien habe der Bf angegeben, nach Österreich zu wollen. Nach ca. 3-monatigem Aufenthalt in Italien sei er über Mailand in Richtung Wien mit einem Zug gereist. Befragt nach den Gründen, warum Österreich das Reiseziel sei, habe der Bf angegeben, dass seine Schwester in Österreich leben würde.

 

Befragt nach dem Reisepass, habe der Bf angegeben, dass ihm diesen der Schlepper abgenommen habe. Außer seiner Schwester habe er keine familiären Bezüge zu Österreich oder einen anderen EU-Staat. Weiters habe der Bf angegeben mittellos zu sein und von niemandem finanziell unterstützt zu werden.

 

Am 3. November 2011 sei seitens des Bundesasylamtes, EAST-West, ein Konsultationsverfahren an Italien gerichtet worden. Dieses seitens der österreichischen Asylbehörde zu dem in Rede stehenden Asylantrag eingeleitete Aufnahmeersuchen an Italien sei von den italienischen Migrationsbehörden unbeantwortet geblieben. Nach fruchtlosem Verstreichen der in Konsultationsverfahren gemäß den Bestimmungen des Dubliner Übereinkommens streng geregelten Antwort-Frist sei die Zuständigkeit zur Übernahme des Asylwerbers sowie die Zuständigkeit zur Prüfung des anhängigen Asylantrages an den säumigen Mitgliedstaat der EU – im Fall des Bf mit Wirkung 21. November 2011 an den EU-Staat Italien – übergegangen.

 

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme habe der Bf am 25. November 2011 vor Beamten des Bundesasylamtes, EAST-West, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Pashtu angeführt, dass er in Italien keinen Asylantrag gestellt habe. Er habe der dortigen Polizei auch erklärt, dass er nach Österreich weiterreisen wolle.

 

Der Asylantrag vom 30. Oktober 2011 sei mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, AZ: 11 13.058, vom 1. Dezember 2011, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen worden. Gleichgehend sei festgestellt worden, dass für die Prüfung des Asylantrages Italien zuständig sei. Ferner sei der Bf mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 ausgewiesen worden und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 sei festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien zulässig sei. Dieser Bescheid sei dem Bf am 2. Dezember 2011 in der Erstaufnahmestelle West in X. persönlich ausgefolgt worden.

 

Am 2. Dezember 2011, um 10:30 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden sei – sei der Bf von Beamten der Polizeiinspektion X-EAST in der Erstaufnahmestelle West, X, im Auftrag der belangten Behörde zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen worden.

 

 

1.1.3. Seitens der belangten Behörde wird in rechtlicher Hinsicht festgehalten, dass sich der Bf gegenwärtig – nachdem er nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sei und er zudem in seinem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen worden sei – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte. Weiters sei der Bf – abgesehen von einem Bargeldbetrag von 35,20 Euro – mittellos.

 

Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG habe die Behörde – im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG – kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005. Es bleibe jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig sei und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenständen.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit werde festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen worden und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt worden sei, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen (und bei Vorliegen einer Ausreiseunwilligkeit) ein Sicherungsbedarf bereits indiziert sei. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach Italien sei im konkreten Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich das Asylverfahren im finalen Stadium befinde und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren (bei Ausweisungen in einen EU-Staat [verkürzte Rechtsmittelfrist] 1 Woche) von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen sei.

 

Durch die Gesamtheit der Handlungsweise und der Aussagen im Asylverfahren sei offensichtlich, dass der Bf den EU-Staat Italien als vollkommen ungeeignet halte um ein Asylbegehren im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens prüfen zu lassen und um sich zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten. Der Bf habe für sein Vorhaben, nämlich sein Reiseziel oder zumindest ein Reisezwischenziel (Österreich) am Landweg zu erreichen einen illegalen Grenzübertritt innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf genommen, welches sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung im  Herkunftsstaat rechtfertigen lasse.

 

Nicht nur alleine das Verhalten in Österreich zeige auf, dass der Bf keinesfalls gewillt sei, sich der Abschiebung nach Italien zu stellen, um dort sein Asylbegehren prüfen zu lassen. Anstelle sich in Italien den dortigen Behörden zur Verfügung zu halten, habe er es vorgezogen illegal nach Österreich auszureisen. Mit der Asylantragstellung in Österreich habe der Bf augenscheinlich intendiert den Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, eine Abschiebung hintanzuhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime zu unterlaufen.

