Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167566/9/Br/Ai

Linz, 18.02.2013

VwSen-523375/9/Br/Ai

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen der Frau X, geb. X, X, X, vertreten durch RA Dr. X, X, X, 1.) gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 04. Jänner 2013, GZ: VerkR96-6529-2012-Wid [Alkotestverweigerung] und 2.) gegen den Bescheid vom 04. Jänner 2013, GZ: VerkR21-511-2012/BR [Entzug der Lenkberechtigungnach der am 18. Februar 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I.           Der Berufung gegen das Straferkenntnis (VerkR96-6529-2012-Wid) wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II.        Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag für das Berufungsverfahren zu leisten.

III.       Der Berufung gegen den Bescheid (VerkR21-511-2012/BR) wird ebenso stattgegeben und der angefochtene Bescheid in sämtlichen Spruchpunkten behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I:     §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II:    § 66 Abs.1 VStG.

zu III:  §§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1  und 67d Abs.1 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem o.a. Straferkenntnis wieder die Berufungswerberin wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO eine Geldstrafe von 1.600 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vierzehn Tagen ausgesprochen, weil sie am 20.09.2012 um 15.00 Uhr, den PKW mit dem Kennzeichen X im Gemeindegebiet von X, L X bei Strkm 32,255, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei sie am 20.09.2012 um 15.19 Uhr, trotz Aufforderung durch ein besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert habe ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen;

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 4. Jänner 2013, GZ: VerkR21-511-2012/BR, wurde die Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 27. September 2012 abgewiesen. Mit dem Mandatsbescheid wurde der Berufungswerberin die Lenkberechtigung für die Klasse B -  Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 28.05.2010, mit der Zahl 10/205018 - wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen;

für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung wurde auch das Recht aberkannt, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen;

ferner wurde für die Dauer von 8 Monaten, gerechnet ab 16.10.2012, demnach bis einschließlich 16.06.2013, das Verbot zum Erwerb einer neuen Lenkberechtigung ausgesprochen und zuletzt das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für denselben Zeitraum verboten;

ferner wurde der Berufungswerberin aufgetragen sich innerhalb offener Entziehungsdauer auf ihre Kosten, bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle, einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen, wobei die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und des Lenkverbotes nicht vor Befolgung der Anordnung ende;

zuletzt wurde sie aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen, wobei sie sich vor der abschließenden Erstellung dieses Gutachtens, einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer hiezu vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen habe. Die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und des Lenkverbotes ende nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gestützt wurde dieser Bescheid auf § 3 Abs.1 Z2, § 7 Abs.1 Z1 und Abs.3 Z1,  § 7 Abs.4, § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.1 und Abs.3 und § 26 Abs.2 Z1 sowie § 26 Abs.2 Z1, § 25 Abs.1 und 3, § 24 Abs.3 und § 29 Abs.3 FSG Führerscheingesetz 1997 – FSG idgF (gemeint wohl in der Fassung BGBl.I Nr. 50/2012 und § 17 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung- FSG-GV idF BGBl. II Nr. 280/2011).

Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 eine aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Begründend stützte die Behörde die Annahme der Alkotestverweigerung auf die Ausführungen des Polizeibeamten der PI X, RevInsp. X, der im Zuge der der Verkehrsunfallsaufnahme bei Berufungswerberin  zuerst einen Alkovortest durchführen wollte, ehe er die Berufungswerberin zum Alkotest aufgefordert habe. Nachdem er die Personalien festgestellt hatte, habe er das Alkovortestgerät in der Hand gehalten und zu Frau X gesagt einen Alkovortest zu machen. Nachdem er ihr zwei bis drei Mal erklärt hätte worum es sich handelt, drückte X beim dritten Mal das Gerät zur Seite. Seiner Einschätzung nach wusste Fr. X um welches Gerät es sich gehandelt habe.

Nachdem Fr. X keinen Vortest machen wollte, habe er sie an Ort und Stelle zum Alkotest aufgefordert. Durch Schütteln des Kopfes gab sie zu verstehen, keinen Alkotest machen zu wollen. Die Amtshandlung war somit beendet.

Die Behörde zweifelt auf Grund der Darstellung des Meldungslegers nicht daran, dass sich die Berufungswerberin  in einem zu vermutenden durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hatte. Dieser Umstand wäre aufgrund der festgestellten Alkoholisierungsmerkmale nicht von der Hand zu weisen.

Ihrer Behauptung sich an nichts mehr erinnern zu können müsse  wohl an der erheblichen Alkoholisierung liegen. Verletzungen, welche etwaige Erinnerungslücken nach sich ziehen hätten können, erblickte die Behörde erster Instanz nicht. Vielmehr habe sie das Vortestgerät nach mehrmaliger Erklärung durch den Polizeibeamten, wie dieses zu bedienen sei, mit der Hand von sich weggedrückt. Ebenso habe es sich verhalten, nachdem sie an Ort und Stelle zum Alkotest aufgefordert worden war, wobei sie durch Kopfschütteln zu verstehen gegeben habe, keinen Alkotest machen zu wollen. Somit habe sie eindeutig zu verstehen, zur Vornahme eines Alkotests nicht bereit zu sein. Als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, gelte auch ein Verhalten des Probanden, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert (VwGH 27.02.2007, 2007/02/0019).

Diesen Fakten vermochte der Berufungswerberin  aus der Sicht der Behörde erster Instanz nicht entgegen treten. Auf die Einvernahme der damals zufällig an der Unfallstelle vorbeikommenden Tochter glaubte die Behörde erster Instanz ebenso verzichten zu können, wie auf die von ihr erwähnten Krankenschwester die sie nach dem Unfall betreute.

Die Behörde erster Instanz ging bei der Verhängung der Mindeststrafe von einem Monatseinkommen in der Höhe von 1.300 Euro aus.

Die Dauer des Entzugsausspruches mit acht Monaten wurde mit Hinweis auf die Mindestdauer von sechs Monaten und begründete dies mit der  Verwerflichkeit und Gefährlichkeit des Unfallgeschehens.

 

 

2.1. Dagegen wandte sich die Berufungswerberin in mit der durch ihren Rechtsvertreter fristgerecht gegen beide Bescheide mit Schriftsatz vom 23.1.2013 bei der Behörde erster Instanz per FAX eingebrachten Berufungen mit  folgenden inhaltlichen  Ausführungen: 

„Im Straferkenntnis vom 04.01.2013 verhängt die Bezirkshauptmannschaft Braunau über mich eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.600 (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) nach § 99 Abs, 1 lit. b iVm mit § 5 Abs. 2 2. Satz StVO und bestätigt im Vorstel­lungsbescheid vom selben Tag den Mandatsbescheid vom 27. September des Vorjah­res, mit welchem meine Lenkberechtigung für die Dauer von acht Monaten entzogen wird und begleitenden Maßnahmen angeordnet werden.

 

Gegen die beiden genannten Bescheid erhebe ich

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Da ich keine Alkotestverweigerung zu verantworten habe, besteht einerseits die über mich verhängte Bestrafung nicht zurecht, andererseits ist deshalb auch der Entzug meiner Lenkberechtigung samt begleitenden Maßnahmen unberechtigt.

 

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen erlaube ich mir auf den Inhalt folgender, bei der Erstbehörde eingebrachter Schriftsätze hinzuweisen:

 

Vorstellung vom 19.10.2012

Rechtfertigung vom 08.1L2012

Stellungnahme zum Ergebnis des Beweisverfahrens im LBE-Verfahren vom 08.11.2012

Stellungnahme zum Ergebnis des Beweisverfahrens in beiden Verfahren vom 12.01.2013

Den Inhalt dieser Eingaben erhebe ich zum Inhalt der gegenständlichen Berufungen.

 

Die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die Belastenden (§ 25 Abs. VStG und § 6 Abs. 1 u. 2 EMRK).

 

Obwohl ich die Einvernahme meiner Tochter sowie jener Krankenschwester des Krankenhauses X, welche am Unfalltag in der Unfallambulanz Dienst hatte, beantragt habe und diese Beweisanträge in der Stellungnahme zum Ergebnis des Be­weisverfahrens vom 02.01,2013 explizit aufrecht erhalten und angeführt habe, der Beamte hätte nach § 5 Abs.4a und Abs.5 StVO vorgehen müssen, verzichtet die Be­zirkshauptmannschaft auf die Einvernahme dieser Zeuginnen und schließt das Be­weisverfahren mit der Einvernahme des Polizeibeamten RI X, wel­cher ausführt, ich hätte „seiner Einschätzung nach" gewusst was er von mir wollte.

