Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401177/16/Wg/WU

Linz, 04.05.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des X, geb. X, vertreten durch den X, X, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft seit 28. März 2012 durch die Bundespolizeidirektion Linz, sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2012 durch mündliche Verkündung, zu Recht erkannt:

 

       I.      Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 16. April 2012 um 15.30 Uhr bis zur am 27. April 2012 erfolgten Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes vom 27. April 2012, AZ 12 03.702 EAST Ost, rechtswidrig war.

 

    II.      Das Mehrbegehren (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme, der Anhaltung in Schubhaft von der am 28. März 2012 um 11.00 Uhr erfolgten Zustellung des Schubhaftbescheides vom 28. März 2012 bis 16. April 2012 um 15.30 Uhr sowie seit der am 27. April 2012 erfolgten Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes vom 27. April 2012, AZ 12 03.702 EAST Ost) wird als unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

 III.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bundespolizeidirektion Linz) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

  IV.      Der Bund (Verfahrenspartei Bundespolizeidirektion Linz) hat dem Beschwerdeführer Kosten in der Höhe von insgesamt 1.673,90 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 69a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Linz (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 28. März 2012, AZ: 1058209/FRB, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 76 Abs.2 Z1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) iVm. § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) angeordnet. Die belangte Behörde argumentierte, der Bf habe am 27. März 2012, anlässlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle, durch Polizeibeamte, in einem Reisezug von Wien kommend, aufgrund des bestehenden Festnahmeauftrages festgenommen werden können, sei der Behörde vorgeführt worden und in weiterer Folge in das PAZ x eingeliefert worden. Bereits diesen Beamten gegenüber habe er den nunmehr 3. Asylantrag gestellt, sei somit als Fremder zu betrachten, der im Sinne von § 76 Abs. 2 FPG einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Da gegen ihn bereits eine Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz bestehe, welche sogar rechtskräftig und durchsetzbar sei, habe die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG angeordnet werden können. Die neuerliche Anordnung eines gelinderen Mittels könne bei ihm nicht mehr in Frage kommen, da er bereits gezeigt habe, dass er nicht bereit sei, derartigen Anordnungen Folge zu leisten, sondern vielmehr alles versuchen würde, sich dem Zugriff österreichischer Behörden zu entziehen. Diese Annahme werde dadurch massiv bestärkt, dass bereits Polizeibeamte der Polizei Wien versucht hätten, seiner habhaft zu werden, er jedoch aus der Wohnung flüchtete, als er ein Polizeiauto vor dem Haus parken gesehen habe.

 

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 27. April 2012, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 30. April 2012. Der Bf beantragt darin, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung für rechtswidrig zu erklären, sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen. Begründend führt er aus, mit nachstehender Beschwerde werde die Festnahme, die Schubhaftverhängung und die Anhaltung in Schubhaft durch die Fremdenpolizei x durch Schubhaftbescheid der BPD Linz, GZ dzt. unbekannt, bekämpft. Beim Bf handele es sich um einen Flüchtling aus Armenien. Er sei als Kind gemeinsam mit den Eltern nach Österreich gekommen. Die Asylanträge der Familie seien abgelehnt worden. Die Familie des Bf sei schließlich freiwillig nach Hause zurückgekehrt. Die Situation in Armenien sei für die Familie jedoch dermaßen gefährlich gewesen, dass die Familie neuerlich flüchten musste und einen Asylantrag in Frankreich gestellt habe, wo sie sich gegenwärtig aufhalte. Der Bf habe aufgrund der Gefährdung in Armenien sowie des Faktums, dass er als nunmehr in Armenien der Wehrpflicht unterliegender Mann einen neuen Antrag auf Asyl und internationalen Schutz gestellt. Dieser neue Asylantrag laufe unter der GZ 1203.703 EAST-Ost, eine Entscheidung sei noch ausständig. Das Bundesasylamt, EAST-Ost, sei bislang eher unwillig gewesen, die neuen Gründe für den Asylantrag zu prüfen. Dass kein Sachverhalt der "bereits entschiedenen Sache" vorliege, sei jedoch offenkundig und könne als Faktum betrachtet werden, dies schon allein aus den folgenden Gründen: Der Bf sei Yeside und beim Militärdienst real gefährdet, als Angehöriger einer Minderheit unmenschlich und lebensbedrohlich behandelt zu werden. Der Bf könne aus Gewissensgründen und Gründen seiner Persönlichkeit keinen Militärdienst durchführen, ein alternativer (Zivil-)Dienst ohne Bezug zum Militär existiere in Armenien nicht. Der EGMR habe jüngst in einer Entscheidung der großen Kammer Armenien verurteilt, weil es Wehrdienstverweigerer inhaftiere. Bislang sei nach der Verurteilung durch den EGMR in Armenien nichts Positives zur Veränderung der Situation geschehen. Im Asylverfahren seien detaillierte Informationen zu den Missständen in Armenien und die Verurteilung durch den EGMR vorgelegt worden. Der Bf sei zuletzt in einem Wohnplatz des Verein x wohnhaft gewesen. Einen Meldezettel habe der Bf trotz intensiver Bemühungen bislang nicht bekommen, da das Meldeamt mangels geforderten Identitätsdokuments keine Meldezettel ausstellen wollte. Der Bf habe stets einen tatsächlichen Wohnplatz beim Verein X zur Verfügung gehabt. Auch gegenwärtig und zukünftig stehe der Wohnplatz für den Bf bereit. Trotz schriftlichen Ersuchens habe die belangte Behörde an die Rechtsvertretung weder Schubhaftbescheid übermittelt noch Aktenzahl etc. mitgeteilt. Es gebe keinen besonderen Sicherungsbedarf, der eine Schubhaft rechtfertigen könne. Aus der Schubhaft heraus habe der Bf einen Asyl-Folgeantrag gestellt. Dieser sei im Laufen, Entscheidung gebe es keine. Der neue Asylantrag werde neu zu überprüfen sein. Der Bf sei im Falle der Rückkehr, wie oben bereits dargelegt und wie im Asylverfahren dokumentiert, asylrelevanten sowie jedenfalls im Sinn der Artikel 2 und 3 EMRK gefährdet. Einer vorgeschlagenen freiwilligen Rückkehr über den Verein Menschenrechte Österreich habe der Bf schließlich nicht mehr zugestimmt, da er in Armenien gefährdet sei und er aktuell erfahren habe, dass auch die Familienangehörigen in Armenien keine Sicherheit gefunden hätten. Der Bf sei zum Zeitpunkt der Schubhaftnahme in einem Quartier vom Verein x wohnhaft gewesen, und dies sei der Polizei auch bekannt gegeben worden. Der Bf sei weiters zum Zeitpunkt der Schubhaftnahme vom Verein x rechtlich vertreten gewesen. Er sei kooperativ. Gegenwärtig sei der Bf wieder ein Asylwerber im offenen Verfahren. Es sei in seinem eigenen Interesse, dass der Asylantrag bearbeitet werde. Er habe am Asylverfahren vorbildlich mitgewirkt und ein glaubwürdiges, reales Vorbringen erstattet. Er habe bereits den Beweis erbracht, dass er in Armenien bedroht sei. Die BPD hätte die Verpflichtung, die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft laufend zu überprüfen. Dies geschehe im gegenständlichen Fall offensichtlich nicht. Eine Anfrage vom 26. April 2012, weshalb die BPD von der Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft ausginge, sei schlicht ignoriert worden. Eine gebotene Unverhältnismäßigkeitsprüfung sei von der belangten Behörde unterlassen worden und werde auch gegenwärtig nicht durchgeführt. Fehlende Ausreisewilligkeit vermöge nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH für sich allein die Verhängung von Schubhaft niemals zu rechtfertigen. Allenfalls hätte mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden können. Der unbescholtene Beschwerdeführer sei kooperativ, spreche perfekt Deutsch und könne sich vor Behörden gut artikulieren. Die Festnahme, Schubhaftverhängung und die Anhaltung in Schubhaft seien daher rechtswidrig. Im Kostenverzeichnis wurden der Schriftsatzaufwand mit 737,60 Euro und die Gebühren mit 13,20 Euro, zusammen 750,80 Euro, verzeichnet.

 

Die belangte Behörde legte den bezughabenden Akt vor und erstattete mit Eingabe vom 30. April 2012 eine Gegenschrift. Es wurde beantragt, der UVS des Landes Oberösterreich möge die Beschwerde als unbegründet abweisen, allenfalls zurückweisen; den Bf zum Ersatz der angeführten Kosten verpflichten (Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde, Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde, in eventu Ersatz für Verhandlungsaufwand).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 4. Mai 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete eingangs folgendes Vorbringen:

 

"Auf die im Verfahren erstattete Gegenschrift wird verwiesen. Die dort gestellten Anträge, insbesondere der Kostenzuspruch gemäß UVS-Aufwandersatzverordnung wird ausdrücklich aufrecht erhalten. Auch die übrigen Anträge werden aufrecht erhalten. Die Beschwerde möge als unbegründet abgewiesen werden, allenfalls als unzulässig zurückgewiesen werden."

