Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166979/8/Zo/Ai

Linz, 03.10.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Mag. X, X vom 14.5.2012 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 25.4.2012, Zl. S 8445/ST/10, wegen Abweisung eines Antrages auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Steyr vom 10.1.2012, Zl. S 8445/ST/10 wird aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 VStG, § 17 Abs.3 ZustellG und § 7 Abs.4 EO

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die BPD Steyr hat mit dem angefochtenem Bescheid den Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Strafverfügung vom 10.1.2011, Zl. S 8445/ST/10 abgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass der Exekutionstitel gesetzwidrig sei, da die angeführte Strafverfügung niemals rechtswirksam zugestellt worden sei. Er sei am 14.12.2010 von seiner Wohnung in X, X, an seinen neuen dauerhaften Wohnort in X, X übersiedelt. Auf Grund dieses Wohnungswechsels habe er die Wohnung in X aufgegeben. Die Strafverfügung sei an seiner früheren Zustelladresse in X beim örtlichen Postpartner hinterlegt worden, obwohl er sich gar nicht mehr an dieser Adresse aufgehalten habe. Voraussetzung für die Hinterlegung eines Schriftstückes sei jedoch, dass es sich bei der Zustelladresse überhaupt um eine Abgabestelle handle.

 

Trotz seiner Abwesenheit von der Zustelladresse sei er telefonisch von der Benachrichtigung der Hinterlegung informiert worden. Er habe am 27.1.2011 versucht, den RSa-Brief beim Postpartner abzuholen, der Brief sei jedoch unauffindbar gewesen. Eine Mitarbeiterin des Postpartners habe ihm einen Rückruf zugesichert, welcher jedoch nicht erfolgt sei. In der nächsten Woche habe er wiederum telefonisch versucht, den Verbleib des Briefes zu erheben und habe auch noch persönlich bei der Postfiliale in X vorgesprochen. Der RSa-Brief sei jedoch verschwunden geblieben.

 

Eine Zustellung durch Hinterlegung sei nur dann möglich, wenn die Sendung auch tatsächlich beim Zustellpostamt zur Abholung bereit gehalten wird. Nur dann habe der Empfänger die Möglichkeit, die Postsendung beim Zustellpostamt abzuholen. Kann jedoch das abzuholende Schriftstück nicht behoben werden, weil es am Postamt nicht auffindbar ist, so ist die Zustellung durch Hinterlegung – mangels Bereithaltung des Zustellstückes – unwirksam.

 

Insgesamt seien bei der Zustellung der Strafverfügung mehrere Fehler aufgetreten, wobei eine Heilung des Zustellmangels nicht eingetreten sei, weil er das Schriftstück niemals erhalten habe.

 

3. Der BPD Steyr hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat        (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer Stellungnahme des Postpartners X, des Postamtes X und des Post-Kundenservices. Daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist.

 

 

 

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Gegen den Berufungswerber wurde von der BPD Steyr zu Zl. S 8445/ST/10 am 10.1.2011 eine Strafverfügung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen. Als Zustelladresse wurde X, X, angeführt. Diese Strafverfügung wurde am 14.1.2011 beim Postpartner in X hinterlegt.

 

Da der Strafbetrag nicht bezahlt wurde, hat die BPD Steyr in weiterer Folge die Fahrnis- und Gehaltsexekution betreffend des Strafbetrages und der Kosten beantragt. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung wurde von der BPD Steyr am 9.5.2011 ausgestellt, woraufhin die Exekution bewilligt wurde. Der nunmehrige Berufungswerber erhob Einspruch gegen die Bewilligung der Exekution mit der Begründung, dass ihm die Strafverfügung nie ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Dabei schilderte er den Sachverhalt gleichlautend wie in der jetzigen Berufung und legte zusätzlich die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes bei, aus der sich ergibt, dass der RSa-Brief ab 17.1.2011 bis zum 7.2.2011 beim Postpartner in X zur Abholung bereit liegen würde. Dieser Einspruch wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Haag vom 26.8.2011 abgewiesen, wobei in der Begründung darauf hingewiesen wurde, dass über den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung jene Behörde zu entscheiden habe, welche die Strafverfügung erlassen hat. Das Exekutionsverfahren werde bis zur Entscheidung über diesen Antrag aufgeschoben.

 

Der Berufungswerber brachte daraufhin einen Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Strafverfügung bei der BPD Steyr ein, welche diesen letztlich mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen hatte.

 

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber zwei Zustellmängel geltend, einerseits sei die Adresse falsch angegeben, andererseits sei der RSa-Brief beim Postpartner gar nicht zur Abholung bereit gelegen, weil er dort nicht mehr auffindbar gewesen sei.

 

Entsprechend einer Auskunft aus dem Zentralen Melderegister ist der Berufungswerber seit 16.12.2010 in X, X mit Hauptwohnsitz gemeldet. In X, X, war er nur bis 7.9.2010 mit Hauptwohnsitz gemeldet.

 

Vom Postpartner X wurde auf Anfrage mitgeteilt, dass zum gegenständlichen Fall keine Auskunft mehr gegeben werden könne, Unterlagen bezüglich Ausfolgung oder Rücksendung des RSa-Briefes müssten beim Postamt X aufliegen. Das Postamt X teilte auf entsprechende Anfrage mit, dass Anfragen an die Österreichische Post AG, Postkundenservice in 1030 Wien zu richten seien. Von dieser Kundenservicestelle wurde letztlich mit Schreiben vom 11.9.2012 mitgeteilt, dass RSa-Briefe nicht bescheinigte Sendungen seien, welche in den Systemen der Österreichischen Post AG nicht erfasst werden. Es lasse sich daher nicht feststellen, wo Verzögerungen/Verluste in der Beförderung entstanden seien und wer bzw. ob und wann die Sendung behoben worden sei.

 

Zu diesen Ergebnissen ist in freier Beweiswürdigung festzuhalten, dass die Behauptungen des Berufungswerbers betreffend die fehlende Auffindbarkeit des RSa-Briefes durchaus glaubwürdig sind. Sie konnten vom Postpartner nicht widerlegt werden und das Kundenservice der Post ist auch nicht in der Lage, mitzuteilen, ob bzw. zu welchem Zeitpunkt der RSa-Brief von wem behoben wurde.  

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1.

Ist die Bestätigung der Vollstreckbarkeit für einen der im § 1 Z13 oder im § 3 Abs.2 des Gesetzes vom 21. Juli 1925 BGBl. Nr. 276, angeführten Exekutionstitel gesetzwidrig oder irrtümlich erteilt wurden, so sind gemäß § 7 Abs.4 EO Anträge auf Aufhebung der Bestätigung bei jener Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist.

 

Gemäß § 2 Z4 ZustellG gilt als Abgabestelle die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.

 

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustellG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument den Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

 

Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs.1 ZustellG das Dokument im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in der selben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

§ 17 Abs.3 Zustellgesetz lautet wie folgt: Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

5.2. Der Berufungswerber hat zum Zeitpunkt des Zustellversuches nicht mehr an der angegebenen Adresse gewohnt. Diese Adresse stellte daher keine Abgabestelle im Sinne des § 2 Z4 ZustellG dar, weshalb die Strafverfügung dort auch nicht hinterlegt werden durfte. Dennoch hat der Berufungswerber vom Zustellversuch Kenntnis erlangt und versucht, die Strafverfügung zu beheben. Sie war jedoch beim Postpartner nicht mehr auffindbar und ist damit nicht zu Abholung bereit gelegen. Bei der Zustellung dieser Strafverfügung sind daher 2 Fehler aufgetreten, welche auch nicht geheilt wurden, weil nicht bewiesen werden kann, ob bzw. wann die Strafverfügung dem Berufungswerber tatsächlich ausgefolgt wurde. Die Strafverfügung gilt daher gar nicht als zugestellt, weshalb sie auch nicht vollsteckbar sein kann. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung wurde daher offenbar irrtümlich erteilt, weshalb sie aufzuheben war.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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