 

Bei der Bewertung der Wahl der Mittel zur Erreichung des Zieles sei im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freien Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werde um eine Außerlandesbringung von Österreich nach Italien mit Erfolg zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest wesentlich zu erschweren.

 

Ebenso komme bei der Wahl der Mittel zur Sicherung fremdenpolizeilicher Maßnahmen dem Grad der Bereitschaft des Fremden an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes hohe Bedeutung zu.

 

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 sei von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen. Konkret ständen der Schubhaft keine besonderen Umstände in der Person des Bf entgegen, da er volljährig sei und keine familiären und/oder sozialen Pflichten in Österreich zu erfüllen habe.

 

Es sei für den Fall der Verhängung eines gelinderen Mittels auch die Gefahr gegeben, dass der Bf einer illegalen Beschäftigung nachgehen werde, da er für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht über ausreichende Barmittel verfüge. Eine rechtmäßige Beschäftigung könne er nicht ausüben, da er weder im Besitz einer arbeitsmarkt- noch aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sei.

 

Darüber hinaus wäre nach Untertauchen in die Anonymität die Gefahr sehr groß, dass letztlich Österreich für die inhaltliche Prüfung gemäß Dublinabkommen zuständig würde, sofern den Erfordernissen des Abkommens – einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachgekommen werden könnte. Das Erzwingen dessen durch einen Aufenthalt in der Anonymität widerstreite den öffentlichen Interessen. Diesbezüglich werde explizit auf Artikel 13 der Dublinverordnung hingewiesen.

 

Die belangte Behörde erachte die getroffene Maßnahme zudem auch als verhältnismäßig.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Schreiben datiert mit 13. Dezember 2011, eingelangt beim UVS Oberösterreich am 19. Dezember 2011 Schubhaftbeschwerde an den UVS Oberösterreich.

 

Zunächst stellt der Bf die Anträge der UVS möge

1. den hier angefochtenen Bescheid sowie die auf dessen Basis erfolgte Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären sowie

2. dem Bf den entsprechenden Kostenersatz zuzusprechen.

 

In der Folge wiederholt die Beschwerde den schon von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt und ergänzt lediglich, dass der Bf mit Wirkung 7. Dezember 2011 eine Beschwerde im Asylverfahren erhoben und dabei die Zuerkennung der aufschibenden Wirkung beantragt habe. Eine asylrechtliche Entscheidung sei bis dato nicht ergangen.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die Beschwerdeschrift ua. aus, dass zugestanden werde, dass die Formalvoraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG nämlich eine durchsetzbare Ausweisung (gemeint wohl § 76 Abs. 2a Z 1 FPG und der dort normierte Tatbestand) vorlägen.

 

Allerdings wendet sich der Bf gegen die Annahme des konkreten Sicherungsbedarfs und führt ua. aus, dass Ausreiseunwilligkeit allein nicht für die Verhängung der Schubhaft genüge. Die belangte Behörde habe den Sicherungsbedarf unzureichend begründet. Der Bf gibt an zwar lieber in Österreich sein Asylverfahren führen zu wollen, sich jedoch der Entscheidung des AGH zu beugen. Er sei kein Asyltourist, da er in Italien lediglich nach Aufgriff asylrechtlich behandelt worden sei. Unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen für die Annahme eines Sicherungsbedarfs wird festgestellt, dass im konkreten Einzelfall nicht anzunehmen gewesen sei, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen den fremdenpolizeilichen Anordnungen widersetzt haben würde. 

 

Auch widerspreche die verhängte Maßnahme dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, da mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen hätte gefunden werden können. Ein Untertauchen seinerseits sei angesichts seines Wunsches nach Schutz vor Verfolgung auch nicht wahrscheinlich, weshalb die Befürchtung der illegalen Beschäftigung auch nicht begründet sei.

 

Das Ziel der Schubhaft – die Abschiebung nach Italien – sei deshalb nicht zeitnah erreichbar, da Italien nicht explizit der Übernahme des Bf zugestimmt habe, sondern diese lediglich ex-lege vorgesehen sei.