 

Der Beschwerdeführer erstattete gemeinsam mit seiner Rechtsberaterin folgendes einleitendes Vorbringen:

 

"Die Schubhaftbeschwerde und die dort gestellten Anträge werden vollinhaltlich aufrecht erhalten. Dem Asylantrag wird stattzugeben sein. Insgesamt erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig. Es hätte jedenfalls mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden können. Es wird die kostenpflichtige Stattgabe der Beschwerde beantragt."

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete folgendes abschließendes Vorbringen:

 

"Die Bundespolizeidirektion Linz wurde am 27. April 2012 über die Erlassung des Bescheides vom 27. April 2012 verständigt. Für uns bestand kein Zweifel bzw. besteht kein Zweifel daran, dass der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs.2 Z1 FPG weiterhin erfüllt ist, da eine durchsetzbare Ausweisung vorliegt. Auf die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 38 Asylgesetz wird ausdrücklich hingewiesen. Es wird daher iSd Gegenschrift die Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt."

 

Der Beschwerdeführer und seine Rechtsberaterin erstatteten abschließend folgendes Vorbringen:

 

"Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass mir seitens des Bundesasylamtes zugesagt wurde, ich würde im Fall der Erhebung einer Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid vom 27. April 2012 auf jeden Fall aus der Schubhaft entlassen werden. Ich müsste mich gegebenenfalls bei der Polizei melden. Es liegt keine Fluchtgefahr vor. Der Rat des Vereins X wurde allenfalls missverstanden. Ich war jedenfalls berechtigt, davon ausgehen zu dürfen, dass die Meldepflicht mit dem Ratschlag von X hinfällig war. Aus diesem Grund wird das Beschwerdevorbringen vollinhaltlich aufrecht erhalten. Auf die Ausführungen der Beschwerde wird verwiesen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bf wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Armenien.

 

Er reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 26. September 2005 seinen ersten Asylantrag ein.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21. September 2006, FZ: 0515.797-BAG, wurde der Asylantrag des Bf gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. für zulässig erklärt (Spruchpunkte I. und II.). Gleichzeitig wurde der Bf gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 nach Armenien ausgewiesen.

 

Die gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobene Beschwerde vom 5. Oktober 2006 wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2007 vom Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) mit Bescheid vom 27. September 2007, Zahl 306.150-C1/4E-XVIII/59/06, gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 als unbegründet abgewiesen.

 

Mit Beschluss des VwGH vom 22. Jänner 2008, Zahlen AW 2008/19/0062 bis 0065-3, wurde der gegen den angeführten Bescheid des UBAS erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.

 

Der Bf stellte am 15. Oktober 2007 durch seinen damaligen gesetzlichen Vertreter einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Eigene Fluchtgründe wurden für den damals mj. Bf nicht vorgebracht.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. Februar 2008, FZ: 0709.586-BAL, wurde der 2. Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. Z 1 wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen (Spruchpunkt II.).

 

Die dagegen fristgerecht erhobene Berufung wurde mit Bescheid des UBAS vom 21. März 2008, Zahl 306.150-2/4-E-XVIII/59/08, wegen eines Zustellmangels als unzulässig zurückgewiesen. Der Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr datiert mit 9. April 2008) wurde dem Bf daher neuerlich zugestellt. Der Bf erhob dagegen Berufung. Der UBAS setzte daraufhin das Verfahren bis zur Entscheidung des VwGH über den 1. Asylantrag aus.

 

Der VwGH wies diese Beschwerde mit Beschluss vom 17. März 2009 als unbegründet ab. Der Asylgerichtshof wies daraufhin mit Erkenntnis vom 29. August 2011 die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. April 2008 erhobenen Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) und § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 ab.

 

Das Asylverfahren seiner Familienangehörigen verlief ebenfalls negativ. Seine Familie ist zwischenzeitig freiwillig am 24. Jänner 2012 aus Österreich ausgereist. In Österreich halten sich zurzeit keine Familienangehörigen des Bf auf.

 

Zum fremdenpolizeilichen Verfahren ist festzustellen, dass die Bundespolizeidirektion Linz aufgrund der am 3. September 2011 in Rechtskraft erwachsenen asylrechtlichen Ausweisung (vgl. AGH-Erkenntnis vom 29. August 2011) mit Bescheid vom 13. Oktober 2011 gemäß § 77 Fremdenpolizeigesetz 2005 zur Sicherung der Abschiebung als gelinderes Mittel anordnete, dass sich der Bf ab Zustellung dieses Bescheides in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden habe. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Konkret erging die Anordnung, dass sich der Bf täglich in der Zeit zwischen 6 Uhr und 22 Uhr bei der Polizeiinspektion X in X persönlich zu melden habe.

 

Der Bf meldete sich daraufhin durchgehend von 17. Oktober 2011 bis 12. Jänner 2012 täglich bei der PI X.