 

Unter diesem Hintergrund wären die Aussagen dieser beiden Zeuginnen von aus­schlaggebender Bedeutung gewesen, hat doch meine Tochter an der Unfallstelle vom

Meldungsleger mitgeteilt bekommen, daß mit mir nichts anzufangen war bzw. hätte die Krankenschwester als Zeugin bestätigt, dass ich im Gespräch mit ihr nicht einmal gewusst habe, dass ich einen Verkehrsunfall hatte und dies der Grund meines Aufent­haltes im Krankenhaus ist.

 

Da ich damit gerechnet habe, dass die beiden beantragten Zeuginnen vernommen werden und zu deren Aussagen das Parteiengehör gewahrt wird, habe ich noch abge­wartet, ob auch die Einvernahme der Unfallzeugin, Frau X, notwendig ist.

 

Die PI X führt im Abschlussbericht vom 14.11.2012, S.4, aus, dass ich beim Eintreffen der Polizei an der Unfallstelle in unmittelbarer Nähe des verunfallten PKW auf dem Boden saß und die Zeugin X bei mir war. Ich sei von der ebenfalls zugleich eintreffenden Rotkreuz-Besatzung erstversorgt und in das KH X eingeliefert worden.

 

Dies bedeutet, dass Frau X jene Person ist, welche mich zwischen Verkehrsunfall und Abtransport in das Krankenhaus mit der Rettung am längsten gesehen hat. Diese kann somit mit Sicherheit Aussagen zu meinem Zustand und meiner Kommunikationsfähigkeit machen, kam es doch laut Aussage des Meldungslegers zu keinem Wortwechsel zwischen ihm und mir.

 

Ich beantrage die Ladung und Einvernahme von Frau X bei der mündli­chen Berufungsverhandlung vor dem UVS des Landes Oberösterreich; laut Verkehrs­unfallanzeige der PI X, S. 3 oben, wohnt diese in X, X.

 

Die Aufnahme dieser drei Zeugenbeweise wird Zutage bringen, dass ich zum Zeit­punkt der vom Meldungsleger beschriebenen Amtshandlung weder dispositions- noch diskretionsfähig war und mich an die mir zu Last gelegten Übertretung ein (gemeint lt. Richtigstellung vom 30.1.2013 kein Verschulden) Verschul­den trifft.

 

Ich stelle höflich den

Antrag.

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meinen Beru­ftragen Folge geben, die Bescheide vom 04.01.2013 aufheben und die Verfahren ein­stellen.“

 

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufungen samt den oben bezeichneten Verwaltungsakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Berufungsvorentscheidungen wurden nicht erlassen.

Die Zuständigkeit des UVS des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG sowie gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben, wobei dieser in beiden Fällen durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§§ 51c und 67a Abs.1 AVG).

Aus verfahrensökonomischen Gründen wurden beide Verfahren verbunden und auch die Berufungsentscheidungen in einer Bescheidausfertigung gefasst.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die oben bezeichneten Verwaltungsakte der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, sowie an die h. Vorakte, VwSen-164924 u. VwSen-522528. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde zum Vorbringen der Berufungswerberin in die Vorlage der Krankengeschichte angeregt um die von ihr behauptete verletzungsbedingte Schuldunfähigkeit bzw. Dispositionseinschränkung beurteilen zu können. Ebenfalls wurde der Meldungsleger RI X betreffend das Verweigerungsverhalten der Berufungswerberin anlässlich der Amtshandlung zeugenschaftlich befragt.  Die von der Berufungswerberin als Zeugin namhaft gemachte Unfallzeugin und Ersthelferin X konnte aus terminlichen Gründen zur Berufungsverhandlung nicht erscheinen. Das Ergebnis einer fernmündlichen informativen Befragung durch das zur Entscheidung berufene Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenat  in einem Aktenvermerk festgehalten, welcher anlässlich der Berufungsverhandlung verlesen wurde. Als Zeugin wurde auch die Tochter der Berufungswerberin Frau X einvernommen. Die als Verfahrenspartei (Beschuldigte) zur Sache befragte Berufungswerberin legt den Arztbrief über den unfallbedingten Krankenhausaufenthalt vor.

