Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150933/2/Lg/Sta

Linz, 13.03.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder  über die Berufung des Dipl.-Ing. W R F, U, G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Urfahr-Umgebung vom 13. Februar 2012, Zl.  VerkR96-6106-2011-BS, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes  zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Strafberufung wird insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt wird. Darüber hinaus wird die Strafberufung abgewiesen.

 

II.        Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 34 Stunden verhängt, weil er am 13.4.2011 um 09.17 Uhr ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es sei am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht gewesen, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale der Vignette aufgewiesen habe (Schriftzug UNGÜLTIG bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette).

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis an:

 

"Die im Spruch angeführte Übertretung wurde mittels automatischen Überwachungssystem festgestellt. Entsprechend der Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 wurde bekannt gegeben, dass Sie das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort gelenkt haben. Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 06.09.2011 haben Sie mit Eingabe vom 15.12.2011 (Datum Poststempel) Einspruch erhoben. Sie führen aus, dass richtig sei, dass Sie beim Entfernen der Vignette für das Jahr 2012 versehentlich die Vignette für das Jahr 2011 teilweise abgelöst wurde, wodurch es anscheinend zu einer Beschädigung kam, welche allerdings nur von Maschinen oder sehr fachkundigen Augen erkannt werden konnte. Nachdem Sie eine Zahlungsaufforderung zur Ersatzmaut erhielten, hätten Sie unter der angegebenen Telefonnummer angerufen und wären der telefonisch erteilten Vorgehensweise gefolgt. Sie hätten eine Gutschrift seitens der ASFINAG erhalten, worauf Sie annahmen, die Sache sei damit erledigt. Es wäre lediglich ein Handhabungsfehler vorgelegen, Sie hätten immer eine gültige Vignette angebracht gehabt.

Der ASFINAG Maut Service GmbH wurde der Verwaltungsstrafakt mit dem Ersuchen um Stellungnahme übermittelt. In der Stellungnahme vom 24.10.2011 wird ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall der Lenker des Fahrzeuges das mautpflichtige Straßennetz mit einer Jahresvignette 2011 an der die Sicherheitsmerkmale ausgelöst waren, benützte. Die Ersatzjahresvignette wegen Handhabungsfehler stellt ein Entgegenkommen der ASFINAG dar und hat nichts mit dem vorliegenden Tatbestand der Mautprellerei zu tun - es handelt sich dabei um 2 unterschiedliche Vorgänge. Der Tatbestand der Mautprellerei sei einwandfrei erfüllt. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde gemäß § 29a VStG 1991 an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung abgetreten.

Mit Schreiben vom 15.11.2011 wurden Sie über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Am 29.11.2011 erscheinen Sie persönlich bei der Behörde und geben zu Protokoll, dass Sie die Vignette irrtümlich abgelöst hätten - Sie machen einen Zeugen namhaft, der diese Angaben bestätigen kann. Sie hätten auf die Auskunft der Dame bei der ASFINAG vertraut, wo Ihnen auf Grund der Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut angeraten worden wäre, das Formular wegen der falschen Handhabung einzureichen. Sie fühlen sich der Mautprellerei nicht schuldig, weil Sie die Vignette ordnungsgemäß bezahlt und aufgeklebt hatten. Nur weil Sie irrtümlich den unteren Teil abgelöst hätten, fühlen Sie sich der Mautprellerei nicht schuldig.

 

Die Behörde hat dazu Folgendes erwogen:

§ 10 Abs. 1 BStMG lautet:

Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

 

§ 11 Abs. 1 BStMG lautet:

Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

§ 20 Abs. 1. BStMG lautet:

Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Taten gemäß Abs. 1 und 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

Im gegenständlichen Fall steht zweifelsfrei und unbestritten fest, dass Sie die Vignette für das Jahr 2011 teilweise abgelöst haben und dadurch die Sicherheitsmerkmale ausgelöst wurden. Von der Einvernahme des von Ihnen namhaft gemachten Zeugen wurde Abstand genommen, da der Umstand, wie die "Beschädigung" der Vignette erfolgte auf die Erfüllung des Tatbestands der Mautprellerei keinen Einfluss hat.

 

Gemäß Punkt 7.1 letzter Absatz der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs, Version 28, ist das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung. Gemäß Punkt 10.1 leg.cit. ist die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mautpflichtigen Kraftfahrzeugen ohne eine gültige Vignette ordnungsgemäß angebracht zu haben, verboten.

 

 

Auch wenn die Vignette von Ihnen irrtümlich (teilweise) abgelöst und wieder aufgeklebt wurde, ist der Tatbestand der Mautprellerei erfüllt, da dies nicht mehr einer ordnungsgemäßen Anbringung entspricht. Sie hätten somit das mautpflichtige Straßennetz nicht benützen dürfen.

