Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167579/2/Bi/CG

Linz, 25.02.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, x, vom 28. Jänner 2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Gmunden vom 11. Jänner 2013, VerkR96-9743-2012, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 1.Fall und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 70 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 22. Jänner 2012, 19.49 Uhr, in der Gemeinde O., A1 bei km 217.638, FR W., einem Bereich, der außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßen­verkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwin­digkeit von 60 km/h um 37 km/h überschritten habe – die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2  Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, dem Straferkenntnis sei nicht eindeutig zu entnehmen, ob ihm die Tat als Lenker oder als Zulassungsbesitzer angelastet werde. Die Formulierung würde eher für die Anlastung in der Funktion als Lenker sprechen, aber im Verfahren sei auch die die Anlastung "als Zulassungsbesitzer" erfolgt, was aber rechtlich falsch sei, weil für das in Rede stehende Delikt grundsätzlich der Lenker und nicht der Zulassungsbesitzer einzustehen habe.

Er habe bereits im Einspruch festgehalten, dass er die Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten habe. Nicht er, sondern eine andere Person habe das Fahrzeug zum angeblichen Deliktszeitpunkt gelenkt. Die Erstinstanz gehe aus unerfind­lichen Gründen davon aus, dass er als Zulassungsbesitzer des Pkw auch dessen Lenker gewesen sei.  Dieser Umstand sei aber nicht objektiviert und das übermittelte Lichtbild gebe keinen Hinweis auf einen Lenker oder eine Lenkerin. Unerfindlich bleibe auch, warum die Behörde kein Lenkererhebungsverfahren durchgeführt habe.

Überdies ergebe sich aus Punkt 15 des im Akt befindlichen Gutachtens, dass eine Beschränkung der Fahrgeschwindigkeit in Fahrtrichtung W. auf 60 km/h nicht erforderlich gewesen sei, zumal die Fahrbahnbreite 3,25 m betragen und erst bei km 217.480 die Überleitung zum Gegenverkehrs­bereich begonnen habe. Da nur im Interesse der Verkehrssicherheit erforderliche Geschwindigkeits­beschrän­kungen verordnet werden dürften, sei die Verordnung gesetzwidrig. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 99 Abs.2d StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h über­schreitet.

 

Der Tatbestand des § 99 Abs.2d StVO 9160 richtet sich explizit an den Lenker eines Fahrzeuges.

Der Bw war am Vorfallstag, dem 22. Jänner 2012, Zulassungsbesitzer des Pkw x. Die Tatanlastung erfolgte zunächst in der Strafverfügung der Erstinstanz vom 28. März 2012 in seiner Eigenschaft als Lenker, womit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ein eindeutiger Tatvorwurf an den Bw als Lenker formuliert ist. Der Bw hat im fristgerecht dagegen erhobenen Einspruch vom 16. April 2012 ausdrücklich eine Begehung der Übertretung durch ihn bestritten.

Das an den Bw als Zulassungsbesitzer des genannten Pkw gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 gerichtete Ersuchen um Lenkerauskunft vom 10. Mai 2012 wurde offenbar von der Erstinstanz abgesendet, jedoch ist ein Rückschein dazu aus unerfindlichen Gründen nie mehr aufgetaucht, sodass eine tatsächliche Zustellung nicht objektivierbar ist. Eine Lenkerauskunft durch den Bw erfolgte nicht, sodass am 16. August 2012 eine Aufforderung zur Rechtfertigung – bezogen auf das Grunddelikt – erging, in dem eine Anlastung "als Zulassungs­besitzer" erfolgte. Der Bw blieb angesichts des übermittelten – naturgemäß bei Dunkelheit und von hinten aufgenommenen – Radarfotos bei seiner Verantwortung, er habe die Übertretung nicht zu verantworten.

 

Tatsache ist, dass der Bw tatsächlich "nur" Zulassungsbesitzer des nach dem Foto vom Kennzeichen her objektivierbaren Pkw ist, aber ein konkreter Lenker bis heute nicht feststeht.

Eine tatsächliche Zustellung des Ersuchens gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zu einem bestimmten Zeitpunkt ist ebenso wenig objektivierbar, sodass sich der Bw nun in jeder Richtung verantworten könnte, ohne verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Eine Tatbegehung durch ihn ist damit aber nicht erwiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Verfahrenskosten­beiträge fallen dabei nicht an.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Lenkerauskunftsersuchen ohne Rückschein, Zustellung nicht objektivierbar, keine Auskunft à Anlastung an den Zulassungsbesitzer bei Delikt, das sich explizit an den Lenker richtet (§ 52a Z.10a StVO) unzulässig à Einstellung im Zweifel

 

 

 

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