 

Am 13. Jänner 2012, um 16.20 Uhr, wurde ihm die Information über den bevorstehenden Abschiebetermin (am 17. Jänner 2012) anlässlich einer Meldung auf der Polizeiinspektion X ausgefolgt. Seither ist er seiner täglichen Meldeverpflichtung bei der Polizeiinspektion X nicht mehr nachgekommen.

 

Da auch die anderen Familienangehörigen untertauchten, konnte die für 17. Jänner 2012 avisierte Abschiebung nicht stattfinden. Wie schon erwähnt, reiste seine Familie am 24. Jänner 2012 freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

 

Aufgrund seines Untertauchens erließ die BPD Linz einen Festnahmeauftrag. Dieser wurde auch im Fremdeninformationssystem eingetragen.

 

Auf die Frage des Verhandlungsleiters, wo er sich nach dem 13. Jänner 2012 aufgehalten habe, gab der Bf in der mündlichen Verhandlung an, dass er sich bis Sonntag, 15. Jänner 2012 noch in der X in X in seiner Wohnung aufhielt. Er sei weder am Samstag noch am Sonntag zur Polizei gegangen, um sich zu melden. Er hatte Angst, abgeschoben zu werden. Am 15. Jänner 2012 verließ er die Wohnung in der X und kehrte nicht mehr dorthin zurück. Er war ab 15. Jänner 2012 obdachlos. Er ging damals unter anderem nach X. Wann genau er dort war, konnte er in der mündlichen Verhandlung nicht mehr sagen. Er telefonierte in weiterer Folge mit dem Verein X, wo man ihm Hilfe zusagte. Ende Jänner, Anfang Februar 2012 fuhr er nach X zum Verein X.

 

Mit 16. Februar 2012 erfolgte die amtliche Abmeldung am vormaligen Wohnsitz X.

 

Am 16. Februar 2012 langte bei der Bundespolizeidirektion Wien ein Fax des Flüchtlingsprojektes X ein, wonach der Bf an der Adresse X, wohnhaft und postalisch erreichbar sei. Er besitze keinen Lichtbildausweis und könne aus diesem Grund nicht angemeldet werden.

 

Vom Verhandlungsleiter zur zeitlichen Einordnung des Telefax des X vom 16. Februar 2012 befragt, gab der Bf in der mündlichen Verhandlung an, dass er kurz vorher bereits beim Verein X Unterkunft genommen hatte. Vom Verhandlungsleiter befragt, aus welchem Grunde die Polizei nicht vorher bzw. rechtzeitig wissen ließ, dass er der Meldepflicht nicht mehr nachkommen würde, gab er in der mündlichen Verhandlung an, dass Frau X der Polizei mitgeteilt habe, dass er jetzt im Verein X erreichbar sein würde. Von seiner Rechtsberaterin in der mündlichen Verhandlung befragt, ob er die Auskunft des Vereins X so verstand, dass er sich nicht mehr bei der Polizei melden müsste, bzw. jetzt der Verein diese Meldung übernehmen würde, gab er an, dass dies zutreffe. Er sei der Ansicht gewesen, dass durch die Meldung durch den Verein X jetzt alles in Ordnung erledigt sei.

 

Die Bundespolizeidirektion Wien avisierte als geplanten Abschiebetermin den 27. März 2012 und erließ gegen den Bf am 22. März 2012 einen Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005. Laut Bericht des Stadtpolizeikommandos X vom 26. März 2012 wurde am 25. März 2012 um 22.30 Uhr durch die Besatzung des T/1 versucht, den Bf an der Wohnadresse X anzutreffen. Aus diesem Bericht geht weiters hervor: "Die Türe wurde uns von X geöffnet, welcher angab, dass der T. geflüchtet sei, als er zu Mittag ein Polizeiauto vor dem Haus parken sah. Seitdem ist er nicht mehr gekommen und er wisse auch nicht, ob und wann er wiederkommen würde. Der A. gab uns die Telefonnummer des T.: X." Der damalige Aufenthaltsort konnte dem Stadtpolizeikommando X zufolge nicht eruiert werden.

