Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-523108/7/Bi/Kr

Linz, 10.05.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M P, G, L, vertreten durch Herrn RA Dr. X, L, vom 8. März 2012 gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 22. Februar 2012, VerkR21-88-2011-Hof, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, aufgrund des Ergebnisses der am 4. April 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung sowie des Gutachtens der Amtsärztin Frau Dr. W vom 9. Mai 2012, Ges-310902/2-2012-Wim/Pö, nach Parteiengehör zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit unter Zugrundelegung einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG iVm 99 Abs.1b StVO 1960 gemäß
§ 26 Abs.1 2.Satz Z2 FSG mit fünf Monaten, dh bis einschließlich 9. Mai 2012, angenommen wird.

Der Rechtsmittelwerber hat gemäß § 24 Abs.3 3.Satz FSG ein    Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss zu absolvieren, wobei die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung endet.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1, 26 Abs.2 Z4, 29 Abs.4, 30 Abs.1 und 32 Abs.1 FSG die von der BPD Linz am X für die Klasse B und am Y für die Klassen C1, C und F erteilte Lenkberechtigung (FS vom 2.2.2006, F...) wegen Verkehrs­unzu­verlässigkeit für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen Abnahme (9. Dezember 2011) bis einschließlich 9. Juni 2012 entzogen und bis einschließlich 9. Juni 2012 ein Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge erteilt sowie das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Weiters wurde gemäß § 24 Abs.3 FSG die Absolvierung einer Nachschulung angeordnet, wobei die Entziehungszeit nicht vor Befolgung dieser Anordnung endet.  

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 24. Februar 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 4. April 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­­verhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters
RA Dr. X und des Zeugen Meldungsleger GI G S (Ml), PI Hörsching, durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt.  Der Verfahrensakt wurde der Amtsärztin Frau Dr. W, Amt der Oö. Landesregierung, zur Berechnung des Alkoholgehalts unter Abzug des Nachtrunks vorgelegt, die das Gutachten vom 9. Mai 2012, Ges-310902/2-2012, erstellt hat. Parteiengehör wurde gewahrt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, ausgehend von einem Atemalkohol­gehalt vom 9. Dezember 2011, 23.26 Uhr, von 1,15 mg/l habe ihm die Erst­instanz nach Rückrechnung unterstellt, er habe zum Lenkzeitpunkt 21.15 Uhr einen AAG von 0,625 mg/l erreicht. Er habe aber den Pkw um 21.14 Uhr nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, zumal das Gutachten des Amtsarztes lediglich ergeben habe, dass seine Angaben zum Nachtrunk nicht glaubhaft seien und er immer bestritten habe, den Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Das sei nur eine Annahme der Erstinstanz die weder die Verhängung einer Verwaltungsstrafe noch die Entziehung seiner Lenkberechtigung rechtfertige. Er habe im Verwaltungs­strafverfahren angegeben, dass er zur protokollierten Konsumation von Bier außerdem Schnaps getrunken habe, was sich durch die an der Weihnachtsfeier teilnehmenden Firmenangehörigen unter Beweis stellen lasse. Dazu wird die Durchführung einer Berufungsverhandlung beantragt. Da von 21.14 Uhr bis 23.26 Uhr "weit mehr als 3 Stunden" vergangen seien, liege ein Promillewert von weniger als 0,9 vor, dazu wird ein med. SV-Gutachten beantragt, im übrigen Aufhebung des Bescheides aus Gründen der Verfahrensvorschriftenverletzung, in eventu wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Feststellung, dass keine Verkehrsunzuverlässigkeit vorliege; die Lenkberechtigung möge ihm umgehend ausgefolgt und festgestellt werden, dass er zum Tatzeitpunkt keine Alkoholbeein­trächtigung gehabt habe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in Anwendung des § 51e Abs.7 VStG Durchführung einer beide Berufungen behandelnde öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz laut Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt und der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugen­schaftlich einvernommen wurde. Weiters wurde ein med. SV-Gutachten eingeholt und Parteiengehör gewahrt.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der X geborene Bw, dem bereits im Jahr 2005, also vor mehr als 5 Jahren, wegen Alkoholisierung über 0,8 mg/l AAG die Lenkberechtigung für 4 Monate entzogen worden war, lenkte am 9. Dezember 2011 gegen 21.14 Uhr den Firmen-Pkw seines Arbeitgebers, Kz. X, nach einem Geschäftstermin zur Weihnachtsfeier nach Hörsching. Dort kam er auf Höhe des Hauses Brucknerplatz 4 zu weit nach rechts und kollidierte mit zwei abgestellten Pkw, was bei allen drei Fahrzeugen erheblichen Sachschaden zur Folge hatte, aber der Bw nach eigenen Angaben nicht bemerkte und daher die Fahrt zum Ort der Weihnachtsfeier, dem Kulturzentrum Hörsching, fortsetzte. Angezeigt wurde der Verkehrsunfall von der in der Nähe wohnenden Zulassungsbesitzerin eines beim Unfall beschädigten Pkw, Frau A B I, die im Wohnzimmer bei geschlossenem Fenster den Kollisionslärm wahrgenommen und nachgesehen hatte. Der Unfall wurde vom Ml aufgenommen.

Der beschädigte Firmen-Pkw wurde von Freunden der Zeugin I gegen 23.00 Uhr vor dem Lokal abgestellt vorgefunden und über den Zulassungsbesitzer der Bw im Lokal ausgeforscht. Dieser wurde telefonisch aus dem Lokal gebeten, erschien augenscheinlich alkoholisiert und wurde zum Alkohol­vortest aufge­fordert, der um 23.08 Uhr einen AAG von 1,05 mg/l ergab. Die daraufhin bei der PI Hörsching durchgeführte Atemalkoholuntersuchung mittels geeichtem Alkomat ergab um 23.25 Uhr einen günstigsten Atemalkoholwert von 1,15 mg/l. Der Bw behauptete schon beim Vortest gegenüber dem Ml, nach seinem Eintreffen bei der Weihnachtsfeier von etwa 21.30 Uhr bis ca 23.00 Uhr 5-7 Bier Seidel getrunken zu haben. Er habe vom Unfall, den er auf Sekundenschlaf zurückführte, weder etwas gesehen noch gehört, er habe davon überhaupt nichts mitbekommen und sei bis zur Weihnachts­feier, insbesondere beim Unfall, vollkommen nüchtern gewesen. 

 


In der mündlichen Verhandlung wurde weder der Atemalkoholwert von 1,15 mg/l noch die Verursachung des Verkehrsunfalls mit Sachschaden noch die Fahrerflucht bestritten. Der Bw legte drei "Zeugenniederschriften" vom 20. März 2012 vor, die er selbst verfasst hat und die von T S, E H und Ing T S unterschrieben sind und den gleichen Wortlaut aufweisen: "Hiermit bestätige ich, dass M P, als er um 21.20 Uhr auf die Weihnachtsfeier der Firma E kam, auf mich keinen alkoholisierten Eindruck machte. Des weiteren kann ich bestätigen, dass Herr P M mit mir und den anderen Zeugen auf der besagten Weihnachtsfeier, zusätzlich zum bereits angegebenen Alkohol­konsum, 5 Schnaps getrunken hat."

Der Bw gab dazu an, diese Personen seien Firmenangehörige, die auf der Weihnachtsfeier mit ihm zusammen den Schnaps konsumiert hätten. Die Seidel Bier seien von der Firma bezahlt worden, den Schnaps hätten sie selbst bezahlt und zwar direkt bei der Bar, wo er auch konsumiert worden sei. Er selbst habe, bevor er um ca 23.00 Uhr zur Polizei hinausgegangen sei, 2 Runden für je vier Personen, also 8 Schnaps, bezahlt. Der Polizist habe ihn dezidiert nach einem Nachtrunk gefragt, er habe aber in der Aufregung nur das Bier angegeben, allerdings könne sich der Kellner an die Zahl der Seidel, die auch nicht unmittelbar zu bezahlen gewesen seien, wohl nicht erinnern. Er habe auf der Weihnachtsfeier nach einem Geschäftstermin nichts mehr gegessen. Er habe beim Kulturzentrum Hörsching ganz normal eingeparkt und sei ins Lokal gegangen, wobei er auf dem Weg dorthin noch ein geschäftliches Telefonat geführt habe. Nach der Weihnachtsfeier, die im übrigen um 23.00 Uhr noch nicht geendet habe und zu der er von der Polizei nach dem Alkotest zurückgebracht wurde, wäre er mit einem Taxi heimgebracht worden, daher habe er auch seien Alkoholkonsum nicht einschränken müssen. Da seine Gattin in den nächsten Tagen ein Kind erwartete, habe er die Feier noch einmal genießen wollen. Die beschädigten Fahrzeuge habe er nie gesehen und er hätte auch den Unfall nicht lokalisieren können, der sei etwa 1,5 km vom Lokal entfernt passiert. Er habe die Fotos der beschädigten Fahrzeuge in der Berufungsverhandlung erstmals gesehen.

 

Der Ml hat in der Berufungsverhandlung die Nachtrunkangaben des Bw mit 5-7 Seidel Bier bestätigt; das habe ihm dieser schon beim Vortest und danach wieder angegeben. Schnaps habe er nie erwähnt, auch nachher nicht und nicht gegenüber anderen Polizeibeamten.

Zum erstmals in der Berufungsverhandlung – und auch hier nicht konkret – behaupteten Nachtrunk legte der Bw dar, er glaube, das sei Williams gewesen, einmal 2 cl und einmal 4 cl, aber das wisse er nicht mehr genau. Sein Rechts­vertreter hat in der Verhandlung darauf verwiesen, dass es angesichts des erheblichen Sachschadens aus seiner Sicht verständlich sei, nicht gleich den gesamten Alkoholkonsum anzugeben. Eine Ladung und tatsächliche zeugen­schaftliche Einvernahme der in den "Zeugen­­niederschriften" genannten Personen wurde nicht beantragt. 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt im Rahmen der freien Beweis­würdigung zur Überzeugung, dass der Bw im Nachhinein versucht hat, angesichts des Ergebnisses der amtsärztlichen Nachtrunkberechungen der Erstinstanz einen weiteren Alkoholkonsum "nachzureichen", um seine Behauptung, er habe vor der Weihnachtsfeier keinen Alkohol getrunken gehabt, zu untermauern – der Amtsarzt der Erstinstanz kam bei seinen Berechnungen zum Ergebnis, dass
7 Seidel Bier den AAG von 23.26 Uhr nicht erklären können. Der nun drei Monate nach dem Vorfall erstmals pauschal vage behauptete und unbestätigt gebliebene Nachtrunk war aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht  glaubwürdig und konnte daher in die gutachterlichen Berechnungen nicht einbezogen werden.

 

Die Amtsärztin Drin. E W, Abteilung Gesundheit beim Amt der Oö. Landesregierung, kommt in ihrem Gutachten vom 9. Mai 2012, Ges-3210902/2-2012-Wim/Pö, zum Alkoholgehalt des Bw zur Unfallzeit zum Ergebnis, dass ausgehend vom unbestritten gebliebenen AAG um 23.26 Uhr von 1,15 mg/l (der einem BAG von 2,3 %o entspricht) der Bw bei Zugrundelegung eines stünd­lichen Abbauwertes von 0,1 %o, aber 5,2 Vol% handelsüblichem Alkohol­gehalt von Bier, wobei ein Seidel mit 0,3 l und (trotz der eher vagen Angaben zugunsten des Bw) ein Nachtrunk von 7 Seidel Bier angenommen wird, zur Unfallzeit 21.14 Uhr einen günstigsten Blutalkoholgehalt von 0,925 %o aufwies.

