Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101200/6/Fra/Ka

Linz, 05.07.1993

VwSen - 101200/6/Fra/Ka Linz, am 5. Juli 1993 DVR.0690392

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des H L, J, D, gegen die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 26. Jänner 1993, VerkR-12.953/1992-Wi, wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960, verhängte Strafe, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage herabgesetzt werden. Der nach Ablauf der Berufungsfrist gegen die Schuld eingebrachte begründete Berufungsantrag wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 63 und 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 51e Abs.1 und 2 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz reduziert sich auf 400 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 26. Jänner 1993, VerkR-12.953/1992-Wi, über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt, weil er am 17. August 1992 ab 16.50 Uhr, zwischen den Gemeindegebieten W und S bzw. von Autobahnkilometer 34,1 bis 75,1 auf der A I, Richtungsfahrbahn S fahrend, als Lenker des Motorrades (D), die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich überschritten hat (gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit 215 km/h).

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung. Der Berufungswerber führt aus, daß er die Geldstrafe von 6.600 S nicht akzeptieren könne. Einen begründeten Berufungsantrag bekomme die Behörde von seinem Anwalt nachgeliefert. Die Erstbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie legte das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. Dieser entscheidet, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Zum Merkmal des begründeten Berufungsantrages: Wiewohl der Berufungswerber zu erkennen gegeben hat, und ihm dies offensichtlich auch bewußt war, daß seine Berufung hinsichtlich des Schuldspruches nicht begründet ist, (arg: "einen begründeten Berufungsantrag bekommen Sie von meinem Anwalt nachgeliefert"), ist im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 9.7.1985, Zl.85/07/0080/6) davon auszugehen, daß mit den Worten "als Geldstrafe wurden 6.600 S festgesetzt, die ich nicht akzeptieren kann" gerade noch die Annahme für das Vorliegen eines begründeten Berufungsantrages gegen das Strafausmaß gerechtfertigt ist, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat dahingehend zu befinden hat, ob die Strafbehörde erster Instanz von dem ihr bei der Strafzumessung eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Der außerhalb der Berufungsfrist eingebrachte begründete Antrag betreffend die Verwaltungsübertretung als solche - somit die Schuld betreffend - war jedoch, - da verspätet eingebracht nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. VwGH vom 12.12.1969, Slg.7697A).

I.3.2. Zur Strafbemessung wurde erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Erstbehörde hat als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit in straßenpolizeilicher Hinsicht, als straferschwerend keinen Umstand gewertet. Mangels Angaben des Beschuldigten hat sie weiters sein Nettoeinkommen auf 2.500 DM monatlich geschätzt. Weiters ist sie von der Vermögenslosigkeit des Beschuldigten sowie vom Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen.

Was den Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung anlangt, so ist der Auffassung der Erstbehörde beizupflichten, daß Geschwindigkeitsübertretungen zu den gravierendsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung zählen, da sie die häufigsten Unfallursachen darstellen. Das erhöhte Unfallrisiko führt zu einer Gefährdung der Sicherheit und körperlichen Integrität anderer Straßenverkehrsteilnehmer. Gerade die körperliche Integrität von Menschen stellt jedoch ein äußerst schützenswertes Rechtsgut dar. Zum Verschuldensgehalt ist weiters festzustellen, daß der Beschuldigte zumindest vorsätzlich im Sinne des § 5 Abs.1 StGB gehandelt hat. Danach handelt vorsätzlich, wenn jemand einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Es kann keine Frage sein, daß eine Geschwindigkeitsüberschreitung wie im gegenständlichen Fall "in Kauf genommen wird". Derartige eklatante Geschwindigkeitsüberschreitungen passieren nicht versehentlich, sondern sind als bewußte Verstöße zu werten.

Die Herabsetzung auf ein tat- und schuldangemessenes Ausmaß der Strafe war im Hinblick auf die gesetzlichen Strafzumessungskriterien jedoch angezeigt, zumal einerseits keine nachteiligen Folgen durch die Übertretung entstanden sind. Andererseits ist das abstrakte Gefährdungspotential der gegenständlichen Übertretung aufgrund des mäßigen Verkehrsaufkommens sowie aufgrund der günstigen Fahrbahnbedingungen geringer einzustufen, als bei vielerlei Hinsicht denkbaren schlechteren Bedingungen. Nicht zuletzt schlägt auch der Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers ins Gewicht. Die nunmehr verhängte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen zu 40 % aus und erscheint unter Berücksichtigung der geschätzten sozialen und wirtschaftlichen Situation des Beschuldigten als tat- und schuldangemessen festgesetzt. Auch vom Gesichtspunkt des Präventionsgedanken scheint die Strafe in der bemessenen Höhe geboten.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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