Linz, 18.12.2012
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, xstraße x, x, vom 1. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 11. Juni 2012, VerkR96-5081-2012, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2.Alt. und 66 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Abs.1 Z1 KPZ-ÜV iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 25 Euro (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am 5. März 2012, 16.13 Uhr, den das mehrspurige Kraftfahrzeug (Pkw) x im Ortsgebiet Px, B129 xstraße auf Höhe des Hauses Nr.x in der Kurzparkzone abgestellt habe, ohne das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit einer Parkscheibe versehen zu kennzeichnen.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 2,50 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe das Fahrzeug nicht in der Kurzparkzone abgestellt, sondern in der Hauseinfahrt, in der er Benützungsberechtigter sei. Dazu sei er berechtigt.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 24 Abs.3 lit.b StVO 1960 ist das Parken vor Haus- und Grundstückseinfahrten verboten. Gemäß § 23 Abs.3 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn er vor einer Haus- oder Grundstückseinfahrt hält, im Fahrzeug zu verbleiben und beim Herannahen eines Fahrzeuges, dessen Lenker die Haus oder Grundstückseinfahrt benützen will, die Aus- oder Einfahrt unverzüglich freizumachen.
Nach der Rechtsprechung des VwGH gilt § 24 Abs.3 lit.b StVO nicht für den zur Benützung der Haus- oder Grundstückseinfahrt allein Berechtigten (vgl E 21.5.1964, 2261/63 – "Die Bestimmung des § 24 Abs.3 lit.a StVO 1960 hat für diejenigen Personen keine Geltung, die hinsichtlich der Haus- und Grundstückseinfahrt allein benützungsberechtigt sind. Straffällig nach dieser Gesetzesstelle kann nur derjenige werden, der das vom Gesetzgeber als schutzwürdig erachtete Rechtsgut – nämlich die Sicherung der freien Aus- und Einfahrt für den Benützungsberechtigten – verletzt."; 13.6.1985, 85/02/0049 – "Vor einer Hauseinfahrt darf unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 23 Abs.3 StVO gehalten, ja selbst – freilich nur von dem allein zu ihrer Benützung Berechtigten – geparkt werden."); 14.4.1989, 88/17/0103 – Der dieser Rechtsprechung zugrundeliegende Fall betrifft eine gebührenpflichtige Kurzparkzone, wobei der VwGH ausgesprochen hat: "Auch wenn § 24 Abs.3 lit.b StVO für diejenigen Personen keine Geltung hat, die hinsichtlich der Hauseinfahrt und Grundstückseinfahrt allein benützungsberechtigt sind (Hinweis auf E 12.5.1964, 2261/63), wird damit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine weitergehende gesetzliche Verkehrsbeschränkung – nicht jedoch die Regelung über die Kurzparkzone selbst – auf derartige Fälle nicht anzuwenden ist. Auch die gesetzlichen Verkehrsbeschränkungen bleiben bestehen, ohne dass das Gebiet der Kurzparkzone dadurch unterbrochen würde. Haus- und Grundstückseinfahrten sind von der Kurzparkzone – als ein von § 1 Abs.3 Wr ParkometerG gefordertes Tatbestandsmerkmal – nicht ausgenommen. "
Wenn der Benützungsberechtigte einer Hauseinfahrt vom § 24 Abs.3 lit.b StVO ausgenommen ist, darf er vor der Einfahrt (unbeschränkt) parken. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates kann davon ausgehend schon aus logischen Überlegungen seine Hauseinfahrt, selbst wenn es sich dabei um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, auch nicht Gegenstand einer Regelung im Sinne einer zeitlichen Beschränkung dieses Parkens sein. Die oben zitierte Rechtsprechung ist im Fall einer Übertretung der Gebührenpflicht ergangen, dh der Gesetzgeber des Wiener Parkometergesetzes wollte die für die Benützung der Kurzparkzone zu entrichtende Parkgebühr auch in Haus- oder Grundstückseinfahrten sichern, um Umgehungen, insbesondere Halten im Sinne des § 23 Abs.3 StVO, nicht von der Parkgebührenpflicht auszunehmen. Auf den alleinigen Benützungsberechtigten einer Haus- oder Grundstückseinfahrt kann diese Rechtsprechung aber nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht übertragen werden.
Die Verordnung des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 1. Juli 2003, VerkR-3000/2003-129, mit der auf der E. Bundesstraße B129 rechts im Sinne der Kilometrierung unmittelbar am Beginn des Hauses xstraße x und links im Sinne der Kilometrierung beginnend unmittelbar nach der Einmündung der Zufahrtsstraße zum M. und auf der E. Bundesstraße B129 –xstraße Nr.x und x eine zeitlich begrenzte Kurzparkzone – werktags Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 8-12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr und Mittwoch und Samstag von 8 - 12 – mit 90 Minuten Parkdauer festgesetzt wurde, ist daher auf den Bw als alleinigen Benützungsberechtigten seiner Hauseinfahrt nicht anwendbar, weshalb gemäß der 2. Alternative des § 45 Abs.1 Z1 VStG die ihm zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Alleiniger Benützungsberechtigter einer Hauseinfahrt ist von Kurzparkzone ausgenommen à Aufhebung