Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531014/17/Kü/HK

Linz, 22.08.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der F F GmbH, R, R, vertreten durch H / N & Partner Rechtsanwälte GmbH, A, W, vom 10. November 2009 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Oktober 2009, UR-2006-3431/67-Di/Hu, betreffend Abweisung des Antrags auf abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer ortsfesten Abfallbehandlungsanlage nach Aufhebung des h. Berufungsbescheides vom 10. August 2010 durch den Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und       Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Oberösterreich zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz iVm §§ 37 und 38, Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002 idF BGBl.I Nr. 54/2008

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Oktober 2009, UR-2006-3431/67-Di/Hu, wurde der Antrag der F F GmbH auf Erteilung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung gemäß § 37 f AWG 2002 für die Errichtung und den Betrieb einer ortsfesten Abfallbehandlungsanlage, bestehend aus einer Brecheranlage, einer Siebanlage und eines Baurestmassen­zwischenlagers auf einem teilweise als Wald ausgewiesenen Areal auf dem Gst.Nr. X, KG. K, Gemeinde R, abgewiesen.

 

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrenslaufes und der Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass zum durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere zu den während und nach der mündlichen Verhandlung eingeholten Gutachten der Sachverständigen, festgehalten werden könne, dass die gemäß § 43 Abs.1 AWG 2002 genannten Genehmigungsvoraussetzungen nicht vollinhaltlich erfüllt werden könnten. Im Gesamten betrachtet, würden sich die vorliegenden Gutachten für die Behörde allesamt als schlüssig darstellen, da sie den vorge­gebenen Stand der Technik berücksichtigen würden und sich bei der inhaltlichen Prüfung durch die Behörde keine Anhaltspunkte ergeben hätten, die die Schlüssigkeit der Gutachten in Zweifel ziehen würden.

 

Aufgrund der Gutachten des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschafts­schutz sowie des ornithologischen Amtssachverständigen sei der Betrieb der Abfallbehandlungsanlage in einem N X Gebiet aus naturschutzfach­licher Sicht nicht möglich, da Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen oder für den Boden nicht ausgeschlossen werden könnten. Im Ergebnis habe daher der gegenständliche Antrag auf abfallwirtschaftsrecht­liche Genehmigung einer ortsfesten Behandlungsanlage abgewiesen werden müssen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Rechtsvertretung der Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die beantragte Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer ortsfesten Behandlungsanlage, bestehend aus Brechanlage und Siebanlage sowie einem Zwischenlager für die Aufbereitung und Wieder­verwertung von Baurestmassen – erforderlichenfalls unter bestimmten Auflagen – für das Gst. Nr. X, KG. K, Gemeinde R, in eventu für den Standort Gst. Nr. Y, KG. K, Gemeinde R, erteilt wird, in eventu den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

 

Als Berufungsgründe würden inhaltliche Rechtswidrigkeit, fehlende bzw. unrichtige Sachverhaltsfeststellungen und die Verletzung von Verfahrensvor­schriften geltend gemacht.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass beide Sachverständigengutachten, auf die die Behörde ihre Entscheidung stützt, allein in der zusätzlichen Lärmentwicklung eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes des N X Gebietes sehen. Um von einer zusätzlichen Umweltauswirkung sprechen zu können, hätte es freilich einer genauen Darstellung des bestehenden Genehmigungskonsenses – also der schon jetzt zugelassenen Lärmentwicklung – und einer Gegenüber­stellung mit der künftigen (bei Realisierung des antragsgegenständlichen Vorhabens zu erwartenden) Lärmentwicklung bedurft. Im vorliegenden Fall zeige aber ein solcher Vergleich des bestehenden (genehmigten) und des künftig beantragten Immissionsmaßes, dass keinerlei Erhöhung der Lärmentwicklung stattfinde. Schon derzeit sei nämlich ein dauerhafter Brecherbetrieb mittels mobiler Anlage genehmigt, und zwar für sechs Monate zum Zweck der Aufbereitung von Baurestmassen und ganzjährig für die Aufbereitung minerali­scher Rohstoffe. Durch den nunmehr ortsfesten Einsatz der Brecheranlage ändere sich also an der Gesamtbetriebszeit durchgehend über ein Kalenderjahr nichts; lediglich die Aufteilung zwischen dem Einsatz zu Zwecken des Baurest­massenrecyclings einerseits und der Aufbereitung mineralischer Rohstoffe andererseits könne sich verschieben. Da diese beiden Tätigkeiten aber das gleiche Lärmniveau verursachen, resultiere daraus keine zusätzliche Lärmbelastung.

 

Der ornithologische Amtssachverständige unterliege einem Fehlschluss, wenn er von einer Zunahme der Lärmbelastung in Vergleich zum bewilligten Zustand in und im Umkreis der Kiesgrube von 10 bis 20 % ausgehe. Damit deute er nämlich den Anteil an der ganzjährigen Laufzeit der Maschinen sinnwidrig als Zunahme, also Steigerung der Laufzeit, obwohl die Gesamtlaufzeit und damit auch die Gesamtlärmentwicklung gleich bleibe und nur die Aufteilung der Laufzeit auf verschiedene Aufgabestoffe flexibilisiert würde. Dies gelte selbst dann, wenn man – wie der ASV offensichtlich vermeint – vom Fehlen einer erforderlichen natur­schutzrechtlichen Bewilligung für die mobile Brecheranlage ausginge. Auch diesfalls bleibe es dabei, dass der ganzjährige Einsatz der Aufbereitungsanlage für mineralische Baurestmassen jedenfalls (auch naturschutzrechtlich) genehmigt sei, sodass das genehmigte Ist-Immissionsmaß durch einen ganzjährigen Brecherbetrieb geprägt sei. Dadurch, dass in Hinkunft 20 % der Jahresbetriebszeit für die Aufbereitung von Baurestmassen und folglich nur mehr 80 % für die Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen genutzt würde, ändere sich an der Gesamtbelastung nichts. Die Gesamtbetriebszeit würde weder verlängert noch würde die Gesamtbelastung erhöht.

 

Die erstinstanzliche Behörde habe fälschlicherweise im Bescheid keine detaillierten Feststellungen zum bestehenden und zum beantragten Konsensumfang getroffen. In der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung für die mobile Anlage vom 12.8.2003, UR-305337/12-2003, würde festgelegt, dass diese hauptsächlich in der Kiesgrube F, Parz.Nr. Z, KG. K, jedoch auch auf diversen Baustellen betrieben werden solle. Hinsichtlich der Betriebsdauer bestimme Auflage 10 des Bewilligungsbescheides, dass "die Betriebszeit pro Standort und Kalenderjahr (außerhalb der Kiesgrube F, Parz.Nr. Z, KG. K, Gemeinde R) von maximal 100 Stunden nicht überschritten werden dürfe." Dies bedeute im Umkehrschluss, dass für den Betrieb der Brechanlage innerhalb der Kiesgrube F das 100 Stunden-Limit nicht gelte. Aufgrund der gesetzlichen Einschränkung des § 53 Abs.1 AWG 2002 sei ein durchgehender Betrieb pro Kalenderjahr für längstens sechs Monate zulässig.

 

Für den Einsatz zur Aufbereitung mineralischer Rohstoffe sei hingegen die Bewilligung mit keiner Einschränkung der Betriebsdauer pro Kalenderjahr versehen. Sowohl für die leichtbeweglichen als auch für die schwerbeweglichen Maschinen (Auflagepunkte 21 und 23) würden gemäß der Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes vom 19.7.2002, EnRo20-1505/23-2002, die in Spruchabschnitt D.1. genehmigten Betriebszeiten "Montag bis Freitag (wenn Werktag) von 6.00 – 19.00 Uhr und Samstagen (wenn Werktag) von 6.00 – 14.00 Uhr" gelten. Unter den genehmigten Maschinen befinde sich auch die "Aufbereitungsanlage SBM Wageneder (in Errichtung)" (so explizit der genehmigte Gewinnungsbetriebsplan S. 16). Damit liege eine Bewilligung für den ganzjährigen Einsatz der Brechanlage vor. Für diese mobile Maschine per se würden keine gesonderten naturschutzrechtlichen Bewilligungspflichten bestehen, sondern gemäß § 3 Z 1 Oö. NSchG nur für die damit verbundenen anlagentechnischen Vorhaben, nämlich die "Bodenentnahmen, Aufschüttungen, Abgrabungen". Für die Abbau- und die Aufbereitungsflächen und –tätigkeiten selbst liege eine rechtskräftige Naturschutzbewilligung vor (der Bescheid der BH Gmunden vom 19.7.2002, N10-10-2001, erwähne explizit den "Abbau und Aufbereitungsbetrieb". Nur hinsichtlich des Bauschuttes seien naturschutzrecht­liche Untersagungen bzw. Administrativverfügungen ergangen, die zufolge des einzig dafür vorliegenden Bewilligungstatbestandes (§ 5 Z 10 Oö. NSchG: "Verwendung einer Grundfläche zum Ablagern oder Lagern von Abfall" nur auf die Bauschuttlagerung und –manipulation auf dafür naturschutzrechtlich noch nicht genehmigten Flächen erstrecken könne, nicht aber auf den für die ganzjährige Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen bereits naturschutzbe­hördlich mitgenehmigten mobilen Maschineneinsatz.

 

In ihrem Genehmigungsansuchen für die nunmehr ortsfest eingesetzte Anlage habe die Bw mehrfach klargestellt, dass an den Einsatzzeiten nichts geändert werde sondern lediglich die Anlage räumlich verlagert und künftig ortsfest betrieben werden solle. Es komme somit durch das geplante Vorhaben – entgegen den Annahmen der Sachverständigen und der Behörde – aufgrund gleichbleibender Betriebszeiten und Anlagenidentität zu keinen zusätzlichen Lärmimmissionen im Projektsareal, die einen unzumutbaren Eingriff in den Schutzzweck des projektsgegenständlichen Vogelschutzgebietes darstellen könnten. Vielmehr bewege sich das geplante Vorhaben im Hinblick auf Lärm­immissionen im behördlich bereits genehmigten Rahmen.

 

Richtigerweise hätte die Behörde daher aufgrund der projektbedingt eingetretenen Minderung der Umweltauswirkungen gegenüber dem genehmigten Status quo, insbesondere infolge der Lärmreduktion, das Vorhaben nicht abweisen dürfen, sondern es genehmigen müssen. Würde das genehmigte Emissions- und Immissionsmaß aber nicht erhöht, würden auch keinerlei projektbedingte (zusätzliche) Auswirkungen auf das N X Gebiet vorliegen. Damit komme auch keine Abweisung nach dem Oö. NSchG oder einer einschlägigen EU-Richtlinie in Betracht. Es würde weder ein Schutzgut noch der Schutzzweck eines Gebietes in irgendeiner Form nachteilig berührt, sodass sich eine Abweisung nach dem mitanzuwendenden Naturschutzrecht von vornherein verbiete. Fehle es nun an jedweder nachteiligen Auswirkung bzw. diene das Projekt einer Minderung der Umweltauswirkungen, bestehe ein Genehmigungs­anspruch der Bw nach § 43 Abs.1 AWG 2002. In diesem subjektiv-öffentlichen Recht würde sie durch die ungerechtfertigte Abweisung ihres Genehmigungsan­trags verletzt.

 

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde stelle § 1 Abs.3 Z 2 AWG 2002 kein Genehmigungskriterium dar. Weiters würden die Ausführungen der Behörde keine den Erfordernissen des § 60 AVG entsprechende Bescheidbegründung darstellen.

 

Aus den Sachverständigengutachten sowie der mangelhaften Bescheidbegrün­dung sei nicht erkennbar, ob allenfalls auch die Situierung der Anlage außerhalb der Abbaustätte wegen der damit einhergehenden Flächeninanspruchnahme naturschutzfachlichen und –rechtlichen Bedenken begegne. Selbst wenn dem so wäre, so hielte es die Bw nicht für gerechtfertigt, da diese Situierung – wie im Antrag nachgewiesen – zu einer Lärmminderung gegenüber dem Status quo und zu einer erleichterten Rekultivierung beitrage. Nur für den Fall, dass die Berufungsbehörde dennoch in der Situierung ein Genehmigungshindernis erkennen solle, erkläre die Bw hiermit eventualiter folgende Antragsmodifikation: Diesfalls würde der Standort der Anlage geringfügig verschoben, und zwar vom außerhalb des Abbaugeländes gelegenen Grundstück Nr. X über die Grenze zum Grundstück Nr. Y, KG. K, Gemeinde R. Eine solche Projektmodifikation sei auch im Verfahrensstadium der Berufung zulässig, da der verfahrenseinleitende Antrag gemäß § 13 Abs.8 AVG in jeder Lage des Verfahrens geändert werden könne. Die gegenständliche Projektmodifikation greife nicht in das Wesen des Vorhabens ein bzw. stelle kein aliud dar, da es sich bei der projektierten Recyclinganlage um dieselbe Maschine wie die bereits genehmigte Brechanlage handelt und es durch eine Standortverschiebung zu keinen zusätzlichen, vom Genehmigungskonsens der mobilen Anlage abweichenden Lärmimmissionen kommen würde.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die gegenständliche Berufung mit Schreiben vom 30. November 2009 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67g Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

5. Mit Erkenntnis vom 10. August 2010, VwSen-531014/3 hat der Unabhängige Verwaltungssenat der Berufung keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Gegen dieses Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates hat die Bw Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom 24. Mai 2012, Zl. 2010/07/0172-7 hat der Verwaltungsgerichtshof dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. August 2010, VwSen-531014/3 behoben. Begründend wurde festgehalten, dass im angefochtenen Bescheid zwar wiederholt von einem Vogelschutzgebiet gesprochen wird, eine den Anforderungen des Artikel 4 Abs.1 letzter Satz der Vogelschutz - Richtlinie entsprechende (formelle) Erklärung zum Schutzgebiet allerdings nicht vorliegt. Somit besteht keine auf Artikel 4 dieser Richtlinie gegründete Schutzmaßnahme im Sinne der im System von Geboten und Verboten umfassenden Einrichtung eines Schutzgebietes, auf deren Grundlage die von der beschwerdeführenden Partei angestrebte Bewilligung versagt werden könnte. Die Annahme, es könnte geboten sein, im Sinn der vorzitierten Judikatur zu den Vorwirkungen des durch Art. 4 Abs.4 der Vogelschutz - Richtlinie vermittelten Schutzes erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume geschützter Vogelarten gegebenenfalls auch ohne Vorliegen normativer Festlegungen vorzukehren, scheitert bereits an der hierfür mangelhaften Begründung des angefochtenen Bescheides. So fehlen im angefochtenen Bescheid in qualitativer wie in quantitativer Hinsicht konkrete Feststellungen über jene Tatsachen (Abgrenzung des Gebietes, Populationsdichte, Artendiversität, Seltenheit, Empfindlichkeit und Gefährdungsgrad der in Rede stehenden Vogelarten, Erhaltungsperspektiven der bedrohten Arten, Rang des Gebietes im Hinblick auf die Netzverknüpfung), auf deren Grundlage (unter den Gesichtspunkten der Vogelschutz – Richtlinie) die Wertigkeit des vom Projektsvorhaben voraussichtlich beeinflussten Gebietes beurteilt und im Rahmen der erforderlichen vergleichbaren Bewertung zu den maßgebenden Eignungsfaktoren der anderen im Betracht kommenden Gebiete in Beziehung gesetzt werden könnte. Auch dem Beschwerdevorbringen, dass die gemäß § 14 Abs.1 Z2 Oö. NSchG vorzunehmende Interessensabwägungen in Anbetracht der von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführten privaten Interessen nicht ausreichend begründet worden sei, kommt Berechtigung zu.

 

Ferner wurde vom Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Beurteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht zu beanstanden sei, dass –schon weil gemäß dem naturschutzbehördlichen Bescheid vom 19. Juli 2002 bis spätestens 31. Dezember 2003 die Bauschuttaufbereitung einzustellen war und die entsprechenden Anlagen abzutransportieren waren – eine Baurestmassenaufbereitung (in mobiler Form) seit dem 01. Jänner 2004 im Areal der Kalkschottergrube nicht mehr zulässig war, aus dieser naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Beurteilung der Lärmbeeinträchtigungen nichts zu gewinnen ist und der vorliegende Antrag als "Erstantrag" anzusehen ist. Auch die Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates, dass die in der Berufung als Eventualantrag bezeichnete Projektsmodifikation eine die Sache des Berufungsverfahrens überschreitende Projektsänderung darstelle, begegnet keinem Einwand.

 

5.2. Festzuhalten ist, dass zwischenzeitig durch Verordnung der Oö. Landesregierung vom 31.5.2011 das Gebiet „Untere Traun“ in den Gemeinden Gschwandt, Ohlsdorf, Laakirchen, Roitham, Desselbrunn, Rüstorf, Stadl-Paura, Bad Wimsbach-Neydharting, Steinerkirchen, Fischlham, Steinhaus, Edt bei Lambach, Gunskirchen, Wels, Sipbachzell und Kremsmünster (offizielle Gebietskennziffer AT3113000) Vogelschutzgebiet gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 der „Vogelschutz-Richtlinie“ (§ 5) ist und als „Europaschutzgebiet Untere Traun“ bezeichnet wird.

 

5.3. § 66 Abs.2 AVG lautet: Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Die Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung ist erforderlich – und daher die Aufhebung eines in Berufung gezogenen Bescheides gemäß § 66 Abs.2 AVG zulässig – wenn nicht nur zusätzliche Sachverständige beigezogen werden müssen, sondern wegen allfälliger Notwendigkeit von Auflagen, die erst die Bewilligungsfähigkeit ermöglichen, die gleichzeitige Anwesenheit von Sachverständigen und Parteien des Verfahrens erforderlich ist, etwa Projektsergänzungen bzw. – Änderungen und dann in der Folge die Einholung neuer Gutachten sowie die Beiziehung von Sachverständigen und Parteien zu einer Verhandlung erforderlich sind (VwGH verstärkter Senat 13.06.1985, Slg 11795 A, 09.12.1986, 8405/0097 ua).

 

5.4. Über den gegenständlichen Antrag der Bw zur Errichtung einer ortsfesten Abfallbehandlungsanlage und Baurestmassenzwischenlagers auf näher bezeichneten Grundstücken in der KG K wurde bereits am 01. August 2006 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Festzuhalten ist, dass sowohl die vorliegenden Projektsunterlagen als auch die Begutachtungen der Sachverständigen davon ausgegangen sind, dass es sich bei der beantragten Abfallbehandlungsanlage um die Verlegung und den Betrieb einer mobilen Recyclinganlage auf den Betriebsgelände der Bw handelt. Zwischenzeitig hat aber - wie oben erwähnt – der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass es sich beim gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag und nicht um die Verlegung der mobilen Recyclinganlage am Standort handelt.

 

Auf Grund der geänderten Situation hinsichtlich der Ausweisung des Vogelschutzgebietes Untere Traun sowie dem Umstand, dass das vorliegende Projekt ein Erstantrag für die Errichtung und den Betrieb einer Baurestmassenrecyclinganlage samt Baurestmassenzwischenlager darstellt, ist es nun nach Ansicht der Berufungsbehörde erforderlich, unter Heranziehung der Sachverständigen das eingereichte Projekt allenfalls in der im Berufungsverfahren vorgelegten Projektsmodifikation hinsichtlich der Standortverlegung einer neuerlichen Beurteilung zu unterziehen. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist hierbei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten um einerseits die berechtigten Interessen des Antragstellers berücksichtigen zu können und andererseits den Sachverständigen die Möglichkeit einzuräumen, an Ort und Stelle unter genauer Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse, eine Begutachtung des Einreichprojektes und allfälliger Projektsmodifikationen vorzunehmen. Überdies können bei dieser mündlichen Verhandlung Einwände der sonstigen Verfahrensparteien (etwa Oö. Umweltanwalt) mit den beigezogenen Sachverständigen ausreichend erörtert werden. Im diesen Sinne war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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