Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252951/16/Py/Hu

Linz, 19.04.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. Juli 2011, GZ: SV96-421-2011, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2. März 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 730 Euro, das sind  20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. Juli 2011, GZ: SV96-421-2011, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl.Nr. 189/1955 idgF fünf Geldstrafen in Höhe von je 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 48 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 365 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als seit 20.1.2010 selbständig vertretender handelsrechtl. GF – damit als zur Vertretung nach außen berufenes, gemäß § 9/1 VStG verantwortliches Organ – der x, FN x, mit Sitz in x, zu verantworten (ein verantwortl. Bevollmächtigter gem. § 35/3 ASVG wurde nicht bestellt), dass von dieser Gesellschaft als Dienstgeber die gegen Entgelt, in persönl. und wirtschaftl. Abhängigkeit – als Eisenbieger/-verleger – beschäftigten, nicht von der Vollversicherung gem. § 5 ausgenommenen, damit in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversicherten Dienstnehmer (alle rumän.StA):

 

1. x, geb. x, beschäftigt seit 29.1.2011, 8:00 Uhr;

2. x, geb. x, -"- seit 1.5.2011, 10:00 Uhr;

3. x, geb. x, -"- seit 1.5.2011, 7:00 Uhr;

4. x, geb. x, -"- seit 2.5.2011, 7:00 Uhr; und

5. x, geb. x, -"- seit 1.2.2011, 7:00 Uhr,

 

nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (.GKK) angemeldet (weder mit Mindestangaben- noch Vollanmeldung), obwohl Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Voll- und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen 7 Tagen nach Ende der Pflichtversicherung abzumelden haben."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass auf den im Strafantrag schlüssig und widerspruchsfrei dargelegten Sachverhalt verwiesen werden kann. Von einem langjährigen Gewerbetreibenden könne jedenfalls erwartet werden, dass er die geltenden sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften kennt und diese auch einhält.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird festgehalten, dass Unbescholtenheit nicht vorliegt, vielmehr aus dem "modus operandi" eine grundlegend negative Einstellung des Bw gegenüber der österreichischen Rechtsordnung und der von ihr geschützten Rechtsgüter erkennbar ist.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 3. August 2011. Darin bringt der Bw vor, dass die Arbeitnehmer für die Firma x tätig waren und zur Firma x entsendet wurden. Die belangte Behörde habe den Sachverhalt, insbesondere in Bezug auf das Vorliegen einer EU-Entsendung, nicht ausreichend erhoben, wozu sie jedoch von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt wird.

 

3. Mit Schreiben vom 9. August 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2. März 2012. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als Parteien teil. Als Zeugen wurden Herr x, ein auf der gegenständlichen Baustelle eingesetzter Arbeitnehmer der x, sowie Herr x, zum Vorfallszeitpunkt zuständiger Verlegeleiter der x, einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit Sitz in x (in der Folge: Firma x).

 

Die Firma x führt Eisenverlegearbeiten auf Baustellen durch. Zur Abwicklung dieser Bauaufträge beschäftigte die Firma x die rumänischen Staatsangehörigen

 

1. x, geb. x, seit 29.1.2011,

2. x, geb. x, seit 1.5.2011,

3. x, geb. x, seit 1.5.2011,

4. x, geb. x, seit 2.5.2011, und

5. x, geb. x, seit 1.2.2011

 

bis zum 1. Juni 2011. Diese Dienstgeber wurden nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet.

Die Firma x bekam von seinem Auftraggeber, der Firma x, für die jeweilige Kalenderwoche ein Verlegeprogramm für die Baustellen zur Verfügung gestellt. Aufgrund dieses Verlegeprogrammes teilte der Verlegeleiter der Firma x die rumänischen Staatsangehörigen, die alle in einer Holzbaracke in L untergebracht waren, zum Arbeitseinsatz ein und schickte sie zur jeweiligen Baustelle. Dort wurden sie von einem als Vorarbeiter eingesetzten Arbeitnehmer der Firma x hinsichtlich ihres konkreten Arbeitsbereiches auf der Baustelle eingeteilt und laufend hinsichtlich ihrer Arbeitsausführung kontrolliert. Die rumänischen Staatsanghörigen mussten Stundenaufzeichnungen über ihre Arbeitszeit führen, die vom Vorarbeiter der Firma x kontrolliert und allenfalls auch berichtigt wurden. Als Stundenlohn erhielten die rumänischen Staatsangehörigen rd. 6,50 Euro bis 8 Euro pro Stunde. Diese Entlohnung übergab der Bw dem Verlegeleiter der Firma x, der damit die ausländischen Arbeiter anhand der überprüften Stundenaufzeichnungen in bar auszahlte.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 2. März 2012. In dieser schilderte der Zeuge x, ehemaliger Verlegeleiter der Firma x, glaubwürdig und nachvollziehbar, dass die Firma x zum Kontrollzeitpunkt offiziell lediglich Vorarbeiter angemeldet und beschäftigt hatte. Er habe auf die ausländischen Arbeiter je nach Bedarf zugreifen können (vgl. Tonbandprotokoll Seite 4, Zeuge x: "Die Firma x hatte zum Kontrollzeitpunkt nur die Vorarbeiter im Angestelltenverhältnis als Arbeitnehmer gemeldet, es gab aber noch die Firma x oder Firma x und bei diesen Firmen waren die Arbeiter angemeldet, die dann die Arbeiten unter Aufsicht der jeweiligen Vorarbeiter abgewickelt haben. ... Ich bekam seitens des x ein Verlegeprogramm zur Verfügung für diese Baustelle für die jeweilige Kalenderwoche und nach diesem Verlegeprogramm habe ich dann das jeweilige Personal eingeteilt. Selbstverständlich konnte ich auf die Firmen, die ich vorher aufgezählt habe, etwa auch die Firma x, zugreifen. Zum Beispiel als die Kontrolle war hatte ich auf der Baustelle den Herrn x als Vorarbeiter und sechs Rumänen, die arbeiteten."). Diese Aussage wird auch durch die Angaben des Zeugen x, der als Vorarbeiter der Firma x auf der gegenständliche Baustelle tätig war, bestätigt (vgl. z.B. TBP S.2, Zeuge x: "Ich habe sie auch eingeteilt, wo sie am besten zu arbeiten beginnen. Ich habe mir natürlich auch angeschaut, wie die Arbeiten ausgeführt wurden, ich war ja vor Ort. Ich war laufend dabei, denn am Nachmittag ist der Beton gekommen und da musste ich natürlich kontrollieren, ob das entsprechend verlegt war."). Hinsichtlich der Feststellungen zur Entlohnung wird ebenfalls auf die Aussage des Zeugen x in der mündlichen Verhandlung verwiesen: (TBP S. 4: "... die Leute (wurden) mit einem Stundenlohn von 6,50 Euro bis maximal 8 Euro pro Stunde entlohnt. Ich habe das Geld übernommen von Herrn x und an die Arbeiter ausbezahlt und ich wusste über das jeweilige Ausmaß der Auszahlung Bescheid aufgrund eigener Stundenunterlagen, die geführt wurden. Es ist richtig, dass dies jene Zeiten waren, die von Herrn x kontrolliert wurden, ob sie mit dem tatsächlichen Einsatz der Arbeiter übereinstimmten".) Beide Zeugen machten in der mündlichen Berufungsverhandlung einen sehr glaubwürdigen Eindruck, weshalb für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates kein Grund bestand, an ihren schlüssigen Ausführungen zu zweifeln.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Seitens des Bw wurde nicht bestritten, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinn dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)Verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistung Dritter anstelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs.1 Z3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

Gemäß § 539a Abs.2 ASVG können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

 

Gemäß § 539a Abs.3 ASVG ist ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

 

5.3. Im gegenständlichen Verfahren verantwortet sich der Bw mit dem Vorbringen, die anlässlich einer Kontrolle am 1. Juni 2011 auf der Baustelle angetroffenen ausländischen Arbeiter seien nicht von der Firma x beschäftigt worden, sondern seien von ihrem Arbeitgeber, einem portugiesischem Unternehmen, zur Erbringung einer vorübergehenden Dienstleistung in das Bundesgebiet entsandt worden. Dieser Verantwortung lässt sich jedoch mit dem eindeutigen Ergebnis des Beweisverfahrens nicht in Einklang bringen.

 

Wie auch ein Blick auf § 2 Abs.2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – AuslBG, BGBl.Nr. 208/1975 idgF,  zeigt, entspricht der Begriff der Beschäftigung im ASVG im Wesentlichen jenem des AuslBG, der wiederum mit dem Begriff des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertragsrecht identisch ist (vgl. dazu etwa VwGH vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0240; vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129; vom 4. April 2002, Zl. 99/18/0039).

 

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis in üblichem Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen (vgl. VwGH vom 3. November 2004, Zl. 2001/09/0129).

 

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 erster Satz ASVG gegeben ist, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder (wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung) nur beschränkt ist.

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. VwGH vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187). Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff des § 4 Abs.2 ASVG ist daher, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher (Arbeitsverhältnis) bzw. wirtschaftlicher (arbeitnehmerähnliches Verhältnis) Abhängigkeit des Arbeitenden vom Beschäftiger ausgeübt wird. Dabei ist Beschäftiger derjenige, der gegenüber dem Arbeitnehmer bzw. dem arbeitnehmerähnlich Beschäftigten Aufträge erteilt, Arbeitsmittel zur Verfügung stellt bzw. eine Dienst- und Fachaufsicht im Sinn einer organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers in seinen Betrieb ausübt (vgl. VwGH vom 19. Oktober 2005, Zl. 2002/09/0167, mwN.). Es kommt nicht darauf an, wie die Beziehung zum Auftraggeber zivilrechtlich zu qualifizieren ist. Entscheidende Bedeutung hat der Umstand, dass die betreffende Person in ihrer Entschlussfähigkeit bezüglich ihrer Tätigkeit auf ein Minimum beschränkt ist. Ein Werkvertrag liegt hingegen vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit, handeln muss.

 

Aufgrund der eindeutigen Aussagen der beiden in der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen steht aufgrund nachstehender Sachverhaltsmerkmale zweifelsfrei fest, dass die ausländischen Staatsangehörigen als Eisenbieger von der Firma x beschäftigt wurden:

 

-         der Verlegeleiter der Firma x konnte auf die ausländischen Arbeiter je nach Baustellenerfordernis zugreifen;

-         der Vorarbeiter der Firma x teilte den Arbeitern ihren Arbeitsbereich zu und hatte über die ausländischen Arbeiter die Dienst- und Fachaufsicht;

-         die ausländischen Arbeiter wurden im Auftrag des Bw vom Verlegeleiter der Firma x entlohnt;

-         die ausländischen Arbeiter mussten Stundenaufzeichnungen führen, deren Richtigkeit vom Baustellenkoordinator der Firma x kontrolliert und für die Höhe der Entlohnung durch die Firma x herangezogen wurde.

 

Ergänzend dazu ist auszuführen, dass ein (schriftlicher) Nachweis, wonach anderslautende Vereinbarungen seitens der Firma x getroffen wurden, vom Bw im gesamten Verfahren nicht erbracht werden konnte, da die vom Rechtsvertreter des Bw in der Berufungsverhandlung vorgelegten Antragsformulare nicht untermauern können, dass eine Beschäftigung der rumänischen Staatsangehörigen in der im vorliegenden Sachverhalt beschriebenen Form nicht vorlag.

 

Im Ergebnis ist daher von einer Beschäftigung der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Personen als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen. Obwohl diese Dienstnehmer der Firma x waren, wurden sie nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Sozialversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet. Der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, hat der Bw gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht nach § 33 Abs.1 ASVG verstoßen. Er hat dadurch das Ungehorsamsdelikt der Nichtmeldung von Dienstnehmern zur Sozialversicherung im Sinn des § 5 Abs.1 Satz 2 VStG begangen und hätte ein mangelndes Verschulden initiativ darlegen müssen. Die vom Rechtsvertreter vorgelegten Anträge erbrachten keinen Beweis dafür, dass eine Anmeldung zur Sozialversicherung bei den gegenständlichen ausländischen Arbeitern vorgelegen ist. Sie vermögen auch ein mangelndes Verschulden des Bw nicht darzulegen, da dem Bw als Geschäftsmann bewusst sein hätte müssen, dass nur durch die Vorlage entsprechender Bestätigungen (E101 bzw. A1) davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich eine Anmeldung zur Sozialversicherung vorgelegen hat. Einen solchen Nachweis blieb der Bw  jedoch bislang schuldig und sind ihm die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass seitens der belangten Behörde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde. Im Hinblick auf den Verschuldensgrad des Bw, der die Übertretung der gesetzlichen Bestimmungen aufgrund der Vorgangsweise offenbar bewusst in Kauf genommen hat und der geringen Entlohnung der Arbeitnehmer erscheinen die von der belangten Behörde verhängten Mindeststrafen jedenfalls angemessen und wären auch darüber liegende Strafen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates gerechtfertigt gewesen. Für eine Anwendung des § 20 VStG bzw. ein Vorgehen nach § 21 VStG liegen die erforderlichen Voraussetzungen nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

7. Da der Berufung keine Folge gegeben werden konnte, war dem Bw ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafen gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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