 

Wie von der ASFINAG geschildert und von Ihnen bei der persönlichen Vorsprache am 29.11.2011 auch eingestanden, sind die Ersatzjahresvignette wegen eines Handhabungsfehlers und die Ersatzmaut wegen Mautprellerei zwei zu trennende Vorgänge."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

"Ich berufe gegen Ihr Straferkenntnis (VerkR96-6101-2011-BS) vom 13.2.2010, weil ich die mir zu Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Ich war zu jeder Zeit -insbesondere zum Tatzeitpunkt am 13.4.2011 um 9h17 auf der A7 km 000.853 - überzeugt, die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet und gebraucht zu haben.

Bis zum Zeitpunkt des Erhalts 'Zahlungsaufforderung Ersatzmaut' (Schreiben Asfinag vom 4.5.2011) war ich mir vollkommen sicher, dass ich das mautpflichtige Straßennetz rechtens benütze. Andererseits hätte ich sofort - mit geringem Aufwand - eine Ersatzvignette organisiert. Als Beweis kann ich anführen, dass ich die Ersatzvignette sofort angefordert habe, als mir dieser Fehler bewusst wurde. Zu diesem Zeitpunkt war mir nicht bekannt, dass überdies ein Strafverfahren eingeleitet wird, was unterstreicht, dass ich auch beim Bekanntwerden zu einem früheren Zeitpunkt (z.B. im Zeitpunkt der falschen Handhabung) so gehandelt hätte.

Ich habe nach Eintreffen des Schreibens 'Zahlungsaufforderung Ersatzmaut' umgehend gehandelt, bin mit der ASFINAG in Verbindung getreten (siehe Schreiben ASFINAG vom 4.5.2011) und habe sofort am nächsten Tag (am 9.5.2011) eine neue Vignette gekauft, geklebt und alle von der ASFINAG geforderten Formalitäten für die Kostenrückerstattung erfüllt (Details siehe auch Einspruch gegen die Strafverfügung, BauR96-445-2011, vom 6.9.2011).

Laut ASFINAG (Schreiben vom 24.20.2011) fehlten der Vignette auf meinem Fahrzeug zwei von sieben Sicherheitsmerkmalen. Dies wurde offensichtlich durch einen Handhabungsfehler (am 4. März 2011) meinerseits verursacht. Allerdings war für mich die Vignette optisch einwandfrei in Ordnung, sodass für mich nicht erkennbar war, dass eine mechanische Beschädigung vorgelegen ist! Zum Tatzeitpunkt war mir nicht bekannt/bewusst, dass diese Sicherheitsmerkmale in die Vignette eingearbeitet sind, so dass die Vignette zwar optisch für einen Laien vollkommen unbeschädigt und nur durch Maschinen erkennbar defekt sein kann. Diese Unkenntnis teile ich mit dem Großteil der österreichischen Straßenbenützer!

Daher war ich mir zum Tatzeitpunkt subjektiv völlig sicher, dass mit meiner Vignette alles korrekt ist. Es gab für mich auch keinen Grund zum Zweifel, da ich - wie bereits in meinem Einspruch gegen die Strafverfügung (BauR96-445-2011) vom 6.9.2011 angeführt - beinahe täglich auf dem mautpflichtigen Straßenstück unterwegs bin und auch regelmäßig von ASFINAG Mitarbeitern (optisch!) kontrolliert werde.

Was mir hier also vorgeworfen wird und worauf sich das Straferkenntnis begründet ist, dass die Vignette auf meinem Fahrzeug nicht ordnungsgemäß angebracht war, weil laut ASFINAG zwei von sieben Sicherheitsmerkmalen fehlten, nämlich laut ASFINAG Schreiben »So fehlt die Ziffer „1" (von 11 = 2011) und der Buchstabe „B" ist verstümmelt" Genau diese beiden „Sicherheitsmerkmale" befinden sich aber nach wie vor (d.h. nach dem die alte Vignette abgelöst und an die ASFINAG gesandt wurde) auf der Windschutzscheibe meines Autos und sind dort auch für das menschliche Auge sichtbar - was auch von der Leiterin der Amtshandlung Fr. S B am 29.11.2011 persönlich begutachtet und bestätigt wurde (siehe Niederschrift über meine Vernehmung vom 29.11.2011).

Dies zeigt, dass die maschinelle Kontrolle offensichtlich „anders" sieht, als das menschliche Auge. Ich möchte hier die maschinelle Kontrolle nicht in Frage stellen, aber klar festhalten, warum für mich zum Tatzeitpunkt die Vignette subjektiv vollkommen ordnungsgemäß angebracht war. Woher hätte ich wissen sollen, dass meine Vignette defekt war?

