Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-560183/5/Kl/BRe/BU

Linz, 24.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, x, vertreten durch Mag. x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Juni 2012, GZ 301-12-2/1ASJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 4, 7, 8, 13, 27 und 49 Oö. Mindestsicherungsgestz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Juni 2012, GZ 301-12-2/1ASJF, wurde dem Antrag der Berufungswerberin vom 9.12.2011 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs insofern entsprochen, dass ab 9.12.2011 – befristet bis 30.6.2012 Leistungen zur unmittelbar erforderlichen Bedarfsdeckung gemäß § 7 Abs. 3 Oö. BMSG im Grunde der §§ 7 ff, 13, 27 und 31 Oö. BMSG und § 140 ABGB in der Höhe von durchschnittlich € 138,10 zugesprochen wurden.

 

Begründend wurde im Wesentlichen auf die Unterhaltspflicht der Eltern gemäß

§ 140 ABGB hingewiesen, welche Unterhaltspflicht auch bei Volljährigkeit des Kindes, wenn es die Selbsterhaltungsfähigkeit noch nicht erlangt hat, gilt. Eine Klage auf Unterhaltsanspruch sei abgelehnt worden. Eine Erwerbsunfähigkeit in Folge Krankheit sei nicht gegeben. Es lagen keine Einwände vor, die die Verfolgung des Unterhaltsanspruches gegenüber der Mutter für unzumutbar erscheinen lassen. Mit der Weigerung, den Unterhaltsanspruch gegenüber der Mutter bei Gericht überprüfen zu lassen, werde nicht genügend Beitrag zur Bemühungspflicht gemäß § 7 Oö. BMSG geleistet und sei dies nach herrschender Rechtssprechung vorwerfbar und daher zu berücksichtigen. Es ist daher gemäß § 7 Abs. 3 Oö. BMSG aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens und der rechtlichen Beurteilung eine unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung sicherzustellen. Unter Anrechnung des AMS Einkommens und Abzug der monatlich zu berücksichtigenden Ausgaben für Miete und Strom würden durchschnittlich € 154 für den restlichen Lebensunterhalt verbleiben und reiche dies aus Sicht der Behörde als unmittelbare Bedarfsdeckung aus. In Zusammenhalt mit der seit 12. Dezember 2011 geleisteten finanziellen Unterstützung im Rahmen der bedarfsorientierten Mindestsicherung würde die Berufungswerberin jedenfalls über der erforderlichen Bedarfsdeckung liegen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und über Aufforderung rechtzeitig eine Berufungsvollmacht vorgelegt. Begründend wurde ausgeführt, dass in der Zeit von September 2007 bis Februar 2011 die Berufungswerberin eine Lehre als Produktionstechnikern absolvierte und nach einer kurzen Phase der Erwerbslosigkeit im Anschluss bei der Leasingfirma x GmbH beschäftigt gewesen sei, wobei sie durchgehend der Firma "x" überlassen worden sei. Der Bruttoverdienst betrug im Juni 2011 € 1.563,--, im Juli 2011 € 1.472,-- und im August 2011 € 1.617,--. Wegen eines kurzen Krankenstandes (22.-24.8.2011) sei das Arbeitsverhältnis jedoch einvernehmlich beendet worden. Die Berufungswerberin sei im Anschluss arbeitslos gewesen, wobei ein Arbeitslosengeld in der Höhe von täglich € 14,47 und ab 31.12.2011 eine Notstandshilfe in der Höhe von täglich € 13,75 zustanden. Seit 4.6.2012 habe sie wieder eine Arbeitsstelle als technische Angestellte mit einem vereinbarten  Bruttomonatsentgelt in der Höhe von € 1.800 bei der Firma x.

 

Aufgrund der massiven Beziehungsprobleme der Eltern, der Probleme mit ihrem Halbbruder sowie der ständigen Streitereien und Differenzen mit den Eltern, habe sie sich sofort nach der Ausbildung um eine Genossenschaftswohnung bemüht. Im Sommer 2011 habe sie eine Zusage für eine 46,41 Wohnung der Genossenschaft x erhalten und zu diesem Zeitpunkt auch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Leasingfirma x GmbH. inne gehabt. Die Kosten für die Wohnung betrugen inklusive Betriebskosten € 408,89. Aufgrund der Einkünfte sei die Berufungswerberin zu diesem Zeitpunkt voll selbsterhaltungsfähig gewesen und habe sowohl die Kaution als auch die laufenden Kosten tragen können. Seit dem Zeitpunkt der Erwerbslosigkeit könne sie jedoch mit dem ihr zuerkannten Arbeitslosengeld von täglich € 14,47 den Lebensunterhalt mit eigenen Mittel nicht selbst bestreiten. Sie habe daher beim Amt der Oö. Landesregierung einen Antrag auf Wohnbeihilfe gestellt und wurde ihr eine Wohnbeihilfe in Höhe von € 162,44 ab Oktober 2011 gewährt. Doch auch unter Berücksichtigung dieser Wohnbeihilfe betragen die Kosten für den Wohnaufwand immer noch € 246,45.

Auch werde ihr vom laufenden Arbeitslosengeld bzw. vom Notstandshilfebezug € 50 monatlich einbehalten. Zu dieser Rückforderung seitens des AMS sei es deshalb gekommen, weil der ehemalige Lehrberechtigte Entgeltansprüche aus dem ehemaligen Lehrverhältnis vorbehalten habe. Mittels Klage habe sie die Ansprüche bestehend aus Lohn und anteiligen Sonderzahlungen erhalten. Dadurch entstandene Rückforderungen seitens des AMS werden nun in 20 Monatsraten von je 50 Euro bezahlt. Die Raten seien vom damaligen laufenden Leistungsbezug einbehalten worden, sodass sich nur eine geminderte Notstandshilfe ergebe. Aufgrund der Lebenssituation und Lebensumstände habe sie am 9.12.2011 einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gestellt. Mit Bescheid vom 23.4.2012 sei jedoch nur eine bedarfsorientierte Mindestsicherung in der Höhe von € 140,45 zugesprochen worden. Aufgrund einer Berufung wurde dieser Bescheid mittels Berufungsvorentscheidung aufgehoben. Nach dem jetzt vorliegenden Bescheid vom 19.6.2012 müsste sie über ein Einkommen von € 703,25 verfügen. Dies entspreche nicht den Tatsachen, weil sie vom AMS nur eine Notstandshilfe in der Höhe von durchschnittlich € 365 erhalte und eine Wohnbeihilfe von monatlich € 162,44. Sie erhalte von ihrer Mutter keine Zahlungen. Eine Rechtsverfolgungspflicht bezüglich eventuellen Unterhalts sei nicht zumutbar, da diese das angespannte Verhältnis zu den Eltern weiter belasten würde und die Mutter in ihrer wirtschaftlichen Situation außerdem stark beeinträchtigen würde. Bezugnehmend auf die bestrittene Selbsterhaltungsfähigkeit werde angeführt, dass diese grundsätzlich nach Abschluss der Berufsausbildung eintrete. Nach § 140 Abs.3 ABGB liege Selbsterhaltungsfähigkeit vor, wenn das Kind zur Deckung des Unterhalts notwendige Mittel selbst erwirbt oder zum Erwerb im Stande ist. Eine vorübergehende Einkommensminderung habe noch nicht den Verlust der einmal eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit und das Wiederaufleben der Unterhaltspflicht zur Folge. Vor der Arbeitslosigkeit sei die Berufungswerberin voll selbsterhaltungsfähig gewesen. Die eingetretene Erwerbslosigkeit nach einem unbefristeten Arbeitsverhältnis führe nicht zum Wiederaufleben der Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern, zumal die Berufungswerberin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden sei und auch arbeitsfähig und arbeitswillig gewesen sei. Nur aufgrund der ganz niedrigen Bemessungsgrundlage nach der Ausbildung sei sie in diese soziale Notlage gekommen. Es sei ihr immer ein Anliegen gewesen, der versicherten Gemeinschaft nicht zur Last zu fallen und wieder einen Vollzeitjob zu finden. Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid aufzuheben und ihr ab 9.12.2011 – 30.6.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen im gesetzlichen Ausmaß zuzuerkennen.

 

3. Mit Schreiben vom 10.7.2012 legte das Magistrat der Stadt Linz dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor.

Gemäß §§ 49 und 27 Oö. BMSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, der gemäß § 67a AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da schon auf Grund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde und auch nicht für erforderlich erachtet wird, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Die Berufungswerberin ist österreichische Staatsbürgerin und ist in x wohnhaft. Sie lebt in einer Mietwohnung in der Größe von 46,41 . Hiefür hat sie Miete inklusive Betriebskosten von € 408,89 zu bezahlen. Sie bezieht Wohnbeihilfe in der Höhe von € 162,44. Sie erhielt aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit ein Arbeitslosengeld von € 14,47 bis 12.2.2012, dann eine Notstandshilfe ab 13.2.2012 bis 28.12.2012 von täglich € 13,75. Hievon werden monatlich Rückforderungen an das AMS von € 50 abgezogen. Es ergibt sich daher eine tatsächliche Zahlung von Notstandshilfe von monatlich durchschnittlich € 371,47. Mit der Wohnbeihilfe in der Höhe von monatlich 162,44 Euro verfügt daher die Berufungswerberin über Einkünfte von € 533,91 monatlich. Hievon sind die Miete in der Höhe von € 408,89 und Stromkosten von € 25 zu begleichen, sodass ein Restbetrag von € 100,02 zur Verfügung bleibt. Weiters wurde vom Magistrat der Stadt Linz seit Dezember 2011 eine Zahlung von monatlich durchschnittlich 138,10 Euro geleistet. Zusammen mit diesem Betrag verfügt daher die Berufungswerberin tatsächlich – nach Abrechnung der Fixkosten für Miete und Strom – über monatlich € 238,12 zur Deckung ihres Lebensunterhaltes.

Die Berufungswerberin absolvierte von September 2007 bis Februar 2011 eine Lehre als Produktionstechnikerin und war bei der Leasingfirma x GmbH beschäftigt, wobei der Bruttoverdienst zwischen Juni und August 2011 durchschnittlich € 1.530 betrug. Sie erhielt daher auch im Sommer 2011 die Mietwohnung der x. Das Arbeitsverhältnis bei der Leasingfirma x GmbH war unbefristet.

Seit 4.6.2012 hat sie eine Stelle bei der Firma x als technische Angestellte mit einem vereinbarten Bruttomonatsgehalt in der Höhe von € 1.800.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. BMSG ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung die Ermöglichung und Sicherung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Gemäß § 4 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die österreichische Staatsbürgerinnen und –bürger sind (Abs. 1 Z 2 lit.a).

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4 von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs.1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 7 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre. Als Beitrag der hilfsbedürftigen Person im Sinne des Abs.1 gelten insbesondere der Einsatz der eigenen Mittel, der Einsatz der Arbeitskraft, die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre, sowie die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Sofern Ansprüche gegen Dritte nicht ausreichend verfolgt werden, ist – unbeschadet des § 8 Abs.4 – die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung sicherzustellen. (§ 7 Abs.3 Oö.BMSG).

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung:

1)    des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen

     Person, sowie

2)    tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter

zu erfolgen.

 

Gemäß § 8 Abs.4 Oö. BMSG sind Ansprüche hilfsbedürftiger Personen, die zur zumindest teilweisen Bedarfsdeckung nach diesem Landesgesetz geeignet sind, auf Verlangen des zuständigen Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung diesem zur Rechtsverfolgung zu übertragen.

 

5.2. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, verfügte die Berufungswerberin seit Antragstellung am 9.12.2011 aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit über ein Einkommen von monatlich durchschnittlich € 533,91 (bestehend aus Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe und Wohnbeihilfe). Abzüglich der monatlichen Kosten für Miete und Strom ergibt sich daher ein verfügbarer Betrag von € 100,02 pro Monat. Weiters hat die Berufungswerberin – wie im angefochtenen Bescheid angeführt – monatliche Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung in der Höhe von durchschnittlich € 138,10 erhalten. Es steht ihr daher ein Betrag von durchschnittlich monatlich € 238,12 für den Lebensunterhalt zur Verfügung.

Wie die belangte Behörde richtig ausführt, gibt es in x geeignete soziale Einrichtungen und Ermäßigungen für sozial schwächer gestellte Personen, sodass die Bestreitung des Lebensunterhaltes ausreichend ermöglicht wird. Es ist daher von einer unmittelbaren Bedarfsdeckung im erlässlichen Ausmaß (§ 7 Abs.3 Oö. BMSG) auszugehen.

 

5.3. Dem rechtlichen Berufungsvorbringen sind folgende Erwägungen entgegen zu halten:

Gemäß § 140 Abs.3 ABGB mindert der Anspruch auf Unterhalt sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbst erhaltungsfähig ist. In Rummel, ABGB, Kommentar, 3. Auflage, Manz, Stabentheiner in Rummel, § 140, RZ12 wird die Selbsterhaltungsfähigkeit dahingehend ausgeführt, dass Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben ist, wenn das Kind die zur Bestreitung seiner Bedürfnisse nötigen Mittel selbst erwirbt oder bei zumutbarer Beschäftigung selbst erwerben könnte. Sie kann vor oder nach der Volljährigkeit eintreten. Dabei richtet sich der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit nach den Lebensverhältnissen des Kindes und der Eltern. Eine teilweise Selbsterhaltungsfähigkeit in Folge tatsächlich erzielten Einkommens wird besser als Minderung des Unterhaltsanspruches durch Eigeneinkommen verstanden. Selbsterhaltungsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit zur eigenen angemessenen Bedürfnisdeckung auch außerhalb des elterlichen Haushaltes. Für die Frage, ab welchen Eigeneinkünften des Kindes Selbsterhaltungsfähigkeit vorliegt, bietet nach der ständigen Rechtssprechung für einfache bis durchschnittliche Lebensverhältnisse die Höhe der Mindestpension nach § 293 Abs. 1 lit.a ??? und lit.b ASVG (bei deren Unterschreiten Ausgleichszulage zusteht) eine Orientierung. Bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen hat das Kind auch über diesen Orientierungswert hinaus Anspruch auf Teilhabe.

Der Verlust der einmal erlangten Selbsterhaltungsfähigkeit kann in jedem Lebensalter des Kindes eintreten (zB. durch Erwerbsunfähigkeit in Folge Krankheit oder Langzeitarbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeld), was mangels Verschuldens des Kindes nach den Lebensverhältnissen der Eltern zum Wiederaufleben des Unterhaltsanspruches führt. Bloße Einkommensminderung bis zu den oben erwähnten Grenzen (zB. Mindestpension) bedeutet noch nicht Verlust der Selbsterhaltungsfähigkeit, ebenso wenig bloß vorübergehende Minderung des Einkommens.

 

Im Grunde dieser Ausführungen, die auch entsprechende Judikaturnachweise beinhalten, war daher im Fall der Berufungswerberin von aufrechter Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen. Schließlich verfügte sie vor ihrer Arbeitslosigkeit über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und hatte deutlich über der Mindestpension gelegene Eigeneinkünfte. Sie hat auch nicht mehr im Haushalt der Eltern gelebt. Sie war daher zum Zeitpunkt ihres Arbeitsverhältnisses jedenfalls selbsterhaltungsfähig. In Frage gestellt wird allenfalls, ob die einmal erlangte Selbsterhaltungsfähigkeit im Fall der Berufungswerberin auch wieder verloren gehen kann und somit wieder ein Aufleben des Unterhaltsanspruches gegenüber den Eltern bewirken kann. Im Sinne der obigen Ausführungen ist anzumerken, dass zwar eine Arbeitslosigkeit von 9 Monaten eine sehr lange Arbeitslosigkeit darstellt, allerdings nicht geklärt ist, ob dabei von einer Langzeitarbeitslosigkeit auszugehen ist. Jedenfalls ist aber festzustellen, dass Arbeitslosengeld und dann Notstandshilfe gewährt und bezogen wurde. Auch ist nach den Kenntnissen des entscheidenden Verwaltungssenates ein Verschulden der Berufungswerberin nicht gegeben. Da daher nicht von einem gänzlichen Einkommensverlust im Hinblick auf das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe auszugehen war, war allenfalls eine bloße Einkommensminderung bzw. vorübergehende Minderung des Einkommens in Betracht zu ziehen und allenfalls in dieser Hinsicht von einer teilweisen Selbsterhaltungsfähigkeit bzw. Minderung des Unterhaltsanspruches auszugehen, was allenfalls den Eintritt von Unterhaltsansprüchen auslösen würde. Allerdings ist nach den vorzitierten Literaturnachweisen ebenfalls wieder die Grenze der Mindestpension angeführt. Es besteht die herrschende Judikatur, dass Einkünfte der Berufungswerberin unter der Mindestpension den Verlust der Selbsterhaltungsfähigkeit auslösen können. Es könnte aber unter Umständen der Unterhaltsanspruch gegenüber der Mutter wieder aufleben.

Zur Klärung eines eventuellen Unterhaltsanspruches gegenüber der Mutter wäre eine gerichtliche Verfolgung erforderlich. Da das Verhältnis zu den Eltern nach Angaben der Berufungswerberin zerrüttet ist, ist eine Verfolgung auch nicht unzumutbar. Andernfalls wäre ja auch auf Verlangen des zuständigen Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung der Anspruch zur Rechtsverfolgung zu übertragen. (§ 8 Abs.4 Oö. BMSG). Sowohl die eigenständige Anspruchsverfolgung sowie auch die Übertragung des Anspruches zur Rechtsverfolgung wurden aber von der Berufungswerberin ausdrücklich verweigert. Gemäß § 7 Abs.3 Oö. BMSG ist daher nur die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung sicherzustellen. Dies bedeutet das unerlässliche Ausmaß. Dieses ist mit monatlich € 238,12 für den Lebensunterhalt sichergestellt. Es besteht daher kein weiterer Anspruch auf Mindestsicherung.

 

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 11 Abs.4 Oö.BMSG Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen maximal um die Hälfte gekürzt werden können, dass ist zur Zeit ein Betrag von € 421,8. Dieser Betrag beinhaltet aber auch den Wohnbedarf. Dieser liegt daher erheblich unter dem Betrag, der der Berufungswerberin unter Einrechnung ihrer Einkünfte zur Verfügung steht.

 

Es war daher die Berufung abzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

 

Selbsterhaltungsfähigkeit; Verlust der Arbeit, lange Arbeitslosigkeit als Grund für Verlust der Selbsterhaltungsfähigkeit; klagbarer Unterhaltsanspruch, Verzicht; keine volle Mindestsicherung, nur unmittelbare Bedarfsdeckung.

 

 

 

 

 

VwSen-560183/5/Kl/BRe/BU vom 24. August 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Oö. BMSG §7 Abs3

 

 

Der Verlust der einmal erlangten Selbsterhaltungsfähigkeit kann in jedem Lebensalter des Kindes – zB durch Erwerbsunfähigkeit in Folge Krankheit oder Langzeitarbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeld – eintreten, was mangels Verschuldens des Kindes nach den Lebensverhältnissen der Eltern zum Wiederaufleben des Unterhaltsanspruches führt. Da die Berufungswerberin die zur Klärung eines eventuellen Unterhaltsanspruches gegenüber der Mutter erforderliche gerichtliche Verfolgung jedoch ausdrücklich verweigerte, obwohl ihr dies – insbesondere aufgrund des nach eigenen Angaben zerrütteten Verhältnisses zu ihrer Mutter – zumutbar gewesen wäre, und auch eine Zession an den Träger der bedarfsorientierten Mindestsicherung ablehnte, ist daher – ungeachtet eines eventuellen (teilweisen) Verlusts der Selbsterhaltungsfähigkeit – nur die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung gem § 7 Abs 3 Oö. BMSG sicherzustellen.

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 9. Dezember 2013, Zl.: 2012/10/0185-5

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum