Linz, 08.06.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 2. Jänner 2012, GZ: Sich96-154-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2012, zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird stattgegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen lastete dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 2. Jänner 2012, Sich96-154-2011, folgende Verwaltungsübertretung an:
Dagegen richtet sich die Berufung vom 16. Jänner 2012. Der Bw beantragt darin, in Stattgabe dieser Berufung den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 2. Jänner 2012 dahingehend abzuändern, dass das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird; in eventu das Straferkenntnis aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung die Sache an die Erstbehörde zurückzuverweisen; in eventu eine Ermahnung gegen den Beschuldigten auszusprechen; in eventu eine geringe Geldstrafe verhängen; dies alles nach Durchführung einer von Amts wegen anzuberaumenden mündlichen Berufungsverhandlung.
Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 3. Mai 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Bw ist dazu nicht erschienen. Sein rechtsanwaltliche Vertreter erstattete folgendes Vorbringen:
"Ich verweise auf die schriftlichen Ausführungen der Berufung. Aus subjektiver Sicht kann dem Bw kein Vorwurf gemacht werden. Abgesehen davon wird auch der objektive Tatbestand eingehend und ausführlich bestritten."
Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:
Der Berufungswerber wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina.
Er wurde am 19. Oktober 2011 um 23.40 Uhr in X, B X, Straßenkilometer 31,900, einer Lenkerkontrolle unterzogen. Anlässlich dieser Kontrolle wurde ein "Personenblatt – Niederschrift" ausgefüllt. Darin gibt der Bw an, derzeit für die Firma "X" als Fahrer zu arbeiten und dort seit Juni 2008 beschäftig zu sein. Er erhalte als Lohn "1.300 bis 1.800 Euro". Als tägliche Arbeitszeit werden 9 Stunden angegeben.
Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen verhängte gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der X mit Sitz in X, in einem gesonderten Straferkenntnis vom 29. März 2011, SV96-83-2010 und SV96-113-2010, wegen ähnlich gestalteter Beschäftigungsverhältnisse Verwaltungsstrafen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Dagegen wurde Berufung erhoben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. kam in seinem Erkenntnis vom 26. April 2012, VwSen-252815/24/Py/Hu, im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis: "Da die Ausländer somit ungeachtet der bestehenden Rechtsverhältnisse zu den Firmen X, X und X unter wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen von der Firma X verwendet wurden, die eine Beschäftigung im Sinn des 2 Abs. 2 AuslBG darstellen, und für diese Arbeitsleistungen keine arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen vorlagen, ist der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen als erfüllt zu werten."
Der Bw ging nicht davon aus, wirtschaftlich gesehen in einem Rechtsverhältnis zur X mit Sitz in X, zu stehen.
Zur Beweiswürdigung:
Der Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den angeführten Unterlagen (Personenblatt, Erkenntnis des UVS vom 26. April 2012).
Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Aufgrund der umfangreichen Ausführungen des erwähnten Erkenntnisses vom 26. April 2012, VwSen-252815/24/Py/Hu, steht fest, dass der Bw wirtschaftlich gesehen Arbeitnehmer der X mit Sitz in X, war. Hiefür wären arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetz erforderlich gewesen. Solche lagen aber nicht vor.
Aufgrund der illegalen Beschäftigung ist der Tatbestand nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG erfüllt. Die illegale Beschäftigung stellt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung iSd. Artikel 5 Abs. 1 lit.e Schengener Grenzkodex dar. Die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt nach § 31 Abs. 1 FPG lagen nicht (mehr) vor vor. Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde gemäß § 31 Abs. 1a FPG nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf (vgl. dazu das im Internet unter www.uvs-ooe.gv.at abrufbare Erkenntnis des UVS Oö. vom 5. April 2012, VwSen-750005/26/Wg/WU). Der Bw hielt sich folglich bei der Kontrolle am 19. Oktober 2011 um 23.40 Uhr nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf
Dem Bw war nicht bewusst, wirtschaftlich gesehen in einem Rechtsverhältnis zur X mit Sitz in X, zu stehen. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Das Beschäftigungsverhältnis zur X konnte (erst) in einem umfangreichen Ermittlungsverfahren nachgewiesen werden. Der Bw ist rechtsunkundiger Laie. Er war als Fahrer nicht in die entscheidenden wirtschaftlichen Abläufe eingebunden. Ihm kann subjektiv betrachtet kein Vorwurf gemacht werden, wenn er am 19. Oktober 2011 noch davon ausging, lediglich in einem Beschäftigungsverhältnis zur Firma X zu stehen. Sein Rechtsirrtum ist erwiesenermaßen unverschuldet. Es liegt der Schuldausschließungsgrund nach § 5 Abs. 2 VStG vor.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Wolfgang Weigl