Nach Wahrung des Parteiengehörs wurde der (auf Punkt 1. des Straf­erkennt­nisses der BH Rohrbach vom 23. Dezember 2011, VerkR96-28-2012-Hof,  bezogenen) Berufung des Bw im Verwaltungs­straf­verfahren wegen § 5 Abs.1 StVO 1960 teilweise Folge gegeben und der Bw mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. Mai 2012, VwSen-166795/9/Bi/Kr, einer Übertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1b StVO 1960 insofern schuldig erkannt, als ihm zur Last gelegt wurde, am 9. Dezember 2011 um 21.14 Uhr in der Gemeinde 4063 Hörsching auf Höhe des Hauses Brucknerplatz 4 den Pkw
X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, wobei nach dem Ergebnis des Alkotests von 23.26 Uhr von 1,15 mg/l AAG und die Rückrechnung auf den Lenk- = Unfallzeitpunkt unter Annahme eines stündlichen Abbauwertes von 0,1 %o einen günstigsten Blutalkoholgehalt von 0,925 %o ergeben hat.   

 


In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in einem Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt. – In der Zusammenschau der Alkoholbestimmungen der StVO 1960 und des FSG umfasst diese Bestimmung einen Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder mehr, aber weniger als 1,2 %o, oder einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,6 mg/l.   

Gemäß § 26 Abs.1 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen wird, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges er Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs.3 Z1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch ... 2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, so hat die Entziehungs­dauer mindestens drei Monate zu betragen.

 

Auf der Grundlage des oben angeführten Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates ist davon auszugehen, dass der Bw am 9. Dezember 2011 um 21.14 Uhr in der Gemeinde 4063 Hörsching auf Höhe des Hauses Brucknerplatz 4 den Pkw X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, wobei ausgehend vom Ergebnis der Atemalkohol­unter­suchung von 23.26 Uhr mit 1,15 mg/l AAG die Rückrechnung auf den Unfall­zeitpunkt 21.14 Uhr unter Abzug des unmittelbar vom Bw angegebenen Nachtrunks von 7 Seidel Bier und Annahme eines stündlichen Abbauwertes von 0,1 %o einen günstigsten Blutalkoholgehalt von 0,925 %o ergeben hat. Der Bw hat damit zweifellos den Tatbestand des § 99 Abs.1b StVO 1960 erfüllt und eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 verwirklicht.

Gemäß § 26 Abs.1 2.Satz Z2 FSG beträgt die Mindestentziehungsdauer bei einer erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO aber Verschulden eines Verkehrsunfalls drei Monate, gemäß § 29 Abs.4 FSG gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 9. Dezember 2011.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungs­gerichts­hofes gehören Alkohol­delikte zu  den schwersten Verstößen gegen Verkehrs­vorschriften, zumal alkoholbeein­trächtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil sie infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs-, und Reaktions­fähigkeit nicht in der Lage sind, die kraft­fahr­spezifischen Leistungs­funktionen zufriedenstellend auszuüben – was sich beim Bw eindrucksvoll gezeigt hat.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen die in § 26 Abs. 1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungszeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen. Die Festsetzung einer über die Mindestzeit des § 26 FSG hinausreichenden Entziehungs­dauer hat nach der allgemeinen Regel des § 25 Abs. 3 FSG zu erfolgen, dh die Behörde darf über eine solche Mindestentziehungszeit nur insoweit hinausgehen, als der Betreffende für einen die Mindestentziehungsdauer überschreitenden Zeitraum verkehrsunzuverlässig ist (vgl E 29.3.2011, 2011/11/0039; 28.4.2011, 2010/11/0217).

