Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523227/2/Bi/Kr

Linz, 10.08.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn X, vom 1. August 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 24. Juli 2012, VerkR22-413-2012/EF-Mg/Ri, wegen der Abweisung des Antrages auf Durchführung von Ausbildungsfahrten als Begleiter im Rahmen einer Erteilung einer vorgezogenen Lenkberechtigung für die Klasse B, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) auf Erteilung der Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten als Begleiter vom 20. Juli 2012 gemäß § 19 Abs.3 Z4 FSG abgewiesen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 30. Juli 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich, zumal darauf auch ausdrücklich verzichtet wurde    (§ 67d Abs.1 AVG). 

 


3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe seinen Antrag mit der Begründung abgewiesen, er sei mit rechtskräftiger Strafverfügung der BH Eferding vom 10. Mai 2011, VerkR96-1310-2010, wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,26 mg/l, sohin gemäß   §§ 37a iVm 14 Abs.8 FSG bestraft worden. Das sei ein schwerer Verstoß gegen straßenpolizeiliche Vorschriften im Sinne des § 19 Abs.3 Z4 FSG.

Er bestreitet nicht die rechtskräftige Bestrafung, die Bindung der Behörde an die Verurteilung und auch nicht, das genannte Delikt gesetzt zu haben, macht aber unrichtige rechtliche Beurteilung geltend: Seiner Auffassung nach könne von einem schweren Verstoß im Sinne des § 19 Abs.3 Z4 FSG erst gesprochen werden, wenn eine Alkoholisierung von zumindest 0,8 %o vorliege; erst ab diesem Wert komme es zu einer Entziehung der Lenkberechtigung und zu einer Bestrafung wegen § 99 StVO. Auch § 5 StVO spreche von einer Beeinträchtigung durch Alkohol erst jedenfalls bei einem Alkoholgehalt von 0,8%o. Die 0,5%o-Grenze sei in § 14 FSG festgeschrieben, ohne dass die Vermutung aufgestellt werde, dass bereits bei diesem Wert eine wesentliche Beeinträchtigung durch Alkohol vorliegen würde. Die 0,5%o-Grenze sei auch im FSG nicht strafbar, zB beim Lenken eines Fahrrades. Daraus leite er ab, dass es sich dabei nicht um einen schweren Verstoß handle, obwohl die Organe der Straßenaufsicht berechtigt seien, Personen ab 0,5%o an der Lenkung bzw Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern. Ein einmaliger Verstoß gegen § 14 Abs.6 (gemeint vermutlich: 8) FSG sei sicherlich kein schweres Verkehrsdelikt – dafür spreche auch § 5 Abs.1a StVO, in dem ein Verweis auf das FSG eingefügt worden sei, wonach erst ab dem 3. Verstoß gegen die 0,5 %o-Regelung innerhalb von
12 Monaten die Bestimmungen der StVO anzuwenden seien. Daher sei von einem schweren Delikt erst bei mehreren Verstößen innerhalb kurzer Zeit auszugehen. Bei ihm sei es nur 1 Verstoß und er habe schon jahrelang am Straßenverkehr teilgenommen, ohne ein schweres Delikt zu setzen. Daran ändere auch die Qualifikation als Vormerkdelikt nichts, auch deshalb da im Zuge des Vormerk­systems erst bei der 2. Begehung eines solchen innerhalb von
2 Jahren geeignete besondere Maßnahmen angeordnet werden könnten. Bei rechts­richtiger Beurteilung hätte die Erstinstanz ihm die beantragte Bewilligung erteilen müssen, da laut Verfahrensunterlagen die übrigen Voraussetzungen des § 19 Abs.3 FSG vorlägen. Beantragt wird daher – unter ausdrücklichem Verzicht auf eine Berufungsverhandlung – die Aufhebung des Bescheides und Erteilung der Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten mit der genannten Führerscheinwerberin mit dem genannten Pkw unter der Auflage der Anbringung der Aufschrift "L-17" und der Tafel "Ausbildungsfahrt".

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Der vom Bw als Erziehungsberechtigter (Vater) am 7. Mai 2012 gestellte Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsfahrten als 1. Begleiter für X, geb. X, mit dem Pkw X wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen. Festgestellt wurde, das der Bw bei der Erstinstanz eine Vormerkung wegen Übertretung gemäß §§ 37a iVm 14 Abs.8 FSG vom 10. Mai 2011 aufweist. Vorgelegt wurde dazu auch die – in Rechtskraft erwachsene – Strafverfügung vom 10. Mai 2011, VerkR96-1310-2011, wonach der Bw am 6. Mai 2011, 20.40 Uhr, den Pkw X in X, mit einem Atemluftalko­hol­­gehalt von 0,26 mg/l gelenkt hat.

    

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.3 2. Satz FSG muss der Begleiter

1. seit mindestens sieben Jahren eine Lenkberechtigung für die Klasse B besitzen,

2. während der letzten drei Jahre vor Antragstellung Kraftfahrzeuge der Klasse B gelenkt haben,

3. in einem besonderen Naheverhältnis zum Bewerber stehen und

4. er darf innerhalb der in Z 2 angeführten Zeit nicht wegen eines schweren Verstoßes gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sein.

 

Gemäß § 37a 1.Satz FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 vorliegt, zu bestrafen, wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs.8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt.

Gemäß § 14 Abs.8 FSG darf ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 %o) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl E 19.7.2002, 2002/11/0113) wird die Wendung "wegen eines schweren Verstoßes gegen kraftfahrrechtliche oder straßen­polizeiliche Vorschriften" in den Gesetzesmaterialien zum FSG nicht erläutert. Die Bedeutung dieser Wendung ist daher durch eine systematische Auslegung zu ermitteln. Ob ein Verstoß gegen straßenpolizeiliche Vorschriften als schwerer Verstoß anzusehen ist, ist der aus den Strafbestimmungen straßen­polizei­licher Vorschriften erkennbaren gesetzlichen Bewertung des straßenver­kehrs­bezogenen Fehlverhaltens zu entnehmen.

Im Wesentlichen geht es im zitierten Erkenntnis um einen Verstoß gegen die StVO 1960 und damit um die Systematik des § 99 StVO. Festgehalten wird darin weiters, dass für die Auslegung der Wendung "wegen eines schweren Verstoßes gegen kraft­fahr­rechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften" des § 19 Abs.3 FSG die Auslegung der Wendung "wegen eines schweren Verstoßes (Abs.6)" in
§ 4 Abs.3 1.Satz FSG nicht maßgeblich ist, weil diese Bestimmung nur auf Inhaber eines Probeführerscheins abzielt. Dass Verstöße, die vom FSG dann, wenn sie von Inhabern von Probeführerscheinen begangen werden, als schwerwiegend qualifiziert werden, auch schwere Verstöße im Sinne des § 19 Abs.3 2.Satz Z4 FSG – die nicht für Inhaber von Probeführerscheinen gilt – darstellen, ist nach der Systematik des FSG nicht anzunehmen. Dagegen spricht auch der Umstand, dass § 19 Abs.3 2.Satz Z4 FSG gerade nicht auf § 4 Abs.3 1.Satz oder § 4 Abs.6 FSG  verweist.

 

Im dem E vom 28.9.1993, 93/11/0101, zugrundeliegenden Fall, in dem es um die Entziehung einer Fahrlehrerberechtigung geht, führt der VwGH aus, dass die Vertrauenswürdigkeit gemäß § 109 Abs.1 lit.b KFG 1967 mit der Begehung eines Alkohol­deliktes nicht mehr gegeben ist., weil diese zu den schwerstwiegenden Übertretungen im Straßenverkehr zählen, gleichgültig ob das Alkoholdelikt im  Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand oder in der Verweigerung einer Atemluftprobe liegt. Im dort abgehandelten Fall wurde die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers eineinhalb Jahre nach seiner Übertretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 wieder bejaht, dh der Fahrlehrer – an den wohl höhere Anforderungen zu stellen sein werden als an einen Begleiter im Sinne des § 19 Abs.3 FSG – durfte wieder Fahrschüler ausbilden.

 

Der UVS zieht daraus den Schluss, dass beim Bw nach Begehung der Über­tretung gemäß § 14 Abs.8 FSG am 6. Mai 2011 nunmehr wieder von seiner Eignung als Begleiter gemäß § 19 Abs.3 2.Satz Z4 FSG auszugehen ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 


 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Delikt nach §§ 14/8 iVm 37a FSG Mai 2011 – Antrag auf Durchführung von Ausbildungsfahrten als Begleiter für Tochter nach § 19/3 2. Satz Z4 FSG, 14 Monate später -> schwerer Verstoß aber liegt lange zurück, daher Eignung als Begleiter gegeben -> Aufhebung

 

 

VwSen-523227/2/Bi/Kr vom 10. August 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

FSG §19 Abs3 Z4

 

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl E 19.7.2002, 2002/11/0113) ist die Wendung "wegen eines schweren Verstoßes gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften" mangels Erläuterung in den Gesetzesmaterialien durch eine systematische Auslegung zu ermitteln. Ob ein Verstoß gegen straßenpolizeiliche Vorschriften als schwer anzusehen ist, ist der aus den straßenpolizeilichen Strafbestimmungen erkennbaren gesetzlichen Bewertung des straßenverkehrsbezogenen Fehlverhaltens zu entnehmen. Festgehalten wird in dem zitierten Erkenntnis weiters, dass für die Auslegung der in Rede stehenden Wendung des § 19 Abs 3 FSG die Auslegung der Wendung "wegen eines schweren Verstoßes (Abs.6)" in § 4 Abs 3 1. Satz FSG nicht maßgeblich ist, weil diese Bestimmung nur auf Inhaber eines Probeführerscheins abzielt. Nach der Systematik des FSG ist nicht anzunehmen, dass Verstöße, die vom FSG als schwerwiegend qualifiziert werden, weil sie von Inhabern von Probeführerscheinen begangen werden, auch als schwere Verstöße im Sinne des § 19 Abs 3 2. Satz Z 4 FSG, welcher nicht auf Inhaber von Probeführerscheinen abstellt, zu werten sind. Dafür spricht auch der Umstand, dass § 19 Abs 3 2. Satz Z 4 FSG gerade nicht auf § 4 Abs 3 1. Satz oder § 4 Abs 6 FSG verweist.

 

Im der E vom 28.9.1993, 93/11/0101, in welcher es im zugrundeliegenden Fall um die Entziehung einer Fahrlehrerberechtigung geht, führt der VwGH aus, dass die Vertrauenswürdigkeit gemäß § 109 Abs 1 lit b KFG 1967 mit der Begehung eines Alkoholdeliktes nicht mehr gegeben ist, weil diese zu den schwerwiegendsten Übertretungen im Straßenverkehr zählen; gleichgültig, ob das Alkoholdelikt im Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand oder in der Verweigerung einer Atemluftprobe liegt. Im dort abgehandelten Fall wurde die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers eineinhalb Jahre nach seiner Übertretung gemäß §§ 5 Abs 2 iVm 99 Abs 1 lit b StVO 1960 wieder bejaht, dh der Fahrlehrer – an den wohl höhere Anforderungen zu stellen sein werden als an einen Begleiter im Sinne des § 19 Abs 3 FSG – durfte wieder Fahrschüler ausbilden.

 

Der UVS zieht daraus den Schluss, dass beim Bw nach Begehung der Übertretung gemäß § 14 Abs 8 FSG vor über einem Jahr nunmehr wieder von seiner Eignung als Begleiter gemäß § 19 Abs 3 2. Satz Z 4 FSG auszugehen ist.

 

 

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