Linz, 28.01.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, StA von Indien, derzeit aufhältig im PAZ X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 21. Jänner 2013 durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.
II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Landespolizeidirektion Oberösterreich) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 21. Jänner 2013, GZ.: 1076219/FRB, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF – iVm. § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und im PAZ X vollzogen.
Am 21.01.2013, 13:40 Uhr wurden Sie von Polizeibeamten in einem Reisezug – von Wien kommend Richtung Kufstein - einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Hierbei ergaben die Überprüfungen bereits, dass gegen Sie eine rechtskräftige und durchsetzbare Ausweisung gem. § 10 Asylgesetz besteht – diese Ausweisung ist in 2. Instanz am 12.12.2012 in Rechtskraft erwachsen. Weiters ergab eine durchgeführte Meldeüberprüfung, dass Sie in Österreich über keinen gemeldeten Wohnsitz verfügen.
In weiterer Folge wurde von der Behörde ein Festnahmeauftrag gem. § 74 Abs.2 Zi 1 FPG erlassen , welcher von den einschreitenden Polizeibeamten am heutigen Tage durch Ihre Festnahme effektuiert wurde. In weiterer Folge wurden Sie der Behörde vorgeführt und in das PAZ X eingeliefert.
Die Behörde konnte feststellen , dass Sie lt. Asylverfahren , das mit Ihnen unter der Zahl EDV-12 06.595 in Österreich geführt worden war , am 28.05.2012 illegal über unbekannt , nach Österreich eingereist sind. Dieses Asylverfahren wurde gem. § 3 und 8 AsylG rechtskräftig in II . Instanz mit Erkenntnis des AGH vom 06.12.2012 , rechtskräftig mit 12.12.2012 negativ beschieden. Die unter einem gegen Sie gem. § 10 AsylG verfügte Ausweisung nach Indien erwuchs ebenfalls mit 12.12.2012 in Rechtskraft und wurde somit auch durchsetzbar.
Die Ihnen gesetzte Frist von 14 Tagen, während der Sie aus Österreich ausreisen hätten müssen, ließen Sie verstreichen und halten sich immer noch nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Weiters konnte die Behörde feststellen, dass Sie bereits aus der Grundversorgung entlassen wurden. Sie sind somit im Wissen um Ihren illegalen Aufenthalt in Österreich und Ihre drohende Abschiebung in die Anonymität untergetaucht.
Aus Ihren Angaben im vorgenannten Asylverfahren läßt sich ersehen , dass Sie in Österreich keine Verwandten haben , Ihre Familie würde in Indien leben. Ebenso wurde im Asylverfahren festgestellt , dass Sie über keinerlei Identitätsdokumente verfügen.
An Barmitteln verfügen Sie lediglich über € 6,60.
Einer legalen Beschäftigung sind Sie in Österreich nie nachgegangen , wie sich dem Versicherungsdatenauszug des heutigen Tages entnehmen läßt.
Nach ständiger Rechtssprechung des VwGH ( das hier zu beachtende grundlegende Erkenntnis : VwGH vom 08.09.2005 , 2005/21/0301 ) ist nun zu prüfen , ob im konkreten Fall ein Sicherungsbedürfnis besteht.
Wie der VwGH in einem anderen Erkenntnis vom 25.03.2010, Zl. 2009/21/0276, ausgesprochen hat, verlangt die Zulässigkeit der Schubhaft über die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 76 FPG) hinaus ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung (Aufenthaltsbeendigung) und dem privaten Interesse an einer Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist. Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegende Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Das setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder sie zumindest wesentlich erschweren. Neben der Ausreiseunwilligkeit muss der Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein. Für die Bejahung des Sicherungsbedarfes kommen im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens des Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes freilich auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen.
Das Sicherungserfordernis des § 76 Abs.1 FPG muss daher in konkreten Umständen begründet sein, wofür etwa mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland in Betracht kommen , und vor allem Ihr bisheriges Verhalten in Österreich .
Nur bei einer derartigen Konstellation kann die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig angesehen werden.
Genau diese Konstellation liegt bei Ihnen im konkreten Fall vor.
Das Sicherungserfordernis des § 76 FPG 2005 ist – wie zuvor dargelegt - somit im wesentlichen in den Umständen begründet, dass Sie in Österreich polizeilich nicht gemeldet sind und eine soziale Verankerung Ihrer Person im Inland nicht vorhanden ist, so sind Sie Ihren Angaben nach erst am 28.05.2012 illegal nach Österreich eingereist.
Weiters ist bei Ihnen keine legale berufliche Verankerung , welcher Art auch immer, im Inland erkennbar und auch nicht vorhanden.
Aus dem Speicherauszug des Bundesbetreuungsinformationssystems ergibt sich weiters, dass Sie bereits auch aus der Grundversorgung entlassen wurden.
Im Asylverfahren gaben Sie selbst an , keine Geschwister oder Kinder zu haben , Ihre Eltern würden in Pakistan leben.
Bei Ihnen konnte auch ein Schreiben Ihres rechtsfreundlichen Vertreters Dr. X vorgefunden werden , gerichtet an die LPD Wien , AFA Ref.3 ( Fremdenpolizei ) des Inhaltes , dass höflichst ersucht wird , von allfälligen fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen , da innerhalb offener Frist eine Beschwerde /Antrag auf Bewilligung einer Verfahrenshilfe ( offensichtl an den VfGH ) eingebracht werden wird.
Eine Kopie werde dem Betroffenen übermittelt , damit dieser dieses Schreiben im Falle einer Kontrolle vorweisen könne .
Wenn Sie nun vermeinen , dass Sie ein derartiges Schreiben Ihres Rechtsvertreters vor behördlichen Maßnahmen schützen könne , so irren Sie.
Ein derartiges Schreiben kann Sie nicht von der Verpflichtung zur Ausreise aus Österreich – nach der 14 – tägigen von der Asylbehörde gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise - entbinden.
Hier ist festzuhalten , dass diese Verpflichtung Sie höchstpersönlich trifft und deshalb keine Garantie vorliegt , dass Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung nachkommen , nur weil Sie rechtsfreundlich vertreten sind.
Aufgrund der vorgenannten Umstände kann die Behörde mit Recht davon ausgehen, dass Sie sich für Ihre Abschiebung nicht freiwillig zur Verfügung der Behörde halten werden - insbesondere der Umstand, dass Sie in Österreich zuletzt ( bis 07.01.2013 ) lediglich in X als obdachlos gemeldet waren und von dort amtlich abgemeldet werden mußten , zeigt der Behörde , dass Sie zielgerichtet in die Anonymität untertauchten , um sich fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen zu entziehen.
Allein die festgestellten Umstände vor Ihrer heutigen Festnahme – so waren Sie lediglich im Besitze eines oneway – Bahntickets von Wien Richtung Kufstein als Endstation Kufstein und führten Ihr gesamtes Hab und Gut in zwei Taschen mit sich - zeigen der Behörde deutlich, dass Sie Ihren letzten Aufenthaltsort ( Wien ) verlassen wollten .
Ihr zielgerichtetes Untertauchen in die Anonymität ( auch das Verlassen Ihres bisherigen Aufenthaltsortes in ein räumlich weit entferntes Bundesland ) läßt für die Behörde den nachvollziehbaren zwingenden Schluß zu , dass Sie alles daran setzen , sich vor den Behörden verborgen zu halten , um Ihrer Abschiebung nach Indien zu entgehen.
Absichtserklärungen über das Einbringen allfälliger außerordentlicher Rechtsmittel im Asylverfahren gegen die II.instanzliche negative Entscheidung des AGH haben auf die Feststellung des Sicherungsbedürfnisses Ihrer Abschiebung keinen wie immer gearteten Einfluß.
Auch bietet der Umstand , dass Sie rechtsfreundlich vertreten sind , keine wie immer geartete Garantie , dass Sie Ihrer jetzt aktuell bestehenden Verpflichtung aus Österreich auszureisen nachkommen – Sie verfügen über keinerlei Berechtigung sich zur Zeit in Österreich aufzuhalten.
Schon allein aus dem Schreiben Ihres rechtsfreundlichen Vertreters läßt sich ersehen , dass Sie bis dato offensichtlich keinerlei Maßnahmen zur Erlangung eines Heimreisedokumentes Ihres Heimatstaates getroffen haben , da Sie offensichtlich der irrigen Meinung sind , sich in Österreich aufhalten zu dürfen .
Da Sie über keinerlei Dokumente Ihres Heimatlandes verfügen, ist somit ihre wahre Identität für die Behörde nicht einmal ansatzweise geklärt.
Ihre Abschiebung in Ihr Heimatland ist daher durch Anordnung der Schubhaft zu sichern und es kann der Zweck der Schubhaft auch nicht durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, da die Behörde aufgrund Ihres bisher gezeigten Verhaltens zwingend davon ausgehen muß , dass Sie Anordnungen in einem gelinderen Mittel nicht Folge leisten werden.
Wie sich aus Ihrem Verhalten ersehen läßt , sind Sie äußerst flexibel , was Ihre Aufenthaltsorte anbelangt und müßen von der Behörde als völlig entwurzelter Fremder angesehen werden , ohne Bindungen welcher Art auch immer .
Dass Sie nicht im mindesten bereit sind , österreichische Rechtsvorschriften, hier vor allem fremdenpolizeiliche und asylrechtliche, zu akzeptieren , läßt sich aus Ihrem zuvor geschilderten Gesamtverhalten eindeutig erkennen.
Unter der Gesamtbetrachtung Ihres bisherigen Verhaltens kann die Behörde keine Gewähr dafür sehen , dass Sie Anordnungen , welcher Art auch immer , in einem gelinderen Mittel Folge leisten werden .
Auf Grund Vorgesagtem war spruchgemäß zu entscheiden.
1.2. Gegen den Schubhaftbescheid, die Festnahme sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf durch seine rechtsfreundliche Vertretung per Telefax am 24. Jänner 2013, Schubhaftbeschwerde an den UVS des Landes Oberösterreich.
2.1.1. Am 25. Jänner 2013 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.
2.1.2. In einer Gegenschrift vom 24. Jänner 2013 führt die belangte Behörde ua. aus:
2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen – entgegen dem Beschwerdeantrag - Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte, zumal die wesentlichen Sachverhaltselemente – insbesondere, dass der Bf schon vor der in Rede stehenden Zugfahrt in Wien polizeilich ungemeldet aufhältig war, der Umstand, dass er völlig mittellos, familiär und sozial ungebunden sowie seiner Ausreiseverpflichtung nicht gefolgt ist, auch vom Bf selbst in keinster Weise in Abrede gestellt werden. Lediglich die Behauptung, dass die in Rede stehende Zugfahrt nicht unbedingt auf ein Untertauchen schließen lasse, stellt den Sachverhalt in Frage. Nachdem der Bf aber ja schon zuvor – lediglich über den Rechtsvertreter - für die Behörden mittelbar zur Verfügung stand und mit vollem Gepäck reiste, ohne sein Reiseziel konkretisieren zu können (er hatte eine Karte bis Kufstein gelöst, gab aber an, Freunde in Salzburg besuchen zu wollen), scheint die Klärung dieser Frage keiner weiteren Erörterung mehr zu bedürfen.
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen in den wesentlichen Teilen unwidersprochenen - unter den Punkten 1.1. und 2.1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.
3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
3.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 87/2012, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.
Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,
1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder
3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.
Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.
3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 21. Jänner 2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung berufen ist.
Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.
3.2.1. Gemäß § 76 Abs. 1 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.
Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,
1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.
3.2.2. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der völlig mittel- und wohnsitzlose Bf, dessen Asylverfahren mit 12. Dezember 2012 rechtskräftig abgeschlossen wurde und der auch keinen Anspruch mehr auf Grundversorgung inne hat (diese wurde in Konsequenz eingestellt), ohne jeglichen Aufenthaltstitel und ohne entsprechende Reisedokumente im Rahmen seiner Reisebewegung aufgegriffen wurde, also fraglos nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war. In diesem Sinn war die belangte Behörde auch grundsätzlich angehalten, die ggst. Schubhaft auf § 76 Abs. 1 FPG zu stützen.
Nachdem mit dem oa. Erkenntnis des AGH vom 6. Dezember 2012 (rechtskräftig 12. Dezember 2012) gleichzeitig auch die Ausweisung des Bf nach Indien verfügt wurde, wählte die belangte Behörde zurecht als Ziel der Schubhaft die Abschiebung. Auch die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde steht wegen des Aufgriffs des Bf im Zug (nächste planmäßige Ausstiegsstelle: X) außer Zweifel; Gegenteiliges bringt auch der Bf selbst nicht vor.
3.2.3.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 1 (wie auch Abs. 2) FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 1 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.
3.2.3.2. Eingangs ist festzuhalten, dass der Bw völlig mittellos (lediglich im Besitz von 6 Euro) und ohne gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet bereits vor seinem Aufgriff im Zug (nach der für ihn negativen Asylentscheidung vom 12. Dezember 2012) nach ungenutztem Verstreichen der 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise, ohne jeglichen Titel – somit illegal -, ohne jegliche Grundversorgung (diese wurde eingestellt) ohne soziale bzw. wirtschaftliche Verankerung, ohne entsprechende Reisedokumente, ohne relevanten familiären Bezug im Bundesgebiet, mit einem Höchstmaß an Flexibilität bereits als in die Anonymität untergetaucht anzusehen war. Seine Ausreiseunwilligkeit ist allein durch dieses Verhalten schon eindrucksvoll dokumentiert. Wie er selbst angibt, versteckte er sich die letzten Monate über bei einem Freund bzw. bei seinem Onkel in Wien und fristete sein Dasein durch Schwarzarbeit.
Daran ändert auch das von ihm mitgeführte Schreiben nichts, wonach sein Rechtsvertreter den außerordentlichen Rechtsweg an die Höchstgerichte bemühen würde, da seine Ausweisung – wie ihm bekannt sein musste, und auch war – rechtskräftig und durchsetzbar war und ist. Dass der Bf über seinen Rechtsvertreter von den Behörden kontaktiert hätte werden können (wie in der Beschwerde vorgebracht), soll hier nicht hinterfragt werden, stellt aber jedenfalls nur einen unzureichenden Aspekt seines Zur-Verfügung-Haltens dar, weil letztendlich das Faktum des nicht unmittelbar nachvollziehbaren Aufenthalts bleibt.
Der Bf war also bereits in die Anonymität untergetaucht.
3.2.3.3. Als gleichsame Bestätigung des oben Geschilderten verließ der Bf am 21. Jänner 2013 die Bundeshauptstadt mit einer Enddestination (laut Fahrkarte) Kufstein in Tirol. Es mag generell zwar durchaus teils nachvollziehbare Gründe für eine derartige Reisebewegung geben, die nicht per se ein Untertauchen bedeuten würden, nur muss auf den Umstand hingewiesen werden, dass der Bf ja bereits anonym aufhältig war. Dazu kommt noch, dass er seine gesamte Habe mit sich führte und überdies bei seiner Befragung als geplante Ausstiegsstelle Salzburg angab, wo er Freunde habe besuchen wollen, jedoch nicht erklären konnte, warum die Fahrkarte bis Kufstein ausgestellt war. was eben nicht darauf schließen lässt, dass eine begründet dokumentierbare Reisebewegung mit den Behörden bekanntem bzw. bekannt zu machendem Aufenthaltsort beabsichtigt war.
Im Gegenteil verstärkt sich hier der Eindruck, dass die Reisebewegung einer weiterführenden Verschleierung seines Aufenthaltsortes dienen sollte. Anderes anzunehmen, widerspräche jeglicher Logik und Lebenserfahrung.
3.2.3.4. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass zum Zeitpunkt der Schubhhaftverhängung am 21. Jänner 2013 jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass sich der Bf weiterhin dem Zugriff der Behörden entziehen würde. Diese Annahme hat auch seit der Schubhaftverhängung keinerlei Veränderung zu erfahren. Der besonders hohe und akute Sicherungsbedarf verdichtet sich noch weiter.
3.3. Die Verhängung der Schubhaft war zum in Rede stehenden Zeitpunkt auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf persönliche Freiheit stand das dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Sicherung seiner Außerlandesschaffung entgegen.
3.4. Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, da der Bf – völlig mittel- und wohnsitzlos – im Gebiet der belangten Behörde den Aufenthalt nicht legal bestreiten könnte, um den Anordnungen entsprechen zu können.
Zudem bewies der Bf schon in jüngster Vergangenheit, dass er nicht bereit ist, behördlichen Anordnungen zu entsprechen. Der rechtskräftig festgestellten Ausreiseverpflichtung war er nicht gefolgt, sondern lebte illegal und unangemeldet in Österreich, wobei er sich mit Schwarzarbeit den Aufenthalt finanzierte.
3.5. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf – nach eigenen Angaben und der Aktenlage – mit Ausnahme eines in Österreich asylsuchenden Onkels, über keine relevanten familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt.
3.6.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich
1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
3.6.2. Der Bf wird gegenwärtig seit einer Woche in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch eine unverhältnismäßig längere Zeit andauern werde, zumal die belangte Behörde unmittelbar nach Aufgriff die entsprechenden Schritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet hat und eine Abschiebung daher in naher Zukunft erwartet werden kann.
3.6.3. Das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung nach Indien, ist zum Entscheidungszeitpunkt somit zeitnah erreichbar, da aktuell auch keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung sprechen würden. Betont wird, dass die belangte Behörde bemüht scheint, die Abschiebung effektiv und rasch herbeizuführen.
3.7. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom
24. Jänner 2013 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.
4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 18,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
Bernhard Pree