Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420744/12/Zo/Kr/AK

Linz, 14.01.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Beschwerde des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, X, vom 5.6.2012 wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 30.5.2012 durch ein dem Bezirkshauptmann von Freistadt zurechenbares Organ, nämlich der Sicherstellung des Führerscheines, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8.1.2013 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.             Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.          Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Freistadt) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 67a Z.2, 67c und 67d AVG iVm § 110 Abs.3 Z.1 lit.c StPO

zu II.: § 79a AVG iVm mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 465/2008

 

 

 

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

 

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 5.6.2012 eine Maßnahmenbeschwerde wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 11.5.2012, nämlich der Sicherstellung seines kenianischen Führerscheines mit der Nr. X für die Führerscheinklassen B, C und E durch den Polizeibeamten RevInsp. X.

 

Er habe diesen Führerschein in Kenia legal erworben, nachdem er die entsprechende Prüfung abgelegt habe. Gleichzeitig mit diesem kenianischen Führerschein sei ihm auch der internationale Führerschein ausgehändigt worden, welcher die Echtheit und Gültigkeit des kenianischen Führerscheines nachweise. Bereits vorher hätte er in Österreich mit der Ausbildung zum Erwerb einer Lenkberechtigung begonnen, diese aber nicht mehr abschließen können, weil er kurzfristig ein Arbeitsangebot in England erhalten habe, wobei für diese Arbeit der Besitz eines Führerscheines Vorraussetzung gewesen wäre. Er wollte deshalb in England die Führerscheinprüfung ablegen, bekam jedoch kurzfristig keinen Termin, weshalb ihn die englische Fahrschule auf das Schwesterunternehmen in Kenia verwiesen habe. Er sei am 20.9.2011 zur Ablegung der Führerscheinprüfung nach Kenia gereist, und habe dort eine theoretische und praktische Prüfung erfolgreich abgelegt. Daraufhin sei ihm der kenianische Führerschein ausgestellt worden. Er habe sich bezüglich der Geltung dieses Führerscheines zuvor bei der Rechtsabteilung des ÖAMTC erkundigt und dort sei ihm zugesichert worden, dass dieser in Österreich gültig sei, jedoch binnen 6 Monaten nach Einreise auf einen EU-Führerschein umgeschrieben werden müsse.

 

Er habe bei der Amtshandlung am 11.5.2012 dem Polizisten sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Nachweise über die Echtheit des kenianischen Führerscheines dargelegt und damit den Verdacht der Fälschung entkräftet. Der Polizeibeamte habe daher keinesfalls berechtigterweise von einer gefälschten Urkunde ausgehen können, weshalb er ihm den Führerschein nicht hätte entziehen dürfen.

 

In rechtlicher Hinsicht brachte der Beschwerdeführer noch vor, dass § 110 Abs.3 Z.1 lit.c StPO die Kriminalpolizei nur dann berechtigt, Gegenstände von sich aus sicherzustellen, wenn sie am Tatort aufgefunden wurden und zur Begehung einer strafbaren Handlung verwendet oder dazu bestimmt worden sein könnten. Bei der Amtshandlung am 11.5.2012 habe er aber keinerlei strafbare Handlung begangen, sodass der Führerschein nicht an einem Tatort aufgefunden wurde. Selbst wenn der Führerschein gefälscht gewesen sein sollte, so hätte er ihn zwar bei einer vorangehenden Verkehrskontrolle, nicht jedoch bei der Amtshandlung am 11.5.2012 verwendet.

 

Er sei durch die unrechtmäßige Entziehung seines kenianischen Führerscheines durch ein Organ der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich, Autobahnpolizei N., in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Unverletzlichkeit des Eigentums, Erwerbsausübungsfreiheit sowie Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verletzt wurden.

 

2. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine schriftliche Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen erstattet. Auf dieses hat der Vertreter des Beschwerdeführers mit Stellungnahme vom 20.7. sowie 29.8.2012 geantwortet. Am 8.1.2013 wurde eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben. Der Polizeibeamte X sowie der Vater des Beschwerdeführers wurden als Zeugen einvernommen.