Darüber hinaus habe ich schon in meinem Einspruch gegen die Strafverfügung (BauR96-445-2011) vom 6.9.2011 ausführlich dargelegt, dass ich durch eine etwaige Mautprellerei nicht den geringsten Vorteil hätte, weil ich seit Februar 2010 nur dieses Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen (X) besitze und benütze, sowie beinahe täglich auf dem mautpflichtigen Straßennetz unterwegs bin, da ich in Hagenberg arbeite und in G wohne. Daher würde die mir zur Last gelegten Mautprellerei auch keinen Sinn ergeben! Warum oder wozu hätte ich das tun sollen?

Außerdem kann ich Zeugen aufbringen, welche meine Aussagen bestätigen. Insbesondere habe ich auch einen Zeugen (Hrn. FH-Prof. Dr. F S) angegeben, welcher zugegen war, als mir dieser Handhabungsfehler passiert ist. Leider wurde auf dessen Zeugeneinvernahme verzichtet - er hätte auch bestätigen können, dass die besagte Vignette auch aus seiner Sicht optisch einwandfrei war.

 

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass

1.     meine Vignette zum Tatzeitpunkt defekt war, dies aber nur maschinell erkennbar war.

2.     meine Vignette zum Tatzeitpunkt für mich nicht beschädigt war und ich besten Wissens und Gewissens auf dem österr. mautpflichtigem Straßennetz unterwegs war.   

3.     sich die beiden fehlenden Sicherheitsmerkmale meiner Vignette objektiv noch heute auf der Windschutzscheibe meines Fahrzeuges befinden!

4.     ich einen Zeugen habe, der meine Aussage bezügl. des Handhabungsfehlers bestätigen kann!

5.     ich keinen Vorteil hatte, weil eine etwaige Mautprellerei (z.B. durch Umkleben auf ein anderes Fahrzeug) für mich nicht möglich war und keinen Sinn ergibt.

6.     dass es auch keinen Geschädigten gibt, weil ich nachweisbar alle Mautgebühren entrichtet habe.

Diese Situation und Ihr Straferkenntnis ist nur durch einen Handhabungsfehler entstanden. Die Vignette hat vom Anbringen im Jänner 2011 bis zu dem Zeitpunkt am 9.5.2011, als die Ersatzvignette von mir angebracht wurde, mein Fahrzeug und dessen Windschutzscheibe nie verlassen, auch wenn die Vignette - wie von mir nie bestritten - zwischendurch versehentlich teilweise abgelöst wurde (Handhabungsfehler!).

Also nicht nur, dass ich weder vorsätzlich noch (leicht) fahrlässig gehandelt habe, ich hatte auch keinen Vorteil davon, denn wenn ich sofort die Ersatzvignette erstanden hätte, dann wäre mir auch dieses ganze Verfahren - wegen eines Vignetten-Handhabungsfehlers -erspart geblieben. Und es ist offensichtlich, dass ich als unbescholtener Geschäftsführer einer bekannten oberösterreichischen Forschungseinrichtung in allen Situationen korrekt handeln möchte.

 

Daher ersuche ich aufgrund der angeführten (nachgewiesenen) Tatsachen dieser Berufung statt zu geben.

Ich ersuche, dass von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird, zumal mein Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, in eventu ersuche ich um Ermahnung."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Hinsichtlich des Sachverhaltes folgt der Unabhängige Verwaltungssenat im Zweifel der Darstellung des Bw. Demnach löste dieser die von ihm gekaufte und ordnungsgemäß angebrachte Vignette für das 2011 am 4.3.2011 irrtümlich teilweise von der Windschutzscheibe – jedoch nach Erkennen des Irrtums, die von einer Verwechslung mit der Vignette des Jahres 2010 beruhte  - teilweise von der Windschutzscheibe ab. Die dadurch sichtbar werdenden Ungültigkeitsmerkmale fielen dem Bw zunächst nicht auf. Erst auf das auf Grund einer automatischen Vignettenkontrolle am Tattag hin ergangenes Ersatzmautangebot der ASFINAG vom 4.5.2011 hin, wurde dem Bw die Ungültigkeit der Vignette bewusst, woraufhin er sich mit der ASFINAG telefonisch in Verbindung setzte und ihm empfohlen wurde, eine neue Vignette zu kaufen. Zusätzlich wurden ihm die Kosten dieser Vignette – wie telefonisch besprochen, im Sinne einer Ersatzvignette refundiert (Kostenrückerstattung laut Schreiben der ASFINAG vom 12.5.2011, Kauf einer neuen Vignette am 9.5.2011; siehe Beilagen zur Rechtfertigung). Auf Grund des Telefonats mit der ASFINAG ging der Bw davon aus, dass mit der angesprochenen Vorgangsweise die Anzeige "hinfällig" sei und der Bw "dafür nichts mehr zu tun hätte" (vgl. den Einspruch des Bw vom 13.9.2011). Letzteres betrifft laut Einspruch insbesondere die 4 Wochenfrist für die Leistung der Ersatzmaut.

 

In rechtlicher Hinsicht ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich der Berufungsantrag auf das Absehen von der Strafe (§ 21 VStG) richtet und somit der Tatvorwurf unbestritten ist. Die kumulativen Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG – Geringfügigkeit des Verschuldens und Unbedeutendheit der Tatfolgen – sieht der Bw ausdrücklich als gegeben an.

 

Zum Verschulden des Bw ist zu bemerken, dass seit 2011 die Vignette auf der Rückseite (also vom Innenraum des Fahrzeuges aus sehr deutlich erkennbar) die Aufschrift "2011" trägt, was die Verwechslung der Vignetten durchaus vorwerfbar macht. Aus dem Umstand, dass der Bw die Vignette nur teilweise abgelöst hatte (so ausdrücklich der Einspruch gegen die Strafverfügung) ergibt sich außerdem, dass dem Bw der Fehler während des Ablösens zu Bewusstsein kam. Schon aus diesen beiden Gründen ist dem Bw eine gesteigerte Aufmerksamkeit betreffend der Gültigkeit der Vignette zumutbar. Die Folgen unsachgemäßer Behandlung der Vignette sind im Übrigen auch in der Mautordnung festgehalten (Pkt. 7.1). Dazu kommt, dass die im Akt beiliegenden Beweisfotos der automatischen Vignettenkontrolle so stark hervortretende Ungültigkeitsmerkmale zeigen, dass diese bei Betrachtung der Vignette (zumal von außerhalb des Fahrzeugs) mit gehöriger Aufmerksamkeit auffallen hätten müssen, wobei zu betonen ist, dass sich dem "freien Auge" aus der Nähe ein zumindest gleichwertiges (in Wahrheit: ein wesentlich besseres) Bild bietet als der fotografischen Aufnahme eines bewegten Fahrzeuges aus der Entfernung bei der automatischen Kontrolle. Widerlegt wird dies keineswegs durch die vom Bw selbst beigebrachten Fotos betreffend die Situation nach gänzlicher Ablösung der Vignette von der Windschutzscheibe. Aus diesen ist – im Gegenteil – ersichtlich, dass wesentliche Teile der Vignette auf der Windschutzscheibe haften geblieben sind. Das Tatbestandselement der Geringfügigkeit des Verschuldens ist daher nicht gegeben.

 

Auch das zweite Erfordernis, die Unbedeutendheit der Tatfolgen, liegt gegenständlich nicht vor, da die Tatfolgen in Zusammenhang mit der Handhabung von Mautvignetten nicht nur den Kauf der Vignette und die eine Mehrfachverwendung ausschließende Anbringung der Vignette betreffen, sondern auch den Zweck der Durchführung einer problemlosen Kontrolle, wie sie für "Massenverfahren" erforderlich ist.

 

Der Strafberufung konnte daher nicht in vollem Umfang stattgegeben werden. Hingegen erscheint es vertretbar, dass außerordentliche Milderungsrecht (§ 20 VStG) anzuwenden und den so gewonnen Strafrahmen zugunsten des Bw voll auszuschöpfen. Begründbar ist dies neben der Unbescholtenheit damit, dass die Vignette gekauft und ordnungsgemäß angebracht wurde und nach den besonderen Umständen des Falles die Intention einer Mehrfachverwendung nicht anzunehmen ist. Die Herabsetzung der Strafen erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat und führt zu einer entsprechenden Reduktion der Verfahrenskosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

 

Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass Umstände nach dem Tatzeitpunkt die entscheidungsrelevante Situation (am Tattag) nicht berühren. Was die Rolle solcher Umstände für die Leistung der Ersatzmaut betrifft, ist auf die Regelung des § 19 Abs.6 BStMG hinzuweisen, wonach auf das Ersatzmautangebot kein subjektives Recht besteht. Daraus ergibt sich, dass die Gründe, aus denen der Strafausschließungsgrund des § 19 BStMG nicht zum Tragen kam, unerheblich sind; vielmehr ist das bloße Faktum der nicht fristgemäßen Leistung der Ersatzmaut maßgeblich.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum