Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166867/8/Sch/Eg

Linz, 23.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn H. H., geb. x, x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. März 2012, VerkR96-6153-2012-Hai, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Zitierung des § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG zu entfallen hat.

 

II.               Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 50 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 22. März 2012, VerkR96-6153-2012-Hai, über Herrn H. H., geb. x, eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro, 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 2 lit. c iVm § 18 Abs. 1 StVO 1960 iVm § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG  verhängt, weil er am 4.12.2011, 11:56 Uhr, in der Gemeinde Schörfling am Attersee, A1 Westautobahn, Fahrtrichtung Wien, bei km 231.270, mit seinem Fahrzeug, PKW, x, Kennzeichen x, zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,19 Sekunden festgestellt.

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 25 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der gegenständliche relevante Vorgang stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:

 

Das auf den Berufungswerber zugelassene Kraftfahrzeug wurde mittels geeichtem Messsystem VKS 3.1-VIDIT-A 910 bei Einhaltung eines zeitlichen Abstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug von bloß 0,19 Sekunden ermittelt und auf einer Videoaufzeichnung festgehalten.

 

Die Erstbehörde hat die erstattete Polizeianzeige zum Anlass genommen, an den Berufungswerber eine Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 abzufertigen. Diese wurde vom Genannten auch fristgerecht beantwortet, wobei er sich selbst als Lenker angab.

 

Daraufhin erließ die Erstbehörde eine Strafverfügung, welche den Hinweis enthielt, dass dieses Verwaltungsstrafverfahren auch mit einem Führerscheinentzug verbunden sei.

 

Der Berufungswerber hat sodann diese Strafverfügung beeinsprucht, wobei er bei der behördlichen Vorsprache und niederschriftlichen Aufnahme des Einspruches durch seinen Bruder M. H. bevollmächtigt vertreten war.

 

Im Einspruch heißt es:

"Ich erhebe Einspruch, weil ich nicht feststellen kann, wer zum Tatzeitpunkt der Lenker war. Ich hatte die Lenkauskunft auf mich ausgestellt, da ich der Meinung war, dass es sich um eine reine Geldstrafe handelt, die wir innerhalb der Familie auf die in Frage kommenden Personen aufgeteilt hätten. Dass ich unschuldig einen Führerschein-Entzug in Kauf nehme, ist für mich nicht tragbar, da ich 4 Kinder habe und meine Frau keinen Führerschein besitzt."

 

Dies vermochte die Erstbehörde nicht zu überzeugen, zumal sie in der Folge das nunmehr verfahrensgegenständliche Straferkenntnis erließ. Hierin wird dargelegt, weshalb unbeschadet dieser Angaben im Einspruch weiterhin von der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers auszugehen war. Im Berufungsschriftsatz wird wiederum darauf hingewiesen, dass nicht mehr geklärt werden könne, wer das Fahrzeug zum Vorfallszeitpunkt gelenkt habe. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Lenkerauskunft habe der Berufungswerber noch nicht gewusst, dass er das Fahrzeug nicht gelenkt habe, in Frage kämen M. H. und Ha. H. Er habe sich keine Gedanken gemacht, als er die Lenkererhebung ausgefüllt habe. Er sei davon ausgegangen, dass er irgendeine Person hinschreiben müsse und die Geldstrafe ohnehin zwischen den drei in Frage kommenden Lenkern intern ausgeglichen werde.

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden der Rechtsmittelwerber und der von ihm stellig gemachte Bruder des Berufungswerbers – im Berufungsschriftsatz als Schwager bezeichnet – befragt. Beide gaben an, nicht zu wissen, wer das Fahrzeug zum Vorfallszeitpunkt gelenkt habe. In Frage kämen er selbst, sein Bruder und seine Schwägerin. Bezogen auf den konkreten Zeitpunkt schloss der Berufungswerber allerdings aus, dass er selbst gefahren sei, konnte aber nicht angeben, wo er sich zum Zeitpunkt der gegenständlichen Übertretung, welche mit seinem Fahrzeug begangen worden war, aufgehalten habe.

 

4. Mit der Frage, wie solche später im Verfahren gemachten Angaben zur Lenkereigenschaft grundsätzlich zu bewerten sind, hat sich die Erstbehörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses schon auseinandergesetzt. Ergänzend dazu soll hier noch Folgendes ausgeführt werden:

 

Die Aufforderung an den Zulassungsbesitzer eines Kfz zur Bekanntgabe eines Fahrzeuglenkers seitens einer Behörde ist grundsätzlich kein unverbindliches bzw. unbedeutendes Verlangen, dem man nach Belieben mit irgendwelchen Angaben nachkommen kann oder nicht. Im Falle einer schriftlichen Aufforderung, wie gegenständlich erfolgt, sieht § 103 Abs. 2 KFG 1967 ausdrücklich eine Frist für die Auskunftserteilung von zwei Wochen vor. Im vorliegenden Fall ist die Aufforderung dem Berufungswerber am 13. Jänner 2012 (Vorfallstag 4. Dezember 2011) zugestellt worden. In der entsprechenden Reaktion hierauf unter Verwendung des beigelegten Formblattes hat sich der Berufungswerber dezidiert als Lenker ausgegeben. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist es nicht glaubwürdig, wenn man in der Folge dann vorbringt, doch nicht der Lenker gewesen zu sein. Immerhin ist in der Aufforderung ein genauer Vorfallszeitpunkt enthalten, auch die Örtlichkeit ist sehr detailliert umschrieben. Es müsste daher nach Ansicht der Berufungsbehörde sehr wohl möglich sein, in dem in Frage kommenden Kreis von zwei Personen innerhalb von immerhin zwei Wochen jene zu erfragen, die das Fahrzeug gelenkt hatte. Wenn man demgegenüber solche Ermittlungen unterlässt und sich einfach selbst als Lenker deklariert, dann hat man damit zu verstehen gegeben, dass man nach außen hin, also gegenüber der Behörde, als Lenker angesehen werden soll. Eine solche Angabe kann man nicht ohne weiteres revidieren, wenn man erfährt, dass mit dem gesetzten Delikt auch eine Entziehung der Lenkberechtigung verbunden ist.

 

Die Berufungsbehörde verkennt zwar nicht, dass naturgemäß grundsätzlich ein Irrtum bei einer Lenkerauskunft unterlaufen kann, wenn ein Fahrzeug von mehreren Personen benützt wird. Eine diesbezügliche Berichtigung ist aber nur dann glaubwürdig, wenn sie durch den Zulassungsbesitzer eigeninitiativ gesetzt wird und dieser nicht erst abwartet, bis ein Strafbescheid zugestellt wird. Ansonsten wird der, auch hier entstandene, Eindruck erweckt, dass je nach Folgen der der Anfrage zugrundeliegenden Tat, also allenfalls bloß eine geringe Verwaltungsstrafe oder im anderen Fall eine höhere Strafe samt Entziehung der Lenkberechtigung, bei den Angaben in der Lenkerauskunft geblieben wird oder nicht. Als der Berufungswerber gegenständlich erfuhr, dass eine Entziehung der Lenkberechtigung droht, wollte er nicht mehr als Lenker zum Vorfallszeitpunkt gelten. Er hat dann mehrere Familienmitglieder ins Spiel gebracht, die als Lenker in Frage kämen. Allerdings hat keine der so bezeichneten Personen auch diese Lenkereigenschaft tatsächlich auf sich genommen. Mit einer Verantwortung dahingehend, bloß zu behaupten, es selbst jedenfalls nicht gewesen zu sein, aber auch nicht zu wissen, wer es denn dann tatsächlich gewesen sei, kann man einer vermeintlich unrichtigen Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 in der Folge jegliche Aussagekraft absprechen. Allenfalls wäre der Vorgang anders zu beurteilen gewesen, wenn sich gleich nach Zustellung der Strafverfügung eine dritte Person ganz konkret als Lenker deklariert hätte. Dann müsste sich die Behörde naturgemäß beweiswürdigend damit auseinandersetzen, ob nun anhand zweier vorliegender Beweismittel, nämlich der Lenkerauskunft einerseits und den Angaben einer anderen Person, selbst der Lenker gewesen zu sein, andererseits, welche der beiden Varianten nun der Entscheidung zugrunde zu legen ist. Im vorliegenden Fall hat sich der Berufungwerber aber selbst als Lenker und später zwei andere Personen präsentiert, von denen aber keine jeweils behauptet hatte, konkret der Lenker zum relevanten Zeitpunkt gewesen zu sein.

 

Wenn der Berufungswerber einwendet, nicht verstanden zu haben, was die Behörde mit der Anfrage wollte, ist ihm entgegenzuhalten, dass er sie ja klar beantwortet hat. Im übrigen kann man sich, wenn man intellektuelle oder sprachliche Probleme mit einem behördlichen Schriftstück hat, erkundigen.

 

5. Zum Tatvorwurf selbst ist auf das Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung zu verweisen, im Rahmen derer ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger nach Beischaffung der entsprechenden Videoaufzeichnung die dort erkennbaren Vorgänge detailliert erörtert hat. Der Sachverständige führte aus, die von ihm durchgeführte Nachmessung habe ergeben, dass der Wert 0,19 Sekunden bei 135 km/h im Sinne des Berufungswerbers ermittelt wurde und begründete dieses wie folgt:

 

"Dies zum einen, da die Fahrzeugüberhänge nicht berücksichtigt wurden, zum anderen für den vorausfahrenden Alhambra nur der Radstand abgezogen wurde, gegenständlich 2,5 m. Ein Alhambra als größeres Fahrzeug hat allerdings einen längeren Radstand. Das realistischere Rechenergebnis wäre ein Abstand von 6,1 m. Da aber das entsprechende Computerprogramm aufrundet, ergibt sich ein Abstand letztlich von 7 m. Diese festgestellten 7 m werden dann mit der Fahrgeschwindigkeit von 135 km/h in Verbindung gebracht, dadurch ergibt sich rechnerisch ein Sekundenabstand von 0,186. Das Programm rundet dann wiederum auf, also auf 0,19 Sekunden.

 

Der vorgeworfene Abstand von 0,19 Sekunden kann daher aus fachlicher Sicht ohne weiteres gestützt werden, realistisch betrachtet wäre 0,16 Sekunden anzunehmen."

 

Zu diesen Feststellungen konnten sich weder der Berufungswerber selbst noch der Zeuge schlüssigerweise äußern, zumal ja der eine behauptete, gar nicht der Lenker gewesen zu sein, und der andere, es nicht mehr zu wissen.

 

Aber ganz abgesehen davon erscheinen die Ausführungen des Sachverständigen völlig überzeugend, sodass die Berufungsbehörde zweifelsfrei davon ausgehen kann, dass der Lenker, nach der Beweislage eben der Berufungswerber, die ihm zur Last gelegte Übertretung gesetzt hat.

 

6. Zur Strafbemessung:

Seitens der Erstbehörde wurde gegenständlich die Strafbestimmung des § 99 Abs. 2 lit. c StVO 1960 herangezogen.

 

Dazu ist zu bemerken, dass die Strafbestimmungen der StVO 1960 einzig in § 99 Abs. 2c Z. 4 StVO 1960 Bezug auf einen konkreten Sicherheitsabstand nehmen. Diese Bestimmung sieht einen Strafrahmen von 72 Euro bis 2180 Euro, im Uneinbringlichkeitsfalle Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen vor, wenn der Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs. 1 leg.cit. nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt. Ein noch geringerer Sicherheitsabstand, gegenständlich bloß 0,19 Sekunden, ist daher ein Anwendungsfall des § 99 Abs. 2 lit. c StVO 1960, auch wenn hier eine geringere Mindeststrafe, nämlich 36 Euro, vorgesehen ist.

 

Ein Sicherheitsabstand zum Vordermann von nur 0,19 Sekunden stellt eine massive Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Ein solcher Lenker verhält sich besonders rücksichtslos gegenüber dem Vorausfahrenden, da schon das geringste Ereignis, etwa ein Abbremsen des Vordermannes oder eine Unaufmerksamkeit des Fahrzeuglenkers, der einen derartig geringen Sicherheitsabstand einhält, ein äußerst hohes Unfallrisiko in sich birgt. Wenn die Erstbehörde gegenständlich eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro verhängt hat, kann ihr angesichts dieser Erwägungen keinesfalls entgegen getreten werden.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde von der Erstbehörde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Der sehr geringe Sicherheitsabstand war schon bei der Bewertung des Unrechtsgehaltes der Tat – siehe oben - zu berücksichtigen, kann also nicht quasi ein zweites Mal verwertet werden, wie die Erstbehörde durch Erwähnung des Sicherheitsabstandes im Sinne eines Erschwerungsgrundes den Eindruck erweckt.

 

Den persönlichen Verhältnissen, wie von der Erstbehörde in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt, wurde im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten. Es kann daher angenommen werden, dass der Berufungswerber angesichts eines monatlichen Nettoeinkommens von etwa 1400 Euro trotz seiner Sorgepflichten für vier Kinder in der Lage sein wird, die Verwaltungsstrafe zu bezahlen.

 

Solche Strafen lassen sich im übrigen leicht vermeiden, indem man sich an die Vorschriften hält bzw. zumindest keine gravierenden Übertretungen, wie vom Berufungswerber zu verantworten, setzt.

 

Die Zitierung des § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG im Spruch des Straferkenntnisses hatte zu entfallen, zumal dieser weder eine übertretbare Vorschrift noch eine Strafbestimmung darstellt.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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