Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730485/2/SR/MZ/Jo

Linz, 16.01.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger der Ukraine, X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 11. August 2011, AZ: 1054369/FRB, betreffend die Erlassung eines auf 10 Jahre befristeten Rückkehrverbots, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Gemäß § 54 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 und 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr. 100 in der Fassung BGBl I Nr. 38/2011, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen."

 

Кассационная жалоба удовлетворяется частично и оспариваемое решение утверждается с условием, что резолютивная часть решения должна звучать как указано ниже:

 

"Согласно § 54 абз. 1 в сочетании с § 53 абз. 3 Z1 и 4 Закона  о полиции по делам иностранцев от 2005, Вестника федерального законодательства (BGBl) I 100 в редакции BGBl I 2011/38, на Вас накладывается устанавливается

на всю территорию Шенгенского пространства сроком 5 лет."

 

Rechtsgrundlagen / Юридическое основание:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 54 und 53 Abs. 3 Z 1 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 12/2011).

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 11. August 2011, AZ: 1054369/FRB, zugestellt am 16. August 2011, wurde gegen den Bw (im Folgenden: Bw) auf der Grundlage des § 54 Abs. 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde aus, dass der Bw im Oktober 2003 nach Österreich gelangt sei und am 9. Oktober 2003 einen Asylantrag gestellt habe, welchen er am 17. November 2003 zurückzog. Am 1. November 2003 habe der Bw einen weiteren Asylantrag gestellt, welcher mit 26. November 2003 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Derzeit sei das Rechtsmittelverfahren gegen den 3. Asylantrag des Bw vom 4. März 2006 anhängig.

 

Mit Bescheid der BPD Wiener Neustadt vom 29. Oktober 2003 sei gegen den Bw ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden, weil dieser am gleichen Tage vom LG Wiener Neustadt nach §§ 127, 130 (1. Fall), 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt wurde.

 

Darüber hinaus sei der Bw mittlerweile noch wie folgt verurteilt worden:

 

1)    LG Graz 8 Hv 19/2004 i vom 17. Februar 2004 (rk 17. Februar 2004) wegen der Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Fall StGB und des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB, Freiheitsstrafe 8 Monate, davon 6 Monate bedingt auf 3 Jahre

2)    LG Graz 22 Hv 61/2004 v vom 13. Juli 2004 (rk 17. Juli 2004) wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB, Freiheitsstrafe 12 Monate, davon 9 Monate bedingt auf 3 Jahre

3)    LG Graz 13 Hv 91/2005 s vom 9. Juni 2005 (rk 14. Juni 2005) wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Fall StGB, Freiheitsstrafe 6 Monate

4)    LG Salzburg 38 Hv 185/2006 z vom 15. November 2006 (rk 15. November 2006) wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB und der Verbrechen des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127, 130 1. Fall StGB, Freiheitsstrafe 12 Monate

5)    BG Linz 18 U 429/2008 y vom 9. Jänner 2009 (rk 13. Jänner 2009) wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127, Freiheitsstrafe 6 Monate

6)    BG Traun 3 U 318/2009 v vom 23. September 2009 (rk 29. September 2009) wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, Freiheitsstrafe 2 Tage

7)    LG Linz 23 Hv 16/2011 t vom 18. Februar 2011 (rk 18. Februar 2011) wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Fall, 15 Abs 1 StGB, Freiheitsstrafe 8 Monate.

 

Den Verurteilungen würden folgende Straftaten zugrunde liegen:

 

ad 1): der Bw habe in X nachangeführte fremde bewegliche Sachen nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle in der Absicht begangen habe, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

Am 21.11.2003 Verfügungsberechtigten der Fa. X eine Stange Salami im Wert von ca € 9,-; Verfügungsberechtigten der Fa. X eine Flasche Rotwein und eine Flasche Jogurt im Wert von € 4,78,-; Verfügungsberechtigten des Drogeriemarktes Rasierklingen und diverse Rasierwaren im Wert von € 102,17,-; am 9.1.2004 Verfügungsberechtigten der Fa. X 2 Paar Herrensocken im Wert von € 15,98,-; Verfügungsberechtigten der Fa. X Spirituosen im Wert von € 86,96,-.

Weiters habe der Bw mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte des Kaufhauses X durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorgabe, die ihnen zu überreichende Ware bezahlen zu können und zu wollen, zur Herausgabe eines Stückes Honigmelone, sohin zu einer Handlung verleitet, wodurch Verfügungsberechtigte der Fa. X im obengenannten Betrag geschädigt wurden.

 

ad 2): der Bw habe am 6.7.2004 und am 7.7.2004 in X in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen in einem € 2.000,- nicht übersteigendem Wert anderen mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

eine Flasche Wodka, eine Erdbeerroulade und Äpfel im Wert von € 22,- Berechtigten der Fa. X, eine Jeansjacke im Wert von € 29,90,- Berechtigten der Fa. X, einen Staubsauger im Wert von € 120,- Berechtigten der Fa. X.

 

ad 3): der Bw habe in X gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

am 20.4.2005 Verantwortlichen der Fa. X einen Satelliten-Receiver im Wert von € 119,- und am 22.4.2205 Verantwortlichen der Fa. X eine Flasche Cognac und eine Flasche Wodka im Gesamtwert von € 37,98.

 

ad 4) der Bw habe am 15.1.2006 in X eine fremde Sache, nämlich einen in der Zelle der PI X befindlichen Heizungsboiler durch Dagegentreten beschädigt, wodurch ein Schaden von € 76,88,- zum Nachteil der Republik Österreich entstanden ist;

durch Bespucken von AI X, GI X und X und Androhung der Zufügung von Bissverletzungen, obwohl der Bw an Hepatitis C und HIV – sohin an ansteckenden Krankheiten – leide, eine Handlung begangen, die geeignet sei, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen.

Nachstehend angeführte Verfügungsberechtigte habe der Bw in X fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er in der Absicht gehandelt habe, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, und zwar:

am 2.5.2006 Verfügungsberechtigten der Fa. X eine Flasche Metaxa 5 Stern, eine Flasche Bailoni und eine Dose Ananasscheiben im Gesamtwert von € 26,27; am 17.7.2006 Verfügungsberechtigten der Fa. X zwei Packungen Happy Apfelsaft im Gesamtwert von € 4,07,-; am 24.8.2006 Verfügungsberechtigten der Fa. X ein Batterieladegerät im Wert von € 59,90,-.

 

ad 5): der Bw habe am 25.8.2008 in X versucht, Verfügungsberechtigten der Fa. X eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Wasserpumpe im Wert von € 179,-, mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

 

ad 6): der Bw habe am 14.8.2009 in X der Fa. X eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Flasche Bier im Wert von € 0,85,-, mit Bereicherungsvorsatz weggenommen.

 

ad 7): der Bw habe zu nachgenannten Zeitpunkten in X gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen Verfügungsberechtigten des X mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

am 28.12.2010 6 Flaschen Whiskey im Gesamtwert von € 161,94,- und am 20.1.2011 3 Flaschen Cognac im Gesamtwert von € 93,-.

 

Aus rechtlicher Sicht führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der §§ 54 Abs. 1, 2 und 3, 53 Abs. 3 Z 1 sowie 61 Abs. 1, 2 und 3 FPG aus, der Bw habe mit am 28. Juli 2011 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben zur beabsichtigten Erlassung des Rückkehrverbotes wie folgt Stellung genommen:

 

1.                 Ich bin 2003 mit LKW nach Österreich eingereist. Ich habe Probleme mit Regierung und Polizei in meiner Heimat.