 

2.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber begann in einer Fahrschule in X mit der Ausbildung zum Erwerb der Lenkberechtigung. Nachdem er die theoretische Prüfung 5 mal nicht bestanden hatte, musste er sich einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen. In dieser Zeit erhielt er von einem Bekannten ein Arbeitsangebot, wonach er in England auf einer Baustelle für diesen arbeiten könne. Voraussetzung für diese Arbeitsstelle sei jedoch der Besitz eines Führerscheines. Da es in Österreich nicht mehr möglich gewesen sei, so rasch die Lenkberechtigung zu erwerben, entschloss sich der Berufungswerber diese in Kenia zu erwerben. Die dafür erforderlichen Vorbereitungen organisierte der Beschwerdeführer über Internet, er reiste am 28.9.2011 in Kenia ein. In der darauf folgenden Woche absolvierte er nach seinen Angaben sowohl eine theoretische als auch praktische Ausbildung in einer Fahrschule und absolvierte in weiterer Folge auch die theoretische und die praktische Fahrprüfung. Daraufhin wurde ihm von der Fahrschule der kenianische Führerschein mit Nr. X für die Klassen A, C und E ausgestellt. Mit diesem Führerschein reiste er am 5.10.2011 wiederum nach Österreich zurück und erkundigte sich beim ÖAMTC, ob dieses Dokument in Österreich zum Lenken von Kraftfahrzeugen berechtigt. Dort bekam er die Auskunft, dass dies grundsätzlich der Fall ist, der Führerschein jedoch umgeschrieben werden müsse.

 

Das Arbeitsangebot seines Bekannten konnte in weiterer Folge nicht realisiert werden, weshalb der Beschwerdeführer wiederum im Betrieb seines Vaters mitarbeitete. Im Vertrauen auf die Rechtsauskunft des ÖAMTC lenkte der Beschwerdeführer in weiterer Folge unter Verwendung des kenianischen Führerscheines in Österreich Kraftfahrzeuge. Am 21.4.2012 kam es zu einer Verkehrskontrolle, bei welcher der Beschwerdeführer den gegenständlichen Führerschein vorwies. Wegen des Ablaufes der 6-monatigen Frist für die Verwendung eines im Ausland ausgestellten Führerscheines wurde der Beschwerdeführer angezeigt, worauf von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eine entsprechende Strafverfügung erlassen wurde. Am 11.5.2012 erschien der Beschwerdeführer beim zuständigen Bearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Herrn X. Dieser erklärte ihm, dass die Frist für die Verwendung des kenianischen Führerscheines lediglich 6 Monate betrage und daher bereits abgelaufen war. Auf die Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung wurde deshalb verzichtet. Im Zuge dieser Amtshandlung wurde der Führerschein auch vom Zeugen RevInsp. X bezüglich einer eventuellen Verfälschung überprüft.

 

RevInsp. X wurde in den polizeiinternen Schulungen entsprechend ausgebildet, um gefälschte Dokumente erkennen zu können. Er hatte bereits in seinem Zivilberuf als T. gelernt, weshalb ihm auch auf Grund seiner beruflichen Praxis das Drucken von Dokumenten vertraut war. Bei der Polizei wurde er nach der entsprechenden Ausbildung 5 Jahre lang bei einer Sondereinheit im Rahmen von "Schengen-Ausgleichsmaßnahmen" eingesetzt, wobei ein Schwerpunkt dieser Einsätze das Erkennen von gefälschten Dokumenten war. Bei der Überprüfung des gegenständlichen Führerscheines verwendete der Zeuge eine Lupe sowie UV-Licht und entsprechendes Vergleichsmaterial. Er kam zum Schluss, dass es sich um ein Originaldokument handelt, bei welchem allerdings Verfälschungsmerkmale ersichtlich waren. Auffällig war, dass beim Geburtsdatum "OVER 18" angegeben war, obwohl der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheines das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hatte. Entsprechend seiner Vergleichsunterlagen war ihm bekannt, dass als ein Sicherheitsmerkmal bei kenianischen Führerscheinen auf Seite 3 eine rote Folie eingeklebt wird und auf dieser jene Angaben eingetragen werden, welche bei dem von ihm untersuchten Dokument, bei welchem diese Folie fehlte, direkt auf dem Dokument eingetragen waren. Dem Polizeibeamten war auch bekannt, dass in Kenia eine größere Serie von Führerscheinoriginaldokumenten abhanden gekommen ist. Dieser Umstand in Verbindung mit den von ihm festgestellten Auffälligkeiten brachte ihn zur Überzeugung, dass es sich um ein verfälschtes Dokument handelte. Der Polizeibeamte stellte deshalb den gegenständlichen Führerschein sicher.

 

Der Führerschein wurde in weiterer Folge gemeinsam mit der Anzeige der Polizeiinspektion X, welche die bereits angeführte Verkehrskontrolle am 21.4. durchgeführt hatte und einem Bereicht der kriminalpolizeilichen Untersuchungsstelle der Staatsanwaltschaft Linz übermittelt. Entsprechend dem Bericht der KPU entspricht das Führerscheinformular in der Drucktechnik, dem Formularvordruck und der Typografie den Vergleichsunterlagen und stellt deshalb ein Originaldokument dar. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass das als Verlängerung geltende rote Einlegeblatt nicht wie in den Vergleichsunterlagen beschrieben eingeklebt, sondern zur Gänze im Führerschein mit aufgedruckt wurde. Die Drucktechnik entspricht allerdings der des übrigen Formulars. Weiters wurde festgestellt, dass bei diesem Aufdruck die sonst übliche Formularnummer sowie das Impressum fehlt. Ein derartiger Führerschein mit aufgedruckten Einlegeblatt ist in Österreich bisher nicht aufgetreten. Es handle sich beim Formularvordruck um ein Originaldokument, eine Aussage über eine befugte behördliche Ausstellung sei beim momentanen Kenntnisstand nicht möglich. Eine endgültige Abklärung über die Echtheit des Führerscheines könne nur über die Einleitung einer entsprechenden Auslandskorrespondenz erreicht werden. Entsprechend der Anzeige der PI X sei von der Staatsanwaltschaft Linz die Vorlage des Führerscheines mit einem Abschlussbereicht angeordnet worden, von der Einleitung eines Interpol-Schriftverkehrs sei Abstand zu nehmen.

 

Das Verfahren gegen den Beschwerdeführer wurde von der Staatsanwaltschaft Linz mit Schreiben vom 20.6.2012, Zl. 15 St 133/12i – 1, gemäß § 190 Z.2 StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.

 

3. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

Gemäß § 67c Abs.3 AVG sind Beschwerden nach § 67a Z2 innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes,

2. soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat und welcher Behörde er zuzurechnen ist (belangte Behörde),

3. den Sachverhalt,

4. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

5. das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären,

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Der angefochtene Verwaltungsakt ist für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist. Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

Gemäß § 110 Abs.1 StPO ist Sicherstellung zulässig, wenn sie

1. aus Beweisgründen,

2. zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche (§ 367) oder

3. ……………

erforderlich scheint.

 

Gemäß § 110 Abs.3 StPO ist die Kriminalpolizei berechtigt, Gegenstände (§ 109 Z.1 lit.a) von sich aus sicherzustellen,

1. wenn sie

a) in niemandes Verfügungsmacht stehen,

b) dem Opfer durch die Straftat entzogen wurden,

c) am Tatort aufgefunden wurden und zur Begehung der strafbaren Handlung verwendet oder dazu bestimmt wurden sein könnten, oder

d) geringwertig oder vorübergehend leicht ersetzbar sind,

2. wenn ihr Besitz allgemein verboten ist (§ 445a Abs.1),

3. mit denen eine Person, die aus dem Grunde des § 170 Abs.1 Z.1 festgenommen wird, betreten wurde oder die im Rahmen ihrer Durchsuchung gemäß § 120 Abs.1 aufgefunden werden, oder

4. ………

 

Gemäß § 110 Abs.4 StPO ist die Sicherstellung von Gegenständen aus Beweisgründen (Abs.1 Z.1) nicht zulässig und jedenfalls auf Verlangen der betreffenden Person aufzuheben, soweit und sobald der Beweiszweck durch Bild-, Ton- oder sonstige Aufnahmen oder durch Kopien schriftlicher Aufzeichnungen oder automationsunterstützt verarbeiteter Daten erfüllt werden kann und nicht anzunehmen ist, dass die sichergestellten Gegenstände selbst oder die Originale der sichergestellten Informationen in der Hauptverhandlung in Augenschein zu nehmen werden.

 

3.2. Die selbständige Durchführung von Zwangsmaßnahmen durch die Kriminalpolizei ohne staatsanwaltschaftliche Anordnung ist seit der StPO-Novelle BGBl. I Nr. 1/2011 (in Entsprechung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 16.12.2010, G 259/09) der Sicherheitsbehörde zuzurechnen und im Wege einer Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar. Die gegenständliche Beschwerde ist daher zulässig, sie ist jedoch nicht begründet:

 

Für die Durchführung des Strafverfahrens wegen des Verdachtes einer Fälschung des Führerscheines ist die Sicherstellung dieses Dokumentes aus Beweisgründen erforderlich, weil eine genaue Untersuchung des Originaldokumentes notwendig ist. Die Voraussetzung des § 110 Abs.1 Z.1 StPO ist daher erfüllt, die ausnahmsweise vorgesehene Anfertigung von Kopien (Abs.4) nicht ausreichend. Die Strafprozessordnung sieht für die Sicherstellung von Urkunden keine Sonderregelungen vor, weshalb davon auszugehen ist, dass auch Urkunden unter den Begriff "Gegenstand" im Sinne des § 109 Z.1 StPO fallen (vgl. auch Bertel/Venier, Strafprozessrecht, 5. Auflage, Rz. 282, wo als Beispiel für "Sachen" auch "Papiere" - also Urkunden - genannt sind).

 

Richtig ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er den Führerschein zwar bei der Verkehrskontrolle am 21.4. verwendet hatte, nicht jedoch bei der Amtshandlung am 11.5.2012. Gemäß § 224a StGB ist jedoch bereits der bloße Besitz einer falschen oder verfälschten besonders geschützten Urkunde gerichtlich strafbar. Der kenianische Führerschein stellt eine ausländische öffentliche Urkunde dar, welche in Österreich grundsätzlich anerkannt wird und daher einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellt ist. Es handelt sich daher um eine besonders geschützte Urkunde (§ 224 StGB). Der Beschwerdeführer war bei der Amtshandlung jedenfalls im Besitz des kenianischen Führerscheines, weshalb der Verdacht einer strafbaren Handlung gemäß § 224a StGB dann zu Recht bestand, wenn der Polizeibeamte begründet davon ausgehen konnte, dass der Führerschein verfälscht war.

 

Dazu stellte der entsprechend ausgebildete und erfahrene Polizeibeamte zwei Verfälschungsmerkmale fest, nämlich einerseits die unrichtige Eintragung des Geburtsdatums bzw. Alters des Beschwerdeführers und andererseits das Fehlen der Folie auf Seite 3. Der Polizeibeamte verwendete auch entsprechende Untersuchungsmethoden (Lupe und UV-Licht sowie Vergleichsmaterial) und es war ihm weiters bekannt, dass in Kenia eine größere Anzahl von Originaldokumenten abhanden gekommen ist. In Zusammenschau all dieser Umstände durfte der Polizeibeamte nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS bei seiner Amtshandlung berechtigterweise davon ausgehen, dass es sich beim gegenständlichen Dokument um einen verfälschten kenianischen Führerschein handelte, weshalb er gemäß § 110 Abs.3 Z.1 lit.c StPO zur Sicherstellung des Führerscheines berechtigt war.

 

Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft in weiterer Folge das Verfahren gemäß § 190 Z.2 StPO einstellte, ändert daran nichts. Die Einstellung gemäß Z.2 bedeutet lediglich, dass nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Beweislage für eine weitere Verfolgung nicht ausreichend war. Wäre die Staatsanwaltschaft der Meinung gewesen, dass der kenianische Führerschein tatsächlich nicht verfälscht ist, so hätte die Einstellung gemäß § 190 Z.1 StPO erfolgen müssen.

 

Dem Beschwerdeführer wird durchaus zugestanden, dass er persönlich der Meinung war, einen gültigen und ordnungsgemäß ausgestellten Führerschein zu erwerben. Es kommt jedoch nicht auf die subjektive Überzeugung des Beschwerdeführers an, sondern darauf, ob der Polizeibeamte ausreichend begründete Verdachtsmomente für das Vorliegen eines verfälschten Führerscheines hatte oder nicht. Dies war – wie bereits oben dargestellt – der Fall.

 

Zu II.:

Auf Grund dieses Ergebnisses ist die belangte Behörde als obsiegende Partei anzusehen, weshalb der Beschwerdeführer verpflichtet ist, ihrem Rechtsträger binnen 2 Wochen die entsprechend der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 zustehenden Aufwendungen (Vorlageaufwand 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand 368,80 Euro sowie Verhandlungsaufwand 461 Euro, insgesamt daher 887,20 Euro) zu bezahlen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 angefallen.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

VwSen-420744/12/Zo/Kr vom 14. Jänner 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

AVG §67;

AVG §67c;

StGB §224a;

StPO 1975 §110 Abs3 Z1 litc

 

Die Sicherstellung eines gefälschten Dokumentes durch einen Polizeibeamten aus eigener Macht (ohne entsprechende Anordnung der Staatsanwaltschaft) ist als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpfbar.

 

Gemäß §110 Abs3 Z1 litc StPO 1975 ist diese Maßnahme dann gerechtfertigt, wenn der Führerschein an einem Tatort aufgefunden wird und für die strafbare Handlung verwendet wurde oder zu einer solche bestimmt war. Im konkreten Fall wurde der Führerschein bei einer Verkehrskontrolle am 21.04.2012 verwendet, die Sicherstellung erfolgte jedoch nicht anlässlich dieser Verkehrskontrolle sondern erst am 11.05.2012 im Rahmen einer Vorsprache des Beschwerdeführers bei der Bezirkshauptmannschaft. An diesem Tag wurde der Führerschein vom Beschwerdeführer nicht verwendet, weshalb er keine strafbare Handlung gemäß §224 StGB begangen hat. Allerdings ist gemäß §224a StGB bereits der bloße Besitz einer besonders geschützten Urkunde gerichtlich strafbar. Kenianische Führerscheine berechtigen in Österreich grundsätzlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen, weshalb es sich dabei um besonders geschützte Urkunden (§224 StGB) handelt. Unter der Annahme, dass der Führerschein gefälscht war, beging der Beschwerdeführer daher auch bei der Amtshandlung am 11.05.2012 eine gerichtlich strafbare Handlung, weshalb der Führerschein an einem Tatort aufgefunden wurde und §110 Abs3 StPO anwendbar ist.

 

Die Rechtmäßigkeit einer faktischen Amtshandlung ist anhand der Sachlage im Zeitpunkt seiner Setzung zu beurteilen, wobei nur jene Sachverhaltselement zu berücksichtigen sind, die dem Verwaltungsorgan unter Anwendung zumutbarer Sorgfalt bekannt sein konnten (Hengstschläger/Leeb, AVG §67c Rz 27).

 

Der Polizeibeamte verfügte über eine entsprechende Ausbildung zum Erkennen gefälschter Dokumente und eine mehrjährige berufliche Erfahrung. Er stellte bei seiner Überprüfung fest, dass es sich beim kenianischen Führerschein um ein Originaldokument handelte, welches allerdings zwei Verfälschungsmerkmale aufwies. Weiters war ihm bekannt, dass derartige Originaldokumente den zuständigen Behörden abhanden gekommen waren. Unter diesen Voraussetzungen durfte er zu Recht davon ausgehen, dass der gegenständliche Führerschein verfälscht war und ihn gemäß §110 Abs3 Z1 StPO 1975 sicherstellen.

 

Die spätere Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß §190 Z2 StPO 1975 ändert an der Beurteilung nichts, weil daraus nur abgeleitet werden kann, dass nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Beweislage für eine weitere Verfolgung nicht ausreichend war.

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 29.05.2013, Zl.: 2013/01/0074-5

 

 

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