Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130790/5/Bi/Th

Linz, 25.09.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 24. Mai 2012 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 8. Mai 2012,  FD-StV-StV-417652-2010 Wi, wegen Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes, aufgrund des Ergebnisses der am 11. September 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das ange­fochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 30 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden herabgesetzt wird.

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 3 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 2 Abs.1, 4 Abs.2 und 6 Abs.1 lit.a Oö. Parkgebührengesetz, LGBl.Nr.84/1998 idF LGBl.Nr.84/2009, iVm §§ 2, 4 Abs.1, 6 Abs.1 und 7 Parkgebühren­-Verordnung der Stadt Wels 2001 eine Geldstrafe von 43 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er als zur Entrichtung der Parkgebühr verpflichteter Lenker das mehrspurige Kraftfahrzeug X, Ford, am 16. Oktober 2010 in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wels vor dem Objekt Pollheimerstraße 8 in der Zeit von 9.50 Uhr bis mindestens 10.40 Uhr abgestellt gelassen habe, obwohl hiefür keine Parkgebühr entrichtet worden sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 4,30 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 11.9.2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwe­sen­heit des Bw und seines Rechtsvertreters Herrn Mag. X, Obmann des Arbeiter-Samariter-Bundes Österreich, Gruppe X, durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen.  Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz übersehe bei der Beurteilung des festgestellten Sachverhalts, dass ihre Interpretation des § 26 StVO sowie des § 5 Oö. PGG diesem jeglichen Anwendungsspielraum nehme. § 5 Oö. PGG normiere eine Ausnahme von der Parkgebührenpflicht für Einsatzfahr­zeuge unter Verweis auf § 26 StVO.

Laut VwGH vom 17.12.2001, 99/17/0264, könne die Definition "Einsatzfahrzeug" der StVO nicht auf den davon verschiedenen Regelungs­bereich des ruhenden Verkehrs übertragen werden. Damit lege das Oö. PGG eine Definition "Einsatz­fahrzeug" zugrunde, die wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks dafür nicht geeignet sei. § 26 StVO sei daher so auszulegen, dass deren Regelungs­inhalt auf die Regelung des ruhenden Verkehrs Anwendung finden könne und der Bestimmung des § 5 Oö. PGG ein Anwendungsbereich verbleibe.

Das von ihm gelenkte und abgestellte Fahrzeug habe die Voraussetzungen des   § 26 StVO erfüllt, da die Leuchten mit blauem Licht leicht erkennbar am Dach und im Kühlergrill des Fahrzeuges angebracht gewesen seien und auch aufgrund der Aufschrift "Rettung" von jedermann davon ausgegangen werden habe können, dass das Fahrzeug mit entsprechenden Sondersignalen (dh blaues Dreh-/Licht und Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinander­fol­genden verschieden hohen Tönen) ausgestattet gewesen sei. Diese Aus­stattung sei im Straferkenntnis nicht ausdrücklich festgestellt, aber auch nicht ange­zweifelt worden. § 26 StVO enthalte in der erschöpfenden Aufzählung des Rechtes auf Benutzung dieser Sondersignale nicht das Parken, wobei man dem Gesetzgeber nicht unterstellen dürfe, er habe auf das Recht des Parkens von Einsatz­fahrzeugen mit eingeschalteten Sondersignalen vergessen. Parken erfolge aber wohl nicht wegen Gefahr im Verzug und könne auch nicht dem Weg zur dringenden Hilfeleistung dienen. § 26 StVO stelle nur auf den Zwecke der gerade durchgeführten Fahrt ab, der wohl außer Acht bleiben müsse, sonst würde sich das Recht auf Verwendung der Sondersignale zur Absicherung des Ortes der Hilfeleistung auch noch auf die anschließende Fahrt beziehen, auch wenn diese keinen der weiteren Gründe des § 26 StVO erfülle. Da diese Interpretation wohl nicht der Intention des Gesetzgebers entspreche, müsse jeder Abschnitt einer Fahrt getrennt betrachtet werden, nämlich die Fahrt zum Abstellplatz und dessen Zweck vom Abstellen des Fahrzeuges. Auch wenn die Fahrt mit Sondersignalen durchgeführt werden durfte, dürfe das Einsatzfahrzeug gemäß § 26 StVO nicht mit Sondersignalen geparkt – dh länger als 10 Minuten bzw für die Dauer einer Ladetätigkeit abgestellt – werden.

Die Erstinstanz ziehe unrichtigerweise für das Parken eines Einsatzfahrzeuges den Zweck der vorangegangenen Fahrt heran, könne aber nicht bestreiten, dass § 26 StVO das Parken mit Sondersignalen nicht erlauben habe wollen. § 5 Oö. PGG könne daher nur so verstanden werden, dass die im angeführten Gesetz enthaltene Definition eines Einsatzfahrzeuges in die Bestimmung einfließen sollte und nicht auch die Regelung über die Benützung der Sondersignale. Ansonsten würde dies der Bestimmung des § 5 Oö. PGG in Bezug auf Einsatzfahrzeuge jeglichen Regelungsinhalt rauben. Das gebührenfreie Abstellen eines Einsatzfahr­zeuges wäre nur unter Verwendung der Sondersignale gestattet, was aber nach § 26 StVO untersagt wäre. Der Vorteil der Gebührenfreiheit des § 5 Oö. PGG wäre nur unter massiver Verletzung anderer Normen möglich.

Abgesehen davon wäre die Rechtsansicht der Erstinstanz schwer administrierbar, weil § 6 SanitäterG eine Verschwiegenheitspflicht regle, die zum Schutz höher­wertiger Interessen nicht bestehe, worunter aber wohl nicht die Einhebung von Parkgebühren gemeint sei. Damit habe die Verwaltungsbehörde keinen Anspruch auf Informationen über den transportierten Patienten, den Zweck der Fahrt und deren Dringlichkeit und könne daher keine Aussage treffen, ob die Fahrt unter Verwendung von Sondersignalen erfolgt sei. Eine Bestrafung müsse dann zu Lasten des Beschuldigten erfolgen, was den Grundprinzipien des Strafver­fahrens widerspräche.

Über ihn sei unter unrichtiger Anwendung des § 5 Oö. PGG zu Unrecht eine Geldstrafe verhängt worden. Auch ein Rechtsirrtum sei weder geprüft noch angenommen worden. Er sei aber aufgrund einer nur schwer verständlichen Rechtsvorschrift einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlegen, sodass eine Strafbarkeit ausscheide. Auch die Strafbemessung sei zu seinem Nachteil erfolgt, weil ohne Begründung ein Einkommen von 1.500 Euro monatlich angenommen worden sei. Er habe über seinen Rechtsvertreter sein Einkommen mit 1.200 Euro telefonisch am 19.7.2011 bekanntgegeben und eine Schätzung dürfe daher nicht willkürlich erfolgen. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu Strafherab­setzung auf 7 Euro.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefoch­tenen Straferkenntnisses berücksichtigt wurden.

 

Aus dem Verfahrensakt lässt sich ersehen, dass am 16. Oktober 2010 ein Organmandat an den Lenker des Kfz X – Zulassungsbesitzer ist der Arbeiter-Samariter-Bund X – erging, weil das Kfz in Wels, Pollheimer­straße 8, von 9.50 Uhr bis 10.40 Uhr parkte, wobei der Parkschein gefehlt habe. Der Bw wurde mit E-Mail vom 6. Dezember 2010 vom Zulassungsbesitzer als Lenker bekanntgegeben und ausdrücklich darauf verwiesen, dass es sich beim genannten Fahrzeug um ein solches des Arbeiter-Samariter-Bundes, Gruppe X, einer in Österreich anerkannten Rettungs­organisation, handle und Einsatzfahrzeuge von der Entrichtung der Parkgebühr gemäß § 5 Abs.1 Oö. PGG ausgenommen seien. Ein Rettungsfahrzeug sei wohl ein Einsatzfahrzeug, sodass eine Strafbarkeit ausscheide.

 

Gegen die an ihn gerichtete Strafverfügung der Erstinstanz vom 29. Dezember 2010 wegen der Vorwurfs einer Übertretung des Oö. PGG erhob der Bw fristgerecht Einspruch und legte ein Foto des unschwer als Rettungsfahrzeug erkennbaren Kfz X samt einer Kopie des Zulassungsscheins vor.

Mit E-Mail vom 27. Jänner 2011 erklärte der Bw, er habe als ehrenamtlicher Mitarbeiter die Fahrt zur Erfüllung der Aufgaben des Samariter­bundes durch­geführt. Die Fahrt sei ohne Einsatz von Sondersignalen von Alkoven nach Wels erfolgt und das Fahrzeug auch ohne Verwendung der Sondersignale abgestellt worden. Parken mit Verwendung der Sondersignale sei gemäß § 26 StVO verboten und den Mitarbeitern untersagt.

 

Die Zeugin X, ÖWD X, gab am 9. Februar 2011 bei ihrer Befragung vor der Erstinstanz an, sie habe im Zuge ihres Rundgangs am 16. Oktober 2010 in der Pollheimerstraße 8 das Fahrzeug X ohne Parkschein hinter der Windschutzscheibe angetroffen, das Kennzeichen notiert und mehr Beobach­tungs­zeit gegeben, weil es ein Fahrzeug des Samariterbundes gewesen sei. Da sich das Fahrzeug nicht im Einsatz befunden habe und keine Sozialdienstekarte oder sonstiges aufgelegen sei, habe sie nach der Beobachtungszeit abgestraft.  Diese Aussage wurde dem Bw samt Einkommensschätzung zur Kenntnis gebracht.

Laut Aktenvermerk über ein Telefongespräch am 19. Juli 2011 mit dem Rechts­vertreter des Bw wurde das Fahrzeug vom Bw für die Fahrt zu einer Schulung in der Zentrale des Samariter­bundes in Wels benutzt. Darin ist über Ein­kommens­­verhältnisse des Bw nichts ausgeführt.

Sodann erging das angefochtene Straferkenntnis.

 

In der Berufungsverhandlung wurden die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen samt ihrer praktischen Anwendung erörtert und auch nachvollziehbar dar­gelegt, dass Rettungsfahrzeuge keine Sozialdienstekarte mitführen, die am Einsatzort ins Fahrzeug gelegt werden könnte, wenn das Fahrzeug ohne Blaulicht und Folgetonhorn abgestellt bzw geparkt wird. Ausgeführt wurde aber, dass es oft erforderlich sei, am Ort der Hilfeleistung länger zu bleiben, weil der Patient weitere Hilfe benötige, ohne dass aber Gefahr im Verzug sei. Für solche Fälle werde üblicherweise kein Parkschein gelöst, obwohl auch beim Fahrzeug die Sonder­signale nicht eingeschaltet seien. Es handle sich aber um einen Einsatz und, da keine "Sozialhilfekarte" vorhanden sei, sei man auf den "guten Willen" eines Wach­organs angewiesen. Dieser Zustand sei in der Praxis nicht haltbar. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 6 Abs.1 lit.a Oö. PGG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer durch Handlungen oder Unter­lassungen die Parkgebühr hinter­zieht oder verkürzt bzw zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

Gemäß § 5 Abs.1 Oö. PGG darf für das Abstellen folgender mehrspuriger Kraftfahrzeuge keine Parkgebühr ausgeschrieben und festgesetzt werden: 1. Einsatzfahrzeuge und Fahrzeuge im öffentlichen Dienst gemäß §§ 26 und 26a StVO 1960. 

Gemäß der Definition des § 2 Abs.1 Z25 StVO 9160 ist unter "Einsatzfahrzeug" ein Fahrzeug zu verstehen, das auf Grund kraftfahrrechtlicher Vorschriften als Warnzeichen (§ 22) blaues Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne führt, für die Dauer der Verwendung eines diese Signale.

§ 26 Abs.1 StVO erlaubt die Verwendung dieser Signale nur bei Gefahr im Verzug, zB bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes. Gemäß dem 3. Satz dieser Bestimmung dürfen die Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht aus Gründen der Verkehrssicherheit auch am Ort der Hilfeleistung oder des sonstigen Einsatzes oder bei einer behördlich vorgeschriebenen Transportbegleitung verwendet werden.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes zum Wiener Parkometergesetz (vgl E 17.12.2001, 99/17/0264) kann die Definition "Einsatzfahrzeug" in § 2 Abs.1 Z25 StVO nicht auf den davon verschiedenen Regelungsbereich des den ruhenden Verkehr betreffenden Parkometergesetzes übertragen werden, das der Einnahmenerzielung und Parkraumbewirtschaftung dient. Die Verwendung bestimmter auffälliger Signale ist gerade im ruhenden Verkehr beim Abstellen der Fahrzeuge mangels Erfordernis der Auffälligkeit von untergeordneter Bedeutung. Der Inhalt des Begriffes "Einsatzfahrzeug" des Wiener Parkometer­gesetzes ist daher unter Berücksichtigung der Intentionen und Besonder­heiten des Parkometergesetzes eigenständig und nicht unter Heranziehung der Legal­definition der StVO zu ermitteln. Nach der wörtlichen Interpretation handelt es sich dabei um Fahrzeuge im Einsatz. Dies sind jedenfalls alle Fahrzeuge, die bei einer hoheitlichen Vollziehungshandlung Verwendung finden und dabei "abge­stellt" werden – im do Fall ging es um eine im Dienste der Strafrechtspflege von einem Bediensteten des LGK NÖ unternommene Fahrt mit einem angemieteten Kraftfahrzeug zur Überstellung eines mutmaßlichen Suchtgift­händlers in das landes­gerichtliche Gefangenenhaus Wien. Das Fahrzeug des öffentlichen Sicher­heits­dienstes wurde im Rahmen der ordnungsgemäßen Dienstausübung verwen­det und dabei in einer Kurzparkzone unmittelbar vor dem Übergabeort während der Dienstausübung abgestellt. Das Fahrzeug wurde als Einsatzfahrzeug im Sinne der Ausnahme des Wiener Parkometergesetzes für Einsatzfahrzeuge angesehen und eine Gebührenpflicht verneint.   

 

Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des UVS auf die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs.1 Z1 Oö. PGG übertragbar. Auch das Oö. PGG verweist weder auf die Definition des Begriffes "Einsatz­fahrzeug" des § 2 Abs.1 Z25 StVO noch enthält es eine eigene Definition dieses Begriffes.

Würde man den Begriff "Einsatzfahrzeug" im § 5 Abs.1 Oö. PGG so eng sehen, wie in § 2 Abs.1 Z25 StVO umschrieben, wäre die Bestimmung letztlich nicht sinnvoll, weil Einsatzfahrzeuge im Einsatz zum einen aus Platzgründen zum anderen aus Verkehrssicherheitsüberlegungen selten ordnungsgemäß in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt werden. Die Ausnahme würde sich daher nur auf Fahrzeuge mit eingeschalteten Sondersignalen (dh Blaulicht und/oder Folgetonhorn) beziehen; abgesehen davon ist ein Rettungseinsatz schwer zeitlich absehbar.

Legt man die Überlegungen des VwGH im oben zitierten Erkenntnis auf den Fall eines Rettungsfahrzeuges um, bezieht sich der "Einsatz" auf die Zeit des Abstellens des Rettungsfahrzeuges im Rahmen der Hilfeleistung und damit auf den eigentlichen Zweck der Fahrt, der wohl nicht völlig losgelöst vom Abstellen des Fahrzeuges gesehen werden kann.  

 

Bezogen auf den ggst Fall ist aber zu sagen, dass das in Rede stehende Rettungs­fahrzeug X sich weder bei der Fahrt von Alkoven nach Wels im Einsatz befand noch, als es in Wels in der Pollheimerstraße 8 in der Zeit von 9.50 bis 10.40 Uhr des 16. Oktober 2010 abgestellt bzw geparkt war. Dort fand auch keine Hilfeleistung statt sondern eine Schulung der ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Zentrale des Samariter­bundes, Pollheimerstraße 15. Der Bw nahm als ehrenamtlicher Mitarbeiter an dieser Schulung teil. Das Fahrzeug war während dieser Zeit in einer gebühren­pflichtigen Kurzparkzone geparkt, ohne dass eine Parkgebühr entrichtet wurde. Das Fahrzeug war daher in dieser Zeit nicht als Einsatzfahrzeug gemäß der Ausnahmebestimmung des § 5 Abs.1 Oö. PGG im Sinne der oben zitierten Judikatur des VwGH zu sehen und somit auch nicht von der Verpflichtung zur Leistung der Parkgebühr befreit. 

Damit ist in objektiver Hinsicht davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat. 

 

In subjektiver Hinsicht verweist er darauf, er habe ein Einsatzfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone zum Parken abgestellt und solche seien von der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr befreit. Dem vermag sich der UVS nicht anzuschließen, weil der Bw damit die Definition des Begriffes "Einsatzfahrzeug" auch im Licht der oben zitierten VwGH-Judikatur überspannt. Wäre es um eine Hilfeleistung im Rahmen eines Rettungseinsatzes gegangen, wäre ihm eine Ausnahme von der Gebührenpflicht des § 5 Abs.1 Oö. PGG zuzuer­kennen gewesen. Er hat aber selbst ausgeführt, es habe sich um eine Schulung gehandelt und er habe von seiner Dienststelle die Erlaubnis zur Benutzung eines Rettungsfahrzeuges für die Fahrt dorthin erhalten. Den bloßen Umstand, dass ein Rettungsfahrzeug verwendet und in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt (über einen längeren Zeitraum als 10 Minuten oder die Dauer einer Ladetätigkeit abgestellt) wurde, hat der Bw als Grund für die Inanspruchnahme der Ausnahme von der Gebührenpflicht angeführt und sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen.

Dazu ist vonseiten des UVS zu betonen, dass auch dem Bw klar sein musste, dass es sich im ggst Fall gerade nicht um einen Rettungseinsatz im Sinne einer Hilfeleistung sondern vielmehr klar und eindeutig um eine vom Zulassungs­besitzer, dem Arbeiter-Samariter-Bund X, im Wege der Zur-Verfügung-Stellung eines Rettungsfahrzeuges eingeräumte Vergünstigung zum Besuch einer Schulung für ehrenamtliche Mitarbeiter in Wels handelte, dh der Bw ersparte sich die Organisation der Fahrt und die Kosten für ein Verkehrsmittel zum Schulungs­ort. Einen Rechtsirrtum im Sinne der Argumentation in der Berufung gemäß § 5 VStG vermag der UVS im ggst Fall daher nicht zu erkennen. Eine Glaub­haft­machung mangelnden Verschuldens ist dem Bw nicht gelungen.

 

Allerdings hat der Bw offenbar die bereits längere interne Diskussion um die Definition des Begriffs "Einsatzfahrzeug" gemäß der Ausnahme des § 5 Oö. PGG einerseits und gemäß § 2 Abs.1 Z25 StVO andererseits zu seinen Gunsten ausgelegt und deshalb die Ausnahme des § 5 Oö. PGG im Zweifel auf sich bezogen. Die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG – gemäß dieser Bestimmung kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind; sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten – liegen im ggst Fall nicht vor, weil die Folgen der Übertretung, nämlich der Entgang der Parkgebühr durch das Inanspruchnehmen eines Parkplatzes in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone, nicht als unbedeutend anzusehen ist. Allerdings ist dem Bw kein vorsätzliches Hinterziehen der Parkgebühr, wohl aber Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 6 Abs.1 lit.a Oö. PGG bis 220 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs.2 VStG bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Einkommensschätzung auf 1.500 Euro netto monatlich bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten zugrundegelegt. Milderungs- oder Erschwerungsgründe wurden nicht berücksichtigt. Allerdings geht aus dem vorgelegten Verfahrensakt keine Vormerkung hervor, sodass vom wesentlichen Milderungsgrund der verwaltungsstraf­rechtlichen Unbescholtenheit auszugehen war.

Ausgehend von einem Monatseinkommen von 1.200 Euro – auch diesbezüglich findet sich im Akt nichts, was die Angaben des Bw stützt, wobei aber nicht auszuschließen ist, dass diese Mitteilung am Telefon erfolgt, aber in der rechtlichen Diskussion untergegangen ist – ist eine Herabsetzung der Strafe im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer – der Vorfall ereignete sich am 16. Oktober 2010 – gerecht­fertigt.

Die nunmehr festgesetzte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG im untersten Bereich des gesetzlichen Straf­rahmens und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitsstrafe war im Verhältnis zur Geldstrafe herabzusetzen.      

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Rettungsfahrzeuge in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone – Definition "Einsatzfahrzeug" lt. VwGH (E 17.12.2001, 99/17/0264) – hier keine Hilfeleistung sondern Schulung -> Strafherabsetzung.

 

 

 

VwSen-130790/5/Bi/Th vom 25. September 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Oö. PGG §5 Abs1 Z1

 

§ 5 Abs. 1 Z 1 Oö. PGG verweist weder auf die Definition des Begriffes "Einsatzfahrzeug" des § 2 Abs. 1 Z 25 StVO 1960 noch enthält es eine eigene Definition dieses Begriffes.

 

Würde man den Begriff "Einsatzfahrzeug" im § 5 Abs. 1 Oö. PGG so eng sehen wie in § 2 Abs. 1 Z 25 StVO 1960 umschrieben, wäre die Bestimmung letztlich nicht sinnvoll, weil Einsatzfahrzeuge im Einsatz zum einen aus Platzgründen und zum anderen aus Verkehrssicherheitsüberlegungen selten ordnungsgemäß in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt werden. Die Ausnahme würde sich daher nur auf Fahrzeuge mit eingeschalteten Sondersignalen (dh Blaulicht und/oder Folgetonhorn)beziehen (vgl in diesem Sinne zum Wiener Parkometergesetz VwGH 17.12.2001, 99/17/0264).

 

Der "Einsatz" bezieht sich daher auf die Zeit des Abstellens des Rettungsfahrzeuges im Rahmen der Hilfeleistung und damit auf den eigentlichen Zweck der Fahrt, der nicht völlig losgelöst vom Abstellen des Fahrzeuges gesehen werden kann. Das Abstellen des Rettungsfahrzeuges im Zuge der Teilnahme an einer Schulung vermag jedenfalls nicht dem Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 1 Z 1 Oö. PGG unterstellt zu werden.

 

 

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