Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101246/6/Fra/Ka

Linz, 11.10.1993

VwSen - 101246/6/Fra/Ka Linz, am 11. Oktober 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des T L, M Nr., K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Dezember 1992, VerkR96/14550/1991, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft V hat mit Straferkenntnis vom 22. Dezember 1992, VerkR96/14550/1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 52 Z1 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und wegen der Verwaltungsübertretung nach 2.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 27. Juli 1991 um 16.20 Uhr, den Kombi H in W. von der D Straße in die Gemeindestraße U R gelenkt und weiter über die Sportplatzstraße fuhr, obwohl 1.) auf dem U R durch deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen "Allgemeines Fahrverbot" mit der Zusatztafel "Ausgenommen Anliegerverkehr" das Befahren verboten ist. 2.) Während der angeführten Fahrt überschritt er die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um mindestens 20 km/h.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in der Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen das unter Ziffer 1 angeführte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung. Die Erstbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen.

Sie legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. Dieser entscheidet, weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Zum Faktum 1 (§ 52 Z1 StVO 1960):

Die Erstbehörde stützt diesen Tatbestand auf die Angaben des D O sowie dessen Mitfahrerin V O, P A und P M. Dem hält der Berufungswerber entgegen, daß er zur Tatzeit einen Besuch bei seinen Verwandten, nämlich bei der Familie H und G O in W, R Nr., gemacht hat. Dies könne auch von der genannten Familie, sollten sie als Zeugen geladen werden, bestätigt werden. Er habe soher die Gemeindestraße nur bis zu Bereichen des Hauses R Nr.befahren, weshalb die inkriminierte Übertretung nicht vorliege.

Dazu befragt, teilten die genannten Personen dem unabhängigen Verwaltungssenat mit, daß sie der Beschuldigte, ein Neffe von ihnen, an dem besagten Nachmittag unangemeldet besucht habe. Zum damaligen Zeitpunkt war wegen Kanalbauarbeiten im R über einen längeren Zeitraum die offizielle Durchfahrt im R, somit auch die Zufahrt zu ihrem Haus, welches knapp 100 m nach der Absperrung (eine Skizze wurde beigelegt) mit dem Hinweis auf eine Umleitung gesperrt. Ihr Neffe wußte in etwa, wo ihr Haus situiert sei. So sei er eben in die nächstgelegene Zufahrtsstraße nach der Umleitungstafel - nämlich in die besagte Privatstraße gefahren.

In rechtlicher Hinsicht ist hiezu festzustellen, daß dann, wenn ein Fahrzeuglenker mit der Absicht in eine gesperrte Straße einfährt, beispielsweise um einen Anwohner aufzusuchen, ein erlaubter Anliegerverkehr vorliegt, der auch dadurch nicht zum verbotenen Durchgangsverkehr wird, daß der Straßenbenützer nun entgegen seiner ursprünglichen Absicht in der gesperrten Straße nicht anhält, etwa weil ein in der gesperrten Straße liegendes Geschäft geschlossen ist, eine Parkmöglichkeit nicht besteht, er sich sein ursprüngliches Vorhaben nach der Einfahrt wieder anders überlegt hat oder aus welchen Gründen immer (vgl ZVR 1959, Seiten 43 ff "Anlieger und Anliegerverkehr" von G G, B).

Da aufgrund der Aussagen der Ehegatten O der Besuchabsicht des Beschuldigten nicht angezweifelt wird, liegt daher unter Berücksichtigung der vorhin skizzierten Rechtslage der ihm zur Last gelegte Tatbestand nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

I.3.2. Zum Faktum 2 (§ 52 Z1 StVO 1960):

Aus den von der Erstbehörde vorgelegten Verordnungen ist ersichtlich, daß in der Marktgemeinde W am H, Gemeindestraße U R in der Zeit vom 1. Mai 1991 bis 15. Juli 1991 sowie in der Zeit vom 8. August 1991 bis 30. September 1991 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h verordnet wurde. Dem Beschuldigten wird jedoch zur Last gelegt, am 27. Juli 1991 die auf der gegenständlichen Straße zulässige Geschwindigkeit von 30 km/h überschritten zu haben. Der Erstbehörde ist entgangen, daß die in Rede stehende Übertretung nicht vom zeitlichen Geltungsbereich der oben genannten Verordnungen umfaßt ist. Mangels entsprechender Rechtsgrundlage konnte daher der in Rede stehende Tatbestand nicht verwirklicht werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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