2.                Ich habe in Österreich keinen Aufenthaltstitel.

3.                Ich habe keine Dokumente.

4.                Bauarbeiter in der Ukraine.

5.                Ich habe keine Familie in Österreich.

6.                X.

7.                Derzeit keine Beschäftigung und kein Einkommen.

8.                Ich habe Sozialhilfe bekommen 290,- € pro Monat.

9.                Ich habe eine Mietwohnung gehabt.

10.           Ich habe Freunde in Österreich.

11.           Keine persönlichen Bindungen zu Ukraine.

12.           Ich verstehe deutsche Sprache, aber ich spreche nicht so gut.

13.            Ich habe HIV und bekomme in Österreich Therapie. Ich bekomme jeden Tag viel Tabletten und kann nicht wohnen ohne diese Tabletten.

 

Aufgrund des einleitend geschilderten Sachverhalts sowie der Stellungnahme des Bw erwog die belangte Behörde:

 

Der Bw halte sich seit nun nicht ganz 8 Jahren als Asylwerber in Österreich auf. Eine der Dauer des Aufenthalts entsprechende Integration sei ihm daher zuzugestehen. Allerdings sei dem Bw in Anbetracht seiner strafbaren Handlungen die für das Ausmaß einer Integration wesentliche soziale Komponente völlig abzusprechen. Aus seinem Verhalten würde sich eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums manifestieren, die dadurch noch erheblich verstärkt würde, dass der Bw die ihm zur Last gelegten Taten in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Auch habe der Bw keine Skrupel, andere Personen mit seinen ansteckenden Krankheiten zu infizieren.

Es bedürfe daher keiner näheren Erörterung, dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um derartigen Verbrechen entgegenzuwirken.

Abgesehen davon, dass aus der Aktenlage weder familiäre, soziale oder berufliche Bindungen in Österreich hervorgehen würden, sei aus allen oben angeführten Tatsachen die Erlassung des Rückkehrverbotes nicht nur zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, sondern auch im Lichte des § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

 

2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, persönlich an den Bw zugestellt am 16. August 2011, hat der Bw mit Schreiben vom 18. August 2011, zur Post gegeben am 24. August 2011, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt nicht entgegengetreten. Der Bw bringt vor, seine Fehler eingesehen zu haben und er ersuche daher, ihm ein Leben in Österreich zu gewähren. Er sei HIV positiv, leide unter Hepatitis C und erhalte in Österreich dementsprechend Therapien. In der Ukraine würden ihm Therapien bzw medizinische Versorgung versagt und er gehe davon aus, dass sein Leben dann bald ein Ende hätte. Abschließend verspricht der Bw, nie wieder straffällig zu werden und bittet darum, die Entscheidung noch einmal zu überdenken.

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vor.

 

3.1. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Gleiches hat im gegenständlichen Fall zu gelten, da sich das vom Bw bekämpfte Rückkehrverbot von der Wirkung her von einem Aufenthaltsverbot nicht unterscheidet, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung über die in Rede stehende Berufung örtlich und sachlich zuständig ist.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zu AZ: 1054369/FRB, durch Einsichtnahme in das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem und das Zentrale Melderegister sowie durch Einholung eines Versicherungsdatenauszuges.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses dargestellten und vom Bw in keinster Weise bestrittenen Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich ergibt sich aus dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingeholten Versicherungsdatenauszug, dass der Bw in Österreich zu keiner Zeit einer (legalen) Beschäftigung nachgegangen ist.

 

Weiters geht aus der abgefragten Asylwerberinformation hervor, dass der Bw – seinen eigenen Angaben im Asylverfahren zufolge – im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island keine Verwandte hat, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw eine besonders enge Bindung besteht. In der Heimat des Bw halten sich dessen Gattin und seine beiden Kinder auf.

 

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Asylwerber sind § 2 Abs. 1 Z 14 des Asylgesetzes 2005 zufolge Fremde ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Dass der Bw, welcher nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, Fremder gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG ist, steht außer Zweifel. Unzweifelhaft ist weiters dessen Status als Asylwerber vom Zeitpunkt der Stellung des (derzeit 3. Antrags) auf internationalen Schutz bis zum Zeitpunkt der (bis dato nicht ergangenen) Entscheidung des Asylgerichtshofes.

 

4.2.1. Im Rahmen der Prüfung des angefochtenen Rückkehrverbots gilt es zunächst, die Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbotes sowie des Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Bw dem Grunde nach zu prüfen.

 

4.2.2. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Asylwerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 54 Abs. 2 leg cit zufolge gelten als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3.

 

§ 53 Abs. 3 Z 1 FPG beinhaltet Fälle, in welchen ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

§ 53 Abs. 3 Z 4 FPG stellt auf Drittstaatsangehörige ab, die wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist.

 

Mit Ausnahme der unter Punkt 1. dargestellten 6. Verurteilung des Bw wegen Diebstahls einer Flasche Bier wurde der Bw in den restlichen sechs Fällen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten bzw zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten rechtskräftig verurteilt. Der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ist daher erfüllt. Zudem wird auch Z 4 leg cit schlagend, da sämtliche sieben Verurteilungen die Straftat des (zumindest versuchten) Diebstahls beinhalten und der Bw daher auch wegen einer bzw mehrerer Wiederholungstat(en) rechtskräftig verurteilt wurde.

 

4.2.3. Weiters ist bei der Klärung der Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbots dem Grunde nach auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.4. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. § 54 Abs. 2 letzter Satz FPG erweitet den Anwendungsbereich explizit auch für – von § 61 leg cit an sich nicht erfasste – Rückkehrverbote.

 

§ 61 Abs. 2 FPG zufolge sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine den konkret den Bw betreffende Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.3.2. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw führt.

 

4.3.3.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass der Bw im Oktober 2003 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist. Die Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich beträgt daher insgesamt etwas mehr als 8 Jahre. Legitimiert wurde der Aufenthalt des Bw lediglich durch die Stellung mehrerer Asylanträge, weshalb sich der Bw seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.

 

4.3.3.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Nach Angaben des Bw im Asylverfahren hat dieser im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island keine Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw eine besonders enge Bindung besteht. In der Heimat des Bw halten sich dessen Gattin und seine beiden Kinder auf.

 

Von einem tatsächlich bestehenden Familienleben in Österreich kann daher keinesfalls ausgegangen werden.

 

4.3.3.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa 10 Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

Im konkreten Fall ist der Bw seit etwas mehr als 8 Jahren in der Republik Österreich aufhältig. Die in die Rechtsgüterabwägung zugunsten des Bw einfließende Aufenthaltsdauer liegt damit noch deutlich unter der höchstgerichtlich judizierten Schwelle von etwa 10 Jahren.

 

Hinzu tritt, dass vom Beschwerdeführer im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zudem 9 Jahre lang ein Beruf in Österreich ausgeübt wurde und der Gerichtshof das Vorliegen weiterer Integrationsmerkmale fordert. Laut aktuellem Versicherungsdatenauszug wurde vom Bw eine (legale) berufliche Tätigkeit in Österreich zu keinem Zeitpunkt ausgeübt. Es wird daher neben der unzureichenden Aufenthaltsdauer in Österreich auch das vom Verwaltungsgerichtshof als wesentlich angesehene Merkmal der Teilnahme am Erwerbsleben für eine alleinige positive Gesamtbeurteilung nicht erfüllt.

 

Schließlich ist – mangels gegenteiliger Hinweise im zitierten höchstgerichtlichen Erkenntnis – davon auszugehen, dass im verwaltungsgerichtlich entschiedenen – und damit entgegen dem hier zu beurteilenden – Fall eine strafrechtliche Bescholtenheit des Beschwerdeführers nicht vorlag.

 

Wenn der Bw vorbringt, seine Erkrankung an HIV und Hepatitis C bedürfe einer entsprechenden Therapie, die er in der Ukraine nicht erhalten würde, ist festzuhalten, dass ein derartiges Vorbringen zum einen im asylrechtlichen Verfahren, zum anderen im Abschiebeverfahren, nicht aber im hier gegenständlichen Rückkehrverbotsverfahren zu behandeln ist.

 

4.3.3.4. Merkmale sozialer Integration sind dem Bw durch seine Kenntnisse der deutschen Sprache durchaus zuzubilligen. Eine der sozialen Integration besonders dienliche Erwerbstätigkeit wurde vom Bw – wie dargestellt – nicht ausgeübt. Vielmehr ist aufgrund der begangenen strafbaren Handlungen, bei welcher der Bw die Bevölkerung des erhofften künftigen Heimatstaates wiederholt bestahl und damit drohte, sie mit ansteckenden Krankheiten zu infizieren, davon auszugehen, dass eine tiefgehende Integration ins Gesellschaftsgefüge der Republik Österreich nicht vorliegt.

 

4.3.3.5. Festzustellen ist weiters, dass der heute knapp 54-jährige Bw den überwiegenden Teil seines Lebens, nämlich 46 Jahre, in seinem Herkunftsstaat verbracht hat. Er beherrscht die dortige Sprache, hat dort viele Jahre verschiedene erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt und seine Frau sowie dessen beide Kinder sind dort aufhältig.

 

4.3.3.6. Unstrittig ist eine strafgerichtliche Unbescholtenheit aufgrund der in Punkt 1. dargestellten rechtskräftigen Verurteilungen nicht gegeben.

 

4.3.3.7. Ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung kam im Verfahren nicht hervor.

 

4.3.3.8. Zur Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren, erübrigen sich vor dem Hintergrund der Punkte 4.3.3.1. und 4.3.3.3. weitere Ausführungen.

 

4.3.3.9. Die Dauer des bisherigen Aufenthaltes ist unzweifelhaft auch in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet, da über das am 19. September 2006 gegen die negative erstinstanzliche Asylentscheidung durch den Bw eingebrachte Rechtsmittel bis dato nicht entschieden wurde. Der Bw wartet daher seit etwa 5 ½ Jahren auf eine letztinstanzliche Entscheidung.

 

In diesem Zusammenhang wird weiters angemerkt, dass mit Bescheid des Polizeidirektors von Wiener Neustadt vom 29.10.2003, GZ IV-1008022/FrB/03, ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot rechtskräftig gegenüber dem Bw erlassen wurde und dieses bis dato – auch im Zeitraum zwischen zweiter und dritter Asylantragsstellung, also als dem Bw der Status des Asylwerbers nicht zukam – nicht vollstreckt wurde. Auch insofern lässt sich ein behördliches Mitverschulden an der Aufenthaltsdauer des Bw im Bundesgebiet nicht verleugnen.

 

4.3.3.10. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.3.3.1. bis 4.3.3.9. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Zwar ist dem Bw durch seine Aufenthaltsdauer von etwas mehr als 8 Jahren, durch seine Deutschkenntnisse und auch aufgrund der Tatsache, dass dessen relativ lange Aufenthaltsdauer zumindest teilweise auch auf Verzögerungen auf Seiten der Behörden beruht, ein bestimmtes Maß an Integration bzw ein gewisses Interesse am Weiterverbleib im Bundesgebiet zuzubilligen. Die vorhandene, nicht besonders stark ausgeprägte Integration ist jedoch dadurch zu relativieren, als diese während eines anhängigen Asylverfahrens oder überhaupt während illegalem und damit jedenfalls während unsicheren Aufenthalts erworben wurde, zumal dem Bw schon frühzeitig durch den erstinstanzlichen negativen Asylbescheid vom 26. November 2003 – also bereits ca 2 Monate nach seiner Einreise ins Bundesgebiet – der drohende Umstand des zukünftigen unrechtmäßigen Aufenthalts bewusst sein musste. Auch ist eine Reintegration im Heimatland des Bw, in welchem er den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, nicht unzumutbar. Wesentlich für eine Gesamtabwägung zulasten des Bw ist jedoch, dass er durch die von ihm getätigten, wiederholten strafrechtlichen Vergehen eine nicht zu vernachlässigende kriminelle Energie bewiesen hat.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung eines Rückkehrverbots ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.4.1. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbotes zu prüfen.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

4.4.2. Der dem Drittstaat Ukraine Angehörige Bw wurde, wie unter Punkt 1. dargestellt, mehrfach zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten bzw zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten rechtskräftig verurteilt. Es erweist sich für die weitere rechtliche Beurteilung daher – wie unter Punkt 4.2.2. bereits dargelegt – § 53 Abs. 3 Z 1 FPG sowie aufgrund der wiederholten Diebstähle § 53 Abs. 3 Z 4 leg cit als einschlägig. Vor diesem Hintergrund beträgt die maximale Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbots 10 Jahre. Zumindest hat das Rückkehrverbot gemäß § 53 Abs. 2 FPG 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Rückkehrverbotes im genannten Zeitrahmen ist wiederum das bisherige Verhalten des Bw miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.4.3. Die Verhinderung von Straftaten gegen die höchsten Güter unserer Gesellschaft – in concreto erfolgte durch den Bw ein Eingriff in die körperliche Integrität (Drohung der Infizierung mit ansteckenden Krankheiten) und das Eigentum fremder Personen (Diebstahl, Betrug, Sachbeschädigung) – zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

4.4.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung bzw mehrere Verurteilungen ausgesprochen wurde(n), sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von nicht unerheblicher krimineller Energie, (insbesondere) in einem fremden Staat, von welchem man sich Aufnahme und Integration erhofft, wiederholt Diebstähle zu begehen. Auch die Verwirklichung einer Sachbeschädigung sowie insbesondere die Androhung, andere Personen durch Ansteckung mit (bislang unheilbaren, schweren) Krankheiten an der Gesundheit zu schädigen, zeugt davon, dass der Bw weit von den Werten der hiesigen Gesellschaft entfernt ist und es eines längeren Zeitraumes bedarf, bis von einer Gefahr durch den Bw nicht mehr ausgegangen werden kann.

 

Insoweit vermag der belangten Behörde nicht entgegengetreten zu werden.

 

4.4.5. Der belangten Behörde kann jedoch nicht beigetreten werden, wenn diese zur Auffassung gelangt, dass das Gefährdungspotential des Bw ein Rückkehrverbot für die Dauer von 10 Jahren rechtfertigt. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich ist bei der Bemessung der Rückkehrverbotsdauer zu berücksichtigen, dass der Bw überwiegend Dinge des täglichen Bedarfs, wie etwa Nahrungsmittel und (wenn zT auch alkoholische) Getränke, Hygieneartikel und Bekleidung gestohlen hat. Auch ist die von ihm verwirklichte Sachbeschädigung nicht allzu schwer zu gewichten, da der Bw sich infolge der Inhaftierung verständlicherweise in einer Phase der Gemütsaufregung befunden haben dürfte. Schließlich ist festzustellen, dass der Bw niemandem mit HIV oder Hepatitis C angesteckt hat, sondern "lediglich" mit einer Ansteckung gedroht hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher der Auffassung, dass im konkreten Fall das Rückkehrverbot auf die Dauer von 5 Jahren befristet werden kann.

 

4.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Разъяснение права и порядка обжалования:

Обжалование данного решения  в обычном порядке не допускается.

 

Указание:

Данное решение может быть обжаловано в Конституционном и/или в Высшем Административном суде земли в течение 6 недель с момента вручения; аппеляция должна быть подана - за исключением предусмотренных законом случаев - уполномоченным адвокатом. За подачу каждого обжалования взимается пошлина в размере 220 евро.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

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