Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730709/3/BP/WU

Linz, 08.02.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, geb. X, StA von Georgien, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 7. Jänner 2013, AZ: 1050243/FRB, mit dem ein Antrag der Berufungswerberin auf Aufhebung eines auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

      Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass der      angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, als das mit      Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 11. Juni 2007, AZ.: St 126/07,         gegen die Berufungswerberin auf 10 Jahre befristete   Aufenthaltsverbot aufgehoben wird.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF. BGBl. I Nr. 87/2012 iVm. §§ 66 Abs. 4 und 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit im Instanzenzug erlassenen Bescheid der vormaligen Bundespolizeidirektion Linz vom 24. April 2007, Zl. 1050243/FRB, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot rechtskräftig erlassen.

 

1.2. Mit Bescheid vom 7. Jänner 2013 wies die belangte Behörde einen Antrag der Bw vom 23. November 2012 auf Aufhebung des oa. Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG in der geltenden Fassung ab.

 

Darin führt sie begründend wie folgt aus:

 

Mit Schriftsatz vom 23.11.2012 stellten Sie - rechtsfreundlich vertreten - einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und führten darin aus wie folgt:

 

Gegen mich wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 23.04.2007, zu GZ. 1050243/FRB, ein auf sieben Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Dieses Aufenthaltsverbot wurde in der Folge von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich mit der Maßgabe der Anhebung der Aufenthaltsverbotsdauer auf zehn Jahre bestätigt. Grundlage für die Erlassung dieses Aufenthaltsverbots waren strafgerichtliche Verurteilungen wegen versuchter Diebstähle. Die letzte Verurteilung war am 13.03.2007. Im Hinblick auf die seither verstrichene Zeit und die erfolgte Integration in Österreich, wozu auf beiliegende Unterstützungsschreiben, Arbeitsvorvertrag, sowie das A2-Zertifikat verwiesen werden darf, wird hiermit gestellt der Antrag auf Aufhebung des mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 23.10.2007, zur Zahl 1050243/FRB erlassenen Aufenthaltsverbots.

 

In Untermauerung Ihres Vorbringens fügten Sie folgende Unterlagen Ihrem

Schreiben bei:

- 4 Unterstützungsschreiben

-1 Arbeitsvertrag unter aufschiebender Bedingung

-1 Sprachzertifikat Deutsch - A2

 

(...)

 

Angesichts Ihres massiven strafrechtlichen Fehlverhaltens ist zutreffend, dass von Ihnen auch jetzt noch eine maßgebliche Gefährdung ausgeht.

 

Nach der Bestimmung des § 65 Abs.1 FPG 2005 (jetzt § 69 Abs.2 FPG 2005 ) , die Ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit §§ 60 und § 66 FPG 2005 (jetzt § 61 FPG 2005 ) gewinnt , hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen , ob ein relevanter Eingriff im Sinne des § 66 FPG 2005 vorliegt und - gegebenenfalls -die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und bejahendenfalls - ferner , ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände , die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind , zugunsten des Fremden geändert haben und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen.

 

Hier ist festzuhalten, dass das gegenständliche Aufenthaltsverbot in Ihrem Fall jetzt als ein Aufenthaltsverbot gem. § 65b i. V. m. § 67 FPG 2005 i.d.g.F zu verhängen wäre - Aufenthaltsverbot für Familienangehörige von Österreichern - dies bei Vorliegen der damaligen Fallkonstellation.

 

Darüber hinaus hat die Behörde bei der verfahrensgegenständlichen Entscheidung auch das ihr in diesen Bestimmungen eingeräumte Ermessen zu üben.

 

Im konkreten Fall ist festzustellen, dass auch jetzt die nachteiligen Folgen einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes um vieles schwerer zu wiegen scheinen, als die Auswirkungen desselben auf Ihre Lebenssituation.

