Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-270032/2/Fi/ER

Linz, 04.10.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johannes Fischer über die Berufung der X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Eferding vom 26. Juni 2012, Zl. Gem96-1-9-2010-Wl, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 10 Oö. Abgabengesetz – Oö. AbgG (LGBl Nr. 102/2009 idgF) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis       aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

 

II.        Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des        Strafverfahrens entfällt.

 

 

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 24, 45 und  51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 65 VStG

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Eferding vom 26. Juni 2012, Zl. Gem96-1-9-2010-Wl, hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Straferkenntnis

 

Sie haben als Eigentümerin der Liegenschaft X, X, in der Zeit vom 1.1.2004 bis 8.8.2008 Kanalbenützungsgebühren von 2.304,89 Euro inkl. Umsatzsteuer vorsätzlich hinterzogen.

 

Dadurch haben Sie folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs. 6 Kanalordnung der Gemeinde X i.d.g.F.,

§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 3 bzw. 5 Abs. 1 und 3 Kanalgebührenordnung der Gemeinde X i.d.g.F.

Gemäß § 10 Oö. Abgabengesetz wird eine Geldstrafe von 1.000 Euro über Sie verhängt. Falls diese uneinbringlich ist, tritt anstelle der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag

Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 1.100 Euro.

 

Zahlungsfrist:

Wird keine Berufung erhoben, so ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag ist sodann unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahl(Erlag)schein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei der Behörde einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag - ohne vorhergehende Mahnung - zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.

 

Begründung:

Mit Schreiben vom 25. November 2010, 811-2010, erstattete die Gemeinde X Anzeige gegen Sie als vormalige Eigentümerin der Liegenschaft X, wegen vermuteter Hinterziehung der Kanalbenützungsgebühren während der Zeit vom 1.1.2004 bis 8.8.2008.

 

Mit Anmeldezettel vom 9.8.2010 gibt der neue Eigentümer der Liegenschaft X bekannt, dass der Kanalanschluss bereits seit längerer Zeit, vermutlich vom Vorbesitzer, hergestellt wurde. Der schriftlichen Aufforderung der Gemeinde X vom 18.8.2010 zur Bekanntgabe des Anschlusszeitpunktes leisteten Sie keine Folge.

Der Kanalstrang in der Ortschaft X wurde im Jahr 2003 fertiggestellt und erfolgten die Anschlüsse der Nachbarobjekte an die Kanalanlage der Gemeinde X laut den vorliegenden Kanalanschlussmeldungen der Besitzer in der Zeit September 2003 bzw. Jänner 2004. Es ist daher davon auszugehen und dies wurde im bisherigen Verfahren von Ihnen auch nicht in Abrede gestellt, dass auch der Anschluss Ihres Objektes X in dieser Zeit an die öffentliche Kanalanlage der Gemeinde X erfolgte und damit

Kanalbenützungsgebühren an die Gemeinde X zu entrichten waren. Laut § 4 Abs. 1 und 3 bzw. § 5 Abs. 1 und 3 der Kanalgebührenordnung der Gemeinde X in der jeweils geltenden Fassung entsteht der Abgabenanspruch mit dem Anschluss eines Grundstückes an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz, wobei die Kanalbenützungsgebühr vierteljährlich zu entrichten ist. Entsprechend dem Abgabenbescheid der Gemeinde X vom 25.11.2010, Zahl 811-2010, sind für den Zeitraum 1.1.2004 bis 8.8.2008 offene Kanalbenützungsgebühren vom 2.304,89 Euro inkl. Umsatzsteuer angefallen.

 

Entsprechend § 3 Abs. 6 Kanalordnung der Gemeinde X vom 11.7.2003 hat der Eigentümer der Hauskanalanlage die Fertigstellung der Baubehörde zu melden. Die erforderliche Meldung der Fertigstellung der Hauskanalanlage an die Gemeinde X ist Ihrerseits unterblieben. Im Zuge des Parteiengehörs behaupteten Sie, dass Altbürgermeister X, Vizebürgermeister X und Gemeindearbeiter X vom Kanalanschluss ihres Objektes X Kenntnis hatten. Übereinstimmende Zeugenaussagen der genannten Personen im Zuge der Einvernahmen durch die Gemeinde X widerlegen diese Behauptung allerdings schlüssig, weshalb eine derartige Information nicht gegeben war.

 

Die Verpflichtung zur Entrichtung von Kanalbenützungsgebühren entsteht mit der Benützung der Abwasserbeseitigungsanlage. Aus dem Ermittlungsverfahren ergibt sich eindeutig, dass in der Zeit vom 1.1.2004 bis 8.8.2008 durch die Benützung der Abwasserbeseitigungsanlage der Gebührentatbestand verwirklicht wurde. Im gegenständlichen Fall handelt es sich daher um einen Dauerdelikt. Ein Dauerdelikt liegt dann vor, wenn das strafbare Verhalten in der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands besteht.

 

Gemäß § 10 Oö. Abgabengesetz, LGBl. Nr. 102/2009, begeht, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabe verkürzt, eine Verwaltungsübertretung. Das Verwaltungsstrafgesetz 1991 legt im § 5 das Schuldprinzip fest, enthält aber keine Definition der Verschuldensform Vorsatz. § 5 Abs. 1 Strafgesetzbuch definiert den Vorsatz wie folgt: Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

 

Durch Unterlassung der Anzeige der Fertigstellung der Hauskanalanlage bei der Gemeinde X ist es in der Zeit vom 1.1.2004 bis 8.8.2008 zu einer vorsätzlichen Hinterziehung der Kanalbenützungsgebühren gekommen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war."

 

 

 

2. Gegen dieses – am 13. Juli 2012 durch Hinterlegung zugestellte – Straferkenntnis richtet sich die mit 23. Juli 2012 datierte, am 26. Juli 2012 zur Post gegebene und damit rechtzeitige Berufung der Bw.

 

In ihrer Berufung bestreitet die Bw die Abgabenhinterziehung und beeinsprucht die Höhe der Strafe. Die Bw bringt im Wesentlichen vor, dass sowohl der Altbürgermeister als auch dessen Vizebürgermeister und ein Gemeindebediensteter vom Anschluss ihres Hauses an den Kanal Kenntnis erlangt hätten, zumal der Altbürgermeister und dessen Vizebürgermeister bei den Anschlussarbeiten anwesend gewesen seien und der Gemeindebedienstete mit dem Gatten der Bw kurz vor den Anschlussarbeiten über besagte Arbeiten gesprochen habe. Mehrere im August 2004 aufgenommene Fotos würden belegen, dass die Anschlussarbeiten nicht im Jänner durchgeführt worden seien. Überdies sei im Zuge von Straßenbauarbeiten das zum Haus der Bw gehörige Kanalrohr beschädigt worden, was ebenfalls durch zahlreiche Fotos dokumentiert worden sei. Eine Rechnung, die der Gatte der Bw dem Bauunternehmen, das das Kanalrohr beschädigt habe, gestellt habe, belege des Weiteren den Zeitpunkt der Anschlussarbeiten.

Die Bw ergänzt ihr Berufungsschreiben mit Ausführungen zum Verfahren und ihrem persönlichen Verhältnis zum Amtsleiter der Gemeinde X und legt Fotos der Kanalanschlussarbeiten, Kopien der Kanalanschlussmeldungen der Nachbarn und des nunmehrigen Eigentümers der Liegenschaft, sowie die og. Rechnung, den Bescheid des Gemeinderats der Gemeinde X betreffend die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühren und ihre diesbezügliche Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde vor.

 

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 9. August 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

3.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs. 2 Z. 1 VStG).

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen, da in der angefochtenen Entscheidung weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine € 2000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51c VStG).

 

 4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Nach dem § 31 Abs 2 Satz 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Infolge der mittlerweile verstrichenen Zeit ist seit der im Spruch angeführten Tatzeit (Hinterzeihungszeitraum: 1. Jänner 2004 bis 8. August 2008 – auch unter Einrechnung einer anschließenden vierteljährlichen Fälligkeitsfrist) bereits Strafbarkeitsverjährung eingetreten. Aus der Aktenlage ergibt sich zudem, dass der Bw mittlerweile seitens der Gemeinde X Kanalbenützungsgebühren lediglich für den Zeitraum von 1. Jänner 2004 bis 2. Dezember 2007 vorgeschrieben werden. Die strafbare Tätigkeit der Hinterziehung von Abgaben ist damit zweifelsfrei bereits seit mehr als drei Jahren abgeschlossen. Da es sich bei den in § 31 VStG geregelten Fristen um objektive Fristen handelt (vlg. VwGH
12. November 1996, Zl. 96/04/0122), ist für den Eintritt der Verjährung unerheblich, wann die strafbare Handlung der Behörde bekannt wurde. Die Frist ist demnach nur dann gewahrt, wenn das Straferkenntnis innerhalb der genannten Frist dem Beschuldigten gegenüber rechtswirksam erlassen wird.

Auch das Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 12. Oktober 2010, mit dem der Bw erstmals "rechtliche Schritte" angedroht wurden und die Anzeige wegen vermuteter Hinterziehung der Kanalbenützungsgebühren vom
25. November 2010 liegen außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr gemäß § 254 Abs. 1 Z. 1 FinStrG iVm § 31 Abs. 2 VStG.

Da seit der angelasteten Hinterzeihung von Kanalbenützungsgebühren für den Zeitraum von 1. Jänner 2004 bis 8. August 2008 (bzw. 2. Dezember 2007)  mehr als drei Jahre vergangen sind und auch keine Verfahrenszeiten, die nach dem § 31 Abs 3 letzter Satz VStG nicht einzurechnen sind, vorliegen, ist die Strafbarkeit der angelasteten Verwaltungsübertretung als verjährt anzusehen.

 

Im Hinblick auf die eingetretene Verjährung bedarf es keiner weiteren Erörterungen in der Sache. Das angefochtene Straferkenntnis war aus Anlass der Berufung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil nunmehr mit der Strafbarkeitsverjährung ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit aufhebt.

 

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Johannes Fischer

 

 

 

 

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