 

Nicht zuletzt sei anzuführen, dass die Schwester, der Schwager des Bf mit deren Kindern in Österreich aufhältig seien, wobei der Schwager und die Kinder bereits die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen würden.

 

Die belangte Behörde habe somit zu unrecht den Sicherungsbedarf sowie das Vorliegen der Verhältnismäßigkeit angenommen und daher die ergriffene Maßnahme mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

 

2.1. Mit E-Mail vom 19. Dezember 2011 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

Gleichgehend übermittelte die belangte Behörde eine Gegenschrift und beantragt darin die kostenpflichtige Abweisung der in Rede stehenden Schubhaftbeschwerde.

 

Weiters weist sie darauf hin, dass die Koordinierungsstelle zur Beigabe einer Rechtsberatung im vorliegenden Beschwerdeverfahren seitens der BH Vöcklabruck bereits verständigt worden sei.

 

Im Besonderen wird auf die Aktenlage und den bereits im Schubhaftbescheid vom 2. Dezember 2011 ausgeführten Sachverhalt hingewiesen.

 

Wie aus dem AIS, dem Schubhaftbescheid und nunmehr auch aus der vorliegenden Beschwerde unbestreitbar hervorgehe, befinde sich das Dublinverfahren des Fremden im finalen Stadium, unmittelbar vor der durch den Beschwerdeführer absolut nicht gewünschten Überstellung nach Italien.

 

Wie der Beschwerdeführer selbst zitiere, habe er in Kürze die Rückführung und somit die unbestreitbare Rücksetzung in jenen Mitgliedstaat zu befürchten, den er unter hohen Aufwendungen nach Österreich durchreist habe. Unbestreitbar sei auch, dass das Zielland des Beschwerdeführers Österreich sei; und dies nicht unbegründet, zumal sich seine einzigen Bezugspunkte in der Europäischen Union in Österreich befinden. Dies sei ein weiteres Indiz dafür, dass der Bf mit allen Mitteln, in gewisser Weise auch verständlich, seiner Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat Italien verhindern werde.

 

Da der Bf bereits am 7. Dezember 2011 Beschwerde im Asylverfahren eingebracht habe und die Frist für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Asylgerichtshofes eine Woche betrage, die aufschiebende Wirkung bislang jedoch nicht zuerkannt worden sei, müsse der Bf mit einer baldigen Abschiebung rechnen. Dass die Beschwerde und die Asylunterlagen nach erfolgter Übersetzung erst kürzlich dem AGH übermittelt worden seien und somit die angeführte Frist erst nach Weihnachten enden werde, könne dem Fremden nicht bekannt sein.

 

Es befinde sich nicht nur das Außerlandesbringungsverfahren im absolut letzten Stadium, sondern es zeige auch die Handlungsweise des Beschwerdeführers erneut auf, dass er alles daran setzen werde, um dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme, seiner Außerlandesbringung aus Österreich, zu entgehen.

 

Im vorliegenden Fall sei die Beschwerde nicht unmittelbar nach Verhängung der Schubhaft sondern erst unmittelbar bei drohender Abschiebung eingebracht worden, weshalb das  Vorgehen unübersehbar daher ein anderes Ziel verfolge; nämlich die Entlassung aus der Schubhaft, um dem Zugriff der Behörden zu entkommen und dadurch der drohenden Abschiebung nach Italien zu entgehen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST West vom 1. Dezember 2011 sei der Bf durchsetzbar nach Italien ausgewiesen und sein Asylbegehren nach der Dublin-VO gem. § 5 AsylG 2005 nach Italien zurückgewiesen worden. Am 7. Dezember 2011 habe der Bf Beschwerde beim Asylgerichtshof erhoben. Es sei daher beabsichtigt, den Beschwerdeführer – nach Ablauf der Wochenfrist – gegen Ende nächster Woche nach Italien abzuschieben.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte. Es ist dabei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Bf und die belangte Behörde von einem deckungsgleichen Sachverhalt ausgehen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – vom Bf nicht widersprochenen - unter den Punkten 1.1.2. sowie 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 112/2011, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren

Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.  

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 2. Dezember 2011, GZ.: Sich40-3400-2011, seit 2. Dezember 2011 bis dato im X in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1.      gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung        gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer        Abschiebeschutz nicht    zukommt;

2.      eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der        Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005       verletzt hat;

3.      der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal        verletzt hat;

4.      der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes      2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der      Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG   nicht nachgekommen ist;

5.      der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt   hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005    aufgehoben wurde oder

6.      sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG ungerechtfertigt aus der          Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs.       2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegen stehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.3.1. Im vorliegenden Fall stützte die belangte Behörde die in Rede stehende Schubhaftanordnung auf § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG. Zur Tatbestandsmäßigkeit ist somit erforderlich, dass gegen den Bf als Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung         gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt.

 

3.3.2. Unbestrittener Maßen ist der Bf aufgrund seines Asylantrages vom 30. Oktober 2011 Asylwerber im Sinne der zitierten Norm. Mit Bescheid des BAA EAST-West vom 1. Dezember 2011 (zugestellt am 2. Dezember 2011), AZ: 11 13.058, wurde der Asylantrag des Bf ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gleichgehend festgestellt, dass für die Prüfung des Asylantrages Italien zuständig ist. Ferner wurde der Bf mit gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien zulässig ist.

 

Zu prüfen ist jedoch, ob es sich bei der Zurückweisung angesichts der Erhebung der Beschwerde durch den Bf am 7. Dezember 2011 um eine durchsetzbare handelt. Hiezu ist auf § 36 AsylG zu verweisen.

 

3.3.3. Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011, kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Eine Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist, sofern einer Beschwerde gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt, die Ausweisung durchsetzbar. Mit der Durchführung der diese Ausweisung umsetzende Abschiebung oder Zurückschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Beschwerdevorlage zuzuwarten. Der Asylgerichtshof hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.

 

3.3.4. Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass bislang durch den Asylgerichtshof die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde, weshalb die Durchsetzbarkeit (wenn auch noch nicht die Durchführbarkeit) der Ausweisung im Sinne des § 36 AsylG iVm. § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG fraglos gegeben ist, was im Übrigen auch vom Bf nicht bestritten wird.

 

Der Tatbestand der Ziffer 2 des § 76 Abs. 2a FPG liegt also vor.

 

3.4.1. Unterschiedliche Auffassungen herrschen allerdings zwischen der belangten Behörde und dem Bf über die Art und Natur des laut § 76 Abs. 2a FPG geforderten Sicherungsbedarfs.  Hiezu ist insbesondere auszuführen:

 

3.4.2. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2 FPG, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 introduziert wurde, grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 6 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer  Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Erörterung miteinzubeziehen ist.

 

3.4.2. Hinsichtlich der Prüfung des Sicherungsbedarfs müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 2a FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.4.3. Es ist – der Judikatur der Höchstgerichte folgend – anzumerken, dass eine Ausreise- bzw. Rückkehrunwilligkeit allein gesehen nicht zur Untermauerung eines Sicherungsbedarfs dienen kann. Im Zusammenhang mit anderen Elementen gesehen, kommt einer Ausreiseunwilligkeit jedoch sehr wohl eine entsprechende Bedeutung zu. Ähnliches gilt für den Umstand der Mittellosigkeit.

 

Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass der Bf im Juni 2011 in Lampedusa (Süditalien) asylrechtlich registriert wurde. Unter Bedachtnahme auf die geographische Lage erscheint die Darstellung des Bf seiner "Fluchtroute" mehr als bedenklich, denn es ist nicht wahrscheinlich, dass ein Schlepper Personen von Istanbul aus über den Landweg also den Balkan und danach über tausende Kilometer hinweg bis an die Südspitze der Apenninenhalbinsel verbringt. Eine derartige Vorgangsweise ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht glaubwürdig. Dies ist aber geeignet auch die anderen Angaben des Bf – wie die Abnahme des Reisepasses durch den Schlepper – kritisch zu hinterfragen.