Auch jetzt stellt Ihr persönliches kriminelles Verhalten noch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar , die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von massiven qualifizierten Eigentumsdelikten und es bedarf auch keiner näheren Erörterung , dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um derartigen Vergehen und Verbrechen entgegenzuwirken.

 

Das Aufenthaltsverbot war seinerzeit im Wesentlichen gegen Sie erlassen worden, weil Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich wie folgt verurteilt worden sind:

01) BG LINZ 18 U 409/2002Y vom 05.09.2003 RK 09.09.2003 PAR15 127 StGB

Freiheitsstrafe 6 Wochen , bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum 09.09.2003

 

zu BG LINZ 18 U 409/2002Y 09.09.2003 Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG LINZ 28 HV47/2004B/B vom 12.05.2004

 

zu BG LINZ 18 U 409/2002Y 09.09.2003

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 09.09.2003

BG LINZ 18 U 409/2002Y vom 13.01.2009

 

02) LG LINZ 28 HV47/2004B vom 12.05.2004 RK 18.05.2004 PAR15/1 127 StGB

Geldstrafe von 150 Tags zu je 2,00 EUR (300,00 EUR) im NEF 75 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 08.07.2004

 

03) BG LINZ 18 U 437/2004V vom 29.10.2004 RK 02.11.2004 PAR15 127 StGB

Freiheitsstrafe 3 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre Anordnung der Bewährungshilfe Vollzugsdatum 02.11.2004

 

zu BG LINZ 18 U437/2004V 02.11.2004 Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG LINZ 21 HV 84/2005V/B vom 27.06.2005

 

zu BG LINZ 18 U437/2004V 02.11.2004

Aufhebung der Bewährungshilfe

BG LINZ 18 U 437/2004V vom 01.03.2007

 

zu BG LINZ 18 U 437/2004V 02.11.2004

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 02.11.2004

BG LINZ 18 U 437/2004Vvom 15.03.2010

 

04) LG LINZ 21 HV 84/2005V vom 27.06.2005 RK 01.07.2005 PAR 127 130 (1. FALL) 164/1 StGB Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum 01.07.2005

 

zu LG LINZ 21 HV 84/2005V 01.07.2005 Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG LINZ 27 HV40/2007W/B vom 13.03.2007

 

zu LG LINZ 21 HV 84/2005V 01.07.2005

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 01.07.2005

LG LINZ 21 HV 84/2005V vom 18.10.2010

 

05) LG LINZ 27 HV40/2007W vom 13.03.2007 RK 17.03.2007 PAR 15/1 127 130 (1. FALL) StGB Datum der (letzten) Tat 13.03.2007

Freiheitsstrafe 10 Monate , davon Freiheitsstrafe 7 Monate , bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

zu LG LINZ 27 HV40/2007W 17.03.2007

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG LINZ 27 HV 40/2007W vom 07.04.2008

 

zu LG LINZ 27 HV40/2007W 17.03.2007

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

LG LINZ 27 HV 40/2007W vom 26.04.2010

 

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hier auf die Begründungen der vorgenannten Urteile, bzw. auf die den Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalte, den o.a. Aufenthaltsverbotsbescheid der BPD Linz vom 23.04.2007 und den o. a. Bescheid der SID vom 11.06.2007 verwiesen - welche Ihnen ja bekannt sind.

 

Bereits mit Erkenntnis vom 31.08.2008 hat der VwGH Ihre Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid der SID f.O.Ö. als unbegründet abgewiesen und somit das vorliegende Aufenthaltsverbot im gesamten Umfang bestätigt.

 

Während der Gültigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes erfolgte nun noch die neuerliche folgende gerichtliche Verurteilung:

 

06) LG LINZ 23 HV 69/2009H vom 02.06.2009 RK 06.06.2009 PAR 115/1 FPG

Datum der (letzten) Tat 19.01.2009 Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum 06.06.2009

 

zu LG LINZ 23 HV 69/2009H 06.06.2009

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 06.06.2009

LG LINZ 023 HV 69/2009h vom 24.07.2012

 

Der Sachverhalt stellt sich in diesem Urteil wie folgt dar:

 

X ist schuldig, sie hat von Mitte Dezember 2008 bis 19.01.2009 in Linz mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, einem Fremden, nämlich ihrem Bruder X alias X den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet Österreichs erleichtert, indem sie ihm Quartier gewährte.

 

Strafbare Handlung: das Vergehen der Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt nach § 115 Abs. 1 FremdenpolG

Strafe: X wird hierfür nach § 115 Abs. 1 FremdenpolG zu einer Freiheitsstrafe von einem 1 Monat verurteilt.

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

 

Diese Verurteilung konnte bei Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes noch nicht berücksichtigt werden, da Sie die strafbare Handlung während des Bestehens des Aufenthaltsverbotes verübten.

 

Auf Grund der für Sie auch jetzt zu erstellenden negativen Zukunftsprognose, ist nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse (an der Verhinderung von massiven strafbaren Handlungen im Eigentumsbereich) in diesem Fall unverhältnismäßig schwerer wiegt, als Ihre privaten Interessen.

 

Zur letzten Verurteilung muß festgehalten werden , dass ein geordnetes Fremdenwesen (eine geordnete Zuwanderung) für den österreichischen Staat (und die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union) von eminentem Interesse ist.

 

Durch eine Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt eines Fremden wird vor allem die öffentliche Ordnung erheblich gefährdet.

 

Diese letzte Verurteilung zeigt der Behörde eindrucksvoll , dass Sie nicht im geringsten gewillt sind , österreichische Vorschriften - hier fremdenrechtliche Vorschriften - anzuerkennen.

Ihre Gleichgültigkeit gegenüber vorgenannten Vorschriften zeigt sich auch eindrucksvoll darin , dass Sie sogar während des aufrechten Bestehens eines Aufenthaltsverbotes , eine gerichtlich strafbare Handlung im Bereich des Fremdenrechts begangen haben.

 

Auf Grund der für Sie auch jetzt zu erstellenden negativen Zukunftsprognose, ist nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung von massiven strafbaren Handlungen gegen fremdes Eigentum in diesem Fall unverhältnismäßig schwerer wiegt, als Ihre privaten und familiären Interessen.

 

Im Hinblick auf den Schutz der Gesellschaft ist eine derartige Maßnahme dringend erforderlich.

Unter Berücksichtigung des Umstandes , dass das Aufenthaltsverbot auf 10 Jahre befristet erlassen wurde, ist der seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen und kann in Anbetracht der Schwere ihrer Straftaten nicht abgesehen werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, tatsächlich wieder weggefallen sein werden.

 

Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um eine für Sie günstige Zukunftsprognose erstellen zu können.

Hier ist darauf hinzuweisen, dass Ihre, dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden gerichtlichen Verurteilungen noch nicht getilgt sind.

 

Entscheidungsrelevant ist vor allem auch, dass Ihre damalige gesamte private und familiäre Situation bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes von der Behörde berücksichtigt wurde, vor allem der Umstand, dass Ihr damaliger Ehegatte, ein österreichischer Staatsbürger und der Rest der Familie in Österreich leben.

 

Zwischenzeitig haben sich Ihre privaten und familiären Umstände wie folgt geändert.

 

Ihre vorgenannte Ehe wurde zwischenzeitig geschieden.

 

Wie sich einer Mitteilung des Standesamtes Linz vom 03.01.2013 an die Behörde entnehmen läßt , beabsichtigen Sie bereits wieder am 14.01.2013 einen österreichischen Staatsbürger zu ehelichen.

 

Hier ist dezidiert festzuhalten , dass im konkreten Fall auch das Eingehen einer neuerlichen Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger im Grunde keine für Sie günstige Entscheidung - im Lichte des Vorhergesagten - herbeiführen kann , schaffen Sie doch dadurch wieder eine familiäre Situation wie zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes - hier wurde bereits die damalige Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger berücksichtigt.

 

Nach h.a. Ansicht hat sich somit zwischenzeitig Ihre damalige starke familiäre Position, welche bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestand, nicht entscheidungsrelevant verstärkt.

 

Davon abgesehen ist hier festzuhalten, dass Sie bereits damals Ihre gesamten privaten und familiären Umstände nicht davon abhalten konnten , schwere Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung zu setzen.

 

Auf Grund der bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch die Behörde durchgeführten gebotenen ordnungsgemäßen Interessensabwägung, kam diese zum Ergebnis , dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die von Ihnen ausgehende große Gefährlichkeit von Ihnen hingenommen werden müssen.

 

(...)

 

Angesichts Ihrer gravierenden Straffälligkeit und Ihrer sich daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot rechtfertigt, haben Sie und Ihre Angehörigen, der ständigen Judikatur des VwGH folgend, eine allfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17.07.2008, GZ: 2007/21/0084), ebenso allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in Ihrem Heimatstaat.

 

Zudem bleibt es Ihren Angehörigen unbenommen, Sie in Ihrem Aufenthaltsstaat regelmäßig zu besuchen, bzw. kann der Kontakt mittels Telefon und E-Mail (wenn auch in geminderter Form) aufrechterhalten werden.

 

Im Lichte der bisherigen Ausführungen können auch die Ablegung einer Deutschprüfung und die Aussicht auf einen Arbeitsplatz kein für Sie günstiges Ergebnis hervorbringen.

 

Abschließend ist festzuhalten, dass nach ständiger Spruchpraxis des VwGH im konkreten Fall der Bescheid der SID O.Ö. vom 11.06.2007 an die Stelle des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotes der BPD Linz vom 23.04.2007 getreten ist, somit der Bescheid der SID O.Ö. den Bescheid der BPD Linz in seinen Rechtswirkungen voll überlagert.

 

Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb Ihr Antrag auf Aufhebung des gegen Sie bestehenden Aufenthaltsverbotes als unbegründet abzuweisen war.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Bw durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2013.

 

Diese begründet die Bw wie folgt:

 

Der zur Gänze bekämpfte Bescheid ist inhaltlich rechtswidrig und rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Mit dem bekämpften Bescheid wird der Antrag der Berufungswerberin vom 23.11.2012 auf Aufhebung des mit Bescheid der BPD Linz vom 23.04.2007 zu ZI 1050243/FRB mit 10 Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen.

 

Gem. § 37 AVG hat die Behörde den verfahrensrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte zu gewähren.

 

(...)

 

Die Erstbehörde hat im bekämpften Bescheid eine Reihe von Tatsachen unberücksichtigt gelassen.

 

Wesentlich ist, dass sich die Tochter der Berufungswerberin im Bundesgebiet aufhält. Ihrer Beschwerde wurde mit Beschluss des VfGH vom 07.12.2012 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Eine Ausreise der Tochter der Beschwerdeführer ist daher derzeit nicht durchsetzbar. Die Berufungswerberin lebt seit 2004 mit ihrer zum Einreisezeitpunkt 10-jährigen und nunmehr 19-jährigen Tochter im gemeinsamen Haushalt. Die Erstbehörde hat diesen Umstand nicht in Betracht gezogen und ist das Verfahren daher mangelhaft.

 

Richtig ist, dass die Berufungswerberin im Zeitraum 2003 bis 2007 strafrechtliche Verurteilungen wegen Vermögensdelikten aufweist. Die Erstbehörde hätte jedoch den seither vergangenen Zeitraum von mittlerweile sechs Jahren bei der Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose zu beachten gehabt. Richtig ist, dass die Berufungswerberin eine weitere Vorstrafe aus 2009 aufweist. Die Erstbehörde hätte jedoch zu bedenken gehabt, dass dies keine einschlägige Verurteilung ist und der Unrechtsgehalt dieser Tat die Annahme einer tatsächlichen und gegenwärtigen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gemeinschaft berührt nicht rechtfertigt. Die Tathandlung bestand darin, dass die Berufungswerberin ihrem unterstandslosen Bruder Obdach gewährte.

Die Berufungswerberin ist mit dem österreichischen Staatsbürger X verheiratet. X verfügt über ausreichende Unterhaltsmittel. Bei der Entscheidung sind auch die Interessen des österreichischen Staatsbürgers zu gewichten. Dazu kommt, dass X im Jahr 2009 in der BRD rechtmäßig aufhältig und erwerbstätig war (Beilage). Der Ehegatte der Berufungswerberin ist freizügigkeitsberechtigter Österreicher. Eine Fortsetzung des Familienlebens in Georgien ist ihm nicht zumutbar.

 

Die Berufungswerberin spricht sehr gut deutsch (vorgelegtes Sprachdiplom). Sie war bereits am Arbeitsmarkt integriert und hat nunmehr einen aktuellen arbeitsrechtlichen Vorvertrag als Küchenhilfe mit einem voraussichtlichen monatlichen Bruttoverdienst von € 1268.- in ihrem gegenständlichen Antrag vorgelegt. Die Erstbehörde hat sich mit all diesen nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes entstandenen Umständen nicht auseinandergesetzt.

 

Es wird die Einvernahme der Beschwerdeführerin und die Einvernahme des Ehegatten X, per Adresse X beantragt;

 

ebenso wird die Einvernahme der Tochter der Berufungswerberin X beantragt;

 

sämtliche zum Beweis dafür, dass eine aufrechte Familiengemeinschaft und ein enges persönliches Naheverhältnis unter der beteiligten Familienmitgliedern besteht.

 

Der bekämpfte Bescheid ist aus den angeführten Verfahrensmängeln und den unberücksichtigten neu entstandenen Tatsachen rechtswidrig. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes ist unverhältnismäßig.

 

Abschließend stellt die Bw die Anträge,

-      den bekämpften Bescheid zu beheben und das Aufenthaltsverbot aufzuheben, in eventu eine verhältnismäßige Befristung auszusprechen,

-      in eventu wird die Behebung des bekämpften Bescheides gem. § 66 Abs. 2 AVG und Zurückverweisung an die Erstbehörde beantragt,

-      eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 24. Jänner 2013 zur Entscheidungsfindung vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, zumal der entscheidungswesentliche Sachverhalt völlig unbestritten und geklärt ist und auch die Akten erkennen lassen, dass eine allfällige weiterführende Erörterung für den Sachverhalt ergebnisneutral wäre. In diesem Sinne erübrigen sich auch die in der Berufung beantragten Zeugeneinvernahmen.  

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.3. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß §125 Abs. 16 des FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 bleiben vor Inkrafttreten des FRÄG 2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG 2005 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 87/2012 sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

3.1.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vergl. VwGH vom 24.2.2009, 2008/22/0587 und vom 10.11.2009, 2008/22/0848).

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass gegen die Bw aufgrund mehrfacher Vermögensdelikte (im Zeitraum 2003 bis 2007) von der SID für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 11. Juni 2007 ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Fraglich ist, ob das damals festgestellte Gefährdungspotential bei der Bw nunmehr nicht mehr erkannt werden kann.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat sich im Fall, des weiteren Bestehens des Gefährdungspotentials darüber hinaus mit der Frage auseinanderzusetzen, ob konkret ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten der Bw geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

3.2.2. Bei der Beurteilung des Falls ist also zunächst auf die Gründe einzugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben.

 

Im Zeitraum von 2003 bis 2007 war die Bw konstant strafrechtlich in Erscheinung getreten, wobei es sich bei den zu 5 Verurteilungen führenden Delikten stets um (teils versuchte) Diebstähle unterschiedlicher Qualifikation handelte

 

3.3.1. Als Beurteilungsmaßstab betreffend die Gefährlichkeitsprognose ist im vorliegenden Fall § 69 Abs. 2 iVm. § 65b iVm. § 67 Abs. 1 FPG heranzuziehen.

 

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

3.3.2. Bei Interpretation des unbestimmten Gesetzesbegriffs "tatsächlich" ist festzuhalten, dass darunter sowohl eine nach Intensität als auch Konstanz vorliegende Wirksamkeit angesprochen wird. Als Synonym bzw. Deskription von tatsächlich könnte demnach auch "wirksam feststellbar", im Umkehrschluss: nicht fiktiv, verstanden werden.

 

Zum Vorliegen des Tatbestandselements der Gegenwärtigkeit bedarf es eines Sachverhalts, dessen Wirkungen nicht schon in der Vergangenheit erschöpft, sondern auch zumindest in die Gegenwart reichend anzusehen sind. Dies impliziert jedoch auch die Beurteilung einer aus Sicht des gegenwärtigen Augenblicks erstellten Zukunftsprognose.

 

"Erheblich" wiederum bedeutet in etymologischer Herleitung: "Schwer genug, um die Waagschale zu heben". Ursprünglich aus dem Rechtsbegriff Relevanz abgeleitet, übersteigt "erheblich" in der Gemeinsprache den Ursprungsbegriff der Intensität nach.

 

Diese Tatbestandselemente müssen kumulativ vorliegen.

 

3.3.3. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass eine über rund 4 Jahre hin verübte Serie von Diebstählen eine tatsächliche und erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.

 

Die Bw wendet nun aber ein, dass sie seit dem Jahr 2007 keine einschlägigen Delikte mehr begangen habe und stellt somit die Gegenwärtigkeit der Gefährdung in Abrede. Diesbezüglich ist ihr auch zu folgen.

 

Bedenkt man, dass die Bw in den Jahren 2003 bis 2007 in kurzen Abständen beinahe konstant straffällig wurde, so scheint es seit der letzten Verurteilung wegen Diebstahls doch ein klares Umdenken und Umorientieren der Bw gegeben zu haben, da sie einen diesbezüglichen nachträglichen Wohlverhaltenszeitraum von immerhin 6 Jahren vorweisen kann. Betreffend die Gefährdung aufgrund von Vermögensdelikten ist die ursprünglich getroffene negative Zukunftsprognose sohin nicht mehr aufrechtzuerhalten.

 

Die belangte Behörde weist zurecht darauf hin, dass die Straftat der Bw im Bereich des FPG, die im Jahr 2009 zu einer Verurteilung zu 1 Monat bedingt führte, nicht zu verharmlosen ist; allerdings kommt jener – insbesondere nach der gegebenen Situation, in der die Bw rechtswidrig ihrem Bruder zu einer Unterkunft verhalf - nicht der Grad an Tatsächlichkeit und Erheblichkeit zu, die nach § 67 FPG gefordert sind.

 

3.3.4. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass die Umstände die zur Erlassung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes geführt haben, nämlich die ursprünglich massive Vermögensdelinquenz der Bw, nicht mehr vorliegen.

 

Auf die weiteren Berufungsvorbringen bzw. auf eine Interessensabwägung gemäß § 61 FPG kann daher verzichtet werden. 

 

3.4.1. Es war daher der Berufung mit der Maßgabe stattzugeben, als das mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 11. Juni 2007 erlassene auf 10 Jahre befristete Aufenthaltsverbot aufgehoben wird. 

 

 

 

3.4.2. Nachdem die Bw der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 67 Abs. 5 iVm. § 59Abs. 1 FPG die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides unterbleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 22,10 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

Bernhard Pree

 

 

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