Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523083/4/Sch/Eg

Linz, 18.05.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn R. H., geb. x, wh, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 30. Jänner 2012, Zl. Fe 2/2012 und NSch 23/2012, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2012 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Bescheid vom 30.1.2012, Zl. Fe 2/2012 und NSch23/2012, die Herrn R. H., geb. x, von der Bundespolizeidirektion Steyr am 10.5.2007 unter Zl. 06381008 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zehn Monaten, gerechnet ab Verkündung des Bescheides (das war der 16.1.2012), entzogen.

Gleichzeitig wurde als begleitende Maßnahme eine Nachschulung bei einer hiezu ermächtigten Stelle vor Ablauf der Entzugsdauer angeordnet.

Weiters wurde der Berufungswerber aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, einschließlich einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, durchgeführt von einer hiezu ermächtigten Stelle, vor Ablauf des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit, beizubringen.

Außerdem wurde ihm für dieselbe Dauer das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

Im übrigen wurde für die Dauer der Entziehung das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt und der Berufungswerber aufgefordert, unverzüglich seinen Führerschein bei der Behörde abzuliefern.

 

Einer allfälligen Berufung wurde zudem die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 3, 7, 24 Abs. 1 und 3, 26, 27 bis 29, 30 Abs. 1 und 32 FSG sowie § 2 FSG-NV und § 64 Abs. 2 AVG genannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Beim Berufungswerber wurde am 13. März 2011 eine Überprüfung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt durchgeführt, welche einen Wert von 0,57 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergab. Vorangegangen waren Ermittlungen von Polizeiorganen nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, bei dem der auf die Gattin des Berufungswerbers zugelassene PKW beschädigt und verlassen an einer näher umschriebenen Örtlichkeit im Stadtgebiet von Steyr vorgefunden worden war. Der Berufungswerber war in der Folge ausgeforscht worden, wobei er vorerst angab, ihm seinen anlässlich eines Lokalbesuches aus seiner Jacke der Fahrzeugschlüssel samt Führerschein gestohlen worden. Das Fahrzeug sei daher von einer anderen Person in Betrieb genommen worden, welche offenkundig den Verkehrsunfall verursacht habe. Später widerrief der Berufungswerber diese Behauptung und gestand ein, am Vorfallstag zwischen 4:00 Uhr und 4:30 Uhr selbst von dem Lokal weggefahren zu sein, dann den Verkehrsunfall verursacht und sich zu Fuß von der Unfallstelle wegbegeben zu haben. Später habe er ein Lokal besucht und dort größere Mengen an Alkohol konsumiert. Er sei also zum Lenkzeitpunkt nüchtern gewesen, erst danach sei es zum Konsum von alkoholischen Getränken gekommen.

 

Dem Berufungswerber geht es also offenkundig darum, einen sogenannten Nachtrunk, also den Konsum von alkoholischen Getränken erst nach dem Lenken eines Fahrzeuges, darzutun und glaubhaft zu machen. In diesem Zusammenhang ist Folgendes festzuhalten:

 

Wer sich auf einen sogenannten Nachtrunk beruft, hat die Menge des solcherart konsumierten Alkohols dezidiert zu behaupten und zu beweisen (VwGH 30.10.2006, 2005/02/0315 uva.). Wenn jemand im Zusammenhang mit der konsumierten Alkoholmenge seine Behauptung mehrfach ändert, so kann die Behörde schon aufgrund der im Verfahren wechselnden Angaben des Betreffenden die spätere Nachtrunkbehauptung zu Recht als unglaubwürdig erachten (VwGH 7.9.2007, 2006/02/0274).

 

Der Berufungswerber ist unmittelbar nach dem Vorfall von Polizeiorganen befragt worden. Laut entsprechender Anzeige der Polizeiinspektion Steyr Ennser Straße vom 13. März 2011 – hat er dabei angegeben, in dem erwähnten Lokal fünf bis sechs Gläser Bier getrunken zu haben. Danach habe er das Lokal mit einem Taxi verlassen, also nicht mit dem – auf seine Gattin zugelassenen – Pkw. Wie schon oben ausgeführt, wurden diese Angaben des Berufungswerbers später widerrufen. Im Zuge dieser Einvernahme, erfolgt am 26. Oktober 2011, gab der Berufungswerber an, vor dem Lenken seines Pkws faktisch keine alkoholhältigen Getränke konsumiert zu haben. Erst nach dem – später eingestandenen – Verkehrsunfall habe er in einem anderen Lokal alkoholische Getränke konsumiert, wörtlich heißt es dort "im Lokal, soff ich mich an". Der Berufungswerber habe laut eigenen Angaben mehrere Mischungen "Red-Bull-Wodka" getrunken.

 

Angesichts dieser Trinkverantwortung, noch dazu im Zusammenhang mit der Unglaubwürdigkeit des Berufungswerbers bezüglich angeblichen Fahrzeugdiebstahls, kann aus mehreren Gründen kein Abzug einer allfälligen Alkohol-Nachtrunksmenge erfolgen. Zum einen fehlt es schon an der Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers, der seine Trinkverantwortung gravierend geändert hat. Zum anderen müsste aber für den allfälligen Abzug eines Nachtrunks vom gemessenen Alkoholwert eine genaue Angabe der Art der konsumierten Getränke und auch deren Menge vorliegen. Auch dies ist gegenständlich nicht der Fall. Der Berufungswerber hat sich also aufgrund seiner unglaubwürdigen bzw. unvollständigen Angaben der Möglichkeit begeben, dass ein allfälliger Nachtrunk Berücksichtigung hätte finden können.

 

Damit war ausgehend von einem Messzeitpunkt der Atemluft des Berufungswerbers auf Alkoholgehalt um 11:42 Uhr des Vorfallstages und einem Wert von 0,57 mg/l eine Rückrechnung auf den Lenkzeitpunkt, das war nach den Angaben des Berufungswerbers selbst etwa zwischen 4:00 Uhr und 4:30 Uhr, zu veranlassen. Dies hat die Erstbehörde auch getan, wobei sich ein Wert jenseits von einem Milligramm/Liter Atemluftalkoholgehalt ergab. Somit hatte der Berufungswerber bei seiner Unfallfahrt ein Delikt nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (Atemluftalkoholgehalt ab 0,8 mg/l = 1,6 %o Blutalkoholgehalt) begangen.

 

4. Laut Führerscheinvorgeschichte des Berufungswerbers musste ihm bereits im Jahr 2008 einmal die Lenkberechtigung, hier wegen eines Alkoholdeliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960, entzogen werden. Somit liegt gegenständlich ein Sonderfall der Entziehung im Sinne des § 26 Abs. 2 Z. 5 FSG vor. Aufgrund dieser Bestimmung war daher dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Mindestdauer von zehn Monaten zu entziehen. Genau dies hat die Erstbehörde getan, sodass auch im Hinblick auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung dem angefochtenen Bescheid kein Mangel anhaftet. Ergänzend dazu ist zu bemerken, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei Vorliegen eines sogenannten Sonderfalles der Entziehung im Sinne des § 26 FSG die Wertung schon vom Gesetzgeber vorweg genommen wurde und daher durch die Behörde zu entfallen hat (VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008 ua). Dies bedeutet in Konsequenz, dass die Wertungskriterien des § 7 Abs. 4 FSG nicht mehr Anwendung finden können, sodass dem Berufungswerber auch nicht zugute gehalten werden kann, dass der Vorfall, der Grundlage für die Entziehung der Lenkberechtigung war, sich bereits am 13. März 2011 ereignet hatte, die Entziehung der Lenkberechtigung jedoch erst mit Bescheid der Erstbehörde vom 30. Jänner 2012, die Entziehungsdauer gerechnet ab Verkündung des Bescheides, erfolgte.

 

Laut Aktenlage ist das Entziehungsverfahren durch die Ladung in der Angelegenheit vom 3. Jänner 2012 seitens der Erstbehörde eingeleitet worden, weshalb auch das nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geforderte Kriterium der Einleitung eines Entziehungsverfahrens innerhalb eines Jahres ab dem relevanten Vorfall erfüllt ist (vgl. VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008 ua).

 

Die übrigen von der Behörde angeordneten Maßnahmen, nämlich die Nachschulung, die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, das Verbot des Lenkens von führerscheinfreien Kfz sowie jenes, von einem allfälligen ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, sind in den von der Behörde zitierten Gesetzesbestimmungen begründet und zwingende Folgen einer massiven Alkofahrt wie der gegenständlichen.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit eines Inhabers einer Lenkberechtigung begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

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