 

Vom Verhandlungsleiter zum Bericht des Stadtpolizeikommando X vom 26. März über die Amtshandlung am 25. März 2012 um 22.30 Uhr befragt, gab der Bf in der mündlichen Verhandlung an, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht an der Wohnadresse X, aufhältig war. Er hielt fest: "Ich hätte mich niemals beim Verein X gemeldet bzw. dort Unterkunft genommen, wenn ich vorhätte, unterzutauchen." Vom Verhandlungsleiter befragt, wo er sich am 25. März 2012 um 22.30 Uhr aufhielt, gab er an, dass er das nicht mehr genau wisse. Entweder sei er in einem Wettbüro gewesen oder sei gerade vom Sporttraining X gekommen. Vom Verhandlungsleiter befragt, aus welchem Grund X dem Polizeibeamten mitteilte, dass er geflüchtet sei, als er zu Mittag ein Polizeiauto vor dem Haus parken sah, gab der Bf an, dass er nicht wisse, warum er das gesagt habe. Er sei jedenfalls nicht weggelaufen. Er sei zu Mittag nicht einmal in der X gewesen. Also könne er von dort auch nicht weggelaufen sein. Vom Verhandlungsleiter befragt, aus welchem Grund X den Polizeibeamten gegenüber die Unwahrheit behaupten sollte, gab er an, dass er sich das nicht erklären könne. Vielleicht habe dieser einfach die Wohnung für sich alleine haben wollen. Sie wären ja zu dritt in der Wohnung gewesen. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob bzw. wann er am 25. März 2012 in die X zurückkehrte, gab der Bf an, dass er das nicht mehr so genau sagen könne.

 

Aus der Berichterstattung des Stadtpolizeikommandos X, PI X vom 27. März 2012 geht hervor: "Der armenische StA X reiste am 27. März 2012 mit einem Zug der Westbahn von X kommend in Richtung X. Bei einer Schwerpunktzugskontrolle durch Beamte der PI X und X (ML, PI X, AI X, RI X) gegen 18.50 Uhr im Bereich X wurde festgestellt, dass gegen ihn ein Festnahmeauftrag der BPD Linz vom 18. Jänner 2012, Zl. 1-1058209/FRB/12, besteht. T. wurde daraufhin um 18.55 Uhr gemäß §§ 39, 74 FPG festgenommen. Dieser erließ um 19.30 Uhr einen Festnahmeauftrag und verfügte die Einlieferung in das PAZ X. " Als Tatort/Vorfallsort wird angegeben: "4X, Beschreibung: Westbahnzug (X – X), Höhe X, öffentliche Verkehrsmittel (Festnahmeort)".

 

Vom Verhandlungsleiter zur Zugfahrt am 27. März 2012 befragt, gab der Bf an, dass er auf dem Weg zu einer in Linz aufhältigen Freundin gewesen sei. Diese Freundin heiße X. Der Nachname sei ihm nicht bekannt. Vom Verhandlungsleiter befragt, wie lange er sich in X aufhalten wollte, gab der Bf an, dass er noch am selben Tag wieder nach X zurückkehren wollte. Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, wie er mit dieser Freundin X den Termin bzw. das Treffen vereinbart hatte, gab der Bf in der mündlichen Verhandlung an, dass der Termin telefonisch vereinbart worden sei. Vom Vertreter der belangten Behörde zur Telefonnummer der erwähnten X befragt, gab er an, dass X nicht wisse, dass er sich in Schubhaft befinde. Er wolle nicht, dass sie traurig werde. Vom Vertreter der belangten Behörde ergänzend zur Telefonnummer der Freundin X befragt, gab der Bf an, dass er diese Telefonnummer nicht herausgeben möchte. Er möchte selber mit ihr sprechen. Er wollte nicht, dass seine Freundin X von jemanden anderen als ihm darüber informiert wird, dass er sich in Schubhaft befindet.

 

Der Bf stellte noch am 27. März 2012 gegenüber den Beamten einen Asylantrag.

 

Am 28. März 2012 wurde der Bf der belangten Behörde vorgeführt und niederschriftlich einvernommen. Um 11 Uhr wurde ihm am 28. März 2012 der bekämpfte Bescheid ausgehändigt. Seither befindet sich der Bf in Schubhaft.

 

Vom Verhandlungsleiter zur Hungerstreikmeldung der BPD Wien vom 29. März 2012 befragt, gab der Bf an, dass er insgesamt 3 oder 4 Tage ab 27. März 2012 im Hungerstreik gewesen war.

 

Vom Verhandlungsleiter zur Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr vom 5. April 2012 befragt, gab der Bf an, dass ihm immer gesagt worden sei, er habe keine Chance und er würde abgeschoben werden. Darum habe er sich entschlossen, eine freiwillige Rückkehr vorzuziehen.

 

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass der Rückflug im Rahmen der freiwilligen Rückkehr für den 12. April 2012 avisiert war und er erst am 12. April 2012 kurz vorher sagte, dass er doch nicht freiwillig zurückkehren möchte, gebe der Bf an, dass dies richtig sei. Er habe nicht zurückwollen, da ihm in Armenien das Schlimmste drohe. Er müsse mit dem Tod rechnen.

 

Mit Eingabe vom 26. April 2012 übermittelte der Bf der belangten Behörde die Vollmacht für den X. Es wurde ersucht, den Schubhaftbescheid zu übermitteln. Ebenso wurde ersucht, mitzuteilen, aus welchem Grund gegenwärtig von der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ausgegangen werde. Das Asylverfahren sei noch offen, der Bf habe darauf aufmerksam gemacht, dass er aufgrund der Wehrpflicht asylrelevante Probleme habe und diesbezüglich auch auf die jüngst ergangene Entscheidung des EGMR aufmerksam gemacht, mit der Armenien in Verbindung mit Haftstrafen für Wehrdienstverweigerer verurteilt worden sei. Eine inhaltliche Prüfung des neuen Asylantrages sei daher zu erwarten und jedenfalls noch ausständig. Mit Telefax vom 27. April 2012 übermittelte die belangte Behörde dem X den Schubhaftbescheid. Zu Punkt 3 des Ersuchens (Prüfung der Verhältnismäßigkeit) wurde auf die Begründung des Schubhaftbescheides verwiesen.

 

Das Bundesasylamt wies in weiterer Folge mit Bescheid vom 27. April 2012 den Antrag auf internationalen Schutz vom 27. März 2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz ab. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen. Weiters wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 38 Abs. 1 Asylgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt. Laut Mitteilung des Bundesasylamtes vom 30. April 2012 wurde der Bescheid des Bundesasylamtes mit 27. April 2012 erlassen.

 

Festzustellen ist weiters, dass sich eine Tante des Bf in X aufhält. Bei dieser Tante hat er aber zu keinem Zeitpunkt Unterkunft genommen. Seine Eltern und sein Bruder kehrten nach der freiwilligen Rückkehr im Jänner 2012 nach Europa zurück und halten sich seither in Frankreich auf.

 

Der Bf schloss in Österreich die Hauptschule positiv ab und war in Sportvereinen aktiv, so zum Beispiel im Nachwuchsfußballverein X.

 

Er stellte am 27. September 2011 beim Magistrat Linz einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte Plus" gemäß § 41 a Abs. 9 NAG. Über diesen Antrag wurde bislang nicht entschieden. Der Bf verfügt über einen Arbeitsvorvertrag. Er könne eigenen Angaben zufolge – sobald ihm die Aufenthaltstkarte erteilt werde – sofort zu arbeiten beginnen.

 

Zur Bereitschaft des Bf am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) mitzuwirken, ist Folgendes festzustellen: Er ist nicht bereit, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Es steht fest, dass er bei Betretung durch die Polizeibeamten der PI X am 27. März 2012 beabsichtigte, unterzutauchen um sich auf diese Weise dem Verfahren zu entziehen. An dieser Absicht hat sich seither auch nichts geändert.

 

 

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es sich gegenständlich um eine Ausfertigung des am 4. Mai 2012 mündlich verkündeten Erkenntnisses handelt. Eine nach dem 4. Mai 2012 eingetretene Änderung der Sachlage war daher nicht zu berücksichtigen.

 

Strittig war die Frage, ob bzw. inwieweit der Bf beabsichtigt, am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und seiner Abschiebung (§ 46 FPG) mitzuwirken.

 

Fehlende Ausreisewilligkeit vermag - für sich allein, wenn sie nicht in besonderen Umständen Niederschlag findet - die Verhängung von Schubhaft nicht zu rechtfertigen, zumal das asylrechtliche Verfahren in den Fällen des § 76 Abs 2a FrPolG 2005 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (Hinweis E 8. September 2005, 2005/21/0301). Auch die Abschiebevoraussetzungen des § 46 Abs 1 FrPolG 2005 vermögen ein Sicherungsbedürfnis nicht zu begründen (vgl VwGH vom 26. August 2008, 2010/21/0234).

 

In Ansehung des gestuften Regimes der einzelnen Ziffern des § 76 Abs 2 FrPolG 2005 verdichtet sich mit dem Fortschreiten der einzelnen Phasen des Asylverfahrens aus der Sicht des Asylwerbers die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz negativ beendet, er ausgewiesen und letztlich abgeschoben werden könnte. Bei typisierender Betrachtung ist demnach davon auszugehen, dass die hier maßgebliche Gefahr eines Untertauchens des Fremden umso größer wird, je mehr sich das Asylverfahren dem Ende nähert (vgl VwGH vom 25. März 2010, 2008/21/0617).

 

In dem frühen Verfahrensstadium vor Einleitung des Ausweisungsverfahrens, in dem die Schubhafttatbestände der Z 4 und der Z 3 des § 76 Abs 2 FrPolG 2005 in Betracht kommen, bedarf es besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl VwGH vom 25. März 2010, 2008/21/0617).

 

Für den Bf stand aufgrund des AGH-Erkenntnisses vom 29. August 2011 (vgl. VwGH vom 29. September 2011, 2009/21/0081) fest, dass die Außerlandesbringung unmittelbar bevorsteht. Er erklärte, Angst vor der Abschiebung zu haben. Er tauchte unter, als er am 13. Jänner 2012 über die für 17. Jänner 2012 geplante Abschiebung informiert wurde. Er kam somit der zuvor mit Bescheid angeordneten Meldepflicht nicht mehr nach. Die Ausführungen des Berichtes der SPK X sind glaubwürdig. Der Bf mutmaßte in der mündlichen Verhandlung, X habe die Wohnung für sich alleine haben wollen. Es steht jedenfalls fest, dass er zur erwähnten Zeit um 22.30 Uhr nicht angetroffen wurde. Am 27. März 2012 war er um 18.50 Uhr auf dem Weg nach X. Auch dies belegt seine Mobilität. Die behauptete Unterkunftnahme beim Verein X ändert nichts daran, dass davon auszugehen ist, dass er – wäre er am 27. März 2012 nicht festgenommen worden – untergetaucht wäre, um sich der Abschiebung zu entziehen. Es steht fest, dass er beabsichtigte unterzutauchen. Er ist nicht bereit, freiwillig nach Armenien zurückzukehren. Daran hat sich seither auch nichts geändert.

 

Der Einwand, er sei der Ansicht gewesen, durch die Meldung durch den Verein X sei alles in Ordnung erledigt gewesen, ändert daran nichts.

 

Sein Versprechen, sich jeden Tag bei der Polizei zu melden, wenn er entlassen würde, ist nicht glaubwürdig.

 

Im Übrigen ergeben sich die Feststellungen aus dem Vorbringen des Bf und dem Verwaltungsakt.

 

Der Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 39 Abs 2 FPG lautet:

 

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden festzunehmen,

1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 74 Abs. 1 oder 2) besteht, um ihn der Behörde vorzuführen;

2. der innerhalb von sieben Tagen nach der Einreise bei nicht rechtmäßigem Aufenthalt betreten wird oder

3. der auf Grund einer Übernahmserklärung (§ 19) eingereist ist.

 

§ 39 Abs 3 FPG lautet:

 

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber und Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor die Behörde festzunehmen, wenn

1. gegen diesen eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54), oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

§ 39 Abs 5 FPG lautet:

 

Die zuständige Fremdenpolizeibehörde ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen des Abs. 1 bis zu 24 Stunden und in den Fällen der Abs. 2 und 3 bis zu 48 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß Abs. 6, § 77 Abs. 5 oder in Schubhaft möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

 

§ 74 Abs 1 FPG lautet:

 

Die Behörde kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen (Festnahmeauftrag), wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes vorliegen und

1. der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder

2. der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte, sein letzter bekannter Aufenthalt jedoch im Sprengel der Behörde liegt.

 

§ 74 Abs 2 FPG lautet:

 

Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,

1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor die Fremdenpolizeibehörde erfolgt;

2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 1 und 70 Abs. 1, § 10 AsylG 2005) nicht nachgekommen ist;

3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46) erlassen werden soll oder

4. wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

 

§ 76 Fremdenpolizeigesetz lautet:

 

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

§ 80 FPG lautet:

 

(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

(6) Die Behörde hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(8) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

§ 83 FPG lautet:

 

 (1) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Wird der Fremde in einem öffentlichen Beförderungsmittel während einer Reisebewegung gemäß § 39 FPG festgenommen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für alle Maßnahmen, die aufgrund der Festnahme zu setzen sind, gemäß § 6 Abs. 7 FPG nach der nächstgelegenen Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist. Aufgrund des Vorfalles vom 27. März 2012 ergibt sich die Zuständigkeit der BPD Linz.

 

Der Umstand, dass der Bf am 27. September 2011 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt hatte, stand fremdenpolizeilichen Maßnahmen nicht entgegen, da er sich nicht seit 1. Mai 2004 in Österreich aufhält (vgl § 41a Abs 10 NAG). Zudem war die asylrechtliche Ausweisung bereits vor der Antragstellung in Rechtskraft erwachsen (§ 41a Abs 11 NAG).

 

In Folge der rechtskräftigen asylrechtlichen Ausweisung (vgl. AGH-Erkenntnis vom 29. August 2011) ist der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt. Der Umstand, dass der Bf nach der Festnahme einen Asylantrag stellte, ändert daran nichts (vgl. VwGH vom 29. September 2011, 2009/21/0081).

 

Die Festnahme war gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 FPG gerechtfertigt.

 

Der Bf wurde innerhalb der in § 39 Abs. 5 FPG bestimmten Frist von 48 Stunden der belangten Behörde vorgeführt.

 

Wäre der Bf freigelassen worden, wäre er untergetaucht. Ein gelinderes Mittel war nicht mehr ausreichend, da er einer Meldepflicht schon einmal nicht nachgekommen war. Die Verhängung der Schubhaft war rechtmäßig.

 

Der Bf wendete sein im Asylverfahren erstattetes Vorbringen ein und argumentierte, der neue Asylantrag werde neu zu überprüfen sein. Sein Vorbringen zielt folglich darauf ab, der Folgeasylantrag wäre zuzulassen.

 

Die Zulassung des Asylverfahrens des Fremden muss die Beendigung der Schubhaft zur Folge haben (vgl. VwGH vom 28. Mai 2008, GZ 2007/21/0332).

 

Entscheidet das Bundesasylamt nicht binnen 20 Tagen nach Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz, dass der Antrag zurückzuweisen ist, ist der Antrag gemäß § 28 Abs. 2 Asylgesetz zuzulassen, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin-Verordnung oder eines Vertrags über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Bundesasylamt vermerkte erst am 27. April 2012 im AIS, dass der Antrag zugelassen wurde. Unmittelbar darauf wurde der Bescheid vom 27. April 2012 erlassen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat fragte dazu am 3. Mai 2012 beim Bundesasylamt in Hinblick auf die im § 28 Abs. 2 Asylgesetz festgesetzte 20-Tages-Frist nach, ob und wie lange der Bf über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß dem Asylgesetz verfügte. Das Bundesasylamt teilte dazu mit Mail vom 4. Mai 2012 (10.29 Uhr) mit: "Inwiefern Mitwirkungspflichten gemäß § 15 Asylgesetz den Wegfall der 20-Tages-Frist bedingten, kann in der kurzen Zeit nicht beantwortet werden, zumal die verfahrensführende Referentin ADir X heute nicht im Amt ist. Laut elektronischer Aufzeichnung (AIS) wurde am 27. April 2012 der Code "zugelassen" gesetzt."

 

Die Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr und der anschließende Widerruf stellt keine Verletzung der Mitwirkungspflicht iSd § 15 AsylG dar, zumal das Bundesasylamt dadurch in der Verfahrensführung nicht behindert wurde. Der Widerruf der Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr betrifft nicht die Mitwirkung im Asylverfahren, sondern die Mitwirkung im fremdenpolizeilichen Verfahren zur Außerlandesbringung.

 

Die belangte Behörde hätte nach dem am 12. April 2012 erfolgten Widerruf der freiwilligen Rückkehr, spätestens aber am letzten Tag der 20-tägigen Frist nach § 28 Abs. 2 Asylgesetz, also am 16. April 2012, beim Bundesasylamt anfragen müssen, ob das Asylverfahren zugelassen wird. Da der Bf gegen seine asylrechtlichen Mitwirkungspflichten nicht verstoßen hat und das Asylverfahren in weiterer Folge tatsächlich zugelassen wurde, wäre der Antrag gemäß § 28 Abs. 1. Satz Asylgesetz mit Ablauf des 16. April 2012 zuzulassen gewesen. Für die belangte Behörde wäre dies, hätte sie sich entsprechend erkundigt, erkennbar gewesen. Dass es zweckmäßig gewesen wäre, wenn das BAS die BPD von sich aus darauf hingewiesen hätte, ändert daran nichts. Dies darf im Rahmen der im Schubhaftverfahren gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht außer Betracht bleiben (vgl VwGH vom 26. Jänner 2012, GZ 2008/21/0626). Die belangte Behörde hätte bis zum Ende der Regeldienstzeit des 16. April 2012, also bis 15.30 Uhr, die Enthaftung des Bf veranlassen müssen. Die Schubhaft war ab 15.30 Uhr unverhältnismäßig  und rechtswidrig.

 

Laut unbestrittener Information des Bundesasylamtes vom 30. April 2012 wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. April 2012 mit 27. April 2012 wirksam erlassen und ist seither durchsetzbar. Seit der am 27. April 2012 erfolgten Zustellung des erwähnten Asylbescheides liegt eine durchsetzbare Ausweisung wiederum vor, zumal die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt wurde.

 

Seit der Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes vom 27. April 2012 ist der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2 Z 1 FPG (erneut) gegeben. Mit einem gelinderen Mittel kann nicht das Auslangen gefunden werden, da der Bf in Hinblick auf die anstehende Außerlandesbringung untertauchen würde. Die Verhängung von Schubhaft ist daher unbedingt erforderlich.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Für dieses Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 54,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 25. Oktober 2012, Zl.: 2012/21/0130-8

 

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