Letztlich wurde der für die Behörde erster Instanz tätige Amtsarzt DDr. X zur Frage der Dispositions- u. Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Amtshandlung beigezogen, wobei  dieser nach Einschau in den Arztbrief des KH X eine gutachterliche Stellungnahme erstattete.

Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

3.2. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde anlässlich des expliziten Antrages auf Einvernahme der in X bei X wohnhaften Zeugin, X, die zufällig hinter der Berufungswerberin nachfuhr u. so zur Unfallzeugin und Ersthelferin wurde, wegen des Termins fernmündlich Kontakt aufgenommen.

Die Zeugin ist als Krankenschwester im Heeresspital in W tätig. Sie war für den gegenständlichen Verhandlungstermin nicht verfügbar. Aus diesem Grund wurde über die telefonische Sachverhaltsschilderung ein Aktenvermerk angelegt (Aktenstück 6).

Die Zeugin hat nach dem Ortsgebiet von S auf den Pkw der Berufungswerberin auflaufend eine unsichere Fahrweise wahrgenommen. Plötzlich sei dieses Fahrzeuges knapp an die Böschung am rechten Fahrbahnrand gelangt, habe das Fahrzeug dann nach links verrissen und sei dabei gegen die Böschung gestoßen. Sie habe sich sofort zu diesem Fahrzeug begeben. Die Lenkerin habe mehrfach versucht das Fahrzeug zu starten und offenbar weiterzufahren. Dies habe sie unterbunden und die apathisch wirkende Berufungswerberin aus dem Fahrzeug gebracht bzw. ihr beim Aussteigen geholfen. Sie habe nichts geredet, habe jedoch stark nach Alkohol gerochen. Befragt ob die Berufungswerberin ansprechbar war, vermeinte die Zeugin, das könne sie nicht mit Sicherheit sagen, sie habe aber mehrfach versucht das Fahrzeug wieder zu starten.

 

 

4. Aus den Verfahrensakten (einschließlich der Schriftsätze der Berufungswerberin) sowie durch das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist nachfolgender der der Entscheidung zu Grunde zu legender Sachverhalt als erwiesen:

Am 20.09.2012 um 15.00 Uhr lenkte die Berufungswerberin ihren PKW, Kennzeichen X, im Gemeindegebiet von X auf der L X in Richtung X. Bei Strkm 32,255  kam sie aus nicht erweislichen, wohl aber zu vermuten durch eine physische Beeinträchtigung nach links von der Fahrbahn ab und stieß gegen die dortige Böschung. Sie erlitt dabei laut Diagnose des KH-X ein sogenanntes SHT1. Die unmittelbar hinter ihr nachfahrende Zeugin X hatte kurz vorher ein schlangenlinienartiges Fahrverhalten und ein plötzliches Verreißen des Fahrzeuges nach links festgestellt. Sie leistete der verunfallten Berufungswerberin  erste Hilfe und verblieb bis zum Abtransport der Berufungswerberin in das Krankenhaus vor Ort.

Die Berufungswerberin gibt an, etwa eine Stunde vor dieser Fahrt nach X zum Essen Bier und Wein konsumiert zu haben. An das Unfallgeschehen selbst vermochte sie sich laut eigener Darstellung nicht zu erinnern. Gemäß der Darstellung der Unfallzeugin und Ersthelferin versuchte die Berufungswerberin, welche ihr kurz vor dem Unfall in Schlangenlinien fahrend aufgefallen war, unmittelbar nach dem Unfall noch einige Male das Fahrzeug zu starten um offenbar weiterzufahren. Letztlich wurde sie von der Unfallzeugin X, welche in X als Krankenschwester tätig ist,  auf einen Betondeckel am Straßenrand gesetzt und dort bis zum Eintreffen der Rettung gestützt. Die Berufungswerberin redete nichts, sondern gab nur undefinierbare Laute (lt. X Brummlaute) von sich.

Auf die Aufforderung des Meldungslegers zum Alkotest machte sie lediglich unkoordinierte Bewegungen mit den Händen. Auch der Meldungsleger bestätigte dieses Verhaltensmuster, deutete dieses wohl durchaus begreiflich als konkludente Verweigerung und erklärte demnach die Amtshandlung für beendet.  Diese Mitteilung machte er im Ergebnis auch der später am Unfallort eintreffenden Tochter der Berufungswerberin, welche dies in der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich bestätigte.

Laut dem vorgelegten Arztbrief des KH X erlitt die Berufungswerberin bei der in der Böschung endenden Fahrt jedoch ein sogenanntes Schädelhirntrauma - SHT1. Ebenfalls enthielt der Arztbrief einen Hinweis auf eine offenbar bestehende Alkoholproblematik.

Ersteres wurde anlässlich der Berufungsverhandlung vom beigezogenen Amtsarzt sachverständig dahingehend interpretiert, dass ein SHT einen Zustand der Zurechnungsunfähigkeit in der Dauer von durchaus vier- bis sechs Stunden nach sich ziehen kann. Darauf deute auch die schwerwiegende motorische Störung hin. Der Versuch das Fahrzeug noch zu starten wird vom Gutachter als reflexartig erklärbar dargestellt, was jedoch die Schuldunfähigkeit nicht in Frage stellt. 

Diese fachliche Beurteilung scheint auch im Einklang mit den Zeugenaussagen nachvollziehbar, sodass letztlich der  Verantwortung der Berufungswerberin folgend, die Verweigerung der Atemluftuntersuchung auf der Schuldebene nicht zur Last fallen kann.  Diese Annahme ist jedenfalls im Zweifel zu Gunsten der Berufungswerberin zu treffen.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt I.

Die Zurechnung der Verweigerung der Atemluftuntersuchung iSd § 5 Abs.2 StVO 1960 ist hier subjektiv tatseitig im strafrechtlichen Verständnis mangels eines der Dispositionssphäre zurechenbares Verweigerungsverhaltens zu verneinen gewesen (vgl. auch VwGH 11.10.2000, 2000/03/0083 sowie VwGH 27.1.2005, 2004/11/0118 mit Hinweis auf VwGH 25.6.1999, 99/02/0158).

Zusammenfassend gilt es – wie schon in den oben bezeichneten Vorverfahren abermals festzustellen -  dass kein von der Willenssphäre der Berufungswerberin getragenes Verweigerungsverhalten vorliegt, wobei sie jedoch selbst einen nicht bloß unbeträchtlichen Alkoholkonsum vor Fahrtantritt einräumt. Der Nachweis der klar zu vermuten gewesenen Alkoholisierung wurde hier mangels einer Blutabnahme letztlich auch nicht erbracht.

Hier ist daher gemäß dem medizinischen Kalkül  – ähnlich wie auch im zit. Vorverfahren -  abermals davon auszugehen, dass ihr wegen des  offenbar unfallbedingten Schädelhinrtraumas (SHT1) die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung nicht zugänglich wurde, so dass ihr deren Nichtbefolgung verwaltungsstrafrechtlich eben abermals nicht zugerechnet werden kann. Das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (vgl. VwSen-164924/8/Br/Th u. VwSen-522528/5/Br/Th, vom 26. April 2010 mit Hinweis auf h. Erk. 31.3.2008, VwSen-162953/3/Zo/Jo, VwSen-164198/7/Fra/Bb/RSt u. VwSen-522284/7/Fra/Bb/RSt vom 18.6.2009).

 

 

Zu Punkt III.:

Mit Blick auf den Wegfall des Schuldspruches nach § 5 Abs.2 StVO 1960 entbehrt es der Entziehung der Lenkberechtigung der „bestimmten Tatsache iSd § 7 FSG“ sowie der Grundlage für die Anordnung der damit verbundenen weiteren Maßnahmen.

Die Frage der gesundheitlichen Eignung wird die Behörde erster Instanz allenfalls in einem gesonderten Verfahren festzustellen haben.

Da hier offenkundig eine deutliche Alkoholisierung der Berufungswerberin durchaus vermutet werden konnte, wirft dies mit Blick auf die bekannten Fakten und das Vorverfahren wohl zu Recht die Frage nach der gesundheitlichen Eignung auf. Das Ergebnis der Einschau in den Arztbrief, wie auch das h. Verfahren vom 23.4.2010 dem ein Vortestergebnis mit 2,47 mg/l zu Grunde lag, wobei schon damals kein  zu einem Ergebnis führender Atemlufttest durchgeführt werden konnte, indizieren eine Klärung der gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen zum Lenken von KFZ

 

 

6. Im Verwaltungsstrafverfahren haben mit Blick auf zu Punkt II. zit. Gesetzesstellen jegliche Verfahrenskosten zu entfallen.

Im Führerscheinverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro zu entrichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum