Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150815/23/Lg/Hu

Linz, 23.01.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach den am 14. April 2011 und 1. Juni 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen über die Berufung des Herrn A K, vertreten durch Rechtsanwalt X, Rechtsanwälte X und Partner, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 28. Dezember 2010, Zl. VerkR96-10685-2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro zu leisten. 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
34 Stunden verhängt, weil er am 29.4.2010 um 11.16 Uhr das Kraftfahrzeug über 3,5 t, intern. Kennzeichen X (D) im Gemeindegebiet von Molln, auf der A9 Pyhrnautobahn bei km 031,148, Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz gelenkt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges samt mautrelevanter Achsen (4 Achsen) höher gewesen sei als die eingestellte Achsenzahl (3 Achsen) am Fahrzeuggerät. 

 

2. In der Berufung wird Folgendes vorgebracht:

 

"Der Mandant hat in der Begründung seines Einspruchs bereits darauf verwiesen, dass er eine neue Go-Box erwerben musste, um seiner Mautpflicht auf den österreichischen Straßen gerecht zu werden. Diese wurde mit den Daten der alten Go-Box von der Verkäuferin eingestellt.

 

Dem Mandanten ist bewusst und bekannt, dass er die Go-Box als ver­antwortlicher Fahrzeuglenker überprüfen muss. Als er dies getan hat, schienen ihm die Eintragungen auch korrekt. So hatte er auch keine An­haltspunkte dafür, dass die Einstellungen nicht korrekt hätten sein kön­nen, da beim Durchfahren von Mautbrücken das Gerät auch einen bes­tätigenden Piep-Ton hören ließ.

 

Der Mandant hat bereits geschildert, dass er eine längere Strecke in Ös­terreich unterwegs war. Es gab für ihn keine Anhaltspunkte, immer wie­der erneut die Einstellungen zu überprüfen, da er davon ausgehen kann, dass das im Übrigen neu erworbene Gerät weiter funktionstüchtig ist, was durch den Piep-Ton auch bestätigt wurde, darüber hinaus die Ein­stellungen von ihm auch nicht verändert wurden und er damit davon ausgehen konnte, dass diese auch beibehalten wurden.

 

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass an der von Ihnen genannten Messstation für die Maut ein Ablesefehler erfolgt ist, da es andere Anhaltspunkte in keiner Weise gibt. Wie der Mandant schon aus­führte, kann die Go-Box auch weiterhin noch ausgelesen werden, sie befindet sich noch in dem Fahrzeug, das der Mandant auch am Tattag gefahren ist.

 

Nachweise über die Richtigkeit und Funktionstüchtigkeit der auslesen­den Geräte an den Mautstationen finden sich in der mir dankenswerter Weise überlassenen Bußgeldakte nicht. Es wird darum gebeten, einen solchen Nachweis zu führen, da dem Mandanten in keiner Weise be­kannt und bewusst ist, auch nur fahrlässig hier einen Fehler im Hinblick auf die vorzunehmenden Einstellungen gemacht zu haben."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 12. August 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gemäß § 19 Abs. 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am
5. Juni 2010 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, diesem Angebot  sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Mit Schreiben vom 31. August 2010 benannte der Zulassungsbesitzer den Bw als Lenker des gegenständlichen Kfz.

 

Den Einspruch der Strafverfügung begründete der Bw folgendermaßen:

"Am 28. April 2010 bekam ich den Auftrag für eine Fahrt nach Bayern und anschließend nach Österreich. Nach erfolgter Auslieferung in Bayern befuhr ich die A8 in Richtung Salzburg und machte meine Tagesruhezeit an der Raststätte Hochfelln Süd. Dort versuchte ich eine  Go Box zu kaufen, was nicht möglich war, da für mein Fahrzeug mit dem Kennzeichen X bereits eine Box ausgegeben war. Daher ließ ich die alte Box an der Raststätte auslesen. Die Batterie war auf Grund des Alters des Gerätes zu schwach, so dass ich die alte Go Box gegen eine neue Go Box tauschen musste. Der Tausch der Boxen muss gegen 16.45 Uhr stattgefunden haben, was aus der Registrierung bei UTA hervorgehen muss. Die freundliche Kassiererin stellte mir die neue GO Box direkt ein, so dass ich am folgenden Morgen gegen 4.45 Uhr die Fahrt fortsetzte. Ich fuhr in Österreich nach X und von dort zwecks Ladungsaufnahme die A9 Richtung X und später wieder Richtung Deutschland zurück. Das Unterfahren der Mautbrücken quittierte mir das Gerät mit einem Piepton. Die Go Box wurde von mir bis heute nicht verstellt und befindet sich im Fahrzeug. Da die anderen Teilstücke ja anscheinend mit der richtigen Mauteinstellung befahren wurden, kann ich mir nur erklären, dass die Mautbrücke einen Lesefehler hatte."

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Bw dar:

 

"Der Berufungswerber fuhr am Tattag von Deutschland kommend über die österreichische Grenze nach X und fuhr in weiterer Folge nach X zur Ladungsaufnahme und dann Richtung X und von X wieder zurück nach Deutschland. Auf diesem gesamten Weg ist keine andere Mautverletzung eingetreten. Daraus ergibt sich, dass bei der konkreten Mautbrücke ein Ablesefehler vorgelegen sein muss. Überdies hat der Berufungswerber aus akustischen Signalen nicht auf eine Fehlfunktion schließen können, da diese korrekt waren. Eine andere Überprüfungsmöglichkeit während der Fahrt war dem Beschuldigten nicht möglich."

 

Der Amtssachverständige legte dar:

 

"Der Sachverständige wird befragt, ob ein sogenannter Ablesefehler, wie er behauptet wird, technisch möglich ist, das heißt, ob bei einer korrekten Achsenzahleinstellung punktuell die Wahrnehmung einer falschen Achsenzahleinstellung durch einen bestimmten Mautbalken geschehen kann.

 

Dazu der Sachverständige:

Der Sachverständige erläutert zunächst, dass mangelnde Wahrnehmung einer falschen Achsenzahl über längere Zeiträume sich auch daraus ergeben kann, dass bei einem dreiachsigen Fahrzeug die Einstellung drei Achsen korrekt ist, wenn jedoch ein Anhänger dazugehängt wird, eine Umstellung vorgenommen werden müsste. Daher kann es sein, dass auch bei einer beispielsweise zweitägigen Fahrt durch Österreich keine Auffälligkeiten auftreten, weil eben nur auf einem entsprechend kurzen Stück der Anhänger angehängt war.

 

Der Sachverständige wird nochmals befragt, ob es möglich ist, dass bei einer korrekten Einstellung der Achsenzahl ein Ablesefehler vorkommt, das heißt, unrichtiger Weise eine falsche Achsenzahl registriert wird:

 

Dazu der Sachverständige:

Die in Österreich verwendeten Go-Boxen sind so aufgebaut, dass die Achsenanzahl durch einen Taster auf der Rückseite des Gerätes eingestellt wird. Man muss dazu diesen Taster mindestens 2 Sekunden lang drücken, um eine Änderung der Achszahl zu erreichen. Dazu ist es notwendig, eben eine mindestens 2 Sekunden dauernde Druckbelastung auszuüben. Erfolgt das nicht, erfolgt keine Umstellung der Achsanzahl.

 

Der einzige massenbehaftete Teil in der  konstruktiven Aufbauweise der gegenständlichen Go-Box, die in Österreich verwendet werden, ist, dass der Drucktaster der aus Kunststoff besteht, mit Masse beaufschlagt ist. Nur wenn der gedrückt wird, besteht überhaupt die Möglichkeit, dass die Achsanzahl verstellt werden kann. Auf Grund der sehr sehr geringen Masse dieses Drucktasters und auf Grund des Umstandes, dass auch der Druck für mehr als 2 Sekunden ausgeübt werden muss, ist ein selbsttätiges Verstellen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Speziell wenn man davon ausgeht, dass durch die wirkenden fahrdynamischen Kräfte, Bremskräfte, Fliehkräfte etc., Überfahren von Schlechtwegstrecken, Eisenbahnschienen und dgl., ist sichergestellt, dass sich der Drucktaster nicht selbsttätig verstellt.

 

Auf Grund der konstruktiven Bauweise ist weiters festzustellen, dass "der Rest der Go-Box" aus elektronischen Bauelementen und einer Schallplatine besteht und wie bereits ausgeführt, die einzige Verstellungsmöglichkeit der Drucktaster ist. Auf Grund von selbständig durchgeführten Versuchen aber auch auf Grund des ca. einjährigen Probebetriebes vor Aufnahme des Mautsystems in Österreich ist davon auszugehen, dass ein selbsttätiges Verstellen der Achsanzahl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Es besteht eine Möglichkeit, dass zB durch einen Autoatlas oder durch ein relativ sperriges Teil der Taster der Go-Box gedrückt wird. Dieser Umstand sollte aber durch die korrekte Montage ausgeschlossen sein. Wenn in der Nähe der Go-Box keine Teile, wie Autoatlas etc. liegen, gibt es auch keinen Gegenstand der während der Fahrt sozusagen so verrutschen kann und eventuell kurzzeitig diese Druckkraft aufbaut und es dadurch zu einem Verstellen kommt. Dies ist eine theoretische Möglichkeit, in der Praxis wurde, wenn man das provozieren will, bis dato nicht erreicht, dass man eine Verstellung auf diese Art erreichen oder dokumentieren konnte.

 

Zusammenfassend ist daher aus technischer Sicht festzustellen, dass die Verstellung nur über den Drucktaster möglich ist und eine selbsttätige Verstellung aus technischer Sicht nicht plausibel erscheint und mit an Sicherheit  grenzender Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf den konstruktiven Aufbau ausgeschlossen werden kann.

 

Sollte die gegenständliche Go-Box einen mechanischen Defekt aufgewiesen haben, so ist festzustellen, dass dann dieser mechanische Defekt permanent auftritt, weil von einer selbsttätigen Reparatur der Go-Box nicht ausgegangen werden kann und das würde bedeuten, dass es zu keinem Kommunikationsaufbau kommt, das heißt, die Go-Box wäre dann permanent nicht für die Abbuchung geeignet aber nicht punktuell. Sie wäre dann permanent sozusagen kaputt.

 

Zu der Frage, ob es die Möglichkeit gibt, dass bei korrekt eingestellter Achsanzahl immer korrekt abgebucht wird und dann beim Durchfahren eines einzelnen Mautportals es zu einer Fehlabbuchung kommt?

Dazu ist festzuhalten, dass das System der Go-Box so funktioniert, dass in dem Datenspeicher, der mit dem Mautbalken kommuniziert, die Achsanzahl hinterlegt wird und nur die in diesem Speicher hinterlegte Achsanzahl kommuniziert mit der Go-Box. Andere Teile kommunizieren nicht mit dem Mautbalken. Um diesen Inhalt dieses Speichers, der mit der Außenwelt kommuniziert, zu verändern, muss ich den Drucktaster betätigen. Eine andere Möglichkeit die Information in dem Kommunikationsspeicher zu verändern, gibt es auf Grund des konstruktiven Aufbaues nicht. Daher ist festzuhalten, dass, wenn ursprünglich zB. eine Achsanzahl 3 in diesem Speicher hinterlegt war, permanent mit der Achsanzahl 3 abgespeichert und kommuniziert wird, weil die Achsanzahl 4 gar nicht die Möglichkeit hat, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Der einzige Weg diese Information zu tauschen, ist also nur die Betätigung des Drucktasters.

 

Zur der Frage des Piepstons ist festzuhalten, dass, wenn eine Go-Box mit einem Mautbalken kommuniziert und es zu einer Abbuchung kommt, dann wird die Abbuchung durch einen Piepston bestätigt. Bei diesem Mautbalken kann nicht festgestellt werden, ob die eingestellte Achsanzahl der Go-Box mit der tatsächlichen Achsanzahl übereinstimmt, da bei den Mautbalken, die ohne Kamera ausgestattet sind, es keine Verifizierungsmöglichkeit gibt. Daher bestätigt der Piepston ausschließlich, dass es zu einer Kommunikation gekommen ist, aber er bestätigt nicht, dass die Achsanzahl korrekt eingestellt war.

 

Zu der Frage, ob der Kommunikationsfehler im Bereich des Mautbalkens bestehen kann?

 

Dazu ist zu sagen, dass der Mautbalken in diesem Fall als Empfänger wirkt und die Information, die die Go-Box in Form eines verschlüsselten Piepcodes sendet, wird vom Balken auf Vollständigkeit und Korrektheit überprüft. Es ist auf Grund der verwendeten Sicherheitsverschlüsselung, die den einschlägigen Richtlinien für Nahfeldkommunikation entspricht, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass während der Kommunikation durch eine von außen einwirkende Störung dieser Code verändert würde, der von der Go-Box original gesendet wird, dass dann der Mautbalken sozusagen eine falsche Identifikation erstellen würde.

 

Durch ein Datenverarbeitungsproblem zB oder durch einen im weitesten Sinn technischen Mangel, der im Rahmen dieser Datenverarbeitung erforderlich ist:

 

Dazu ist aus technischer Sicht festzuhalten, dass auf Grund der unterworfenen Normen und Sicherheitsausführungen die im Rahmen der Nahfeldkommunikation hier für verbindlich einzuhalten sind, aus technischer Sicht so ein Mangel bis dato weder bekannt ist noch nachgewiesen wurde, noch auch auf Grund eines theoretischen Durchdenkens des Kommunikationssystems in irgend einer Weise eine plausible Erklärung finden könnte.

 

Der Sachverständige wird befragt, welche theoretische Erklärungsmöglichkeiten es gibt, dass bei einer relativ langen Fahrstrecke es nur zu einer einzigen Beanstandung kommt?

 

Dazu der Sachverständige:

Nimmt man die hypothetische Annahme an, dass es tatsächlich nur bei einem einzigen Mautbalken bei einer zweitätigen Fahrt durch Österreich zu einer einzigen Beanstandung gekommen ist:

 

Dazu der Sachverständige:

Das kann nur so erklärt werden, dass entweder die Go-Box umgestellt wurde oder sich die Situation am Fahrzeug geändert hat, beispielsweise durch ein Zufügen oder Abhängen eines Anhängers. Was die technischen Möglichkeiten betrifft, verweise ich auf meine vorhergehenden Ausführungen."

 

In der Folge beantragte der Vertreter des Bw die Vorlage des Einzelleistungsnachweises. Der Vertreter des Berufungswerbers kündigte ferner an, dass er sich mit dem Berufungswerber in Verbindung setzen wird, um diesen zu befragen, wie die Situation genau war bei der Übernahme der Go-Box, welche Informationen gegeben wurden. Ferner werde er den Berufungswerber dazu befragen, ob der Berufungswerber mit einem Anhänger eingereist ist und diesen abgehängt hat oder ob während der beiden Fahrttage in Österreich sich irgendetwas an der Achszahl des Lkw geändert hat durch Ladetätigkeiten oder an- und abhängen eines Anhängers etc.  Ferner werde der Berufungswerber danach befragt, ob er selbst während der Fahrt an der Go-Box Manipulationen vorgenommen hat, insbesondere eine Änderung der Einstellung der Achsenzahl.

 

In der fortgesetzten Verhandlung führte der Vertreter des Bw aus, dass nach Rücksprache mit dem Berufungswerber dieser bekannt gegeben habe, dass ein Wechsel in der Fahrzeugzusammenstellung in Bezug auf die Achsen auf der gesamten Strecke nicht vorgenommen wurde. Nach Aushändigung der Go-Box durch die Verkäuferin sei diese anhand der ausgehändigten Bedienungsanleitung ein weiteres Mal überprüft worden. Er habe das Fahrzeug auf "4 S" eingestellt.

 

Der Vertreter des Berufungswerbers vertrat den Standpunkt, dass auf der weiteren Strecke dem Berufungswerber kein weiterer Verstoß vorgeworfen wurde. Daher liege kein Verschulden vor.

 

In der Folge wurden die Einzelleistungsnachweise erörtert. Aus diesen ist ersichtlich, dass am 29.4.2010 von 05:12:32 Uhr bis 08:14:02 Uhr eine "falsch eingestellte Achsenzahl" als Beanstandungsgrund angeführt wird. Für die Zeit von 08:22:09 Uhr bis 10:34:08 Uhr findet sich der Eintrag "nicht zugeordnet". Ab 11:16:22 Uhr ist wiederum "falsch eingestellte Achsenzahl" angeführt.

 

Dazu holte der UVS ein Gutachten des Amtssachverständigen ein, der dem Vertreter des Bw – mit dessen ausdrücklichem Einverständnis – zur Stellungnahme zugeleitet wurde. Eine solche Stellungnahme unterblieb jedoch.

 

In diesem Gutachten führte der Amtssachverständige aus:

 

"Aus dem von der Asfinag übermittelten Einzelleistungsnachweis ist ersichtlich, das am 29.04.2010, 05:12: 32 Uhr-Staatsgrenze Walserberg bis 08:14:02 Uhr-Allhamin/Sattledt als Grund für die Beanstandung eine 'falsch eingestellte Achsenanzahl' angeführt wird.

 

Am gleichen Tag wird von 08:22:09 Uhr – Sattledt Voralpenkreuz bis 10:34:08 Uhr Roßleiten / St Pankratz als Grund für die Beanstandung – 'nicht zugeordnet' angeführt.

 

Am gleichen Tag wird ab 11:16:23 Uhr - St Pankratz / Klaus als Grund für die Beanstandung wieder 'falsch eingestellte Achsenanzahl' angeführt.

 

Die Zuordnung 'falsch eingestellte Achsenanzahl' kann nur erfolgen nachdem das KFZ bzw. der Kraftwagenzug durch ein Kameraportal identifiziert worden ist. Nach dem durchfahren eines Kameraportals kann die an der GO-Box eingestellte Achsenanzahl mit der tatsächlichen Achsenanzahl des KFZ verglichen werden.

Wenn von einem Kameraportal eine falsche Achsenanzahl festgestellt wurde, so wird, wenn die folgenden Abbuchungen über diese Go-Box bei Portalen ohne Kamera zeitlich plausibel sind (durchgehende Fahrt - ohne Unterbrechung) davon ausgegenagen, das auch bei diesen Abbuchungen die Achsenanzahl falsch eingestellt war.

 

Der Wechsel von 'falsche Achsenanzahl eingestellt' auf 'nicht zugeordnet' erfolgte als der gegenständliche LKW von der A1 (Westautobahn) auf die A 9 (Pyhrnautobahn) wechselte. Da es auf der A 9 nur ein fixes Kameraportal gibt, das sich in der Steiermark befindet wurden die durchgeführten Abbuchungen auf der A 9 in Oberösterreich als 'nicht zugeordnet' eingestuft, da der LKW nach dem Auffahren auf die Pyhrnautobahn zunächst von keinem Kameraportal identifiziert worden ist.

Der LKW wurde aber am gleichen Tag um 11:16:23 auf der A 9 bei St Pankratz / Klaus von einem mobilen Kameraportal identifiziert.

Durch diese Identifizierung auf der A 9 konnte festgestellt werden, das die eingestellte Achsenanzahl noch immer falsch war und daher wurde ab dem erfassen des KFZ durch das mobile Kameraportal als Grund für die falsche Abbuchung wieder 'falsch eingestellte Achsenanzahl' angeführt.

 

Auf Grund der plausiblen zeitlichen Abfolge zwischen dem Auffahren auf die A 9 - 08:22:09 Uhr bis zum Erfassen des LKW durch das mobile Kameraportal auf der A 9 um 11:16:23 Uhr ist im nachhinein davon auszugehen, dass die Abschnitte die auf der A 9 vor dem Erfassen durch das mobile Kameraportal zurückgelegt wurden, ebenfalls mit der falschen Achsenanzahl abgebucht worden sind.

 

Da aber auf der A 9 zunächst keine weitere Verifizierung der Achsenanzahl erfolgen konnte (kein durchfahren eines Kameraportals) wurden diese, zu geringen, daher falschen Abbuchungen, vom jeweiligen Mautbalken als 'nicht zugeordnet' klassifiziert und ohne weitere Verifizierung nicht automatisch einer falschen Achsanzahl zugeordnet.

 

Erst das Gesamtbild der durchgeführten Abbuchungen auf der A9 ergibt im nachhinein betrachtet die Möglichkeit auf Grund der vor der Identifizierung durch das mobile Kameraportal zurückgelegte Wegstrecke den Schluss zu ziehen, das die Abbuchungen die als 'nicht zugeordnet' eingestuft wurden, einer falsch eingestellten Achsanzahl zuordbar sind."

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat erachtet die gutachtlichen Äußerungen des Sachverständigen zu den entscheidungswesentlichen Fragen als schlüssig und hegt an der Richtigkeit und Vollständigkeit keine Zweifel. Überdies ist der Bw diesen gutachtlichen Äußerungen nicht (geschweige denn auf gleicher fachlicher Ebene) entgegengetreten.

 

Auszugehen ist von der in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erörterten (und unwidersprochen gebliebenen bzw. dem Gutachten zugrunde gelegten) Darstellung der vom Bw durchfahrenen Wegstrecke samt den dort vorgenommenen Klassifizierungen ("falsch eingestellte Achsenzahl" bzw. "nicht zugeordnet"). Damit  erledigt sich das Argument des Bw, es sei nur punktuell (zum Zeitpunkt des Tatvorwurfs, nämlich um 11:16 Uhr) nicht abgebucht worden. Für die Klassifizierungen "nicht zugeordnet" hat der Sachverständige eine plausible – keineswegs auf einem Systemfehler oder dgl. hinweisende – Erklärung geliefert. Nochmals sei betont, dass für den Tatzeitpunkt die Klassifizierung "falsch eingestellte Achsenzahl" vorliegt.

 

Weiters ist davon auszugehen, dass, wie der Sachverständige (ebenfalls unwidersprochen) ausführte, ein Kommunikationsfehler zwischen der GO-Box und dem Mautbalken dergestalt auszuschließen ist, dass eine andere Achsenzahl als die in der GO-Box eingestellte "abgebucht" wird. Daraus ergibt sich, dass gegenständlich in der GO-Box die Achsenzahl 3 eingestellt war, während die tatsächliche Achsenzahl (unbestritten) 4 betrug.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver Hinsicht und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Dass eine in der GO-Box falsch eingestellte Achsenzahl nicht durch besondere Piepstöne kenntlich gemacht wird, ergibt sich aus dem System, dessen mangelnde Kenntnis den Bw nicht zu entschuldigen vermag. Sein Verschulden liegt insbesondere darin, nicht entsprechend seinen Lenkerpflichten für die konkrete Einstellung der GO-Box Sorge getragen zu haben: Die persönliche Überprüfung der eingestellten Achsenzahl in der GO-Box bzw. die konkrete Einstellung der Achsenzahl durch den Bw selbst entspricht entweder nicht den Tatsachen oder ist vorwerfbar auf untaugliche Weise erfolgt. Auszugehen ist mithin von Fahrlässigkeit.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin lediglich die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit zur Tatzeit. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind. Die – hier im Zweifel anzunehmende – fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Insbesondere ist der Schuldgehalt beim ermittelten Sachverhalt als nicht gering zu veranschlagen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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