 

Entgegen des nunmehrigen Versuchs einer Darstellungsmodifikation hinsichtlich der Ausreise(un)willigkeit ist auf die Einvernahmen des Bf (vor allem am 25. November 2011) zu verweisen, aus denen klar hervorgeht, dass er Österreich als Zielland auserkor, weshalb er ja auch nicht den Ausgang seines Asylverfahrens in Italien abwartete. Daraus aber wird wiederum ersichtlich, dass es dem Bf nicht so sehr um die Erlangung von Schutz vor Verfolgung, sondern um Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation geht; andernfalls wäre er in Italien geblieben, froh einen sicheren Staat zu erreichen. Ein Motiv mag tatsächlich sein, dass seine Schwester hier verehelicht ist, woraus aber keinesfalls geschlossen werden kann, dass er freiwillig nach Italien ausreisen würde, um am Asylverfahrens dort mitzuwirken. Diese Möglichkeit wäre ihm bereits offen gestanden.

 

Durch die zurückweisende Entscheidung im Asylverfahren wurde dem Bf – offensichtlich auch tatsächlich – bewusst, dass sein Verbleib in Österreich nur mehr kurz sein werde. Dadurch erfuhr aber jedenfalls seine Motivation dafür zu sorgen nicht abgeschoben zu werden eine entsprechende Steigerung.

 

In Anbetracht der in Aussicht stehenden Abschiebung kann es auch nicht von besonderer Relevanz sein, dass seine Schwester und deren Familie allenfalls für seinen Lebensunterhalt gesorgt haben würden.

 

3.4.4. Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente - von einem hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – fraglos dem Zugriff der Behörde erneut entzogen haben würde, wie er es schon in Italien praktizierte.

 

Je näher der mutmaßliche Termin der Abschiebung rückt bzw. rückte, desto mehr verdichteten sich diese den Sicherungsbedarf stützenden Elemente, weshalb auch während der Schubhaft von keinem Wegfall des Sicherungsbedarfs ausgegangen werden kann – ganz im Gegenteil.

 

3.5. Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft – die Abschiebung nach Italien - nicht haben gewährleisten können, zumal der Bf hätte untertauchen müssen, um sein deklariertes Ziel in Österreich zu verbleiben zu erreichen.

 

Es kann nicht angenommen werden, dass der Bf bereit gewesen wäre behördlichen Anordnungen zu entsprechen und sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren, dessen Ausgang für ihn ein nicht wünschenswertes Ergebnis brächte, zur Verfügung zu halten. 

 

3.6.1. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Insbesondere ist hier darauf hinzuweisen, dass es tatsächlich unverhältnismäßig erschiene, wenn Österreich aufgrund des Untertauchens des Bf entsprechend  der Regelungen des Dublinaquis schlussendlich doch zur Führung des Asylverfahrens des Bf zuständig werden würde, was ja gerade durch die getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahmen im Einklang mit den internationalen Bestimmungen vermieden werden soll. 

 

3.6.2. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf alleinstehend und ohne Sorgepflichten im Bundesgebiet zu sein angibt und auch aus der Aktenlage nicht Gegenteiliges zu erkennen ist. Dass seine Schwester und deren Familie in Österreich lebt, kann bei der Abwägung keine Berücksichtigung finden.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden,  bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.  zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen      Minderjährigen verhängt wird;

2.  vier Monate  nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden,          der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3      und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit knapp drei Wochen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist des § 80 Abs. 2 FPG noch lange nicht ausgeschöpft ist.

 

3.7.3. Das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung des Bf nach Italien, ist zum Entscheidungszeitpunkt absolut zeitnah erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Außerlandesschaffung sprechen würden. Entgegen der Beschwerdebehauptung, das Ziel wäre nicht erreichbar, da Italien zur Übernahme des Bf nicht aktiv zugestimmt, sondern lediglich nicht reagiert habe, weshalb die Übernahme auf einer Ex-lege-Regelung basiere, ist festzuhalten, dass Italien gleichwohl der Übernahme nicht widersprach, was für die geplante Abschiebung ausschlaggebend ist. Mit Durchführbarkeit der Ausweisung (mit der bis Ende nächster Woche) zu rechnen ist, steht der Abschiebung nach Italien nichts mehr im Weg, weshalb die Zielerreichung nicht materiell in Frage steht.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom
19. Dezember 2011 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 41,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

 

 

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