 

Der Bw hat bei der Fahrt zur Weihnachtsfeier zwei auf der rechten Seite des Brucknerplatzes abgestellte Pkw touchiert und damit zweifellos einen Verkehrs­unfall mit erheblichem Sachschaden, auch am dem Bw von seinem Arbeitgeber überlassenen Firmen-Pkw, verschuldet, wobei er anschließend weiterfuhr, ohne anzuhalten und beim Lokal, in dem die Firmen-Weihnachtsfeier stattfand, etwa 1,5 km vom Unfallort entfernt, einparkte. Er ging zur Weihnachtsfeier, ohne sich im geringsten um die beim Unfall beschädigten Fahrzeuge oder eine Meldung des Unfalls bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle zu kümmern und trank dort große Mengen Alkohol in einem Zeitraum von lediglich 1,5 Stunden. Seine Aussage, er habe von einem Unfall, wahr­schein­lich wegen Sekundenschlafs, gar nichts mitbekommen, ist mehr als fragwürdig, zumal der Anstoßlärm für die Zeugin I sogar durch geschlossene Fenster bis in die Wohnung hörbar war.  Ebenso ist die Behauptung des Bw, er habe vor dem Unfall keinen Alkohol getrunken – die Richtigkeit dieser Aussage hätte im Übrigen die Behörde durch Befragung der bei der Weihnachtsfeier anwesenden Personen heraus­zufinden gehabt und nicht einfach eine derartige Alkoholisierung annehmen dürfen – nicht  glaubhaft, weil sogar seine "Zeugen" nur einen "nicht alkoholisierten Eindruck" ansprechen, was aber zB bei Alkoholgewöhnung nichts aussagt. 

 

All diese Überlegungen hatten in die Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG mit einzufließen, wobei das Verschulden des Verkehrsunfalls mit Sachschaden und die Fahrerflucht samt Nachtrunk eine Verlängerung der Entziehungsdauer über die Mindestdauer von drei Monaten hinaus rechtfertigen. Allerdings war angesichts der nunmehr aufgrund der niedrigeren Mindestentziehungsdauer von drei (statt vier) Monaten die Entziehungsdauer um einen Monat geringer festzusetzen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182; ua).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 22.11.2002, 2001/11/0108; ua).

 

Insgesamt gesehen wird die Festsetzung einer über die gesetzliche Mindest­zeit hinausgehenden Entziehungsdauer mit (nur) 5 Monaten nicht nur als sachlich gerecht­­fertigt, sondern im Sinne einer Prognose, wann der Bw die Verkehrs­zuver­lässigkeit wieder­erlangt haben wird, für noch ausreichend, jedenfalls aber  geboten und unabdingbar erachtet.   

 

Die Dauer der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit ist naturgemäß auch auf das Verbot, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge zu lenken, und die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, zu übertragen.  

 

Gemäß § 24 Abs.3 3.Satz FSG hat die Behörde unbeschadet der – hier nicht anzuwendenden – Bestimmungen des Abs.3a, wobei es sich beim Bw auch nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Über­tretung gemäß § 99 Abs.1b StVO ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss und dessen Folgen anzuordnen.


Die Anordnung eines Verkehrscoachings auf Kosten des Bw verpflichtend, wobei die Entziehungsdauer gemäß § 24 Abs.3 6.Satz FSG erst endet, wenn der Bw die erfolgreiche Absolvierung des Verkehrscoachings bei einer hiefür ermächtigten Stelle seiner Wahl nachgewiesen hat.

 

Es war daher im Anfechtungsumfang spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 


Beschlagwortung:

 

VU mit Sachschaden an 2 geparkten PKW nicht bemerkt – Weihnachtsfeier mit Nachtrunk v. 7 Seidel Bier in 1,5 Stunden -> 2,3 ‰ BAG; weiteren späteren Nachtrunk von Schnaps zu wage + unglaubwürdig, aber SV Berechnungen früher, 0,925 ‰ bei Unfall, Tatbestand v. § 99 Abs.1a in § 99 Abs.1b geändert

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum